BVwG I408 2147578-1

BVwGI408 2147578-124.8.2017

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art.133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:I408.2147578.1.00

 

Spruch:

I408 2147578-1/9E

 

I408 2147568-1/9E

 

I408 2147591-1/9E

 

I408 2147593-1/9E

 

I408 2147583-1/10E

 

I408 2147587-1/8E

 

SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 24.08.2017 MÜNDLICH VERKÜNDETEN

ERKENNTNISSES

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerden des XXXX, geboren am XXXX, StA Sudan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.01.2017, Zl.XXXX und der XXXX, geboren am XXXX, StA Sudan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.01.2017, Zl. XXXX, sowie deren Kinder des minderjährigen XXXX, geboren am XXXX, StA Sudan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.01.2017, Zl. XXXX, des minderjährigen XXXX, geboren am XXXX, StA Sudan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.01.2017, Zl. XXXX des minderjährigen XXXX, geboren am XXXX, StA Sudan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.01.2017, Zl. XXXX und des minderjährigen XXXX, geboren am XXXX, StA Sudan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.01.2017, Zl. XXXX, vertreten durch ihre gesetzliche Vertreterin XXXX, alle vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, zu Recht erkannt:

 

A)

 

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang

 

1. Die Beschwerdeführer, sudanesische Staatsangehörige, stellten am 05.08.2014 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz. Der Erstbeschwerdeführer (im Folgenden: BF1) und die Zweitbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF2) sind Ehegatten und Eltern der minderjährigen Dritt-, Viert-, Fünft- und Sechstbeschwerdeführer (im Folgenden: BF3, BF4, BF5 und BF6). BF5 und BF6 wurden in Österreich geboren. Die Verfahren sind gemäß § 34 AsylG als Familienverfahren zu führen.

 

2. Im Rahmen ihrer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 05.08.2014 gaben BF1 und BF2 an, dass sie den Sudan am 03.05.2014 per Flugzeug verlassen haben und danach schlepperunterstützt auf der Ladefläche eines LKWs von Istanbul nach Österreich gelangt seien. Zu ihren Fluchtgründen befragt, führten sie Folgendes an: "Die Janjawids (bewaffnete Miliz) überfallen Dörfer und verbrennen die Häuser, vergewaltigen Frauen und töten Menschen. Aus Angst getötet zu werden haben wir unser Land verlassen." BF3 und der BF4 haben keine eigenen Fluchtgründe, sondern deren Anträge beziehen sich auf die Fluchtgründe ihrer Mutter, der BF2.

 

3. Am XXXX kam das dritte gemeinsame Kind (BF5) in Österreich auf die Welt.

 

4. Am 15.04.2015 wurden der BF1 und die BF2 von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen und gaben dabei an, dass sie sunnitische Moslems seien, der Volksgruppe der Araber angehören und bis zu ihrer Flucht in Gereida, Darfur gelebt haben. BF1 habe in der Landwirtschaft seines Vaters gearbeitet und BF2 sei Hausfrau gewesen. Des Weiteren würde regelmäßiger Kontakt zu Verwandten in der Heimat bestehen.

 

Zum Fluchtgrund befragt führte der BF1 an, dass es zum einen im Sudan keine Sicherheit für ihn und seine Familie gebe und zum anderen wolle er keine Waffen tragen und wünsche sich eine bessere Zukunft für seine Familie. Er habe zwei Jahre lang überlegt, ob er den Sudan verlassen solle, denn es habe fortwährend Krieg zwischen den Dschandschawid und dem sudanesischen Regime gegeben und er sei von beiden Seiten bedroht worden. Die Dschandschawid haben regelmäßig die Dörfer geplündert und drei bis vier seiner Schafe mitgenommen, aber man habe nichts sagen können, denn ansonsten wäre man erschossen worden. Seine Schwester sei vergewaltigt worden. Die Familie sei erst jetzt geflohen, da man immer gehofft habe, dass sich die Situation verbessern würde. Konkrete Verfolgung aufgrund ihrer Religion, Volksgruppe, Rasse oder politischen Einstellung habe die Familie aber nicht erfahren. Seine Geschwister würden noch in Gereida leben, weil sie im Gegensatz zum BF1 Analphabeten seien und im Sudan bleiben wollten. Eine innerstaatliche Fluchtalternative sei nicht in Frage gekommen, weil er aus Darfur sowie lediglich ein Landwirt sei und folglich im ganzen Sudan nicht sicher gewesen wäre und auch keine Arbeit gefunden hätte.

 

Die BF2 bestätigte die Angaben des BF1 und ergänzte, dass sie selbst nie konkret bedroht oder verfolgt worden sei, allerdings sei sie immer wenn die Lage schlimmer geworden sei mit den Kindern zu ihren Eltern nach Khartum gegangen. Sie habe nur zwei Möglichkeiten gehabt, entweder mit BF1 zu fliehen oder sich zu trennen und nach Khartum zurückzukehren.

 

5. Am XXXX kam das vierte gemeinsame Kind (BF6) in Österreich auf die Welt.

 

6. Am 23.05.2016 wurden BF1 und BF2 nochmals von der belangten Behörde einvernommen. Im Wesentlichen wiesen beide darauf hin, dass sich die Lage in Ihrem Heimatland verschlechtert habe. Es gebe derzeit auch Angriffe der Regierung aus der Luft. BF1 habe zu seinen Verwandten keinen Kontakt mehr, BF2 mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern.

 

7. Mit den angefochtenen Bescheiden vom 30.01.2017 wies die belangte Behörde die Anträge aller Beschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde den Beschwerdeführern der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und es wurde ihnen gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 29.01.2018 erteilt (Spruchpunkt III.).

 

8. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhoben die Beschwerdeführer am 13.02.2017 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

 

9. Am 16.08.2017 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht in Bezug auf alle Beschwerden (Familienverfahren) eine mündliche Verhandlung statt, in der das gegenständliche Erkenntnis mündlich verkündet wurde.

 

10. Mit Eingabe vom 24.08.2017 begehrten die Beschwerdeführer über ihre bevollmächtigte Rechtsvertretung eine schriftliche Ausfertigung.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

BF1 und BF2 sind verheiratet, Eltern von BF3, BF4, BF5 und BF6, sudanesische Staatsangehöriger und bekennen sich zum moslemischen Glauben. Ihre Identitäten stehen nicht fest.

 

BF1 und BF2 und ihre beiden im Sudan geborenen Kindern (BF3 und BF4) haben den Sudan aufgrund der schlechten Sicherheitslage und der von ihnen geschilderten Lebensumstände verlassen. BF5 und BF6 sind beide in Österreich geboren.

 

Es gab keine Verfolgung der Beschwerdeführer aufgrund ihrer Religion, Rasse oder politischen Einstellung (AS 26).

 

Da sie die Hoffnung auf bessere Zeiten verloren hatten, verkaufte BF1 seinen Anteil am Familienbesitz und verließ mit seiner Familie schlepperunterstützt den Sudan (AS 27).

 

2. Beweiswürdigung:

 

2.1. Das Bundesverwaltungsgericht verweist zunächst auf die schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid.

 

2.2. Aufgrund der glaubhaften Schilderungen von BF1 und BF2 über die bestehenden Lebensumstände in Darfur wurde ihnen bereits subsidiärer Schutz gewährt.

 

2.3. Auch in der mündlichen Verhandlung erwähnte BF1 zunächst nur die fragile Sicherheitslage und brachte erst in weiterer Folge vor, dass er - im Gegensatz zu seiner früheren Angaben - auch von der Regierung diskriminiert und belästigt wurde. Er sollte mit der Regierung zusammenarbeiten, habe aber diesen Befehl abgelehnt und sei geflohen. BF2 ergänzte, es seien drei Mal Personen in Militäruniformen zu ihnen nach Hause gekommen, haben das Geld ihres Mannes genommen und er musste außerhalb des Hauses schlafen. Außerdem habe sie dort als Journalistin gearbeitet und über die Lage in Darfur geschrieben. Darauf sei sie von Personen bedroht worden.

 

2.4. Damit wird offensichtlich versucht, nachträglich einen asylrelevanten Fluchtgrund zu konstruieren. Zudem verstößt dieses neuerliche Vorbringen gegen das im Asylverfahren bestehende Neuerungsverbot, auf das BF1 und BF2 in ihren Einvernahmen jeweils ausdrücklich hingewiesen worden sind (AS 24 bzw. AS 48 bei FB1 und AS 19 bzw. AS 52 bei BF2).

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Zu A) Abweisung der Beschwerde

 

3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

 

Im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinaus geht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

 

Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.

 

Der von BF1 und BF2 in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten weiteren Fluchtgründe der Verfolgung aufgrund der Verweigerung einer Zusammenarbeit mit der Regierung (BF1) bzw. der Tätigkeit von BF2 als Journalistin sind - wie unter 2.3. ausgeführt - weder glaubhaft noch kommen sie aufgrund des Neuerungsverbotes zum Tragen.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte