BVwG W136 2147375-1

BVwGW136 2147375-11.3.2017

ADV §7
B-VG Art.133 Abs4
HDG 2014 §40
VwGVG §28 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs5
ADV §7
B-VG Art.133 Abs4
HDG 2014 §40
VwGVG §28 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs5

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W136.2147375.1.00

 

Spruch:

W136 2147375-1/3E

ERKENNTNIS

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Brigitte HABERMAYER-BINDER über die Beschwerde von XXXX, vertreten durch RA Mag. Daniel KORNFEIND, 1010 Wien, Singerstraße 27/28, gegen den Bescheid der Disziplinarkommission für Soldaten vom 17.10.2016, GZ 866-03-DKS/16 betreffend Dienstenthebung zu Recht:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid

gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG aufgehoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (BF) steht in einem privat-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund als Militärarzt beim österreichischen Bundesheer. Ihre Dienststelle ist das XXXX, wo sie als XXXX tätig ist.

2. Mit dem beschwerdegegenständlichen Bescheid vom 17.10.2016, GZ: 866-03-DKS/16, wurde über die BF gemäß § 40 Abs. 3 HDG 2014 die Dienstenthebung verhängt. Begründend wurden nach Darstellung des Verfahrens betreffend die vorläufige Dienstenthebung und Zitierung der Disziplinaranzeige sowie der gesetzlichen Bestimmungen wie folgt ausgeführt ausgeführt (wörtlich, Anonymisierung durch das Bundesverwaltungsgericht):

"Zu den maßgebenden Umständen für die Dienstenthebung

Im Wesentlichen wird der Dienstenthobenen vorgeworfen, sie habe

1. ) sich gegenüber der Firma R- Pharma mit der Errichtung eines Privatkontos als "berechtigter Warenempfänger" ausgegeben und über die Heeresapotheke Arzneimittel (BOTOX) für den Eigenbedarf bestellt,

2. ) am 14. Juli XXXX einen GWD (behandlungsberechtigte Person) ohne Einholung der notwendigen Genehmigung durch Kdo EU in der Privatklinik XXXX operieren wollen,

3. ) am 17. August XXXX ab ca. 1500 Uhr zwei betagte, bis dato unbekannte Personen, welche "Nicht Berechtigte" und ihre Privatpatienten sind, während der Normdienstzeit ärztlich betreut,

4. ) am 17. August XXXX die "Nicht Berechtigten" Personen XXXX und XXXX zwischen 1700 und 1724 Uhr, somit während ihres Journaldienstes, ärztlich betreut und

5. ) am 23. März XXXX für ihren Normnachtdienst 30 min länger als MDL gelegt.

Demnach verbleibt zu überprüfen,

1. ob der Verdacht der dem Beschuldigten zur Last gelegten Pflichtverletzung besteht und

2. dienstliche Interessen durch die Belassung im Dienst gefährdet würden.

Zur Last gelegte Pflichtverletzung

Die Dienstenthobene dürfte ein grundsätzliches Problem mit der Befolgung von Weisungen, sowie mit der Ein- und Unterordnung in den Dienstbetrieb haben. Im Punkt 2 besteht der Verdacht des Verstoßes gegen die schriftliche Weisung des Kdt XXXX,

"Aufnahme ressortfremder Patienten in militärmedizinische Behandlung sowie Behandlung von Soldaten (Behandlungsberechtigten) auswärts:

"Operationen in fremden Spitälern"; - Befehl- , da sie sich nicht zeitgerecht um eine Genehmigung der extern vorgesehenen Operation kümmerte. Gemäß § 5a Abs. 1 VBG ist der Vertragsbedienstete verpflichtet, seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anders bestimmt ist, zu befolgen.

Im Punkt 1 besteht der Verdacht der eigenmächtigen Bestellung von Arzneimittel, welche sie für den eigenen oder privatärztlichen Bedarf benötigt und die sich mißbräulich ein Privatkonto bei der Firma R- Pharma einrichten ließ.

Im Punkt 3 und 4 besteht der Verdacht, dass sie durch die Behandlung von Privatpatienten in der Dienstzeit das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung ihrer Aufgaben erschüttert hat und ihre Treuverpflichtung mißachtet hat.

Im Punkt 5 besteht der Verdacht der ungerechtfertigten Abrechnung von nicht erbrachten Mehrdienstleistungen.

Durch diese Handlungen besteht der Verdacht des Verstoßes gegen die Vertrauens Wahrungsbestimmungen des § 5 Abs. 1 VBG i.V.m § 43 Abs. 2 BDG 1979. § 43 Abs. 2 BDG fordert die Sachlichkeit der Amtsführung. Unter einer sachlich ausgeübten Tätigkeit versteht der Sprachgebrauch eine solche, die der "Sache", dem "Gegenstand" der Tätigkeit entspricht und sich ausschließlich auf das "Wesentliche" bezieht. Bei einer Berufsmilitärperson kommt es auf die sachliche "Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben" an; da diese jedoch sehr weitgehend durch die Rechtsordnung bestimmt sind, wird durch § 43 Abs. 2 BDG in erster Linie das Vertrauen in die rechtmäßige Aufgabenerfüllung geschützt. Diese Pflicht verletzt der Soldat immer dann, wenn er durch ein innerdienstliches Verhalten Bedenken dagegen auslöst, dass er bei der Vollziehung rechtmäßig Vorgehen werde, und damit seine "Glaubwürdigkeit" einbüßt. Die genannten Rückschlüsse können von einem Verhalten gezogen werden, das mit dem Aufgabenbereich des Beamten in konkretem Zusammenhang steht. Dabei besteht ein Bezug zu den besonderen Aufgaben des jeweiligen Soldaten. Es kann jedoch auch ein allgemeiner Bezug zu jenen Aufgaben bestehen, die jedem Beamten zukommen. Damit leistet sie dem Vorurteil in der Bevölkerung Vorschub, dass die Bediensteten ihre Dienststelle als Selbstbedienungsladen sehen und führen, damit sie ja viele Vorteile aus dem Beschäftigungsverhältnis ziehen. Zu den dienstlichen Interessen

Nach dem Wortlaut des § 40 Abs. 1 HDG 2014 sind die dienstlichen Interessen dem Schutzzweck der Norm unterstellt und werden insbesondere durch die Aufrechterhaltung der Disziplin und Ordnung determiniert.

Das im Verdachtsbereich vorliegende pflichtverletzende Verhalten der Beschuldigten stellt einen massiven Einbruch in das Vertrauen der Allgemeinheit und in die Grundfesten der Landesverteidigung dar. Disziplin und Ordnung sind nicht Selbstzweck, sondern notwendige Basis der militärischen Auftragserfüllung. Eine Offizierin, die offensichtlich Probleme mit der Befolgung von Befehlen, sowie der Ein- und Unterordnung hat, ist nicht nur eine Gefahr für die innerbetrieblichen Abläufe, sondern vielmehr untragbar für jede Tätigkeit im Dienst. Der erkennende Senat erblickt in den, im Verdachtsbereich vorliegenden Tathandlungen, einen problembehafteten Umgang der Beschuldigten mit Befehlen und Aufträgen der Vorgesetzten Dienststelle, welche eine Weiterbelassung im Dienst nicht ermöglichen. Eine Militärärztin im Range eines XXXX soll ein Vorbild an soldatischer Haltung und Pflichterfüllung sein, seinen Kommandanten und alle Mitarbeiter bestmöglich unterstützen, sowie alle Befehle und Aufträge ihrer Vorgesetzten pünktlich und genau befolgen. Sie soll ein mit der Rechtsordnung und den soldatischen Tugenden, zumindest aber mit dem Prinzip von Befehl und Gehorsam verbundener Soldat sein, da dieses die Grundfesten der Landesverteidigung darstellen. Auch soll sie eine feste Verbindung zu den rechtliche geschützten Werten haben und ihre Mitarbeiter zu leistungsbereitem Handeln ermuntern. Vor allem aber soll sie dem Kommandant XXXX gegenüber ein hohes Maß an Loyalität aufbringen und seine Befehle befolgen.

Die fast schon an Insubordination heranreichenden Handlungen und Unterlassungen der Beschuldigten, die anscheinend nicht gewillt ist sich in die militärische Hierarchie einzufügen, stören Disziplin und Ordnung in einem Umfang, der die Notwendigkeit der Dienstenthebung nach sich zieht.

Es zeigt sich eine mangelnde Verbundenheit mit den grundsätzlichen Aufgaben einer Militärärztin, die ihren Kommandanten jederzeit zu unterstützen und ihm loyal zur Seite zu stehen hat.

Sie hat durch ihre Vorgangsweise das Ansehen des Amtes eines Militärarztes in einem erheblichen Ausmaß geschädigt, sodass eine Weiterbelassung im Dienst am Arbeitsplatz denkunmöglich ist, dies dient zur Abwendung weiterer Nachteile und Schäden für die dortigen Arbeitsabläufe und der notwendigen Basis zur Zusammenarbeit innerhalb des Sanitätszentrums. ..

Der Verdacht der Insubordination zu Lasten ihrer Stellung als Ärztin und zum Nachteil des XXXX schließt die mutmaßliche Täterin vorerst aus der sozialen Wertegemeinschaft der Soldaten und Mitarbeiter aus. Eine darauf folgende Isolierung setzt sich auch im engsten Dienstbereich fort, verhindert eine gemeinsame Auftragserfüllung und stört das Betriebsklima in einem nicht unerheblichen Ausmaß.

Auch das Ansehen der gesamten XXXX wäre durch die Belassung im Dienst massiv gefährdet, da den dort eingesetzten Kaderangehörigen und Rekruten nicht verständlich gemacht werden kann, dass eine Ärztin, der die verfahrensgegenständlichen Pflichtverletzungen zur Last gelegt werden, weiterhin ihren Dienst ebendort versieht und gegebenenfalls die Möglichkeit zur Begehung weiterer einschlägiger Delikte eingeräumt wird. Lediglich die Dienstenthebung bietet die Möglichkeit weiteren Ansehensverlust des Amtes zu vermeiden.

Desweiteren haben die bisher erfolgten Zurechtweisungen vom

2. April XXXX- schriftliche Ermahnung: Verstoß gegen Zeitkartenführung,

22. April XXXX - Belehrung über das Procedere der Genehmigung von Abwesenheiten,

15. Juli XXXX -schriftliche Ermahnung gern. VBG: Nichteinhaltung von Befehlen sowie 15. Juli XXXX- Disziplinarerkenntnis; Geldbuße 200 €; Verstoß gegen § 7 ADV ihre Warnungs-, Sicherungs- und Besserungsfunktion verfehlt, weswegen die Dienstenthobene vorerst als unbelehrbar und ihre Handlungen und Unterlassungen als systemschädigend beurteilt werden. Zur Sicherstellung möglichst friktionsfreiere Arbeitsabläufe sieht die DKS keine andere Möglichkeit als mit der Verfügung der Dienstenthebung auf die Gesamtsituation zu reagieren. "

3. Mit fristgerechter Beschwerde beantragte die BF die Aufhebung der Suspendierung und Einstellung des Verfahrens. Bereits die vorläufige Dienstenthebung wäre rechtswidrig gewesen und hätte sich die belangte Behörde mit den Beschwerdeausführungen dagegen auseinandersetzen müssen. Zu den einzelnen Vorwürfen sei festzuhalten:

ad 1.) Die BF habe keinen Amtsmissbrauch begangen. Sie habe die Medikamente für den Eigenbedarf selbst bezahlt.

ad 2.) Die BF habe am 13. Juli festgestellt, dass eine schriftliche Genehmigung noch nicht vorgelegen sei und habe daher am 14. Juli vor der Operation die mündliche Genehmigung eingeholt. Es sei daher unrichtig, dass keine Genehmigung vorlag, es lag nur keine schriftliche Genehmigung vor.

ad 3.) Wenn in der Entscheidung ausgeführt werde, dass zwei ältere Personen am 17. August ab 15.00 Uhr die BF sprechen wollten, so gibt es keinen einzigen Hinweis, außer die Anwesenheit, dass tatsächlich ärztliche Leistungen oder gar eine Behandlung durch die BF erfolgt sei. Offenbar habe man es unterlassen, diese beiden Personen zu befragen, ob sie eine ärztliche Behandlung erhalten.

ad 4.) Zu den beiden "Nicht Berechtigten" Personen habe die BF bereits ausgeführt, dass diese nur Unterlagen abgeholt hätten. Dies wird wohl im Rahmen der ordnungsgemäßen Dienstbesorgung dennoch zulässig sein. Eine Behandlung oder weitere medizinische Tätigkeiten wurden nicht erbracht. Auch hier liegt eine bloße durch nichts nachgewiesene Unterstellung vor.

Ad 5.) Es könne wohl jedem einmal passieren, dass aufgrund eines Versehens ein falscher Eintrag erfolge. Daraus hingegen eine Suspendierung abzuleiten sei keinesfalls zulässig.

Der Prüfungsmaßstab der Behörde sei bereits unrichtig, weil § § 40 HDG vorgäbe, dass wesentliche dienstliche Interessen verletzt sein müssten, wogegen die die Behörde ausführe, dass es darauf ankäme, ob dienstliche Interessen durch die Belassung der BF im Dienst gefährdet würden. Von einer wesentlichen Interessenbeeinträchtigung sei aber gegenständlich keinesfalls die Rede. Darüber hinaus liege auch nicht der andere Tatbestand, nämlich, dass das Ansehen des Amtes gefährdet sein muss, vor. Die geradezu ehrenrührige Unterstellung, dass die BF ein grundsätzliches Problem mit der Befolgung von Weisungen sowie mit der Ein- und Unterordnung in den Dienstbetrieb hätte, sei durch nichts belegbar. Dass fallweise eine geringfügige fahrlässige Übertretung von Ordnungsvorschriften vorkomme, sei tolerierbar und jedenfalls kein Grund, um eine so gewichtige Maßnahme, wie eine Dienstenthebung zu verfügen. Die Disziplinarkommission für Soldaten berücksichtigen die ergangene Judikatur des Verwaltungshofs zur wesentlichen Interessensbeeinträchtigung bzw zur Gefährdung des Ansehens des Amtes nicht. Es müsse auch ein konkreter und zwar begründeter Verdacht vorliegen, der, nicht vorliege. Regelmäßig würden bei der Gefährdung des Ansehens des Amtes nur besonders schwere Verstöße als Enthebungsgrund anerkannt, um zu verhindern, dass die Bevölkerung eine schlechte Meinung von der Dienststelle erhält, in dem der Beamte tätig ist. Auch wenn die Disziplinarkommission für Soldaten §43 Abs. 2 BDG zitiere und die Pflicht zur Wahrung des Vertrauens heranzieht, so geht sie unverhältnismäßig vor. So habe der VwGH oder die Disziplinaroberkommission erst bei der Annahme größerer Geldbeträge (Schmiergelder) durch einen Beamten das Ansehen des Amtes als gefährdet erachtet.

Letztlich - offenbar versuche die Behörde in dieser Richtung zu argumentieren - sei eine Suspendierung schon bloß dann möglich, wenn die Einstellung des Beamten zum Dienst wegen der begangenen Dienstpflichtverletzungen als gestört zu erachten sei und auch die zu befürchtende Beispielswirkung sowie die Einstellung des Beschuldigten zu den rechtlich geschützten Werten Bezug genommen werde. Auch diese Voraussetzung liegt nicht vor, weil die BF über Jahre hindurch durch vorbildliche Dienstverrichtung, insbesondere auch durch ihre Qualifikation kein "gestörtes Dienstverhältnis" habe. Aus der Begründung der Beschwerde (Anm: gemeint wohl Bescheid) ergäbe sich ein derartiger Vorwurf nicht. Zur Berücksichtigung einer im Jahr 2012 ergangenen schriftlichen Ermahnung sei nur zu erwähnen, dass diese nach Tilgung nicht mehr verwendet werden dürfe.

4. Mit Note vom 08.02.2017, hg. am 14.02.2017 eingelangt, legte die belangte Behörde gegenständliche Beschwerde samt Verfahrensakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen und Beweiswürdigung:

Zum Verdacht von Dienstpflichtverletzungen:

Die BF gesteht das Vorliegen eines Verdachtes von Pflichtverletzungen zu den Anlastungen 1.) und 5.) zumindest implizit zu, vermeint jedoch, dass es zu den Punkten 2. bis 4. nicht einmal eine hinreichende Verdachtslage einer Pflichtverletzung gäbe.

Diesem Vorbringen kommt teilweise Berechtigung zu.

1.1. Wie sich aus der von der belangten Behörde zitierten Disziplinaranzeige in Übereinstimmung mit dem Beschwerdevorbringen ergibt, wurde die in Rede stehende Operation eines Rekruten in einer Privatklinik am 14.07. tatsächlich mit der hierfür gemäß Erlass erforderlichen Genehmigung durchgeführt. Die belangte Behörde vermeint, der BF sei jedoch anzulasten, dass sie diese Operation absichtlich ohne Genehmigung habe durchführen wollen, was sich daraus ergäbe, dass sie selbst nicht die für die Genehmigung erforderlichen Veranlassungen getroffen habe. Die BF wendet ein, dass sie vergessen habe, sich darum zu kümmern. Dieses Vorbringen ist durchaus glaubwürdig, weil sich aus der im Akt inneliegenden Niederschriften mit einem Sanitätsunteroffizier ergibt, dass die BF iZm mit der von ihr geplanten externen Operation überhaupt keine vorbereitenden Veranlassungen getroffen hat und die BF die Verantwortung, nämlich darauf vergessen zu haben, bereits am Tag nach der Operation gegenüber ihrem Kommandanten tätigte. Somit besteht der Verdacht, dass die BF ihre Dienstpflicht iZm mit der Vorbereitung dieser Operation zumindest fahrlässig verletzt hat. Ob ihr diesbezüglich tatsächlich vorsätzliches Handeln anzulasten ist, wird das weitere Disziplinarverfahren zeigen.

1.2. Hinsichtlich des Verdachtes, die BF habe am 17.08. während der Normdienstzeit zwei ältere, namentlich nicht bekannte Personen und während des Journaldienstes zwei namentlich bekannte Personen, die nicht zum behandlungsberechtigten Personenkreis der Dienststelle der BF gehören, ärztlich behandelt, gibt die BF an, dass sie die beiden älteren Personen nicht behandelt habe und die beiden namentlich genannten Personen Unterlagen abgeholt hätten. Dieses Vorbringen ist insofern glaubwürdig, als die BF diesbezüglich von ihrem Kommandanten darauf angesprochen, dass zwei ältere Personen auf sie warten würde, angegeben hat, dass diese freundschaftliche Hilfe von ihr benötigen würden. Auch ist davon auszugehen, dass der Kommandant und Dienststellenleiter der BF – sofern er davon ausgegangen wäre, dass die Angaben der BF zum "Tatzeitpunkt" unrichtig wären und diese in der Dienststelle tatsächlich unberechtigterweise Personen behandelt – diese Personen des Hauses – immerhin eine militärmedizinische Einrichtung, die nur über eine militärische Wache betreten werden darf, verwiesen hätte. Im Übrigen wurde diese angebliche Behandlung von zwei älteren Personen nicht einmal in der vorläufigen Dienstenthebung der BF durch ihren Kommandanten durch diesen angelastet.

Die Anwesenheit von zwei weiteren namentlich bekannten Personen an der Dienststelle der BF am selben Tag zwischen 17:00 und 17:24 Uhr wird von dieser zugestanden. Ohne nähere Begründung daraus zu schließen, dass die BF diese medizinisch behandelt habe, stellt insbesondere im Hinblick auf die Verantwortung der BF diese Personen hätten Unterlagen abgeholt, keinen hinreichenden Verdacht einer Dienstpflichtverletzung dar.

Die belangte Behörde schöpft die von ihr dargestellte Verdachtslage der Behandlung von Privatpatienten durch die BF in einer militärmedizinischen Einrichtung jedoch ausschließlich aus dem Umstand, dass diese Personen die BF an ihrer Dienststelle aufgesucht haben. Angesichts der nachvollziehbaren Darstellung der BF, dass in einem Fall einem älteren Ehepaar freundschaftliche Hilfe durch die BF erteilt und in anderem Fall Unterlagen abgeholt wurden, liegt nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes ohne weitere Hinweise kein hinreichender Verdacht vor, dass die BF Privatpatienten, somit Nicht-Berechtigte Personen an ihrer Dienststelle medizinisch behandelt habe.

2. Rechtliche Beurteilung:

2.1. Zuständigkeit und Verfahren:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Das HDG 2014 sieht bei Entscheidungen über eine Dienstenthebung keine Senatszuständigkeit vor. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Zu A)

2.2. Die für den Beschwerdefall maßgebliche Bestimmung des Heeresdisziplinargesetzes 2014 - HDG 2014, BGBl. I Nr. 2/2014, lautet (auszugsweise):

"Dienstenthebung

Voraussetzungen, Zuständigkeit und Dauer

§ 40. (1) Der Disziplinarvorgesetzte hat die vorläufige Dienstenthebung eines Soldaten, der dem Bundesheer auf Grund eines Dienstverhältnisses angehört, zu verfügen, sofern

1. über diesen Soldaten die Untersuchungshaft verhängt wurde oder

2. das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes, insbesondere die Aufrechterhaltung der Disziplin und Ordnung, wegen der Art einer diesem Soldaten zur Last gelegten Pflichtverletzung durch seine Belassung im Dienst gefährdet würden.

(2) .

(3) Jede vorläufige Dienstenthebung ist von dem Organ, das diese Maßnahme verfügt hat, unverzüglich der Disziplinarkommission mitzuteilen. Fallen die für die vorläufige Dienstenthebung maßgebenden Umstände vor dieser Mitteilung weg, so hat dieses Organ die vorläufige Dienstenthebung unverzüglich aufzuheben. Die Kommission hat mit Beschluss die Dienstenthebung zu verfügen oder nicht zu verfügen. Die vorläufige Dienstenthebung endet jedenfalls mit dem Tag, an dem dieser Beschluss dem Betroffenen zugestellt wird.

.."

2.3. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Suspendierung, der die Dienstenthebung nach dem HDG inhaltlich entspricht, ihrem Wesen nach eine sichernde Maßnahme, die bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen im Verdachtsbereich zwingend zu treffen ist. Sie stellt keine endgültige Lösung dar. Es braucht daher nicht nachgewiesen zu werden, dass der Beamte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung tatsächlich begangen hat. Diese Aufgabe kommt vielmehr erst den Disziplinarbehörden im Disziplinarverfahren zu. Es genügt demnach, wenn gegen den Beschuldigten ein Verdacht besteht. Dies ist dann der Fall, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung rechtfertigen. Ein Verdacht kann immer nur auf Grund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen. Die Berechtigung zur Verfügung der Dienstenthebung liegt allein in dem Bedürfnis, noch vor der Klärung der Frage des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung in der abschließenden Entscheidung über die angemessene Disziplinarstrafe des Beamten eine den Verwaltungsaufgaben und dem Dienstbetrieb dienende, vorübergehende Sicherungsmaßnahme zu treffen. Die Dienstenthebung eines Beamten gehört demnach in die Reihe jener vorläufigen Maßnahmen, die in zahlreichen Verfahrensgesetzen vorgesehen sind, um einen Zustand vorübergehend zu ordnen, der endgültig erst auf Grund des in der Regel einen längeren Zeitraum beanspruchenden förmlichen Verfahrens geregelt wird, um dadurch Nachteile und Gefahren - insbesondere für das allgemeine Wohl - abzuwehren und zu verhindern (VwGH vom 25.03.2010, Zl. 2010/09/0055 mwH).

Im Hinblick auf die Funktion der Dienstenthebung können an die in der Begründung eines die Dienstenthebung verfügenden Bescheides darzulegenden Tatsachen, die den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung begründen, keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Das dem Beamten im Dienstenthebungsbescheid zur Last gelegte Verhalten, das im Verdachtsbereich als Dienstpflichtverletzung erachtet wurde, muss nur in groben Umrissen beschrieben werden. Die einzelnen Fakten müssen nicht bestimmt, das heißt in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten beschrieben werden. In der Begründung des Dienstenthebungsbescheides ist aber darzulegen, warum sich nach dem geschilderten Verhalten der Verdacht einer die Dienstenthebung rechtfertigenden Dienstpflichtverletzung ergibt (VwGH vom 20.11.2008, Zl. 2007/09/0154 mwH). Es genügt demnach, wenn gegen den Beschuldigten ein Verdacht besteht. Dies ist dann der Fall, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung rechtfertigen (vgl. VwGH vom 26.06.2003, Zl. 2002/09/0197, mwH).

2.4. Von diesem rechtlichen Rahmen ausgehend besteht daher – wie oben unter Punkt II.1 ausgeführt, keine hinreichende Verdachtslage, dass die BF Privatpatienten an ihrer Dienststelle behandelt habe. Es verbleibt somit der Verdacht, dass die BF Arzneimittel für den Eigenbedarf bestellt hat und dabei die Heeresapotheke als Lieferadresse angegeben hat, dass sie sich im Falle einer extern durchgeführten Operation nicht selbst um die dafür mit Erlass vorgesehene Genehmigung durch ihren Vorgesetzten gekümmert hat und dass sie im März XXXX hinsichtlich eines Journaldienstes das Dienstende nicht mit dem fiktiven Normdienstbeginn sondern eine halbe Stunde später, somit unrichtig, im Überstundenabrechnungssystem verbucht hat.

2.5. Verbleibt somit zu prüfen, ob die der BF zur Last gelegten Pflichtverletzungen nach ihrer Art entweder das Ansehen des Amtes oder wesentliche dienstliche Interessen gefährden würden, wenn die BF im Dienst verbliebe. In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof mehrfach Folgendes ausgesprochen:

"Jene Behörde, welche über die Dienstenthebung entscheidet, hat zu beurteilen, ob dem Beamten ausreichend schwere Dienstpflichtverletzungen zur Last liegen, um ihn vorläufig an der Ausübung seines weiteren Dienstes zu hindern. Die Verfügung der Dienstenthebung setzt den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung voraus, die wegen "ihrer Art" das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet. Es können daher nur schwer wiegende, auf der Hand liegende Interessen der Verwaltung als sachbezogen anerkannt werden und die Suspendierung rechtfertigen. So kann eine Dienstenthebung zunächst in Betracht kommen, weil das verdächtige Verhalten noch nicht abzugrenzen, aber als schwer wiegend zu vermuten ist. Auch bei geringeren Verdachtsgründen kann aus der konkreten Situation das dienstliche Interesse an der Dienstenthebung begründet sein, z.B. bei denkbarer Verdunkelungsgefahr im Dienst oder schwerer Belastung des Betriebsklimas. Dagegen liegt das dienstliche Interesse, und zwar sowohl vor wie auch nach Aufklärung, bei Verfehlungen auf der Hand, die in der Regel zur Disziplinarstrafe der Entlassung führen. Denn darin kommt eine so erhebliche Unzuverlässigkeit zum Ausdruck, dass der Verwaltung und der Allgemeinheit bis zur Klärung und zum Abschluss des Falles eine Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden kann" (VwGH zuletzt vom 20.11.2008, Zl. 2007/09/0154).

Die belangte Behörde hat in den vorgeworfenen Tathandlungen - allerdings ohne nähere Begründung - einen "problembehafteten Umgang der Beschuldigten mit Befehlen und Aufträgen der vorgesetzten Dienststelle" gesehen und diese als "an Insubordination heranreichende Handlungen und Unterlassungen" qualifiziert.

Auch wenn der belangten Behörde zuzugestehen ist, dass selbst ein einmaliger Fall von militärischer Insubordination – also Befehls- oder Gehorsamsverweigerung gegenüber dem Vorgesetzten einen hinreichender Grund für eine Dienstenthebung darstellen kann, sind die der BF im Verdachtsbereich angelasteten Pflichtverletzungen gerade nicht Ausdruck einer derartigen Haltung. Die von der BF zugestandene Bestellung von Medikamenten für den privaten Gebrauch unter Angabe einer Heeresapotheke als Lieferadresse mag allenfalls eine Pflichtverletzung darstellen, stellt jedoch keinen Akt der Befehlsverweigerung dar. Falls die belangte Behörde die Insubordination in dem von der BF gegenüber ihrem Vorgesetzten nach dessen Vorhalt, dass diese Bestellungen nicht zulässig wären, gezeigten Verhalten ("wutentbranntes" Verlassen der Kommandantenkanzlei mit Zuschlagen der Tür) sehen sollte, ist darauf hinzuweisen, dass der BF dieses Verhalten nicht angelastet wurde und sie sich laut Aktenlage am selben Tag dafür persönlich bei ihrem Vorgesetzten entschuldigt hat.

Ebenso wenig stellt die mangelnde Einholung der Genehmigung einer Operation außerhalb der Sanitätseinrichtung einen Akt der Insubordination dar, wenn die BF dazu angibt, dass sie darauf einfach vergessen habe. Auch der Umstand, dass die BF darauf angesprochen angibt, dass sie das Procedere betreffend Operationsfreigabe unnötig kompliziert fände und damit die erlassmäßige Regelung zumindest in Frage stellt, macht dies noch nicht zur Insubordination, da diese nicht fahrlässig begangen werden kann.

Dasselbe gilt für die unrichtige Journaldienstverbuchung durch die BF im März 2016. Hinsichtlich dieses von der BF zugestandenen Fehlers ist zu bemerken, dass der Dienstvorgesetzte nach der Aktenlage die BF im Juni 2016 schriftlich auf die Unrichtigkeit dieser Eingabe hingewiesen und ihr eine Korrektur angeordnet hat, weshalb dieser Fehler keinesfalls mehr als fünf Monate später (Mit)Anlass für eine (vorläufige) Dienstenthebung darstellen kann.

2.6. Zusammenfassend ist festzustellen, dass auch eine Zusammenschau aller Pflichtverletzungen hinsichtlich der konkrete Verdachtsmomente bestehen nicht jenen Grad der Gefährdung der dienstlichen Interessen erreicht, dass ein Belassen des BF im Dienst ausschließt, da entgegen den Ausführungen der belangten Behörde die Pflichtverletzungen der BF keine Akte der Befehls- oder Gehorsamsverweigerung darstellen. Weder kann erkannt werden, dass bei Belassung der BF im Dienst wesentliche dienstliche Interessen verletzt würden, auch das Ansehen des Amtes erscheint nicht gefährdet, insbesondere kann auch nicht erkannt werden, dass "Kaderangehörige oder Rekruten" kein Verständnis dafür hätten, wenn die BF weiter Dienst versehen würde. Dabei ist zu erwähnen, dass gerade die der BF angelastete Bestellung von Medikamenten für den Eigengebrauch über die Heeresapotheke von dieser nach eigenen Angaben bereits seit Jahren durchgeführt wurde. Nachdem diese Bestellungen von den in der Heeresapotheke Dienst versehenden Mitarbeitern nicht unbemerkt geblieben sein können, erscheinen selbst die mit der Rechtslage vertrauten in der Vorgehensweise der BF offenbar kein großes Problem gesehen zu haben, weshalb von einer Ansehensschädigung des Amtes nicht ausgegangen werden kann. Insoweit die belangte Behörde ausführt, dass die BF ihre Dienststelle als "Selbstbedienungsladen" gesehen habe, ist darauf zu verweisen, dass dem finanziellen Vorteil den die BF dadurch lukrierte, dass sie in den Genuss eines Preisvorteils kam, kein finanzieller Schaden gegenüber steht. Im Ergebnis sind die der BF angelasteten Pflichtverletzungen ihrer Art nach nicht geeignet, dass die Bevölkerung bei Kenntnis den Eindruck unhaltbarer Verhältnisse an der Dienststelle der BF gewinnen würde, weshalb das Ansehen des Amtes auch bei Belassung der BF im Dienst nicht gefährdet erscheint.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auf die unter A.) zitierten Entscheidungen des VwGH wird insbesondere verwiesen.

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