BVwG W131 2009152-1

BVwGW131 2009152-17.7.2015

AlVG §24
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2
AlVG §24
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W131.2009152.1.00

 

Spruch:

W131 2009152-1/13E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag Reinhard GRASBÖCK als Vorsitzenden, durch die fachkundige Laienrichterin Mag Andrea HAZIVAR als Beisitzerin und durch den fachkundigen Laienrichter Mag Kurt RETZER als Beisitzer über die Beschwerde der Frau XXXX gegen den Einstellungsbescheid des Arbeitsmarktservice Wien Prandaugasse vom 11.03.2014, XXXX , nach Ergehen einer Beschwerdevorentscheidung am 28.05.2014, Stellung eines Vorlageantrags sowie nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.05.2015 und wie am 21.05.2015 öffentlich mündlich verkündet wie folgt entschieden:

A) Die Beschwerdevorentscheidung vom 28.05.2014, GZ XXXX , mit

welcher der Bescheid vom 11.03.2014 betreffend die Einstellung des Arbeitslosengelds ab 01.02.2014 endgültig bestätigend abgelöst wurde, wird aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an das AMS Wien Prandaugasse zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Die belangte Behörde, das Arbeitsmarktservice Wien Prandaugasse

(= AMS), erließ einen mit 11.03.2014 datierten Bescheid zu Lasten

der Beschwerdeführerin XXXX (= Bf), mit welchem gemäß § 22 Abs 1 und

3 sowie § 24 Abs 1 AlVG das Arbeitslosengeld ab 01.02.2014 eingestellt wurde, weil die Bf bereits ab 01.03.2013 Anspruch auf eine vorzeitige Alterspension wegen langer Versicherungsdauer gehabt hätte. Das AMS stützte sich tatsachenmäßig dabei darauf, dass die Pensionsversicherungsanstalt diesen Pensionsanspruch in einem Schreiben vom 31.01.2014 an das AMS mitgeteilt gehabt hätte.

2. Die Bf erhob gegen diesen Bescheid, dessen individuell konkrete Begründungselemente auf Seite 2 in etwa fünf Zeilen umfassen, vertreten durch einen Sekretär der GÖD Beschwerde und verwies auf Tatsachen- bzw Vorfragenebene auf ein Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt vom 20.03.2014 an die Bf, wonach die Bf ab 01.05.2014 die Voraussetzungen für die Alterspension erfüllen würde, wohingegen die Voraussetzungen für die vorzeitige Alterspension wegen langer Versicherungsdauer vor Erreichen des Anfallsalters für die Alterspension nicht vorliegen würden. (Innerhalb der als Verwaltungsakt des AMS elektronisch vorgelegten Unterlagen ist zusätzlich auch noch ein Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt , datiert mit 09.01.2014, abgelegt, aus dem sich gleichfalls die Verneinung eines Pensionsanspruchs der Bf gemäß § 253b ASVG vor dem 01.05.2014 ergibt.)

3. Das AMS reagierte auf die Beschwerde mit einer Note an den Vertreter der Bf, datiert mit 23.04.2014, wonach das AMS wegen der widersprüchlichen Auskünfte bei der Pensionsversicherungsanstalt recherchiert habe. In einem Schreiben der PV an die Bf vom 29.08.2012 wäre nämlich gegenteilig zur Auskunft vom 20.03.2014 festgestellt worden, dass die Bf ab 01.03.2013 einen Anspruch auf vorzeitige Alterspension wegen langer Versicherungsdauer gehabt hätte.

Bei der Auskunft an die Bf vom 20.03.2014 würde es sich um eine fiktive Berechnung handeln, in welcher ausländische Versicherungszeiten nicht berücksichtigt wären.

4. Der Vertreter der Bf reagierte auf diesen Vorhalt mit einer mit 12.05.2014 datierten Eingabe dahin, dass das Beschwerdebegehren auch vor dem Hintergrund der vom AMS bei der Pensionsversicherungsanstalt eingeholten Auskunft aufrecht bleibt und eine andere Rechtsauslegung zumindest mittelbar altersdiskriminierend wäre.

5. Das AMS seinerseits erledigte die Beschwerde der Bf mit einer Beschwerdevorentscheidung, die handschriftlich mit 28.05.2014 datiert ist.

Nach einer Auskunft der Pensionsversicherungsanstalt aus dem Jahr 2012 würde für die Bf der Pensionsanspruch gemäß § 253b ASVG ab 01.03.2013 bestehen

Im Punkte der Abweisungsbegründung ist in der Beschwerdevorentscheidung keine eigenständige Passage über die Beweiswürdigung enthalten.

In der Begründung der Beschwerdevorentscheidung werden widersprüchliche Auskünfte der Pensionsversicherungsanstalt zitiert, wobei sich das AMS letztlich auf ein am 24.03.2014 mit der Pensionsversicherungsanstalt geführtes Telefonat stützen dürfte, wonach in den für den Standpunkt der Bf sprechenden Informationen der Pensionsversicherungsanstalt nur "fiktive Stichtagsberechnungen" ohne Berücksichtigung von ausländischen Pensionsversicherungszeiten darstellbar gewesen wären. Im Fall der Bf wäre maW allerdings ein Anspruch der Bf auf vorzeitige Alterspension jedenfalls ab 01.02.2014 positiv erledigbar gewesen.

In der Beschwerdevorentscheidung wird nicht dargestellt, um welche konkreten insb auch ausländischen Versicherungszeiten es bei der Bf geht, die deren Leistungsanspruch aus dem Titel des Arbeitslosengelds ausschließen sollen.

Auf der Seite 3/5 der Beschwerdevorentscheidung wird letztlich der § 22 Abs 1 AlVG dazu herangezogen, um die Abweisung der Beschwerde darauf zu stützen, dass die Bf wegen der ausländischen Pensionsversicherungszeiten ab 01.03.2013 Anspruch auf eine vorzeitige Alterspension wegen langer Versicherungsdauer gemäß § 253b ASVG gehabt hätte.

6. Die Bf beantragte wider diese Beschwerdevorentscheidung die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

7. Beim Bundesverwaltungsgericht wurde am 21.05.2015 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in welcher die Bf durch ihren gewerkschaftlichen Vertreter XXXX und das AMS durch den bevollmächtigten Juristen XXXX vertreten waren.

Das AMS gab in der Verhandlung vor dem Hintergrund des § 28 Abs 3 VwGVG an, dass es zwei gleichlautende schriftliche Auskünfte der Pensionsversicherungsanstalt geben würde, wonach die Bf ab 01.03.2013 die Anspruchsvoraussetzungen für eine vorzeitige Alterspension erfüllen würde. Der Vertreter der Bf verwies insoweit in der Verhandlung auf die gegenteilige Auskunft der Pensionsversicherungsanstalt vom 20.3.2014, wonach eben kein Anspruch auf eine Pension gemäß § 253b ASVG [im Gesamtzusammenhang der Verhandlung: im streitrelevanten Zeitraum] bestanden habe.

8. Nach Schließung des Ermittlungsverfahrens in der Verhandlung am 21.05.2014 wurde dieser Aufhebungs- und Zurückverweisungsbeschluss des zuständigen Senats mit folgendem Inhalt öffentlich mündlich verkündet:

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den den Richter Mag Reinhard GRASBÖCK als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Mag Andrea HAZIVAR und Mag Kurt RETZER als Beisitzer über die Beschwerde der Frau XXXX gegen den Einstellungsbescheid des AMS Wien Prandaugasse nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.05.2015 beschlossen:

A) Die Beschwerdevorentscheidung vom 28.05.2014, mit welcher der Bescheid betreffend die Einstellung des Arbeitslosengelds ab 01.02.2014 endgültig bestätigend abgelöst wurde, wird aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an das AMS Wien Prandaugasse zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Begründung

Nach dem VwGH - Erk 2011/08/0167 ist der Standpunkt des AMS dem Grunde nach zutreffend, dass im strittigen Zeitraum für den Fall des tatsächlichen Zustehens einer Pension nach § 253b ASVG die Einstellung zu Recht erfolgt ist.

Im Verwaltungsakt sind jedoch keine Unterlagen enthalten, die es dem BVwG schlüssig deduktiv ermöglichen würden, den Anspruch nach § 253b ASVG im strittigen Zeitraum eindeutig nachzuvollziehen.

Diesbezügliche ausreichende Sachverhaltsermittlungen sind seitens des AMS in diesem Vorfragenbereich unterblieben.

Verwiesen wird hierzu insb auf die Unterlagen betreffend die ausländischen Pensionsversicherungszeiten bzw die sonstigen pensionsrelevanten Zeiten. Zudem auf widersprüchliche Auskünfte der PV - Anstalt zu verweisen, die für sich zudem keine verbindliche Vorfragenentscheidung darstellen.

Da insoweit Ermittlungen in wesentlichen Sachverhaltsteilen fehlen und derartige Ermittlungen für das Gericht umfangreich und extrem zeitaufwendig wären, ist das Vorgehen gemäß § 28 Abs 3 VwGVG gemäß VwGH Zl Ro 2014/03/0063 jedenfalls zulässig.

Insoweit war auch die Revision nicht zuzulassen.

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