BFG RV/7100751/2011

BFGRV/7100751/201121.11.2014

Keine Befreiung von der Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 5 GebG aus dem Titel des § 11 Abs. 2 OeADG iVm § 3 Abs.2 Z 5 OeADG, für einen Bestandvertrag den eine Tochtergesellschaft der OeAD-GmbH im eigenen Namen abgeschlossen hat

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2014:RV.7100751.2011

 

Beachte:
Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zl. Ro 2015/16/0011. Mit Erk. v. 2.7.2015 wurde der Bescheid über die Festsetzung der Rechtsgeschäftsgebühr ersatzlos behoben, das Mehrbegehren abgewiesen.

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin xyz in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Helmut Platzgummer, Salztorgasse 2/11, 1010 Wien, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien (nunmehr Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel) vom 000 , betreffend Festsetzung der Gebühr gemäß § 33 TP 5 Abs.1 Z 1 iVm Abs.3 Gebührengesetz 1957, (GebG), zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

 

Entscheidungsgründe

 

 

 

Mit Mietvertrag vom 22.06.2010 vermietete die A. der Beschwerdeführerin, (Bf.), das auf der Liegenschaft EZ aaa zu errichtende Studentenheim, mit zukünftiger Adresse bbb , zu einer monatlichen Bruttomiete von € 49.719,97 (= Nettomiete: € 45.199,97 zuzüglich 10% USt: 4.520,00) auf unbestimmte Dauer.

 

Für diesen Bestandvertrag schrieb das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern Wien (nunmehr Finanzamt für Gebühren Verkehrsteuern und Glücksspiel) der Bf. mit Bescheid vom 16.11.2010 die Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 5 Abs.1 Z 1 GebG 1957 (1% vom 3fachen des Jahreswertes = 1% von 1.789.918,92) mit € 17.899,19 vor.

 

Dagegen erhob diese, durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter, fristgerecht Berufung. Sie beantragte zum einen die Feststellung, dass der verfahrensgegenständliche Mietvertrag der Gebührenbefreiung gemäß § 11 Abs.2 OeAD-Gesetz, (OeADG), unterliege und zum anderen die ersatzlose Aufhebung des bekämpften Bescheides. Das, dieser Vermietung zu Grunde liegende, Rechtsgeschäft habe sie als 100%ige Tochterfirma der OeAD-GmbH in Erfüllung derer, in § 3 Abs.2 Z 5 OeADG, normierter Aufgabe, nämlich dem Bereitstellen mobililätsrelevanter Serviceleistungen für europäische und internationale Kooperationen,, abgeschlossen. ISd § 3 Abs.3 OeADG sei es der OeAD-GmbH nicht verwehrt, sich zur Erfüllung ihrer Aufgaben anderer Personen, zu bedienen.

 

Mit Berufungsvorentscheidung vom 03.03.2011 wies das Finanzamt für Gebühren Verkehrsteuern und Glücksspiel, diese Berufung als unbegründet ab und führte dazu aus, dass sich aus der Bestimmung des § 11 Abs.5 OeADG ableiten ließe, das die Befreiung gemäß § 11 Abs.2 OeADG nicht für einen, von einer Tochtergesellschaft der OeAD abgeschlossenen, Bestandvertrag gelte. Hätte der Gesetzgeber eine solche Befreiung beabsichtigt, so hätte er dieses in einem entsprechenden Zusatz zu § 11 Abs.2 OeADG aufgenommen.

 

Dagegen brachte die Bf. fristgerecht einen Antrag auf Entscheidung über ihre Berufung durch den Unabhängigen Finanzsenat, (UFS), als Abgabenbehörde zweiter Instanz ein.

 

Das Bundesfinanzgericht, (BFG), hat als Nachfolgebehörde des UFS dazu erwogen:

 

Gemäß § 33 TP 5 Abs.1 Z 1 GebG 1957 unterliegen Bestandverträge (§§ 1090ff ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält nach dem Wert  im allgemeinen 1 vH.

 

Gemäß Abs.3 leg cit sind bei unbestimmter Vertragsdauer die wiederkehrenden Leistungen mit dreifachen des Jahreswertes zu bewerten.

 

Gemäß § 1 Abs.1 des Bundesgesetzes zur Errichtung der OeAG-Gesellschaft mit beschränkter Haftung (OeADG) wird die OeAD (Österreichische Austauschdienst)-Gesellschaft mit beschränkter Haftung (OeAD-GmbH) zur Durchführung von Maßnahmen der europäischen und internationalen Kooperation im Bereiche der Wissenschaft und Forschung sowie der Erschließung der Künste, der Hochschulbildung der Bildung und Ausbildung errichtet.

 

Gemäß § 3 Abs.1 OeADG hat die OeAD-GmbH ihrer Tätigkeit ausschließlich nach den Grundsätzen der Gemeinnützigkeit im Sinne der §§ 34 ff Bundesabgabenordnung,(BAO), BGBl. 194/1961, zu erfüllen.

 

Gemäß § 3 Abs.2 OeADG ist Unternehmensgegenstand der OeAD-GmbH die Durchführung von Maßnahmen der europäischen und internationalen Kooperation im Bereich der Wissenschaft und Forschung sowie der Erschließung der Künste, der Hochschulbildung, der Bildung und der Ausbildung.

 

Gemäß Abs.2 Z 5 des § 3 OeADG hat die OeAD-GmbH zur Durchführung der in § 1 genannten Maßnahmen mobilitätsrelevante Serviceleistungen für europäische und internationale Kooperationen zu erfüllen.

 

Die OeAD-GmbH ist zu allen Geschäften und Maßnahmen berechtigt, die zur Verfolgung des Unternehmensgegenstandes notwendig und nützlich erscheinen. (§ 3 Abs.3 OeADG)

 

Gemäß § 11 Abs.2 OeADG sind Rechtsgeschäfte, die zur Durchführung der in § 3 vorgesehenen Aufgaben erforderlich sind, von den Rechtsgebühren mit Ausnahme der Gerichts-und Justizveraltungsgebühren befreit.

 

§ 11 Abs.5 OeADG lautet wie folgt:

„Die Gesellschaft und andere Gesellschaften, an denen die OeAD-GmbH zumindest mehrheitlich beteiligt ist, dienen dem gemeinnützigen Zweck der Jugendfürsorge im Sinne des § 8 Z 2 des Kommunalsteuergesetzes.“

 

Gemäß § 8 Z 2 Kommunalsteuergesetz sind Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, soweit sie mildtätigen Zwecken und/oder gemeinnützigen Zwecken auf dem Gebiet der Gesundheitspflege, Kinder-, Jugend,-Familien,-Kranken,-Behinderten-,Blinden-und Altersfürsorge dienen ( §§ 34-37, §§ 39-47 der Bundesabgabenordnung), von der Kommunalsteuer befreit.

 

Im zu beurteilenden Fall ist unbestritten, dass die OeAD-GmbH die von ihr, gemäß § 3 Abs.2 Z 5 OeADG, zu erfüllende Aufgabe der Erbringung von mobilitätsrelevanten Serviceleistungen  für europäische und internationale Kooperationen, an die Bf., einer 100%igen Tochtergesellschaft ausgelagert hat, und dass, infolge dessen die Bf. den verfahrensgegenständlichen Bestandvertrag im eigenen Namen abgeschlossen hat, um an Stelle der OeAD-GmbH diese gesetzlich vorgeschriebene Aufgabe  zu erfüllen

 

Strittig ist, ob dieses Rechtsgeschäft gemäß § 11 Abs.2 OeADG von der Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 5 Abs.1 Z 1 GebG befreit ist.

 

Bei der Bestimmung des § 11 Abs.2 OeADG handelt es sich um eine Befreiungsbestimmung, welche ausserhalb des GebG 1957 bundesgesetzlich geregelt ist.

 

Die allgemeinen Auslegungsgrundsätze gebieten es, soferne nichts anderes bestimmt ist, Befreiungsbestimmungen, die außerhalb des Gebührengesetzes 1957 geregelt sind, nicht anders auszulegen als jene, die sich im System des Abgabengesetzes selbst befinden. (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern Band I, Rechts-und Stempelgebühren, Rz 1 zu Gebührenbefreiungen ausserhalb des Gebührengesetzes 1957). Dem Gesetzgeber ist nicht verwehrt, bei verschiedenen Abgaben unterschiedliche Belastungen und Befreiungen vorzusehen. (VwGH 14.05.1981, 15/1986/79-15/1990/79)

 

Voraussetzung für die Anwendung der in einem Bundesgesetz außerhalb des Gebührengesetzes enthaltenen Befreiungen ist häufig, dass die Schriften oder die Rechtsgeschäfte unmittelbar durch das jeweilige Bundesgesetz veranlasst sind.

Als von einem Gesetz unmittelbar veranlasst können nur Handlungen angesehen werden, die derjenige setzt, an den das Gesetz gerichtet ist bzw. sich wendet. (VwGH 13.11.1989,88/15/0147-0149, 25.06.1992,91/16/0070)

Was aus einem Gesetz als unmittelbar veranlasst anzusehen ist, kann immer nur aus dem Gegenstand des betreffenden Gesetzes und nicht aus demjenigen eines anderen Gesetzes, dessen Gegenstand ein anderer ist, abgeleitet werden. Die Frage nach der unmittelbaren Veranlassung durch ein Gesetz ist keine allgemeine, sondern eine singuläre Frage, für die ein anderes Gesetz als Vorbild nur dienen kann, wenn der Gegenstand des anderen Gesetzes derselbe oder zumindest der gleiche ist. (z:B. VwGH 15.03.2010, 1008/16/0095)

 

Gemäß § 3 Abs.3 leg.cit. ist alleine die OeAD-GmbH berechtigt, alle Maßnahmen zu setzen und alle Geschäfte abzuschließen, welche zur Verfolgung ihres in § 3 Abs.2 leg.cit. normierten Unternehmensgegenstandes notwendig und nützlich erscheinen. Diese Bestimmung setzt- um ein Rechtsgeschäft als unmittelbar durch das OeADG veranlasst beurteilen zu können- ein eigenständiges Handeln der OeAD-GmbH beim Abschluss von Rechtsgeschäften voraus und bedeutet nicht, dass Tochtergesellschaften der OeAD-GmbH der gleiche Status wie der OeAD-GmbH zukommt, wenn sie, infolge von Auslagerung, eigenständig an Stelle der OeAD-GmbH gesetzlich vorgesehene Aufgaben der OeAD-GmbH (so wie die An-und Vermietung von Studentenwohnungen für den Kooperationsbereich) erfüllen.

 

Aus h.o. Sicht ist die Befreiungsbestimmung des § 11 Abs.2 OeADG, im Kontext zu den o.a. Bestimmungen der §§ 1,3 OeADG, welche ausschließlich an die OeAD-GmbH als gemeinnützige Gesellschaft gerichtet sind, zu sehen. Das bedeutet, dass diese Befreiung nur für Rechtsgeschäfte gewährt wird, welche die OeAD-GmbH, als gemeinnützige Gesellschaft zur Erfüllung ihrer, in § 3 Abs.2 Z 1-12 normierten, ihrem Unternehmensgegenstand iSd § 3 Abs.2 OeADG, dienenden Aufgaben, im eigenen Namen abschließt oder im eigenen Namen von dazu bevollmächtigten Vertretern abschließen lässt.

 

Im Lichte der o.a. rechtlichen Ausführungen kann der Abschluss des verfahrensgegenständlichen Rechtsgeschäftes durch die Bf. nicht als unmittelbar durch das OeADG veranlasst angesehen werden.

 

Aus der Befreiung von der Kommunalsteuer iSd § 11 Abs.5 OeADG iVm § 8 Z 2 Kommunalsteuergesetzes 1993, kann schon deshalb nicht auf das Vorliegen der von der Bf. begehrten Gebührenfreiheit geschlossen werden, weil es- lt. der o.a. höchstgerichtlichen Rechtsprechung- dem Gesetzgeber nicht verwehrt ist, in Gesetzen, in welchen verschiedene  Gegenstände geregelt sind, unterschiedliche Belastungen und Befreiungen vorzusehen.

 

Aus den aufgezeigten Gründen erfolgte die Festsetzung der Gebühr gemäß § 33 TP 5 Abs.1 Z 1 iVm Abs.3 GebG 1957 zu Recht.

 

Der Beschwerde war daher der Erfolg zu versagen.

 

Zur Zulässigkeit der Revision ist festzustellen:

Gemäß § 280 Abs.1 lit.d BAO haben Ausfertigungen von Erkenntnissen und Beschlüssen der Verwaltungsgerichte den Spruch einschließlich der Entscheidung, ob eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof nach Art.133 Abs.4 B-VG zulässig ist, zu enthalten.

Gemäß Art. 133 Abs.4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlich Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.

Da über die Befreiung von Rechtsgebühren nach dem OeADG für, von Tochtergesellschaften der OeAD-GmbH abgeschlossenen, Rechtsgeschäfte keine Rechtsprechung des VwGH vorliegt, war die ordentliche Revision zuzulassen.

 

Aus den aufgezeigten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

 

Wien, am 21.November 2014

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 8 Unterabsatz 2 KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
§ 33 TP 5 Abs. 3 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957

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