BVwG I409 1431838-2

BVwGI409 1431838-214.3.2016

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §28 Abs2
AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:I409.1431838.2.00

 

Spruch:

I409 1431838-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Florian Schiffkorn als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Ägypten, vertreten durch die "Mag. Wolfgang Auner Rechtsanwalt-Kommandit-Partnersch.KG" in 8700 Leoben, Parkstraße 1/I, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28. Jänner 2016, Zl. 820156202/14988502/BMl-BFA-RD-STM, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 10 Abs. 2, § 55 und § 57 Abs. 1 Asylgesetz 2005, § 52 Abs. 1 Z 1 und Abs. 9, § 55 Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste am 10. Jänner 2012 in das Bundesgebiet ein und stellte am 4. Februar 2012 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 4. März 2013 im Beschwerdewege als unbegründet abgewiesen wurde.

Mit Beschluss vom 6. Juni 2013 wies der Verfassungsgerichtshof den Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Verfahrenshilfe (u.a.) mit der Begründung ab, dass eine Rechtsverfolgung durch Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof als offenbar aussichtlos erscheine.

Das Erkenntnis des Asylgerichtshofes erwuchs unangefochten in Rechtskraft.

2. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 18. Februar 2014 wurde der Beschwerdeführer (in Frageform) um Abgabe einer Stellungnahme zu seinen privaten und familiären Verhältnissen ersucht.

Mit Schreiben vom 3. und 7. April sowie vom 3. September 2014 erstattete der Beschwerdeführer eine Stellungnahme; am 17. April und am 21. November 2014 sowie am 22. Dezember 2015 wurde er vor der belangten Behörde einvernommen.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 28. Jänner 2016 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen "gemäß §§ 57 und 55 AsylG" nicht erteilt. "Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF" wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung "gemäß § 52 Absatz 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF" erlassen. Weiters wurde "gemäß § 52 Absatz 9 FPG" festgestellt, dass seine Abschiebung "gemäß § 46 FPG" nach Ägypten zulässig ist. "Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG" wurde die Frist für seine freiwillige Ausreise mit vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 15. Februar 2016 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Begründend wird darin ausgeführt, dass er sich nun seit mehr als vier Jahren in Österreich befinde. Innerhalb dieses Zeitraums sei er im Rahmen seiner Möglichkeiten bemüht gewesen, sich sowohl sozial aber auch sprachlich zu integrieren. Auch wenn die entsprechenden Nachweise in Form von positiven Prüfungszeugnissen nicht vorliegen würden, bestehe doch das ernsthafte Bemühen zur Ablegung einer Deutschprüfung. Durch entsprechende ergänzende Einvernahmen von Verwandten und Freunden hätte sich die Behörde davon überzeugen können, dass der Beschwerdeführer offensichtlich im Bundesgebiet sehr gut sozial integriert und auch die Finanzierung des Lebensunterhaltes gewährleistet sei, sodass sein künftiger Aufenthalt bei Vorliegen einer Arbeitsbewilligung im Bundesgebiet auch zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führe. Da diese Einvernahmen der erwähnten Personen nicht erfolgt sei, liege ein Verfahrensfehler im Sinne des Art. 6 EMRK vor. Entgegen der Darstellung im bekämpften Bescheid sei es so, dass die Bindungen zur Familie im Herkunftsstaat als nicht sehr intensiv bezeichnet werden könnten; jedoch bestehe nunmehr eine entsprechend enge Bindung zu jenen in Österreich lebenden Verwandten. Die Darstellungen im bekämpften Bescheid betreffend die Sicherheitslage im Heimatland sowie die Grundversorgung seien sehr allgemein gefasst und könnten verständlicherweise auf den konkreten Einzelfall nur wenig Bezug nehmen. Zur Beurteilung der konkreten Umstände für den Beschwerdeführer im Heimatland hätte es allenfalls der Einholung eines länderkundlichen Sachverständigengutachtens bedurft.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Entscheidung über die Beschwerde gegen den angefochtenen

Bescheid:

A) 1. Feststellungen:

A) 1.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Der in Österreich strafgerichtlich unbescholtene Beschwerdeführer ist volljährig, ledig, Staatsangehöriger von Ägypten und bekennt sich zum christlichen Glauben.

Seit 10. Jänner 2012 hält sich der Beschwerdeführer in Österreich auf; er verfügt - schon angesichts seines relativ kurzen Aufenthaltes im Bundesgebiet - in Österreich über keine maßgeblichen privaten Beziehungen. Seine Kernfamilie lebt in Ägypten (seine Eltern und zwei Geschwister), während sich in Österreich eine Tante und ein Onkel sowie deren Kinder aufhalten. Bis dato war der Beschwerdeführer nicht imstande, einen formellen Nachweis über das Vorhandensein von Deutschkenntnissen vorzulegen.

Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr nach Ägypten mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

A) 1.2. Zu den Feststellungen zur Lage in Ägypten:

Soweit dies für den vorliegenden Beschwerdefall von Relevanz ist, werden zur aktuellen Lage in Ägypten folgende Feststellungen getroffen:

"Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 11.01.2016, Ägypten hat wieder ein Parlament (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage)

Ägypten hat seit dem 10.1.2016 nach gut dreieinhalb Jahren wieder ein Abgeordnetenhaus: Das nach dem Sturz von Präsident Hosni Mubarak im Februar 2011 im darauffolgenden Winter 2011/2012 gewählte war ja bereits im Juni 2012 vom Verfassungsgericht aufgelöst worden. Das ägyptische Parlament ist nunmehr fest in den Händen der Anhänger von Präsident Abdelfattah Al-Sisi. Es besteht aus 448 Abgeordneten, die als "Unabhängige" hineinkamen, weiters 120 auf Parteilisten und 28 durch den Präsidenten Ernannte (wobei die Frauenquote der Sisi-Ernennungen besonders hoch ist) (DS 10.1.2016; vgl. BBC 10.1.2016). Al-Ahram zitierte den Koordinator des Pro-Sisi-Blocks, Sameh Seif al-Yazal, mit den Worten, dass dieser auf 370 Parlamentarier zählen könne (DS 10.1.2016).

Quellen:

Sicherheitslage

Ägypten befindet sich seit der Jännerrevolution von 2011 in einer Übergangsphase, deren Ausgang noch nicht abzusehen ist. Die Forderungen der Januarrevolution nach "Brot, Freiheit, soziale Gerechtigkeit" sind auch angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage für weite Teile der Bevölkerung noch nicht erfüllt. Die nach der Januarrevolution 2011 zunächst erstarkten Kräfte des politischen Islam in Ägypten sind nach der Absetzung von Staatspräsident Mursi erheblich geschwächt. Gleichzeitig bleibt Ägypten ein zutiefst religiöses Land, in dem säkulare und liberale Parteien nur bei einem Teil der Wählerschaft Anklang finden. Politische Auseinandersetzungen werden in Ägypten vielfach von Gewalt begleitet (AA 4.2015a).

Die sicherheitspolitischen Herausforderungen bleiben beträchtlich. Anhaltende, schwere Kämpfe auf dem Sinai, Attentate in verschiedenen Teilen Ägyptens und ein erfolgreicher Angriff einer Terrorgruppe auf einen Polizeiposten in der westlichen Wüste im Juli 2014 beweisen den sehr breiten Aktionsradius islamistischer Terrornetzwerke. Eine enge Verbindung zwischen diesen und der Moslembruderschaft, wie von staatlicher Seite behauptet, ließ sich bisher jedoch nicht nachweisen (ÖBK 9.2014). Im November 2014 schwor die bedeutendste militante Fraktion, Ansar Beit al-Maqdis, dem islamischen Staat die Treue (FH 28.1.2015). Es besteht landesweit ein erhöhtes Risiko terroristischer Anschläge und die Gefahr von Entführungen. Im Juli und August 2015 kam es vermehrt zu terroristischen Anschlägen gegen ägyptische Sicherheitsbehörden und kritische Infrastruktur, aber auch gegen westliche Einrichtungen. Zuletzt wurde am 22.7.2015 am Stadtrand von Kairo ein kroatischer Geschäftsmann entführt und offenbar im August getötet. Am 11.7.2015 war das italienische Konsulat in Kairo Ziel eines Anschlags, bei dem eine Person getötet und das Gebäude stark beschädigt wurde (AA 22.9.2015).

Im Norden der Sinai-Halbinsel kam es wiederholt zu schweren Anschlägen. Vor Reisen in den Norden der Sinai-Halbinsel und das ägyptisch-israelische Grenzgebiet wird dringend gewarnt. In diesen Regionen finden militärische Operationen statt, und es kam zu terroristischen Anschlägen. Bei Angriffen der Terrormiliz ISIS gegen Stellungen der ägyptischen Sicherheitskräfte im Raum Sheikh Zuwayd auf der nördlichen Sinai-Halbinsel am 1.7.2015 kam es zu einer Vielzahl von Todesopfern. Der über den nördlichen Teil der Sinai-Halbinsel (Gouvernorat Nord-Sinai) verhängte Ausnahmezustand wurde zuletzt Ende Juli 2015 um weitere drei Monate verlängert. Es gilt dort auch eine tägliche Ausgangssperre von 19.00 Uhr bis 6.00 Uhr. Die ägyptischen Behörden haben die Grenzregionen zu Libyen und zum Sudan zu Sperrgebieten erklärt und Reisen dorthin untersagt (AA 22.9.2015).

Quellen:

Rechtsschutz/Justizwesen

In der neuen Verfassung ist die Scharia als Quelle des Rechts deutlich weniger betont und ausgeschmückt als in dem vom gestürzten Präsidenten Mursi vorgeschlagenen Text. Konservative moralische Vorschriften wurden abgemildert, die Strafandrohung bei Blasphemie gegenüber dem Propheten Mohammed gestrichen. Parteien "auf religiöser Grundlage" werden vom politischen Betrieb ausgeschlossen, islamische Rechtsgelehrte bekommen das letzte Wort über die Gesetzgebung entzogen. Die Normenkontrolle liegt künftig wieder allein beim Verfassungsgericht. Die koptisch-christliche und jüdische Minderheit erhalten mehr Autonomie vor allem beim Personenstandsrecht (ZO 13.11.2013).

Die Verfassung gewährleistet die Unabhängigkeit der Justiz und die Immunität der Richter. Gerichte handeln üblicherweise unabhängig, einzelnen Gerichten scheint es allerdings an Unparteilichkeit zu mangeln und sie kommen zu politisch motivierten Urteilen. Die Regierung respektiert üblicherweise Gerichtsurteile. Für Angeklagte gilt die Unschuldsvermutung und sie werden üblicherweise sofort und detailliert über die Anklagepunkte informiert. Angeklagte in zivilen sowie Militärgerichten genießen grundsätzlich dieselben Rechte, wiewohl die Militärgerichtsbarkeit diese im Interesse der nationalen Sicherheit einschränken kann. Angeklagte haben das Recht auf einen Anwalt, in Zivilverfahren können sie diesen alle 15 Tage konsultieren, bei Verfahren vor Militärgerichten nur alle sechs Monate (USDOS 25.6.2015).

Die ägyptische Justiz ist in Zivil- und Strafgerichte einerseits und Verwaltungsgerichte andererseits unterteilt. Jeweils höchste Instanz ist das Kassationsgericht bzw. das Hohe Verwaltungsgericht. Darüber hinaus existieren Sonder- und Militärgerichte. Seit 1969 ist das Oberste Verfassungsgericht das höchste Gericht. Obwohl die Gerichte in Ägypten - mit gewissen Einschränkungen - als relativ unabhängig gelten und sich Richter immer wieder offen gegen den Präsidenten stellten, gab es immer wieder Vorwürfe gegen Richter, Prozesse im Sinn des Regimes zu manipulieren. Solche Vorwürfe werden auch heute noch in Bezug auf die Prozessführung gegen die angeklagten Spitzen des alten Regimes sowie hohe Offiziere der Sicherheitskräfte erhoben. Das Mubarak-Regime bediente sich immer wieder der durch den Ausnahmezustand legitimierten Militärgerichte, um politische Urteile durchzusetzen. Auch nach der Revolution wurden zahlreiche Zivilisten vor Militärgerichten angeklagt (GIZ 6.2015a). Der Oberste Justizrat, eine aus hochrangigen Richtern zusammengesetzte Kontrollinstanz, nominiert und ernennt die meisten Mitglieder der Justiz. Die Justiz wurde nach der Entmachtung von Staatspräsident Mursi im Juli 2013 zum Zentrum des politischen Prozesses. Der Vorsitzende des Obersten Verfassungsgerichts, Adli Mansour, wurde als Interimspräsident eingesetzt und Richter spielten eine führende Rolle bei der Ausarbeitung der neuen Verfassung. Diese gewährleistet eine größere Autonomie der Justiz durch Finanzhoheit jeder größeren Justizabteilung und dem Recht des Obersten Verfassungsgerichts, seinen Vorsitzenden selbst zu ernennen (FH 28.1.2015).

Aufgrund der hohen Zahl der Untersuchungshäftlinge sehen NGOs die Untersuchungshaft als jenes Sanktionsmittel, das die abgeschaffte Administrativhaft der Mubarak-Zeit ersetzt hat. Auffallend sind außerdem die teils drakonischen Strafen und die oft sehr dürftige Beweislage, aufgrund derer Angeklagte verurteilt werden (ÖBK 9.2014).

Quellen:

Sicherheitsbehörden

Mit etwa 1,2 Millionen Angehörigen umfasst Ägyptens interner Sicherheitsapparat mehr als doppelt so viele Personen wie die Armee (GIZ 6.2015a). Die Kontrolle der Regierung über die Sicherheitskräfte ist effektiv (USDOS 25.6.2015). Nach einer Studie vom März 2012 kostete der Sicherheitsapparat das Land 14 Mrd. US$ pro Jahr. Die wichtigsten Organe für die Absicherung des alten Regimes waren die "Zentralen Sicherheitskräfte" (ZSK), eine paramilitärische, kasernierte Spezialeinsatztruppe mit etwa 325.000 Angehörigen, die u.a. bei Demonstrationen eingesetzt wurden und werden, sowie der Staatssicherheitsdienst (SSD), der jegliche Opposition überwachte. Am 16.3.2011 wurde der SSD aufgelöst und stattdessen eine neue Organisation gegründet, die Nationale Sicherheitsbehörde (NSB). Es bestehen jedoch Zweifel, ob dies mehr als eine bloße Namensänderung ist (GIZ 6.2015a).

In Ägypten herrschte von 1981 bis 31.5.2012 und in den drei Monaten nach der Entmachtung Mursis im August 2013 der Ausnahmezustand. Dieser gewährte der Regierung außergewöhnliche Befugnisse im Bereich der Überwachung und Inhaftierung (FH 28.1.2015). Gemäß Angaben eines Mitarbeiters des Innenministeriums hatten die Behörden zwischen August 2013 und Juli 2014 22.000 Personen inhaftiert - die meisten davon, wenn nicht alle, Unterstützer der Muslimbruderschaft. Gemäß Muslimbruderschaft wurden 29.000 ihrer Mitglieder inhaftiert. Im Jahr 2014 weitete sich die Verhaftungswelle auch auf säkulare und linke Aktivisten aus (HRW 29.1.2015).

Quellen:

Folter und unmenschliche Behandlung

Bis heute werden dem Innenministerium und den Armeekräften Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Aktivisten und Blogger dokumentierten zahlreiche Fälle von gewalttätigen Angriffen auf Demonstranten, sowie Folter und Verhaftungen durch die Sicherheitskräfte im Zusammenhang mit Demonstrationen (GIZ 6.2015a). Die Anwendung von Folter und Gewalt durch die Polizei und den Sicherheitsapparat ist per Verfassung und Strafgesetz verboten. Dennoch gibt es Berichte über Anwendung von Folter zur Erlangung von Geständnissen (USDOS 25.6.2015) bzw. über Schläge bei Verhaftungen, Ankunft auf Polizeistationen oder dem Transport zwischen Gefängnissen (HRW 29.1.2015). In schwerwiegenden Fällen kommt es zur Untersuchung von Foltervorwürfen (USDOS 25.6.2015).

Quellen:

Korruption

Gesetzlich sind Strafen für behördliche Korruption vorgesehen, doch die Regierung setzte diese Bestimmungen nicht konsistent um. Eine zentrale Korruptionsbehörde existiert und berichtet der Regierung und dem Präsidenten. Die Berichte sind der Öffentlichkeit nicht zugänglich (USDOS 25.6.2015). Am Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International 2014 belegt Ägypten Rang 94 von 174 (TI 2014).

Quellen:

Allgemeine Menschenrechtslage

Die neue Verfassung vom Jänner 2014 enthält einen im Vergleich zu früheren Verfassungen erweiterten Grundrechtskatalog, der sowohl bürgerlich-politische, wie auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte umfasst (AA 4.2015a). Sie bringt gegenüber ihren Vorgängerinnen eine Stärkung der Menschenrechtsgarantien, während sie gleichzeitig die Sonderstellung von Armee und Justiz zementiert (ÖBK 9.2014). Die Gleichberechtigung von Frauen und Männern wird gewährt. Jedoch können einzelne Grundrechte durch einfache Gesetze wieder eingeschränkt werden. In der Verfassungswirklichkeit ist die Geltung der Grundrechte eingeschränkt (AA 4.2015a). Die Menschenrechtspolitik des Interimsregimes und der Regierung ist weiterhin stark autoritär geprägt, sowohl gegenüber der islamistischen Opposition, als auch gegenüber Menschenrechtsverteidigern. Die in ihrer Bewegungsfreiheit stark eingeschränkte Zivilgesellschaft betont vor allem vier Bereiche als besonders problematisch: Versammlungsfreiheit, Vereinsfreiheit, Meinungsfreiheit und Recht auf ein faires Verfahren (ÖBK 9.2014).

Quellen:

Meinungs- und Pressefreiheit

Die Verfassung gewährleistet Meinungs- und Pressefreiheit, enthält aber eine Klausel, die besagt, dass "diese eingeschränkter Zensur in Kriegszeiten oder Zeiten öffentlichen Aufruhrs unterliegen kann". Die Regierung untersuchte und verfolgte Kritiker wegen angeblichem Aufruf zur Gewalt sowie Beleidigung der Religion oder politischer Persönlichkeiten und Institutionen. Belästigungen wegen Sympathiebekundungen für die Muslimbrüder kamen ebenfalls vor. Staatliche und nicht-staatliche Akteure verhaften und belästigen Journalisten, sie werden bedroht und physisch attackiert oder in Einzelfällen auch getötet, meist im Zusammenhang mit Protesten gegen die Regierung (USDOS 25.6.2015). Zensur durch die Regierung kommt vor (USDOS 25.6.2015; vgl. FH 28.1.2015). Die Militärbehörden schlossen nach dem Sturz Mursis im August 2013 quasi alle islamistischen und oppositionellen Medien. Demzufolge sind die staatlichen Medien und die verbleibenden privaten Medien offen pro-militärisch und pro-Sisi (FH 28.1.2015).

Neue Medien wie Blogs, YouTube, Facebook und Twitter spielten schon vor, aber besonders nach der Revolution eine immer größere Rolle. Die Internet-Durchdringungsrate stieg von 0,7 Prozent im Jahr 2000 auf 11,4 Prozent im Jahr 2007 und auf 27 Prozent im Dezember 2012 mit mehr als 22 Millionen Nutzern. Die Zahl der Facebook Nutzer stieg von 0,8 Mio. im Juli 2008 auf 7,9 Mio. im Juli 2011 und über 12 Millionen oder 15 Prozent der Gesamtbevölkerung im Dezember 2012. Selbst der ägyptische Militärrat hat eine offizielle Facebook Seite eingerichtet. Einer Studie der Agentur eMarketing Egypt zufolge bezogen 63 Prozent aller an Demonstrationen beteiligten Internet-Nutzer ihre Informationen während der Revolution ausschließlich aus dem Internet. 71 Prozent stützten sich primär auf Facebook als Informationsquelle. Auch YouTube wird zunehmend als Nachrichteninformationsquelle genutzt. Viele Fernsehsender, u.a. Al Jazeera (arabisch und englisch) sowie der arabisch-sprachige Sender On-TV stellen alle wichtigen Sendungen ins Internet. Blogs, Facebook und Twitter werden auch nach der Revolution überwacht. Blogger und Internetaktivisten sind weiterhin mit Repressionen bedroht oder werden sogar inhaftiert (GIZ 6.2015a).

Quellen:

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit / Opposition

Die Verfassung gewährleistet Versammlungsfreiheit unter Vorbehalt gesetzlicher Einschränkungen (USDOS 25.6.2015). Das im November 2013 in Kraft getretene Demonstrationsgesetz schränkt diese weitgehend ein (AA 4.2015a; vgl. ÖBK 9.2014; USDOS 25.6.2015). Demonstrationen müssen im Vorfeld genehmigt werden und sind an zahlreichen Orten, etwa in der Nähe von Militäreinrichtungen, generell verboten (AA 4.2015a). Das Gesetz bietet dem Innenminister vielfältige Möglichkeiten, geplante Demonstrationen zu verbieten oder einzuschränken (USDOS 25.6.2015). Bei Verstößen drohen lange Haftstrafen (AA 4.2015a). Zwischen 20 und 40.000 Menschen wurden seit dem Umsturz aufgrund diverser Vergehen gegen das Demonstrationsgesetz oder ähnliche Bestimmungen im Strafrecht in Haft genommen. Vor einigen Kundgebungen habe man versucht, diese gemäß Versammlungsgesetz anzumelden, was aber regelmäßig von behördlicher Seite ignoriert oder abgelehnt worden sei (ÖBK 9.2014).

Quellen:

Opposition

Nach dem Sturz Mursis im Juli 2013 kam es v.a. im August 2013 unter dem Übergangspräsidenten Adli Mansur zu massiver und oft gewaltsamer Repression gegenüber der islamistischen Opposition. Insgesamt dürfte die Zahl der Todesfälle im August 2013 rund 1.400 erreicht haben. Die oberste und mittlere Führungsebene der Moslembruderschaft und ihres politischen Arms, der Freedom and Justice Party, sowie verbündeter Parteien, befindet sich damit fast vollständig im Gefängnis oder im Ausland (ÖBK 9.2014). Tausende Vertreter der Muslimbrüder sitzen seit dem Sommer 2013 in Haft. Gegen einen Teil, unter ihnen der abgesetzte Präsident Mursi, laufen derzeit Verfahren, während zahlreiche Mitglieder und Sympathisanten der Muslimbrüder in den vergangenen Monaten zum Tode verurteilt wurden (AA 4.2015a). Auch auf rechtlicher Ebene ging das Regime gegen die Islamisten vor. Am 23.9.2013 wurde die Muslimbruderschaft aufgelöst und ihr Vermögen eingezogen (ÖBK 9.2014). Sie wurde zu diesem Zeitpunkt verboten. Nach einem Terroranschlag im Dezember 2013, zu dem sich eigentlich die radikalislamische Gruppe Ansar Beit al-Maqdis bekannt hatte, wurde sie auch noch zu einer terroristischen Organisation erklärt (NZZ 25.12.2013; vgl. HRW 29.1.2015).

Auch säkulare Aktivisten sind Repressionen ausgesetzt (AA 5.2015a). Nach der Muslimbruderschaft folgten die Verbote der säkularen, revolutionären Bewegung des 6. April (verboten am 28.4.2014), der FJP (verboten am 9.8.2014) und der islamistischen Istiqlal-Partei (verboten am 30.9.2014). Das Regime sendet seit August 2014 auch einige, bislang sehr schwache, Zeichen der Entspannung aus:

Umwandlung der Todesstrafe für einige führende Moslembrüder (darunter den obersten Führer Badie) in Gefängnisstrafen; und Freilassung von vier Moslembrüdern der unteren und mittleren Führungsebene. Gleichzeitig haben zwei der islamistischen Parteien, Wasat und Watan, die NASL verlassen und suchen im Vorfeld zu den Parlamentswahlen nach neuen Bündnispartnern und einer Rückkehr in die Politik. Beim Verfassungsreferendum vom 14.-15. Jänner 2014 war de facto nur positive Propaganda zugelassen. Aktivisten, die gegen die geplante Verfassung auftraten, wurden verhaftet. Das Referendum geriet schließlich mit einer Mehrheit von 98 Prozent (bei einer allerdings geringen Beteiligung von 38 Prozent) zu einer Vertrauenserklärung für Interimsregime und Armee (ÖBK 9.2014).

Quellen:

Haftbedingungen

Es herrschen weiterhin harte Bedingungen in den Gefängnissen und Haftanstalten des Landes. Gemäß den Berichten von Internationalen NGOs sind die Gefängniszellen überfüllt, es bestehen Mängel bei der medizinischen Versorgung, beim Essen, bei sauberem Wasser, bei der Belüftung und bei den sanitären Einrichtungen (USDOS 25.6.2015; vgl. FH 28.1.2015). Unabhängige Beobachter wie das IKRK erhalten keine Genehmigung für Gefängnisbesuche. Nur quasi-staatliche Organisationen können Gefängnisbesuche durchführen (USDOS 25.6.2015).

Quellen:

Todesstrafe

Ägypten gehört zu jenen Staaten, die Todesurteile vollstrecken (AI 20.7.2015). Basierend auf seiner Verfassung, für die die islamische Scharia als Hauptquelle gilt, ist Ägypten einer von 40 Staaten weltweit, die die Todesstrafe noch nicht abgeschafft haben. Von 115 Todesurteilen im Jahr 2011 wurde zumindest eines vollstreckt. 2012 wurden 91 Personen zum Tod verurteilt. Es ist jedoch nicht klar, wie viele exekutiert wurden. Es gibt keine offiziellen Angaben über die Anzahl der Todesurteile 2013. Im März 2014 wurden 529 Personen zum Tod verurteilt. Dieses Urteil gilt als größte Massenverurteilung in der ägyptischen Strafgerichtsbarkeit (AO 24.3.2014).

Zwischen Jänner und Juni 2014 wurden gemäß AI (Amnesty International) in mehreren Massenprozessen in der Stadt al-Minya

1.247 Menschen nach sehr kurzen Anhörungen zum Tod verurteilt. Da die aufgrund des Gesetzes zwingend einzuholenden Gutachten des Großmuftis ablehnend ausfielen, wurde die Mehrzahl der Todesurteile durch hohe Haftstrafen ersetzt (u.a. für den obersten Führer der MB, Mohamed Badie). Der für die Urteile verantwortliche Richter soll allerdings Anfang Oktober 2014 an ein Zivilgericht versetzt worden sein. Im Juni 2014 berichtete die Presse über eine Wiederaufnahme von Exekutionen. Damit scheint das seit Oktober 2011 geltende De-Fakto-Moratorium beendet zu sein. Es gibt vertrauliche Hinweise, dass weitere Exekutionen stattfanden, die jedoch nicht publik gemacht wurden (ÖBK 9.2014).

Quellen:

Religionsfreiheit

90 Prozent aller Ägypter sind Muslime, fast alle von ihnen Sunniten. Sie folgen der hanafitischen Rechtstradition, die als die liberalste der vier heute verbreiteten islamischen Rechtsschulen gilt. 10 Prozent sind Christen, davon gehören ca. 9 Prozent der orthodoxen ägyptischen koptischen Kirche und ca. 1 Prozent anderen christlichen Konfessionen an (GIZ 6.2014a).

In der Verfassung vom Jänner 2014 ist die Religionsfreiheit ein absolutes Recht, nicht mehr nur ein garantiertes Recht (FH 28.1.2015; vgl. DW 17.1.2014). Dies bezieht sich aber vor allem auf Angehörige der sogenannten Buch-Religionen, also auf Juden und Christen (DW 17.1.2014). Die Freiheit des Kultes und das damit verbundene Recht zum Bau von Gotteshäusern bleiben den Offenbarungsreligionen (Muslime, Christen, Juden) vorbehalten (AA 4.2015a). Der Islam ist weiter die Staatsreligion (FH 28.1.2015; vgl. DW 17.1.2014). Die Prinzipien der Scharia - recht unbestimmt - sind weiterhin die Hauptquelle der Gesetzgebung. Laut Verfassungspräambel haben Christen und Juden das Recht auf ihr Personalstatut. Also alles, was mit familienrechtlichen Fragen, religiösen Angelegenheiten, etwa der Auswahl ihrer religiösen Führer zu tun hat, können sie auf Basis ihrer eigenen religiösen Gesetze tun (DW 17.1.2014). Parteien "auf religiöser Grundlage" werden vom politischen Betrieb ausgeschlossen, islamische Rechtsgelehrte bekommen das letzte Wort über die Gesetzgebung entzogen. Die Normenkontrolle liegt künftig wieder allein beim Verfassungsgericht (ZO 14.1.2014).

Die Ägypter gelten im Vergleich zu vielen anderen Arabern als besonders religiös. Allerdings ist das traditionelle Religionsverständnis sehr flexibel und den weltlichen Bedürfnissen angepasst. Das Religionsverständnis hat sich in den letzten Jahren jedoch, je nach sozialer Gruppe, in unterschiedlicher Form gewandelt. Mit dem Aufstieg des politischen Islam wurde in manchen Schichten eine engere und stärker auf äußere Formen orientierte Auslegung und Praktizierung der islamischen Religion populär. Auf der anderen Seite gibt es auch viele Ägypter, die zwar in der Regel durchaus an Gott glauben, die aber wie in anderen modernen Gesellschaften auch ihr Leben nicht auf Grundlage religiöser Ge- und Verbote führen (GIZ 6.2014).

Quellen:

Kopten

Interkonfessionelle Gewalt, vor allem gegen Christen, hat in den letzten Jahren zugenommen (USDOS 28.7.2014). Die koptische Kirche wurde durch den Umsturz [den Sturz Mursis] politisch und rechtlich gestärkt (u.a. verfassungsrechtliche Bestätigung, dass das Kirchenrecht für Christen bindend ist). Die Situation der Gläubigen hat sich dadurch jedoch nicht unbedingt verbessert (ÖBK 9.2014):

Nach dem Umsturz waren zahlreiche Racheakte gegen Christen und christliche Einrichtungen, mitunter auch mit Todesfolge, zu verzeichnen (ÖBK 9.2014; vgl. FH 28.1.2015). Die Sicherheitsbehörden kamen dabei ihrer Schutzpflicht im Allgemeinen nicht nach (ÖBK 9.2014). Nach Informationen von Menschenrechts-NGOs werden seitdem Vorfälle von den privaten und staatlichen Massenmedien verschwiegen (ÖBK 9.2014).

Quellen:

Andere religiöse Minderheiten

Unter den Minderheiten sind vor allem Schiiten immer wieder Gegenstand von Diskriminierung. Die Stimmung wird auch derzeit weiter durch die offiziellen sunnitischen Institutionen angeheizt. Immer wieder kommt es aufgrund angeblicher Diffamierung des Islams zu Verhaftungen. Auch die Verfolgung von Atheisten hat unter dem neuen Regime nicht nachgelassen (ÖBK 9.2014) bzw. sogar zugenommen (Razzien an Versammlungsstätten von Atheisten im November und Dezember 2014) (FH 28.1.2015).

Quellen:

Bewegungsfreiheit

Das ägyptische Gesetz sieht Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Auswanderung und Rückkehr vor und die Regierung respektiert diese Rechte generell auch in der Praxis. Nichtsdestotrotz gibt es einige Einschränkungen, wie z.B. Einschränkungen der Bewegungsfreiheit von Flüchtlingen und Asylwerbern, sowie Einschränkungen der Reisefreiheit (bzgl. Auslandsreisen) für Männer, die den Militärdienst noch nicht abgeleistet haben. Es ist Staatsbürgern und Ausländern untersagt, militärische Sperrgebiete zu betreten. Die Regierung versucht, aufgrund der schlechten Sicherheitslage Reisen von Privatpersonen, Journalisten und Aktivisten der Zivilgesellschaft in den Sinai zu unterbinden (USDOS 25.6.2015).

Quellen:

Meldewesen

Für ägyptische Staatsangehörige besteht keine zentrale Meldepflicht; eine dem deutschen Meldewesen vergleichbare Einrichtung gibt es in Ägypten nicht. Bei Forderungen gegen unbekannt verzogene ägyptische Staatsangehörige ist daher der Versuch einer Aufenthaltsermittlung nahezu aussichtslos (DBK 3.2013).

Quellen:

Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge

Die Anzahl der registrierten oder eine Registrierung erwartenden Flüchtlinge in Ägypten beträgt laut UNHCR 300.000. Fast 140.000 stammen aus Syrien, einschließlich in Syrien lebender Palästinenser. Bei den restlichen Flüchtlingen handelt es sich mehrheitlich um Sudanesen, Eritreer, Somalier und Iraker. Die Situation der syrischen Flüchtlinge wurde seit dem Umsturz Präsident Morsis schwieriger. Im Gegensatz zur früheren, großzügigen Handhabung der Visabestimmungen, werden seit 8.7.2013 Syrer ohne Visa an den Grenzstellen zurückgewiesen. Hunderte Flüchtlinge aus Syrien wurden aufgrund "versuchter illegaler Emigration" in Haft genommen. Viele von ihnen blieben auch ohne rechtliche Grundlage bis zur Deportation in Haft. Meldungen zufolge wurden zahlreiche dieser Flüchtlinge deportiert, u.a. zurück nach Syrien. Palästinensische Flüchtlinge aus Syrien sind besonders gefährdet, da ihnen die Registrierung bei UNHCR durch Ägypten versagt wird. Obwohl syrische Flüchtlinge theoretisch Anspruch auf staatliche Gesundheitsbetreuung und Bildung haben, bestehen de facto zahlreiche Hürden. Viele Flüchtlinge klagen daher über hohe Kosten für Gesundheit und Bildung. Einigen gelingt es, auf die Unterstützung seitens privater Hilfsorganisationen auszuweichen. Laut Daten der UNICEF haben 3.911 syrische Kinder in Ägypten keinen Schulplatz. Eine prekäre Situation herrscht für die Flüchtlinge auch im Gesundheitswesen. Auch die Situation afrikanischer Migranten und Flüchtlinge bleibt prekär. Aus der Sinai-Halbinsel als einen teils rechtsfreien Raum und Konfliktzone gibt es weiterhin Meldungen über das Festhalten und die Misshandlung entführter Migranten. Gleichzeitig liegen keine Informationen über staatliche Maßnahmen zur Verhinderung oder Verfolgung dieser Handlungen vor. Allein die Zahl der am Sinai festgehaltenen Eritreer soll seit 2007 30.000 Personen betragen haben (ÖBK 9.2014).

Quellen:

Grundversorgung/Wirtschaft

Ägypten ist das nach Südafrika am stärksten industrialisierte Land Afrikas. Außerhalb der Ballungsgebiete spielt weiterhin die Landwirtschaft eine erhebliche Rolle. Der zu weiten Teilen informelle Dienstleistungssektor nimmt zudem einen Großteil der Arbeitskräfte auf. Dennoch bleibt die Arbeitslosigkeit mit ca. 13 Prozent, bei deutlich höherer Jugendarbeitslosigkeit, hoch. Groß- und Einzelhandel spielen eine erhebliche Rolle. Starke Elemente einer Rentenökonomie prägen das Wirtschaftsbild. Jeder dritte Ägypter ist in der Landwirtschaft beschäftigt. Angebaut werden vor allem Baumwolle, Reis, Zuckerrohr, Weizen, Gemüse und Obst. Die landwirtschaftliche Nutzfläche erstreckt sich vor allem entlang des Nils sowie im Nildelta, macht aber lediglich 2,9 Prozent der Gesamtfläche des Landes aus. Aufgrund der starken Parzellierung können viele Landwirte lediglich Subsistenzwirtschaft betreiben (AA 4.2015b).

Mehr als 54 Millionen Ägypter sind im arbeitsfähigen Alter. Davon sind nach Angaben der ägyptischen Statistikbehörde CAPMAS knapp 27 Millionen auf dem Arbeitsmarkt, was einer Erwerbsquote von 49,5 Prozent entspricht. Der ägyptische Arbeitsmarkt ist jung und von einer niedrigen Partizipationsrate, insbesondere Frauen, von einer hoher Beschäftigungsrate im informellen Sektor und in ungesicherten Arbeitsverhältnissen sowie von Unterbeschäftigung und hoher Jugendarbeitslosigkeit, besonders von Gebildeten und Frauen, gekennzeichnet. Die offizielle Arbeitslosenrate schwankte in den letzten zehn Jahren zwischen 9 und 10,5 Prozent. Unabhängige Schätzungen gehen jedoch von bis zu 30 Prozent Arbeitslosen aus, da viele Arbeitswillige aus der engen Definition der Arbeitssuchenden herausfallen (GIZ 6.2015b).

Grundsätzlich gilt für Ägypten, dass Armut nicht mit Arbeitslosigkeit gleichgesetzt werden kann. Anders als die nicht von Armut direkt betroffenen, die bei Arbeitslosigkeit auf die Unterstützung ihrer Familien zählen können, können es sich die tatsächlich Armen nicht leisten, über einen längeren Zeitraum kein wenn auch noch so niedriges Einkommen zu haben. Die Probleme der Armen sind daher v.a. Unterbeschäftigung sowie niedrige Bezahlung. Die Armen, Analphabeten und niedrig Gebildeten kennen praktisch keine Arbeitslosigkeit. Nur rund 7 Prozent aller Arbeitslosen haben ein Fachabitur und nur ca. ein Prozent sind Analphabeten. Die Arbeitslosen haben überwiegend eine sekundäre (53,2 Prozent) oder universitäre Schulbildung (39,7 Prozent), sind unter 30 Jahre alt (87,1 Prozent) und neu auf dem Arbeitsmarkt (88,4 Prozent). Die Frauenerwerbslosenquote ist mit 22,6 Prozent wesentlich höher als die der Männer (4,9 Prozent) und in der Stadt (12,3 Prozent) höher als auf dem Land (6,5 Prozent) (GIZ 6.2015b).

Quellen

Medizinische Versorgung

In Kairo ist eine ausreichende Versorgung gewährleistet. Die medizinische Versorgung außerhalb Kairos hat sich in den letzten Jahren zwar deutlich verbessert, dennoch entspricht sie nach wie vor oft nicht westeuropäischem Standard (AA 22.1.2015). Mit fast 30 Ärzten pro 10.000 Einwohner (regionaler Schnitt 10/10.000) hat Ägypten eine vergleichsweise gute medizinische Versorgung. In den letzten Jahren sind Kindersterblichkeit und Muttersterblichkeit gesunken sowie die Infektionskrankheiten deutlich reduziert worden (DBK 9.2014).

Eine Vielzahl von privaten Belegkrankenhäusern findet sich verteilt über die einzelnen Stadtteile der Millionenmetropole. Einige der renommierteren Privatkliniken haben über hundert Belegärzte, die meisten von ihnen sind an mehreren Häusern tätig. Fachabteilungen im eigentlichen Sinn (Chefarzt, Oberärzte, Assistenten) sind nicht vorhanden, das Pflegepersonal arbeitet täglich mit einer großen Anzahl unterschiedlicher Fachärzte zusammen. Gezielte Eingriffe sind durchaus möglich, die Ausstattung mit modernen medizinischen Geräten ist gut, Hygiene und pflegerische Versorgung aber oft nicht auf europäischem Niveau. Die fachärztliche Kompetenz ist in den meisten Fällen gegeben, die Infrastruktur der privaten Belegkrankenhäuser lässt oftmals zu wünschen übrig. Die Möglichkeit der ambulanten Versorgung in privaten Kliniken oder Praxen ist in Kairo vielfältig. Etliche in Europa oder den USA ausgebildete Fachärzte und Professoren bieten oft nach ihrer Tätigkeit in den überlaufenen staatlichen Universitätskrankenhäusern nachmittags oder abends private Konsultationen an. Das Fehlen der Allgemeinmedizin, des "praktischen Hausarztes" kann unter Umständen zur Überdiagnostik beim Facharzt führen, die ganzheitliche Versorgung des Kranken kann dabei zu kurz kommen (DBK 6.2015).

Quellen:

Behandlung nach Rückkehr

Der Botschaft sind keine Hilfsprogramme für Rückkehrer nach Ägypten bekannt (ÖBK 9.2014). Es gibt NGOs, die obdachlosen Ägyptern oder Ausländern in schwieriger Lage Unterstützung bei der Unterkunftssuche bieten (IOM 17.4.2014).

Quellen:

A) 2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Ägypten mit Stand 24. September 2015, in der Fassung 11. Jänner 2016.

A) 2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seiner Herkunft und seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.

Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer in Österreich strafgerichtlich unbescholten ist, ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 22. Februar 2016.

A) 2.2. Zum Herkunftsstaat:

Bezüglich der Erkenntnisquellen zur Lage im Herkunftsstaat wurden sowohl Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie beispielsweise dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten und unabhängigen Nichtregierungsorganisationen, wie zB der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, herangezogen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

A) 3. Rechtliche Beurteilung:

A) 3.1. Zur (funktionellen) Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Weder das Asylgesetz 2005 noch das Fremdenpolizeigesetz 2005 sehen eine Entscheidung durch Senate vor, sodass das Bundesverwaltungsgericht den vorliegenden Beschwerdefall durch Einzelrichter zu entscheiden hat.

A) 3.2. Zur anzuwendenden Rechtslage:

1. § 10 Abs. 2 sowie § 55 und § 57 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, lauten:

"Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme

§ 10. (1) ...

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

(3) ...

Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK

§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

...

Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) ... ".

2. § 50, § 52 Abs. 1 Z und Abs. 9 sowie § 55 Abs. 1 bis 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, lauten:

"Verbot der Abschiebung

§ 50. (1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

(4) ...

Rückkehrentscheidung

§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. ...

(2) ...

(9) Das Bundesamt hat mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

(10) ...

Frist für die freiwillige Ausreise

§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

(1a) ...

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.

(4) ...".

A) 3.3. Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides:

A) 3.3.1. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach den §§ 55

und 57 Asylgesetz 2005 (erster Spruchteil):

1. Vorweg ist klarzustellen, dass es dahingestellt bleiben kann, ob der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach den §§ 55 und 57 Asylgesetz 2005 gestellt hat. Schließlich kann ein solcher Aufenthaltstitel auch von Amts wegen erteilt werden.

2. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 Asylgesetz 2005 wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich keinerlei Hinweise, die nahe legen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt.

3.1. Auch die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Z 2 Asylgesetz 2005 - die Erfüllung des Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG oder die Ausübung einer erlaubten Erwerbstätigkeit - sind nicht gegeben.

3.2. Eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 Abs. 2 Asylgesetz 2005 wäre gemäß § 55 Abs. 1 Z 1 leg. cit. zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-Verfahrensgesetz zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist.

Dies ist vorliegend nicht der Fall, wenngleich sich sein Onkel und seine Tante sowie deren Kinder im Bundesgebiet aufhalten. Schließlich halten sich seine Eltern und Geschwister in Ägypten auf, sodass der Beschwerdeführer in seinem Heimatstaat über maßgebliche familiäre Anknüpfungspunkte verfügt. Außerdem ist der Beschwerdeführer unter Verwendung eines Schengen-Visums am 10. Jänner 2012 in das Bundesgebiet eingereist; statt wieder auszureisen, stellte er am 4. Februar 2012 einen unbegründeten Asylantrag.

Zu Lasten des Beschwerdeführers fällt insbesondere ins Gewicht, dass er nach der im Beschwerdewege erfolgten Abweisung seines Asylantrages mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 4. März 2013 seiner Rechtspflicht nicht nachgekommen ist und das Bundesgebiet nicht freiwillig verlassen hat. Mit seinem bisherigen illegalen Aufenthalt in der Dauer von etwas mehr als drei Jahren handelte er dem gewichtigen öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gröblich zuwider.

Der Hinweis des Beschwerdeführers, dass er sich "nun seit mehr als 4 Jahren in Österreich befinde", verfängt somit nicht.

Dessen ungeachtet weist der Beschwerdeführer auch keinen maßgeblichen Grad an Integration auf; insbesondere war er nicht imstande, einen formellen Nachweis über seine Deutschkenntnisse vorzulegen. Auch die vom Beschwerdeführer vorgelegte Einstellungszusage verleiht seinen persönlichen Interessen kein entscheidendes Gewicht (zur Gewichtung von Einstellungszusagen vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Oktober 2011, Zl. 2011/22/0065, mwN).

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie der Beschwerdeführer erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen. Überdies würde dies dazu führen, dass Fremde, die die fremdenrechtlichen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen beachten, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, die ihren Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich durch ihre illegale Einreise und durch die Stellung eines unbegründeten oder sogar rechtsmissbräuchlichen Asylantrages erzwingen, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (zum allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen, vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Dezember 2003, Zl. 2003/07/0007; vgl. dazu auch das Erkenntnis VfSlg. 19.086/2010, in dem der Verfassungsgerichtshof auf dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Bezug nimmt und in diesem Zusammenhang explizit erklärt, dass "eine andere Auffassung sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen würde.")

Den - nicht besonders gewichtigen - persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich steht somit das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gegenüber; diesem gewichtigen öffentlichen Interesse kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. März 2002, Zl. 98/18/0260, vom 18. Jänner 2005, Zl. 2004/18/0365, vom 3. Mai 2005, Zl. 2005/18/0076, vom 17. Jänner 2006, Zl. 2006/18/0001, und vom 9. September 2014, Zl. 2013/22/0246).

Die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 Abs. 2 Asylgesetz 2005 ist zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK daher jedenfalls nicht geboten.

4. Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach den §§ 55 und 57 Asylgesetz 2005 nicht gegeben sind, war die Beschwerde gegen den ersten Spruchteil des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

A) 3.3.2. Zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und zur Zulässigkeit der Abschiebung (zweiter und dritter Spruchteil):

1.1. Dem Beschwerdeführer droht in Ägypten - wie bereits mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 4. März 2013 rechtskräftig entschieden wurde - keine asylrelevante Verfolgung bzw. auch sonst keine existenzielle Bedrohung.

1.2. Auch gibt es dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Ägypten die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre, im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt (zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Juli 2003, Zl. 2003/01/0059). Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum der Beschwerdeführer seinen notdürftigsten Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht wieder bestreiten können sollte. Dazu kommt, dass sich seine Familie in Ägypten aufhält, sodass er bei seiner Rückkehr auch nicht auf sich allein gestellt ist. Außerdem besteht ganz allgemein in Ägypten derzeit keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung iSd Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre.

Dies gilt im Besonderen für den Beschwerdeführer, zumal er als volljähriger, gesunder und erwerbsfähiger Mann auch keines besonderen Schutzes bedarf.

Letztlich ist auch darauf hinzuweisen, dass dem Beschwerdeführer die Möglichkeit offensteht, eine finanzielle Rückkehr- bzw. Reintegrationshilfe der belangten Behörde in Anspruch zu nehmen.

1.3. Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

2. Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des zweiten und dritten Spruchteils des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.

A) 3.3.3. Zur Festsetzung der Frist für die freiwillige Ausreise

(vierter Spruchteil):

Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Derartige "besondere Umstände" wurden vom Beschwerdeführer nicht dargetan und sind auch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht hervorgekommen.

A) 4. Zum Unterbleiben der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

In Anbetracht der Tatsache, dass der maßgebende Sachverhalt von der belangten Behörde abschließend ermittelt wurde und auch unter Zugrundelegung der Beschwerdebehauptungen für den Beschwerdeführer nichts gewonnen ist [vgl. dazu insbesondere die Ausführungen oben unter Punkt A) 3.3.1.], ist der Sachverhalt iSd § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-Verfahrensgesetz aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht konnte daher unterbleiben, auch weil sich das Bundesverwaltungsgericht nach § 17 VwGVG iVm § 39 Abs. 2 AVG von Rücksichten auf möglichste Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen hat.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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