1. Verträge unter Familienfremden 2. Geldzahlung ohne Nachweis der betrieblichen Vereinbarung
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2016:RV.5101032.2015
Beachte:
Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2016/15/0049. Mit Erk. v. 15.9.2016 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zl. RV/5101668/2016 erledigt.; VfGH-Beschwerde zur Zahl E 727/2016 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss v. 22.09.2016 abgelehnt.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin A in der Beschwerdesache B, vertreten durch Dr. Stephan Hetzer, Ortnergasse 3, 1150 Wien , gegen die Bescheide des Finanzamtes Linz vom 05.06.2008, betreffend Einkommensteuer 2005 und 2006 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet angewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Die nunmehrige Bf hatte ua Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2005 und 2006 eingebracht, die vom UFS abgewiesen wurden und idF dieser Bescheid betreffend ESt 2005 und 2006 vom VwGH wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben wurde. (Die Bf hatte 2002 einen Betrieb eröffnet, in dem sie Steine und Steinwaren, Zimmerbrunnen, Feng Shui-Anhänger u.ä. vertrieb.)
Es sind 2 Beschwerdepunkte zu behandeln:
A)Strittige Zahlung von 2.500 € im Jahr 2005 von der Bf an ihren Sohn für erbrachte EDV-Dienstleistungen:
Aus dem Sachverhalt war ersichtlich, dass der Sohn eine Rechnung ohne Mehrwertsteuerausgleich gelegt hatte, weshalb der UFS davon ausging, dass der Betrag nicht im betrieblichen Bereich geflossen war und ihn idF nicht als Betriebsausgabe qualifizierte.
Der VwGH meinte, der UFS hätte zu prüfen gehabt, ob die zwischen der Bf und ihrem Sohn abgeschlossene Vereinbarung nach außen ausreichend zum Ausdruck kam, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt hatte und auch zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen geschlossen worden wäre.
B)Der UFS war lt.VwGH in Verkennung der Rechtslage davon ausgegangen, dass die Bf an eine nicht mehr existente Firma (C KEG) einen Betrag geleistet habe, der idF keine Betriebsausgabe darstelle, weil sich aus der Konkursabweisung mangels kostendeckenden Vermögens ergebe, dass die C KEG nicht mehr existiere, also ein „nullum“ sei. – Sollte die C-KEG die den Teilzahlungen der Bf zugrundeliegende Forderung nicht in das Vermögensverzeichnis gem. § 100a IO aufgenommen haben, könnte dies Zweifel am Bestehen der Forderung erwecken und Anlass für weitere Erhebungen zur Aufklärung möglicher Widersprüche sein. Derartige Feststellungen seien aber nicht getroffen worden.
Das nunmehr zuständige BFG führte idF ein Vorhalteverfahren, in dem es die Bf ersuchte um Fragebeantwortung bzw. Unterlagenvorlage:
Ad A) Nachweis der Vereinbarung zwischen der Bf und ihrem Sohn über die Erbringung der beschwerdegegenständlichen Dienstleistung betreffend „50 Stunden EDV-Administration“.
Ad B) 1)hat die C-KEG die ihren Teilzahlungen zugrundeliegenden Forderungen Ihnen gegenüber in das Vermögensverzeichnis gem. § 100a IO aufgenommen (Nachweis lt.Vermögensverzeichnis). – 2)Wenn nicht – Angabe des Grundes – 3)bestand die Forderung tatsächlich (Nachweis des Bestehens der Forderung).
In der Vorhaltsbeantwortung wurde im wesentlichen ausgeführt:
Ad A) der Stundensatz sei fremdüblich, da der „Standard“ für 2008 ein Ansteigen der EDV-Stundensätze auf 70 € berichtet habe. – Beigelegt wurde die Kopie einer „Vereinbarung“ vom 2.1.2005 zwischen der Bf als Inhaberin ihrer Firma und ihrem Sohn, in der sie ihn beauftragte mit der Erstellung einer „Webseite und der daraus resultierenden EDV-Administration“ für ihre Firma. “Voraussichtlicher Zeitaufwand: 50-60 Std., vereinbarter Stundenlohn: € 50,00“. Es folgen die Unterschriften beider Personen. – Aus der Vereinbarung geht nichts hervor über den Inhalt der website bzw. den Zeitrahmen der zu erbringenden Leistung.
Ad B) die Bf sei nicht Gesellschafterin der C-KEG und stehe sie also nicht in ihrem Einflußbereich. Sie habe also auch keinen Rechtsanspruch auf Herausgabe, es sei ihr nicht bekannt ob die Forderung ihr gegenüber ins Verzeichnis aufgenommen wurde. Ohne Zweifel bestand die Forderung aber, da die Bf sonst nicht bezahlt hätte.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 4 Abs.4 EStG sind Betriebsausgaben die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind
Gemäß § 115 BAO haben die Abgabenbehörden die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind (Abs. 1).
Den Parteien ist Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben (Abs. 2).
Die Abgabenbehörden haben Angaben der Abgabepflichtigen und amtsbekannte Umstände auch zu Gunsten der Abgabepflichtigen zu prüfen und zu würdigen (Abs. 3).
Gemäß § 119 BAO sind die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen (Abs. 1).
Der Offenlegung dienen insbesondere die Abgabenerklärungen, Anmeldungen, Anzeigen, Abrechnungen und sonstige Anbringen des Abgabepflichtigen, welche die Grundlage für abgabenrechtliche Feststellungen, für die Festsetzung der Abgaben, für die Freistellung von diesen oder für Begünstigungen bilden oder die Berechnungsgrundlagen der nach einer Selbstberechnung des Abgabepflichtigen zu entrichtenden Abgaben bekannt geben (Abs. 2).
Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde im Übrigen unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Lt. VwGH vom 20.9.1989, 88/13/0072 bedeutet wahrheitsgemäß offenlegen, der Abgabenbehörde nicht nur ein richtiges und vollständiges, sondern auch ein klares Bild von den für die Abgabenerhebung maßgeblichen Umständen zu verschaffen. Was dazu gehört, hat der Abgabepflichtige nach der äußersten, ihm nach seinen Verhältnissen zumutbaren Sorgfalt zu beurteilen. Die Vollständigkeit setzt objektiv die Offenlegung aller für eine ordnungsgemäße Feststellung des Sachverhaltes notwendigen Tatsachen voraus (VwGH 11.4.1991, 90/16/0231). Der Offenlegung dient auch die Beantwortung von Vorhalten (VwGH 7.9.1990, 89/14/0261 - 0263):
Angewendet auf den berufungsgegenständlichen Sachverhalt ist nun primär festzuhalten, dass sich aus dem Akteninhalt kein Hinweis ergibt, wonach die erschöpfende, wahrheitsgemäße Vorhaltsbeantwortung durch die Bf. bzw. generelle, eindeutige Anfragebeantwortungen durch sie die nach ihren Verhältnissen zumutbare Sorgfalt übersteigen würden.
Es wurde der Bf. mit der Vorhaltserstellung das Recht auf Parteiengehör ermöglicht.
Bei Durchführen der freien Beweiswürdigung ist der innere Wahrheitsgehalt der Ergebnisse der Beweisaufnahmen ausschlaggebend (VwGH 25.9.1997, 97/16/0067). Dazu genügt es, von mehreren Möglichkeiten die als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (VwGH 25.4.1996, 95/16/0244):
Bei Anwendung der entsprechenden Normen und oa. Judikatur ist auszuführen:
Ad A) Aus der vorgelegten „Vereinbarung“ geht nicht hervor, ab welchem Zeitraum die website erstellt sein soll – sie lässt dem Erbringer der Dienstleistung (=Sohn der Bf) die einseitige Gestaltungsfreiheit sowohl hinsichtlich des Zeitpunkts der Fertigstellung als auch hinsichtlich des Inhalts und der Ausführlichkeit bzw. Länge der website. Insoweit fehlt der Vereinbarung der geforderte klare, eindeutige und jeden Zweifel ausschließende Inhalt. (sh auch Jakom/Lenneis/EStG/2015/ § 4 Rz 334-337). Ein Fremdvergleich kann idF nicht gezogen werden, als die vereinbarten Leistungen nicht im Einzelnen konkret und detailliert erfasst und dargestellt werden, es also auch mangels konkreter Leistungsbeschreibung nicht möglich ist, den genauen Marktwert der Leistung einzuschätzen, idF auch nicht festgestellt werden kann, ob ein fremder Dritter eine vergleichbare Leistung zum selben Preis zu erbringen bereit gewesen wäre. Bei Überprüfen der Fremdüblichkeit ist außerdem die oa einseitge Gestaltungsfreiheit des Sohnes der Bf hinsichtlich des Zeitpunkts der Fertigstellung und des Inhalts der website anzuführen, die offenkundig bei Berücksichtigung der bestehenden wirtschaftlichen usancen im Wirtschaftsleben unter Familienfremden nicht gewährt wird.
Es ist also aufgrund des Fehlens wesentlicher Sachverhaltsmomente der Bf nicht gelungen darzutun, dass die gegenständliche Leistung an ihren Sohn eine Betriebsausgabe darstellt und kann ein entsprechender Betriebsausgabenabzug nicht erfolgen.
Ad B) Wenn die Bf in ihrer Vorhaltsbeantwortung die ohnehin aktenkundige Tatsache anführt, dass sie keine Gesellschafterin der C-KEG sei, ist ihr damit noch nicht gelungen zu beweisen, dass die von ihr nach Bekanntmachung des Beschlusses der Rechtskraft betreffend Nichteröffnung des Konkurses über die C-KEG mangels Kostendeckung in bar und 3 Teilbeträgen geleistete Summe eine Betriebsausgabe darstellt. Der VwGH sieht es in seinem Erkenntnis vom 28.5.2015, 2012/15/0106 als durchaus dem wirtschaftlichen Leben entsprechend an, dass die C-KEG der Bf einen entsprechenden Nachweis lt. Vermögensverzeichnis gem. § 100a IO übermittelt, wenn er ausführt, dass der UFS „derartige Feststellungen“ (nämlich ob Forderungen gegenüber der Bf ins Vermögensverzeichnis gemäß § 100a IO aufgenommen wurden oder nicht) nicht traf. Da die Bf das Bestehen dieser Forderung behauptete, lag es auch in ihrem Verantwortungsbereich, diese zu beweisen und stellt ein Zurückziehen auf den Umstand, wonach sie keine Gesellschafterin der C-KEG sei, keine Beweislastbefreiung dar. Es ist weiters darauf hinzuweisen, dass die Bf es unterließ, das Bestehen der Forderung nachzuweisen (Frage 3 des Vorhalts), indem sie darauf hinwies, dass sie „ohne jeden Zweifel bestand“, andernfalls sie „sonst nicht bezahlt hätte“. – Es ist der Bf zu entgegnen, dass allein das bezahlen eines bestimmten Betrages diesen noch nicht zur Betriebsausgabe macht, da bei konsequenter Verfolgung dieser Meinung auch diverse privat bedingte Zahlungen eines Unternehmers als Betriebsausgaben zu qualifizieren wären. Da es der Bf nicht gelungen ist zu beweisen, dass die Zahlungen an die C-KEG betrieblich bedingt waren, kommt ihnen eine Betriebsausgabeneigenschaft nicht zu.
Es war in der Folge spruchgemäß zu entscheiden.
Die Revision an den VwGH ist nicht zulässig. Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG kann gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts Revision erhoben werden, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere wenn eine Rechtsprechung des VwGH fehlt. Das gegenständliche Erkenntnis gründet auf der VwGH-Rechtsprechung zu Ermittlungspflicht, Erforschung der materiellen Wahrheit, Offenlegungspflicht, freie Beweiswürdigung und Vereinbarungen unter Familienfremden. Rechtsfragen mit grundsätzlicher Bedeutung liegen nicht vor.
Linz, am 3. März 2016
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 115 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Verträge unter Familienfremden, keine einseitige Gestaltungsfreiheit, Geldzahlung, kein Nachweis der betrieblichen Vereinbarung, keine Betriebsausgabe |
Verweise: | VwGH 25.04.1996, 95/16/0244 |