BFG RV/3100169/2012

BFGRV/3100169/201221.12.2016

Hauptwohnsitzbefreiung nur bei Betriebsaufgabe

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2016:RV.3100169.2012

 

Beachte:
Revision eingebracht. Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Erhebung einer ordentlichen Revision mit Beschluss vom 7.4.2017, RR/3100009/2017, abgewiesen. Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2017/15/0051. Zurückweisung mit Beschluss vom 27.06.2018.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin A

in der Beschwerdesache

Beschwerdeführer, Wohnsitzadresse, vertreten durch C GmbH, Kanzleiadresse, gegen die Bescheide des Finanzamtes B vom 23.01.2012 über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2005 und betreffend Einkommensteuer 2005

zu Recht erkannt: 

1. Die Beschwerde gegen den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2005 wird abgewiesen.

2. Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2005 wird abgewiesen.

3. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

 

Entscheidungsgründe

 

A. Verfahren vor der Abgabenbehörde:

 

Der Beschwerdeführer, im folgenden abgekürzt „der Bf.“, Jahrgang 1947, betrieb als nicht eingetragener Einzelunternehmer eine Schlosserei, mit der er Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 4 Abs. 1 EStG 1988 erzielte. In seinem Betriebsgebäude bewohnte er privat eine Wohnung.

Anzeige der gewerblichen Betriebsverpachtung

Am 16.12.2004 zeigte die steuerliche Vertretung des Bf. dem zuständigen Finanzamt eine gewerbliche Betriebsverpachtung der Schlosserei an. Es wurde wörtlich mitgeteilt, „dass der Bf. seinen Betrieb an seinen Sohn X vorläufig verpachtet hat. Der Bf. möchte derzeit noch keine Betriebsübergabe vornehmen, da noch unklar ist, ob sein Sohn den Betrieb selbständig fortführen will. Es ist daher vorläufig vereinbart worden, dass der gesamte Betrieb mit dem gesamten Anlagevermögen nur verpachtet wird. Der Bf. hat sich dabei ausdrücklich das Recht vorbehalten, jederzeit den Betrieb wieder selbst auf eigene Rechnung weiterzuführen. Aus den angeführten Gründen werden daher die Pachteinnahmen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärt.“  Eine Beilage des Pachtvertrages erfolgte nicht.

Anzeige der Betriebsaufgabe

Am 26.1.2006 richtete die steuerliche Vertretung mit dem Betreff „Anzeige Betriebsaufgabe“ ein Schreiben an das zuständige Finanzamt mit folgendem Wortlaut: „Es wird angezeigt, dass der Bf. aufgrund seines gesundheitlichen Zustandes sich nunmehr dazu entschlossen hat, seinen Betrieb mit 31.12.2005 aufzugeben. Gemäß § 24 Abs. 6 EStG wird beantragt, die stillen Reserven des Betriebsgebäudes unversteuert zu belassen. In diesem Zusammenhang wird mitgeteilt, dass der Bf. das gesamte Betriebsgebäude an seinen Sohn X vermietet hat und deshalb Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Das übrige Anlagevermögen sowie die Vorräte wurden an den Sohn veräußert.“ Eine Beilage des Mietvertrages und des Kaufvertrages erfolgte nicht. Ebenso wurden keine Angaben über die Höhe des Kaufpreises für das Anlagevermögen und die im Betriebsgebäude enthaltenen stillen Reserven  gemacht.

Einkommensteuererklärung 2005

Mit Schreiben vom 9.11.2006 übermittelte die steuerliche Vertretung des Bf. eine Abschrift der Bilanz per 31.12.2005 samt Gewinn- und Verlustrechnung. Die Einkommensteuererklärung 2005 langte elektronisch am 24.11.2006 ein. 

Im Jahresabschluss zum 31.12.2005 lautet der Passus im Allgemeinen Teil wie im Jahr 2004 zum Punkt Unternehmen, dass der Betrieb  seit 1.12.2004 an den Sohn X verpachtet ist. Ein Hinweis auf eine Betriebsaufgabe findet sich nicht. Im Jahresabschluss sind im Anlagevermögen die Maschinen, die Betriebsausstattung und der Fuhrpark im Gegensatz zum Jahr 2004 mit Null ausgewiesen. Die Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2005 weist unter sonstige betriebliche Erträge Erträge aus Anlagenverkäufen des Sachanlagevermögens in Höhe von EUR 6.143,47 aus. Personlaufwand scheint  keiner mehr auf.

In der Beilage zur Einkommensteuererklärung E 1 für Einzelunternehmer (betriebliche Einkünfte) für 2005 sind unter der KZ 9060 (Anlagenerträge/Entnahmewerte von Anlagevermögen) EUR 25.000,00 ausgewiesen und unter KZ 9210 (Buchwert abgeganger Anlagen) EUR 18.856,53. In derselben Beilage ist unter den Angaben für den Betrieb durch Setzung eines Häkchens anzugeben, ob ein (Teil-)Betrieb veräußert oder aufgegeben wurde. In derselben Zeile ist unter der KZ 9020 die Höhe des Veräußerungsgewinnes (vor allfälligem Freibetrag)/-verlustes anzugeben. Eine Zeile darunter ist links ein Häkchen zu setzen, wenn ein Antrag gemäß § 24 Abs. 6 gestellt wird (Gebäudebegünstigung bei Betriebsaufgabe). In derselben Zeile ist rechts unter der KZ 9030 die Höhe eines auszuscheidenden Gewinnes oder Verlustes anzugeben. In der eingereichten Beilage zur Einkommensteuererklärung E 1 des Bf. wurden weder an den beschriebenen Stellen Häkchen gesetzt noch die KZ 9020 und 9030 befüllt.

Einkommensteuerbescheid 2005 vom 5.1.2007

Der Bf. wurde mit Einkommensteuerbescheid 2005 vom 5.1.2007 erklärungsgemäß veranlagt.

Außenprüfung auch betreffend das Jahr 2005

Im Jahr 2011 wurde eine Außenprüfung beim Bf.  betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer, jeweils für die Jahre 2005 bis 2009, und betreffend Kammerumlage 2005 durchgeführt. Die Niederschrift der Schlussbesprechung gem. § 149 Abs. 1 BAO anlässlich der Außenprüfung vom 07.12.2011 hält unter Punkt 1.) mit der Überschrift "Gebäude- bzw. Werkstättenentnahme 2005" folgendes fest:

„Mit Schreiben vom 26.1.2006 wurde dem Finanzamt mitgeteilt, dass der Abgabepflichtige zum 31.12.2005 seinen Betrieb aufgegeben hat. Gleichzeitig wurde das Ersuchen gestellt, die stillen Reserven im Hinblick auf § 24 Abs. 6 EStG unversteuert zu belassen.

Zur Fortführung des Betriebes wurde vom Sohn X bereits zum 1.12.2004 das Umlaufvermögen „abgelöst“ (rund netto 92.000,00, USt Meldung in 12/2005); in weiterer Folge erwarb er dann im Dezember 2005 das restliche vorhandene Anlagevermögen in Höhe von netto 25.000,00, die betrieblichen Gebäudeflächen wurden vom Abgabepflichtigen (Vater) angemietet.

Werden wesentliche Wirtschaftsgüter eines Betriebes an einen Erwerber veräußert, liegt eine Betriebsveräußerung auch dann vor, wenn andere wesentliche Wirtschaftsgüter (z.B. Gebäude) an den Erwerber lediglich vermietet werden, sodass dem Erwerber objektiv die Fortführung des Betriebes ermöglicht wird. Die Gebäudebegünstigung gem. § 24 Abs. 6 EStG kommt daher nicht in Betracht. Siehe hiezu auch die Rz 5575 der EStRl!“

In weiterer Folge stellt die Niederschrift dann die Ermittlung des Entnahmewertes mittels einer Ertragswertberechnung und einer Sachwertermittlung dar und kommt zum Schluss, dass der gemeine Wert zum 31.12.2005 – bei einer Gewichtung von 2:1 zu Gunsten des Ertragswertes – EUR 115.000,00 beträgt. Abzüglich des Restbuchwertes von EUR 27.383,90 ergibt dies einen zusätzlichen Gewinn von EUR 87.616,10 im Jahr 2005.

In der Niederschrift wird weiters festgehalten, dass die Höhe des durch die BP ermittelten Verkehrswertes seitens des Abgabepflichtigen bzw. des steuerlichen Vertreters anerkannt wird, die Nichtanerkennung der Gebäudebegünstigung nach § 24 Abs. 6 EStG wird jedoch dem Grunde nach angefochten. Für den Veräußerungsgewinn 2005 wird die Steuerermäßigung gem. § 37 Abs. 5 beantragt.

Im Bericht gem. § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung vom 24.01.2012 mit der ABNR. 122087/11 werden die steuerlichen Auswirkungen der in der Niederschrift festgehaltenen Prüfungs-Feststellungen dargestellt. Im Punkt 1 "Werkstättenentnahme 2005" mit dem Vermerk „ siehe Tz 1 der Niederschrift vom 7.12.2011“ ergeben sich daraus zusätzliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv EUR 87.616,10.

Dadurch wandelt sich der bisher erklärte Verlust aus der Schlosserei iHv EUR 1.749,39 in positive Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus der Schlosserei iHv EUR 85.866,71. Unter Berücksichtigung der insgesamt erklärten Einkünfte aus Gewerbebetrieb (mit bereits bisher erklärten Mitunternehmereinkünften iHv EUR 10.190,90) sind daher Einkünfte aus Gewerbebetrieb von EUR 96.057,61   anzusetzen.

Wiederaufnahmebescheid hinsichtlich des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2005 und neuer Sachbescheid Einkommensteuer 2005, jeweils vom 23.1.2012

Auf Basis der beschriebenen Feststellung der Außenprüfung erließ die Abgabenbehörde, datiert mit 23.1.2012, zwei Bescheide, einen Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2005 und einen neuen Einkommensteuerbescheid 2005, in dem die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit EUR 96.057,61 angesetzt wurden. Davon wurden EUR 86.652,32 mit dem Hälftesteuersatz versteuert. Dieser Betrag ergibt sich aus den stillen Reserven betreffend Betriebsgebäude iHv EUR 87.616,10, der mit dem bisherigen Verlust aus Gewerbebetrieb für das Einzelunternehmen iHv -EUR 1.749,39 - in diesem ist der Gewinn aus der Veräußerung des Anlagevermögens iHv EUR 6.141,47 enthalten - verrechnet wurde und EUR 785,61 aus der KZ 793 für gemäß § 11 a mit dem Hälftesteuersatz zu versteuernde nicht entnommene Gewinne.

Die Begründung im Wiederaufnahmebescheid lautet: „Anlässlich einer nachträglichen Prüfung Ihrer Erklärungsangaben sind die in der Begründung zum beiliegenden Einkommensteuerbescheid angeführten Tatsachen und/oder Beweismittel neu hervorgekommen, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO erforderlich machen. Die Wiederaufnahme wurde unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen  (§ 20 BAO) verfügt. Im vorliegenden Fall überwiegt das öffentliche Interesse an der Rechtsrichtigkeit der Entscheidung das Interesse auf Rechtsbeständigkeit und die steuerlichen Auswirkungen können nicht mehr als geringfügig angesehen werden.“

Im der Begründung des neuen Einkommensteuerbescheides 2005 vom 23.1.2002 wird angegeben: „Siehe Prüfbericht zu ABNr. 122087/11!“.

 

Je eine Berufung vom 2.2.2012 gegen den Wiederaufnahmebescheid betreffend Einkommensteuerverfahren 2005 und gegen den Einkommensteuerbescheid 2005, beide vom 23.1.2012

In der Berufung vom 2.2.2012 gegen den Bescheid vom 23.1.2012 über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2005 gemäß § 303 Abs. 4 BAO wird die ersatzlose Aufhebung des Wiederaufnahmebescheides beantragt, da keine Wiederaufnahmegründe iSd BAO vorliegen. Begründend wird ausgeführt: „Vom Finanzamt wurde die Wiederaufnahme des Verfahrens für 2005 hinsichtlich Einkommensteuer 2005 mit den Feststellungen der „Tz 1.) Gebäude- bzw. Werkstattentnahme“ des Berichts gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung vom 24.12.2012 begründet. Dazu wird mitgeteilt, dass der unter diesem Punkt festgestellte Sachverhalt vollkommen der Aktenlage entspricht, wie sie dem Finanzamt mit unserem Schreiben vom 26.1.2006 bekannt gegeben und auch in der Steuererklärung 2005 abgebildet wurde. Im Zuge der Außenprüfung wurde lediglich der bestehende, dem Finanzamt bereits bekannte Sachverhalt steuerlich anders gewürdigt. Eine steuerlich andere Würdigung eines früher vollkommen offengelegten Sachverhaltes rechtfertigt jedoch nicht eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO, da dafür neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen hätten müssen. Dies trifft aber im vorliegenden Fall nicht zu, sodass die Wiederaufnahme des Verfahrens unzulässig ist.“

In der Berufung vom 2.2.2012 gegen den Einkommensteuerbescheid 2005 vom 23.1.2012 wird beantragt, den im Zuge der Außenprüfung für das Jahr 2005 angesetzten Entnahmegewinn für das Betriebsgebäude in Höhe von EUR 87.616,10 (=Entnahmewert von EUR 115.000,00 abzüglich Restbuchwert von EUR 27.383,90) außer Ansatz zu lassen, da im vorliegenden Fall die beantragte Steuerbegünstigung des § 24 Abs. 6 EStG zustehe. Als Begründung wird ausgeführt: „Für die Entnahme des Betriebsgebäudes wurde mit Schreiben vom 26.1.2006 die Steuerbefreiung gemäß § 24 Abs. 6 EStG beantragt. Unter „Tz 1.) Gebäude- bzw. Werkstättentnahme 2005“ des Berichtes gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung vom 24.1.2012 wurde diese Begünstigung aberkannt, da die Außenprüfung davon ausgeht, dass eine Betriebsübertragung und keine Betriebsaufgabe vorliegt. Mit dieser Beurteilung verkennt die Außenprüfung den teleologischen Sinn des § 24 Abs. 6 EStG in der Fassung des AbgÄG 2004, BGBl. I 2004/180. Sinn dieser Bestimmung ist es, bei einer Beendigung der betrieblichen Tätigkeit die steuerfreie Überführung eines Gebäudes ins Privatvermögen zu ermöglichen, wenn der Steuerpflichtige in diesem Gebäude den Hauptwohnsitz inne hat. Da im Jahr 2006 (Anmerkung: Es muss das Jahr 2005 gemeint sein.) der Bf. seine betriebliche Tätigkeit einstellte, liegen die Voraussetzungen für die steuerfreie Überführung des Gebäudes in sein Privatvermögen vor. Das Gebäude stellte im Rahmen der Betriebsaufgabe den wesentlichen Vermögenswert dar. Bereits vor der Betriebsaufgabe hat der Bf. dieses Gebäude an seinen Sohn X vermietet, der das Gebäude weiter gewerblich nutzte. Es geht nicht an, die Gebäudebegünstigung des § 24 Abs. 6 EStG nicht zu gewähren, wenn der Steuerpflichtige seine gewerbliche Tätigkeit beendet hat und das Gebäude weiterhin zu Wohnzwecken nutzt. Wäre die Interpretation des Finanzamtes richtig, wäre § 24 Abs. 6 EStG praktisch inhaltsleer. Der Sinn der geänderten Bestimmung des AbgÄG 2004 war es zu vermeiden, dass Gebäude fünf Jahre leer stehen müssen, um sie erst nachher einer steuerfreien Nutzung zuführen zu können. Genau das wollte der Gesetzgeber vermeiden. Es ist daher unrichtig beim vorliegenden Sachverhalt die Begünstigung des § 24 Abs. 6 EStG zu versagen.“

 

Stellungnahme der Betriebsprüfung zu den beiden Berufungen vom 21.02.2012

Dem Vorlagebericht liegt eine Stellungnahme zu den beiden Berufungen seitens der Betriebsprüfung, datiert mit 21.02.2012, bei. Darin wird ausgeführt:

„1.) Wiederaufnahme des Verfahrens

Nach Ansicht des steuerlichen Vertreters liegt im ggstl. Fall kein Wiederaufnahmegrund vor, da die Anzeige der Betriebsaufgabe mit Schreiben vom 26.1.2006 dem Finanzamt mitgeteilt wurde.

Eine Wiederaufnahme des Verfahrens ist gemäß § 303 Abs. 4 BAO in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen und Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Die Wiederaufnahme des Verfahrens ist eine Verfahrensmaßnahme mit dem Ziel der Herbeiführung eines insgesamt rechtmäßigen Ergebnisses. Da mit ihr in rechtskräftige Bescheide eingegriffen wird und damit regelmäßig auch Parteiinteressen berührt werden, ist eine solche Maßnahme nur unter den im Abs. 4 umschriebenen Voraussetzungen, also etwa dann zulässig, wenn der Abgabenbehörde nachträglich Tatumstände zugänglich gemacht wurden, von denen sie nicht schon zuvor Kenntnis hatte, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Der Gesetzeswortlaut "ist zulässig" im Absatz 4 weist nämlich darauf hin, dass die Verfügung einer amtswegigen Wiederaufnahme ins behördliche Ermessen gestellt ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist eine amtswegige Wiederaufnahme nach dem Neuerungstatbestand idealtypisch nur dann ausgeschlossen, wenn der Abgabenbehörde im wieder aufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt war, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nach Wiederaufnahme erlassenen Sachentscheidung hätte gelangen können (ua. VwGH vom 22.11.2006, 2003/15/0141; VwGH vom 6.7.2006, 2003/15/0016; VwGH vom 18.9.2003, 99/15/0262).

Das Neuhervorkommen von Tatsachen und/oder Beweismitteln bezieht sich dabei stets nur auf den Wissensstand aufgrund der Abgabenerklärungen und ihrer Beilagen im jeweiligen Verfahren und jeweiligen Veranlagungsjahr (ua. VwGH vom 23.9.2005, 202/15/001; VwGH vom 10.8.2005, 2005/13/0082; VwGH vom 29.9.2004, 2001/13/0135; VwGH vom 26.11 .. 2002, 99/15/0176; VwGH vom 23.11.2000, 95/15/0122).

Das Hervorkommen von Tatsachen und/oder Beweismitteln ist mit Rücksicht auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung überdies nicht aus der Sicht der Behörde als Gesamtorgansisation, sondern aus der Sicht jenes Verfahrens zu beurteilen, das wieder aufgenommen werden soll (VwGH vom 18.9.2003, 99/15/0262; VwGH vom 5.7.2004, 99/14/0309).

Tatsachen und/oder Beweismittel kommen demnach neu iSd § 303 Abs. 4 BAO hervor, wenn sie der für die Abwicklung eines bestimmten Verfahrens berufenen Organisationseinheit der Behörde noch nicht bekannt gewesen sind (VwGH vom 18.9.2003, 99/15/0262; VwGH vom 18.12.1997, 97/15/0040; VwGH vom 13.5.1986, 83/14/0089, 0094).

Ein behördliches Verschulden (z.B. Oberflächlichkeit, Sorgfaltsverletzung) an der Nichtfeststellung der maßgeblichen Tatsachen und/oder Beweismittel bereits im abgeschlossenen Verfahren schließt eine Wiederaufnahme von Amts wegen nicht aus (ua. VwGH vom 22.11.2006, 2003/15/0141; VwGH vom 6.7.2006, 2003/15/0016; VwGH vom 28.3.2001, 98/13/0026). Es schadet also nicht, wenn die Abgabenbehörde bei gehöriger Aufmerksamkeit mit Hilfe der ihr im abgeschlossenen Verfahren bereits vorgelegenen Unterlagen allenfalls unter Heranziehung der Mitwirkung der Abgabepflichtigen die maßgeblichen Tatsachen bereits feststellen hätte können (VwGH vom 6.7.2006, 2003/15/0016; VwGH vom 18.9.2003, 99/15/0120; VwGH vom 23.4.1998, 95/15/0108).

Die Steuererklärung 2005 wurde am 24.11.2006 auf elektronischem Weg dem Finanzamt übermittelt, der Jahresabschluss (Bilanz zum 31.12.2005) wurde in Papierform eingereicht. Weder in der Bilanz noch bei der elektronisch übermittelten Erklärung findet sich ein Hinweis auf eine Betriebsaufgabe bzw. -veräußerung (eine diesbezügliche Meldung hätte nämlich automatisch zu einer Vorbescheidkontrolle geführt!).

Im Zuge der Prüfung wurden nunmehr u.a. folgende Feststellungen getroffen:

Sämtliche im Zuge der Betriebsprüfung getroffenen Feststellungen waren also in dem wieder aufzunehmenden Verfahren dem Finanzamt nicht so vollständig bekannt, dass es schon in dem wieder aufzunehmenden Verfahren zu dem im wieder aufgenommenen Verfahren erlassenen rechtlichen Entscheidung hätte gelangen können.

Von der Kenntnis einer Tatsache kann erst dann gesprochen werden, wenn der Abgabenbehörde die Tatsache im wesentlichen Umfang bekannt ist. Das Neuhervorkommen von Tatsachen bezieht sich damit auf den Wissenstand, der sich aufgrund der Abgabenerklärungen und ihrer Beilagen ergibt (vgl. VwGH vom 29.9.2004, 2001/13/0135).

Nach Rechtsprechung und Lehre besteht der Zweck des § 303 BAO darin, eine neuerliche Bescheiderlassung dann zu ermöglichen, wenn Umstände gewichtiger Art hervorkommen. Ziel ist ein insgesamt richtiges Ergebnis (VfGH 6.12.1990, B 783/89; VwGH 2.4.1990, 89/15/0005, VfGH 30.9.1997, B 2/96). Daher ist bei der Ermessensübung grundsätzlich dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (der Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor jenem der Rechtsbeständigkeit (Rechtskraft) zu geben, unabhängig davon, ob sich die Wiederaufnahme zu Gunsten oder zu Ungunsten der Partei auswirken würde.

 

2.) Gebäudebegünstigung im Sinne des § 24 Abs. 6 EStG

Voraussetzung für die Steuerfreiheit der stillen Reserven eines betrieblich genutzten Gebäudes, welches zugleich der Hauptwohnsitz des Steuerpflichtigen ist, ist ua. die Aufgabe des gesamten Betriebes (§ 24 Abs. 6 EStG). Daher kommt der Abgrenzung der Betriebsaufgabe besondere Bedeutung zu.

Auf Grund des oben geschilderten Sachverhalts bzw. der getroffenen Feststellungen geht die Betriebsprüfung nicht von einer Betriebsaufgabe aus. Eine Aufgabe eines Betriebes liegt nämlich nur dann vor, wenn ein "Betrieb aufgelöst" wird und besteht in der Zerschlagung einer betrieblichen Einheit in der Form, dass der Betrieb als solcher zu bestehen aufhört.

Werden also wesentliche Wirtschaftsgüter eines Betriebes an einen Erwerber veräußert und andere wesentliche Wirtschaftsgüter (zB Gebäude) diesem bloß zur Nutzung überlassen, liegt nach Rechtsprechung des VwGH ein Betriebserwerb vor (Erk. vom 12.1.1979, 2600/78); korrespondierend ist auf Seiten des Veräußerers von einer Betriebsveräußerung auszugehen (Rz 5575 EStR), sodass § 24 Abs. 6 EStG nicht in Betracht kommt.“

 

B. Verfahren vor dem UFS/BFG

1.

Die Abgabenbehörde legte die beiden Berufungen am 13.3.2012 direkt ohne Erlassung von Berufungsvorentscheidungen dem UFS zur Entscheidung vor.

Mit BGBl I 51/2012 (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012) wurde im Rahmen der Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit mit 1. Jänner 2014 das Bundesfinanzgericht eingerichtet und der bisher als Abgabenbehörde zweiter Instanz fungierende Unabhängige Finanzsenat per 31. Dezember 2013 aufgelöst. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei dieser Behörde anhängigen Verfahren ging auf das Bundesfinanzgericht über (Art. 129 iVm Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG idF BGBl I 51/2012).
Zu diesem Zeitpunkt beim Unabhängigen Finanzsenat anhängige Berufungen sind gemäß § 323 Abs. 38 BAO idF BGBl I 14/2013 (Finanzverwaltungsgerichtsbarkeitsgesetz 2012) nunmehr vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

Auch die gegenständlichen Berufungen sind daher als Beschwerden zu behandeln und darüber mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes zu entscheiden.

2.

Am 2. September 2016 und am 17.September 2016 wurden an den Bf. Vorhalte gerichtet. Beide Vorhalte wurden mit Schreiben vom 28.10.2015 von der steuerlichen Vertretung des Bf. beantwortet. Die gestellten Fragen und deren Antworten fließen in den entscheidungswesentlichen Sachverhalt und die Beweiswürdigung hiezu ein.

Die Vorhalte sowie die Vorhaltsbeanwortung wurden der Abgabenbehörde zur Stellungnahme übermittelt. Sie gab keine Stellungnahme ab.

 

 

 

Über die Beschwerden wurde erwogen:

 

I. Streitpunkte:

Strittig ist

- verfahrensrechtlich, ob die Voraussetzungen für die amtswegige Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens 2005 und

-  materiell, ob im Jahr 2005 die Voraussetzungen für die Gebäudebegünstigung bei Betriebsaufgabe gem. § 24 Abs. 6 EStG 1988 

vorgelegen sind. 

 

II. Entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt  wird dem Erkenntnis zugrunde gelegt. Für die Beurteilung der Wiederaufnahme wird auch auf den unter Punkt A dargestellten Verfahrensablauf zurückgegriffen.

1.

Der. Bf., geb. Jänner 1947, war nicht eingetragener Einzelunternehmer, der eine Schlosserei betrieben hat, mit der er Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 4 Abs. 1 EStG 1988 erzielte.

Seine Geschäftszweige waren Schlosserei, Kunstschmiede, Türen und Tore, Torantriebe und allgemeine Reparaturen. Er verfügte laut GISA über die Gewerbeberechtigungen

-  Landmaschinenmechaniker gemäß § 94 Z 47 GewO 1973 (Gewerbekurzbezeichnung laut GISA: Metalltechnik für Land- und Baumaschinen),

- Schmiedegewerbe gemäß § 94 Z 72 GewO 1973 (Gewerbekurzbezeichnung laut GISA: Metalltechnik für Schmiede- und Fahrzeugbau),

- Huf- und Klauenbeschlag gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z 29 GewO 1973 (Gewerbekurzbezeichnung laut GISA: Huf- und Klauenbeschlag)

- Handelsgewerbe gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z 25 GewO 1973, beschränkt auf den Einzelhandel mit Landmaschinen, Zubehör und Ersatzteilen sowie Schmierstoffen (Gewerbekurzbezeichnung laut GISA: Handelsgewerbe)

2.

Aufgrund gesundheitlicher Probleme beantragte er im Juli 2004 ab 08/2004 die Erwerbsunfähigkeitspension, die ihm im November 2004 rückwirkend unter der Voraussetzung zuerkannt wurde, dass er seine Gewerberechtigungen ruhend meldet. Die Ruhendemeldung seiner Gewerbeberechigungen wurde von der WKO Tirol am 2.12.2004 rückwirkend mit 31.7.2004 durchgeführt.  Zu einer Zurücklegung seiner Gewerbeberechtigungen kam es erst am 30.11.2011.

3.

Mit 6.12.2004 hat der Sohn des Bf., Herr X Y, Jahrgang 1973, die beiden Gewerbeberechtigungen

- Schlosserei gem. § 94 Z 59 GewO 1994 und

- Handelgewerbe

angemeldet.

Diese Gewerberechtigungen wurden am 31.3.2008 gelöscht.

Mit 1.11.2009 hat der Sohn des Bf. die Gewerbeberechtigungen für die beiden freien Gewerbe

- Handelsgewerbe (mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe) und

- Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik angemeldet, mit 13.02.2012 das reglementierte Gewerbe "Metalltechnik für Metall- und Maschinenbau gemäß § 94 Z 59 GewO 1994".

Laut Auskunft der WKO Tirol in einem Telefonat am 21.6.2016 wurden zwischen 1979, dem Zeitpunkt der Entstehung der Gewerbeberechtigungen für den Bf. und der Geltung der GewO 1973, und 2004 mit Geltung der GewO 1994 für den Überbegriff des reglementierten Gewerbes Metallbereich unterschiedliche Gewerbebezeichnungen verwendet. Die vom Sohn des Bf. im Jahr 2004 angemeldete Gewerbeberechtigung der Schlosserei ist mit den drei erstgenannten Gewerbeberechtigungen des Vaters - bis auf das Handelsgewerbe, wofür beide eine eigene Gewerbeberechtigung hatten - vergleichbar.

 

4.

Mit 1.12.2004 hat der Bf. seinen gesamten Betrieb inklusive des gesamten Anlagevermögens an seinen Sohn verpachtet. Lediglich folgende Teile des Umlaufvermögens, nämlich Rohstoffvorräte, noch nicht abgerechnete Leistungen sowie halbfertige Arbeiten, wurden vom Sohn mit rund TEUR 91 abgelöst durch eine Verbuchung auf dem Verrechnungskonto des Sohnes des Bf. (Gegenkonto Erlöse) als Forderung des Bf.. Die Verrechnung der Rohstoffvorräte erfolgte zu Buchwerten, jene für die nicht abgerechneten Leistungen und halbfertigen Arbeiten zum anteiligen Verkaufspreis, wobei die Verwaltungskosten und der anteilige Gewinnaufschlag geschätzt wurden. Die Höhe des Verkaufspreises konnte nicht festgestellt werden.

Der Bf. beschäftigte per 31.11.2004 6 Personen, eine davon war der Sohn des Bf.. Das Personal wurde vom Sohn des Bf. mit Dezember 2004 mit allen ihnen zustehenden Ansprüchen übernommen. Der Bf. vergütete seinem Sohn die per 30.11.2004 bestehenden Urlaubsansprüche durch Einstellung einer Verrechnungsverbindlichkeit gegenüber seinem Sohn. Hinsichtlich der den übernommenen Mitarbeitern per 31.11.2004 zustehenden Abfertigungsansprüche verpflichtete sich der Bf., diese seinem Sohn bei deren Fälligkeit zu ersetzen.

Ab Dezember 2004 wurde auch eine Miete des Bf. an seinen Sohn iHv EUR 1.000,00 netto auf dem Verrechnungskonto erfasst. Umsatzsteuerlich wurde der Kauf des genannten Umlaufvermögens und die Miete 12/2004 allerdings erst in der UVA 12/2005 aufgenommen.

Es liegen weder ein Pachtvertrag  über die Verpachtung des Betriebs noch ein Kaufvertrag über das im Jahr 2004  veräußerte Umlaufvermögen in schriftlicher Form vor. Mündlich wurde neben dem Pachtentgelt lediglich vereinbart, dass das Pachtverhältnis von beiden Seiten jederzeit ohne Angabe von Gründen gekündigt werden kann.

Der Bf. teilte mit, dass er zum 1.12.2004 noch keine Betriebsübergabe vornehmen will, weil noch unklar war, ob der Sohn den Betrieb selbständig fortführen will. Daher wurde die Variante der Verpachtung gewählt. Die Pachteinnahmen wurden daher in weiterer Folge auch als Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der Steuererklärung 2004 und 2005 erklärt.

Zum 31.12.2004 bestand die Aktivseite der Bilanz aus dem Anlagevermögen, Vorräten betreffend Heizmaterial, Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, sonstigen Forderungen, Kassa und Aktive Rechnungsabgrenzung; auf der Passivseite aus einer Beratungsrückstellung, Verbindlichkeiten gegenüber Banken und sonstigen Verbindlichkeiten. Die Verbindlichkeiten überstiegen die Aktiva. Daher bestand zum 31.12.2004 eine buchmäßige Überschuldung iHv rund TEUR 24.

 

5.

Mit Stichtag 31.12.2005 wurde das gesamte Anlagevermögen außer die Betriebsliegenschaft und die Finanzanlagen (Raika Genossenschaftsanteile iHv EUR 399,70) um netto TEUR 25 plus 20% USt an den Sohn veräußert, wobei auch hier die Verbuchung wiederum über das Verrechnungskonto erfolgte. Daher erwarb der Sohn entgeltlich die Maschinen und die Betriebs- und Geschäftsausstattung (bestehend aus der Betriebsausstattung und dem Fuhrpark) mit einem Gesamtbuchwert von EUR 18.856,53.

Die Betriebsliegenschaft, in der der Bf. seinen Hauptwohnsitz hatte, hat sich der Bf. in seinem Eigentum zurückbehalten und dadurch vom Betriebsvermögen in sein Privatvermögen überführt und an seinen Sohn weitervermietet. Der Wert der Betriebsliegenschaft anlässlich der Überführung in sein Privatvermögen betrug EUR 115.000,00. Das ergibt abzüglich des Buchwertes iHv EUR 27.383,91 stille Reserven iHv von EUR 87.616,10. Ebenso hat der Bf. zum 31.12.2005 die verbliebenen sonstigen Aktivposten (siehe Punkt 4) und die Verbindlichkeiten in sein Privatvermögen übernommen. Das Einzelunternehmen des Bf. wies zum 31.12.2005 ohne Berücksichtigung der stillen Reserven in der Betriebsliegenschaft ein negatives Eigenkapital von rund TEUR 47 auf.

Weitere stille Reserven sind im Betriebsvermögen nicht vorhanden.

Die ursprünglich für das Jahr 2005 am 12.4.2005 mit EUR 18.416,67 netto eingebuchten Pachterlöse 2005 "Akonto" wurden im Zuge der Bilanzierung 2005 storniert und mit EUR 14.400,00 inklusive USt (EUR 12.000,00 netto) verbucht.

6.

Im Beschwerdefall wurde von der BP der Gewinn aus der Veräußerung des beschriebenen Anlagevermögens sowie aus der Entnahme der Betriebsliegenschaft nach Verrechnung mit dem laufenden Betriebsverlust dem Hälftesteuersatz gem. § 37 Abs. 5 Z 2 EStG unterzogen.

Der Bf. hat keine Erklärung im Sinne des § 124b Z 110 EStG 1998 abgegeben.

7.

Die Tätigkeit des Bf. umfasste alle Schlosser -und Schmiedearbeiten einer typischen Dorfschlosserei.

Der Sohn des Bf. hat sich nach der Übergabe mit der Schlosserei in neue Geschäftsfelder hineinbegeben. Zu diesem Zweck hat sich der Sohn des Bf. an Wochenenden in Speziallehrgängen fortgebildet.

 

III. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem eingesehenen Steuerakt, den Prüfungsunterlagen, insbesondere den Bilanzen, sowie der Vorhaltsbeantwortung des Bf. vom 28.10.2015. Zu den Feststellungen betreffend Gewerbeberechtigungen des Bf. und seines Sohnes wurde mit der WKO Tirol telefoniert.

Nicht gefolgt wurde den Ausführungen der steuerlichen Vertretung in der Vorhaltsbeantwortung vom 28.10.2015 zum Punkt 1 „Ergänzung des Sachverhaltes (Chronologie der Ereignisse)" zum Zeitpunkt des Verkaufs des Anlagevermögens. Darin wird ausgeführt,  „Ebenso wurde das Anlagevermögen (Buchwert EUR 18.856,53) um einen Verkaufspreis von EUR 25.000,00 (geschätzte Verkehrswerte des Anlagevermögens) verkauft. Durch den Verkauf bestand das gesamte Betriebsvermögen des Bf. ab dem 1.12.2004 aktivseitig nur noch aus der Betriebsliegenschaft, den Raika Anteilen (Genossenschaft), den Heizölvorräten, den Kundenforderungen, den sonstigen Forderungen und den Rechnungsabgrenzungsposten, (…)."

Der Verkauf des Anlagevermögens im Jahr 2005 und nicht im Jahr 2004 ergibt sich eindeutig aus den verglichenen Bilanzen der Jahre 2003 bis 2005. In den der Vorhaltsbeantwortung beigelegten Bilanzen zum 31.12.2004  und zum 31.12.2005 sind zum 31.12.2004 noch die Maschinen und maschinellen Anlagen sowie die Betriebs- und Geschäftsausstattung mit einem Buchwert von rund TEUR 26 ausgewiesen. Erst die Bilanz zum 31.12.2005 weist dafür keine Werte mehr auf. Ebenso ist der in Punkt 2.5 der Vorhaltsbeantwortung vom 28.10.2015 angegebene Veräußerungserlös aus dem Anlagenverkauf iHv TEUR 25 erst in der Einkommensteuererklärung 2005 unter der KZ 9060 (Anlagenerträge von Anlagevermögen) und der dazugehörige Buchwert der abgegangen Anlagen in der gleichen Einkommensteuererklärung unter der KZ 782  eingetragen. Der Verkauf kann daher erst im Jahr 2005 stattgefunden haben. Dies wurde bis zur Vorhaltsbeantwortung auch vom steuerlichen Vertreter in seinen Eingaben so beschrieben und vom Prüforgan in dieser Weise erhoben.

Der Höhe nach ist der Wert jenes Teiles der Liegenschaft, die betrieblich genutzt, in das Privatvermögen des Bf. überführt und an den Sohn des Bf. im Jahr 2005 weitervermietet wurde, unstrittig. Ebenso gehen beide Parteien davon aus, dass es nur die im Sachverhalt festgehaltenen stillen Reserven, somit keinen Firmenwert und weitere stille Reserven, gab.

 

IV.  Rechtliche Beurteilung

 

1. Voraussetzungen für die Wiederaufnahme

1.1.

Eine Wiederaufnahme von Amts wegen ist gemäß § 303 Abs. 4 BAO in der Fassung vor dem FVwGG 2012, BGBl. I Nr. 14/2013, unter den Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a und c und in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Voraussetzungen  für die Wiederaufnahme eines abgeschlossenen Verfahrens sind daher

- das Hervorkommen neuer Tatsachen und Beweismittel

- deren abändernde Auswirkung auf den Spruch des Bescheides und

- eine dem Gesetz entsprechende Ermessensausübung

1.2.

Der Neuerungstatbestand verlangt das Hervorkommen neuer Tatsachen und Beweismittel. Tatsachen sind ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände, also Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis (als vom Bescheid zum Ausdruck gebracht) geführt hätten. Maßgebend ist, ob der Abgabenbehörde in dem wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon im ursprünglichen Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nach der Wiederaufnahme erlassenen Sachentscheidung gelangen hätten können (Ritz, BAO5, § 303 Rz 21 und Rz 24). Dabei kommt es auf den Wissensstand (auf Grund der Abgabenerklärungen und ihrer Beilagen) für das jeweilige Veranlagungsjahr an (zB. VwGH 26. 2. 2013, 2009/15/0016; 28. 10. 2009, 2008/15/0049; 24. 6. 2009, 2007/15/0045; 23. 9. 2005, 2002/15/0001).

Keine neuen Tatsachen sind hingegen, wie die Beschwerde zutreffend anmerkt, etwa neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung von Sachverhaltselementen, da die Wiederaufnahme nicht dazu dient, die Folgen einer unzutreffenden rechtlichen Würdigung eines offengelegten Sachverhaltes zu beseitigen.

Die die Wiederaufnahme rechtfertigenden neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweismittel müssen bereits im Zeitpunkt der ursprünglichen Bescheiderlassung existent gewesen, jedoch später hervorgekommen und so entscheidungswesentlich sein, dass sie, wären sie bereits im Zeitpunkt der Bescheiderlassung bekannt gewesen, einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten. Später entstandene Umstände (Nova producta) sind keine Wiederaufnahmegründe (Vgl. Ritz, BAO, 4. Auflage, § 303, Tz 13).

Das Hervorkommen neuer Tatsachen und Beweismittel ist daher immer anhand der anzuwendenden Normen und der dort normierten Tatbestandsvoraussetzungen zu prüfen.

Es wird zunächst darauf eingegangen, ob die Rechtsansicht der Abgabenbehörde zutreffend ist und daher zu Recht einen im Vergleich zum ursprünglichen Einkommensteuerbescheid 2005 geänderten Spruch des Bescheides nach sich gezogen hat.

 

2. Abändernde Auswirkung auf den Spruch des Bescheides:

2.1.Gesetzestext und Überblick:

2.1.1.

Gemäß § 24 Abs. 1 EStG 1988 sind Veräußerungsgewinne Gewinne, die erzielt werden bei der Veräußerung oder Aufgabe des ganzen Betriebes oder eines Teilbetriebes

Veräußerungsgewinn im Sinne des Abs. 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungserlös nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens übersteigt (§ 24 Abs. 2 EStG 1988 1. Satz). Dieser Gewinn ist für den Zeitpunkt der Veräußerung oder der Aufgabe nach § 4 Abs. 1 oder § 5 zu ermitteln.

Gemäß § 24 Abs. 3 EStG 1988 sind, wenn die einzelnen dem Betrieb gewidmeten Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebes veräußert werden, die Veräußerungserlöse anzusetzen sind. Werden die Wirtschaftsgüter nicht veräußert, so ist der gemeine Wert im Zeitpunkt ihrer Überführung ins Privatvermögen anzusetzen.

2.1.2.

§ 24 EStG 1988 soll die abschließende Besteuerung bei Beendigung der Zurechnung eines Betriebes an eine bestimmte Person durch Erfassung und Besteuerung der angestauten stillen Reserven sicherstellen (Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2014, § 24 Rz 1). Die Beendigung der Zurechnung iSd § 24 EStG 1988 kann infolge Betriebsveräußerung (=entgeltliche Übertragung des Betriebs an ein anderes Rechtssubjekt) oder infolge Betriebsaufgabe (=Zerschlagung des Betriebs, Einstellung der betrieblichen Tätigkeit) eintreten. Die kumulierte Erfassung der stillen Reserven wird unter bestimmten Voraussetzungen durch einen Freibetrag (Abs. 4) oder eine Progressionsermäßigung (§ 37 Abs. 2, 3 und 5) abgemildert oder in anderer Weise begünstigt, durch Anrechnung von Erbschafts- und Schenkungssteuer (Abs. 5) oder durch die im Beschwerdefall strittige Nichterfassung der stillen Reserven im Wohngebäude bei Betriebsaufgabe (Abs. 6).

In § 24 Abs 1 leg.cit. wird die Aufgabe des Betriebes (Teilbetriebes) neben der Veräußerung des Betriebes als eigener Tatbestand angeführt, der zu einem Veräußerungsgewinn führen kann. Das Einkommensteuergesetz unterscheidet demnach zwischen der Veräußerung und der Aufgabe eines Betriebes. Die Wohngebäudebegünstigung gem. § 24 Abs. 6 EStG bezieht sich nur auf die Betriebsaufgabe und nicht auch auf die Betriebsveräußerung. Daher ist im Beschwerdefall auch zwischen diesen beiden Tatbeständen zu unterscheiden.

 

2.2. Betriebsaufgabe durch Verpachtung im Jahr 2004?

2.2.1.

Im Beschwerdefall ist nach Ansicht des BFG zunächst zu beurteilen, ob nicht die im Jahr 2004 begonnene Betriebsverpachtung bereits als endgültige Betriebsaufgabe anzusehen ist. Ist das der Fall, dann wäre eine eventuelle Besteuerung des Aufgabegewinnes bereits im Jahr 2004 vorzunehmen gewesen. Ist dies unterblieben, kommt eine Nachholung jedenfalls nur innerhalb der Verjährungsfristen zur Anwendung.

2.2.2.

Eine Betriebsverpachtung führt nach herrschender Ansicht und ständiger Rechtsprechung nicht zu einer Betriebsaufgabe, sondern zu einem Ruhen des Betriebs (Vgl. Jakom/ Kanduth-Kristen EStG, 2016, § 24 Rz 43). Fraberger/Papst in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG, 18. Lfg (April 2016), § 24 Rz 165, sehen die Annahme einer Betriebsaufgabe bei Verpachtung des Betriebes bei gleichzeitiger Fortführung durch den Pächter kritisch, da die betriebliche Einheit nicht zu existieren aufhört und daher eine Voraussetzung für das Vorliegen der Betriebsaufgabe fehlt.

Nach der ständigen Rechtsprechung  des VwGH ist eine Betriebsverpachtung hingegen dann als Betriebsaufgabe zu behandeln, wenn die objektiv erkennbaren, äußeren Verhältnisse darauf schließen lassen, dass der Verpächter nach einer allfälligen Beendigung des Pachtverhältnisses mit dem vorhandenen Betriebsvermögen nicht mehr in der Lage ist, seinen Betrieb fortzuführen, oder sonst das Gesamtbild der Verhältnisse mit hoher Wahrscheinlichkeit für die Absicht des Verpächters spricht, den Betrieb nach Auflösung des Pachtverhältnisses nicht mehr auf eigene Rechnung und Gefahr weiterzuführen (s Qantschnigg/ Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 24 Rz 16.1; Fraberger/Papst in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zumEStG, 18. Lfg (April 2016), § 24 Rz 156 mit ausführlicher Kritik in Rz 165). Den Bestimmungen des Pachtvertrags kommt hierbei hohe Bedeutung zu. Nicht notwendig ist hingegen, dass die Weiterführung des Betriebs wegen rechtlicher oder tatsächlicher Unmöglichkeit für immer ausgeschlossen ist (s VwGH 18.10.06, 2002/13/0217 17.5.00, 98/15/0009; UFS 12.6.06, RV/0349-K/05, bestätigt durch VwGH 18.11.08, 2006/15/0253).

Maßgeblich sind die objektiven Umstände, der subjektiven Absicht des Verpächters bzw. dessen Absichtserklärung kommt – anders als in Deutschland (s Schmidt § 16 Rz 690) – keine entscheidende Bedeutung zu (s auch UFS 30.4.07, RV/0202-F/05; Quantschnigg/ Schuch, Einkommensteuer-Handbuch: EStG 1988, § 24 Rz 16.1; kritisch Sporer SWK 97, S 653; für die gesetzliche Normierung eines Wahlrechts zur Betriebsaufgabe bei Verpachtung durch Erklärung des Betriebsinhabers, auch Lenneis, UFSakt 07, 128; Laudacher SWK 08, S 611; s auch § 28 Rz 81). Der Erklärung des Steuerpflichtigen kann aber für die Frage Bedeutung zukommen, ob die Absicht des Steuerpflichtigen, den Betrieb aufzugeben, nach außen hin erkennbar geworden ist (s VwGH 18.11.08, 2006/15/0253; dazu Wiesner, RWZ 09, 4; siehe auch EStR 5649).

Indizien für das Vorliegen einer Betriebsaufgabe im Zeitpunkt der Verpachtung des Gewerbebetriebes sind unter anderem das Zurücklegen der Gewerbeberechtigung, ein hohes Alter des Verpächters, die Veräußerung statt der Verpachtung der Geschäftseinrichtung an den Pächter.

2.2.3.

Im Beschwerdefall spricht für die Betriebsaufgabe der schlechte Gesundheitszustand des Verpächters, die in der Zuerkennung der Erwerbsunfähigkeitspension im November 2004 rückwirkend zum 01/08 2004 zum Ausdruck kommt.

Gegen eine Betriebsaufgabe spricht, dass der Pachtvertrag jederzeit kündbar ist, weil noch nicht feststeht, ob der Sohn des Bf. fortführen will. Damit im Einklang steht auch, dass der Bf. vorerst seine Gewerbeberechtigungen nur ruhend gemeldet, nicht aber zurückgelegt hat. Weitere Indizien, die gegen die Betriebsaufgabe sprechen, sind die Nichtübernahme von Verbindlichkeiten des Bf. aus der Zeit vor Beginn der Verpachtung durch den Pächter, die Veräußerung von lediglich eines Großteils des Umlaufvermögens an den Pächter, die aber nach Ansicht des BFG, wie nachfolgend dargestellt wird, keine wesentlichen Betriebsgrundlagen darstellen, und die Weiterbeschäftigung der bisherigen Arbeitnehmer des Bf. durch den Pächter. Diese Weiterbeschäftigung erklärt sich auch daraus, dass arbeitsrechtlich die Verpachtung des Betriebes eine Betriebsübernahme dargestellt haben wird und es somit zu einem ex-lege Eintritt des Pächters in die Arbeitsverhältnisse der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer gekommen ist. Durch das Vorhandensein von Personal ist auch sichergestellt, dass der Betrieb im Fall der Auflösung des Pachtverhältnisses auch, angepasst an seinen Gesundheitszustand, durch den Bf. weitergeführt werden kann.

Letztendlich spricht gegen die Aufgabe des Betriebes auch die Erklärung des Steuerpflichtigen an das Finanzamt, dass er den Betrieb vorerst nicht aufgegeben wolle, weil die Betriebszukunft noch nicht geklärt ist, und er diese Absicht auch durch die Erklärung der Pachteinkünfte als solche aus Gewerbebetrieb im Jahr 2004 und 2005 nach außen hin erkennbar gemacht und er schlussendlich durch den Verkauf des betrieblichen Anlagevermögens (mit Ausnahme der Betriebsliegenschaft) an den Sohn den Betrieb an diesen Ende 2005 endgültig übergeben hat.

Nach Ansicht des BFG überwiegen daher die objektiv erkennbaren äußeren Verhältnisse, die gegen eine Betriebsaufgabe durch Betriebsverpachtung im Jahr 2004 sprechen.

Es ist daher im Folgenden zu untersuchen, ob im Beschwerdejahr 2005 eine Betriebsaufgabe oder eine Betriebsveräußerung stattgefunden hat.

 

2.3. Betriebsaufgabe oder Betriebsveräußerung im Jahr 2005?

2.3.1.

Die vom Bf. beantragte Gebäudebegünstigung gem. § 24 Abs. 6 EStG 1988 lautete bis zum Ablauf des Jahres 2004 wie folgt:

§ 24 Abs. 6 EStG 1988 idF BGBl 2003/71 bis zur Veranlagung 2004

Wird der Betrieb aufgegeben, weil der Steuerpflichtige

1. Das Gebäude muss bis zur Aufgabe des Betriebes der Hauptwohnsitz des Steuerpflichtigen gewesen sein,

2. das Gebäude darf weder

- ganz oder zum Teil veräußert werden,

- ganz oder zum Teil einem anderen zur Erzielung betrieblicher Einkünfte überlassen noch

- überwiegend selbst zur Einkunftserzielung verwendet werden und

 3. auf das Gebäude dürfen keine stillen Reserven übertragen worden sein.

Wird das Gebäude innerhalb von fünf Jahren nach Aufgabe des Betriebes vom Steuerpflichtigen oder seinem Rechtsnachfolger veräußert, unter Lebenden unentgeltlich übertragen oder zur Einkunftserzielung im Sinne des zweiten Satzes verwendet oder überlassen, dann sind die nicht erfassten stillen Reserven in diesem Jahr unter Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 37 Abs. 1 zu versteuern. Sind die stillen Reserven deswegen zu versteuern (nachzuversteuern), weil das Gebäude im Sinne des zweiten Satzes verwendet oder überlassen wird, so sind die zu versteuernden (nachzuversteuernden) stillen Reserven über Antrag beginnend mit dem Kalenderjahr, in dem der Aufgabegewinn versteuert (nachversteuert) wird, auf zehn Jahre gleichmäßig verteilt als Einkünfte anzusetzen. § 37 ist auch in diesem Fall anzuwenden.

Wäre daher die Betriebsverpachtung im Jahr 2004 als Betriebsaufgabe zu werten gewesen, wäre dem Bf. die Wohnsitzbefreiung nicht zugestanden, weil er das Betriebsgebäude zur Einkunftserzielung verwendet hat.

Im Beschwerdejahr war § 24 Abs. 6 EStG 1988 idF BGBl 2004/180, gültig ab Veranlagung 2005, anzuwenden. Diese Bestimmung lautete:

Wird der Betrieb aufgegeben und werden aus diesem Anlass Gebäudeteile (Gebäude) ins Privatvermögen übernommen, unterbleibt gem. § 24 Abs. 6 EStG 1988 auf Antrag die Erfassung der darauf entfallenden stillen Reserven. Voraussetzung ist, dass das Gebäude bis zur Aufgabe des Betriebes der Hauptwohnsitz des Steuerpflichtigen gewesen ist, auf das Gebäude keine stillen Reserven übertragen worden sind und einer der folgenden Fälle vorliegt:   

1. Der Steuerpflichtige ist gestorben und es wird dadurch eine Betriebsaufgabe veranlasst.

2. Der Steuerpflichtige ist wegen körperlicher oder geistiger Gebrechen in einem Ausmaß erwerbsunfähig, dass er nicht in der Lage ist, seinen Betrieb fortzuführen oder die mit seiner Stellung als Mitunternehmer verbundenen Aufgaben oder Verpflichtungen zu erfüllen. Das Vorliegen dieser Voraussetzung ist auf Grundlage eines vom Steuerpflichtigen beizubringenden medizinischen Gutachtens eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen zu beurteilen, es sei denn, es liegt eine medizinische Beurteilung durch den für den Steuerpflichtigen zuständigen Sozialversicherungsträger vor.

3. Der Steuerpflichtige hat das 60. Lebensjahr vollendet und stellt seine Erwerbstätigkeit ein. Eine Erwerbstätigkeit liegt nicht vor, wenn der Gesamtumsatz aus den ausgeübten Tätigkeiten 22.000 Euro und die gesamten Einkünfte aus den ausgeübten Tätigkeiten 730 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen.

Wird das Gebäude (der Gebäudeteil) nach Betriebsaufgabe durch den Steuerpflichtigen oder einen unentgeltlichen Rechtsnachfolger zur Erzielung von Einkünften verwendet, ist sein steuerlicher Wertansatz um die unversteuerten stillen Reserven zu kürzen. Wird das Gebäude (der Gebäudeteil) innerhalb von fünf Jahren nach Aufgabe des Betriebes durch den Steuerpflichtigen oder einen unentgeltlichen Rechtsnachfolger veräußert, gilt die Veräußerung als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a der Bundesabgabenordnung, das beim Steuerpflichtigen zur Erfassung der stillen Reserven höchstens im Umfang der Bemessungsgrundlage bei Betriebsaufgabe führt. Die zu erfassenden stillen Reserven sind als Aufgabegewinn zu versteuern. Wurde das Gebäude (der Gebäudeteil) vor der Veräußerung bereits zur Erzielung von Einkünften verwendet, ist der steuerliche Wertansatz um die versteuerten stillen Reserven wieder zu erhöhen.“

Ab dem Jahr 2005 hinderte demnach die Überlassung der Betriebsliegenschaft zur Einkunftserzielung die Gebäudebegünstigung bei Betriebsaufgabe nicht mehr.

2.3.2.

Die Bedeutung der Unterscheidung zwischen  Betriebsveräußerung und – aufgabe liegt ertragsteuerlich darin, dass die im Beschwerdefall beantragte Begünstigung für Wohngebäude (§ 24 Abs. 6 EStG 1988) nach dem Gesetzeswortlaut nur bei der Betriebsaufgabe zusteht.

Sowohl der Tatbestand der Betriebsveräußerung als auch der der Betriebsaufgabe sind mit dem Schicksal der wesentlichen Betriebsgrundlagen des Unternehmens verbunden.

Die Veräußerung eines Betriebes (im Ganzen) liegt vor, wenn der Erwerber ein lebendes bzw. lebensfähiges Unternehmen, somit alle wesentlichen Betriebsgrundlagen, in einem einheitlichen Vorgang entgeltlich übernimmt. Dabei müssen nicht alle zum Unternehmen gehörigen Wirtschaftsgüter übernommen werden, sondern nur jene, welche die wesentliche Grundlage des Unternehmens bilden und den Erwerber mit ihrem Erwerb in die Lage versetzen, das Unternehmen fortzuführen (Fellner in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer (EStG 1988) – Kommentar, § 24, Tz 15). Ob in der Folge, wie im Beschwerdefall, der Erwerber nach dem Erwerb eines Unternehmens sich in eine andere fachliche Richtung entwickelt, spielt für die Beurteilung keine Rolle.

Die tatsächliche Aufgabe des Betriebes besteht im Regelfall hingegen in der Zerschlagung einer betrieblichen Einheit in der Form, dass der Betrieb als solcher zu bestehen aufhört. Sie liegt dann vor, wenn die wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang, entweder an verschiedene Erwerber entgeltlich oder unentgeltlich übertragen oder in das Privatvermögen übernommen oder wenn einzelne der wesentlichen Betriebsgrundlagen an verschiedene Dritte übergehen und einzelne solcher (wesentliche Betriebsgrundlagen ausmachenden) Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen des bisherigen Betriebsinhabers übertragen werden (vgl. Hofstätter/Reichel, Einkommensteuer, Kommentar, Tz. 13 und Tz. 31 zu § 24, Quantschnigg/Schuch, Einkommen­steuer-Handbuch, Tz. 25 und Tz. 28 zu § 24).

Neben der tatsächlichen Betriebsaufgabe gib es aber auch andere Formen der Betriebsaufgabe, sog. fiktive Betriebsaufgaben, die nicht mit der Zerschlagung der betrieblichen Einheit verbunden sind, wie die endgültige Betriebsaufgabe durch Verpachtung, die Verlegung des Betriebes ins Ausland, Liebhaberei (Vgl. Herbert Kofler, Handbuch der Betriebsaufgabe, Linde Wien, 1988, Seite 22). Hier erfolgt die Erfassung aus dem Titel des letztmöglichen Zugriffes auf die stillen Reserven (Kofler/Kofler/Urnik, Handbuch Betriebsaufgabe und Wechsel der Gewinnermittlung, Linde Verlag, 2. Auflage,2003, Seite 20).

2.3.3.

Welche Betriebsmittel zu den wesentlichen Grundlagen gehören, ist in funktionaler Betrachtungsweise (Funktion der Wirtschaftsgüter innerhalb des Betriebes) nach dem jeweiligen Betriebstypus (Art des Betriebes) zu beantworten.

Es können für einen Betrieb auch mehrere wesentliche Betriebsgrundlagen bestehen (s DKMZ/Doralt § 24 Rz 17). Die Rechtsprechung unterscheidet zwischen

• ortsgebundenen Tätigkeiten (zB Gastronomieunternehmungen wie Kaffeehäuser, Hotels, Pensionen, Konditoreien; Campingplatz, Schilifte, Lebensmittelgeschäfte), deren wesentliche Betriebsgrundlage das Grundstück, das Gebäude (bzw. Mietrecht daran) und die Einrichtung sind; in den Hintergrund treten das Warenlager und das Personal,

• produktions- bzw. ausstattungsgebundenen Tätigkeiten, deren wesentliche Grundlage das Betriebsgebäude (bzw. Mietrecht daran), die Maschinen, Anlagen und Einrichtungen ist und

• kundengebundenen Tätigkeiten (zB. [Groß]Handel, General- und Handelsvertretungen), bei denen der Kundenstock bzw. die feste Geschäftsverbindung, die Vertretungsbefugnis und der Firmenname betriebswesentlich sind (s ua VwGH 20.11.90, 90/14/0122; 25.10.06, 2006/15/0034;  EStR 5511, 5513, 5515; DKMZ/Doralt § 24 Rz 33/2).

Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalles sowie das Gesamtbild der Verhältnisse des veräußerten Betriebes.

Die Abgabenbehörde legte sich zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen nicht fest.

Im Berufe-Lexikon ( www.berufe-lexikon.de ) wird der Beruf des Schlossers folgendermaßen beschrieben: "Schlosser sind Fachleute für Metallarbeiten. Sie schmieden, löten, schweißen, glühen oder schrauben. Schlosser fertigen beispielsweise Gitter, Tore, Geländer und Treppen. Sie installieren Maschinen und Metallkonstruktionen und reparieren diese. Der Nachfolgeberuf Metallbauer ist ein anerkannter Ausbildungsberuf und wird angeboten in den Fachrichtungen Nutzfahrzeugbau, Konstruktionstechnik und Metallgestaltung.“

In einer typischen Dorfschlosserei ist eine kleinteilige Bedarfsfertigung charakteristisch. Aufgrund dessen und der Berufsbeschreibung stehen für das BFG produktions- bzw. ausstattungsgebundene Tätigkeiten im Vordergrund. Die wesentlichen Betriebsgrundlagen im Beschwerdefall stellen daher die Betriebsräumlichkeiten, die Maschinen, Anlagen, Einrichtungen und Werkzeuge dar.

2.3.4.

Hinsichtlich der wesentlichen Betriebsgrundlagen ergibt sich im Beschwerdefall folgendes Bild: Nachdem im Jahr 2004 der gesamte Betrieb an den Sohn des Bf. verpachtet wurde, wurden die zunächst verpachteten beweglichen Anlagegüter an diesen im Beschwerdejahr 2005 verkauft, die bereits im Jahr 2004 begonnene Vermietung der unbeweglicher Betriebsliegenschaft an den Sohn des Bf. mit diesem im Jahr 2005 und Folgejahren fortgesetzt. Der Sohn des Bf. konnte den Betrieb des Vaters seit 2004 unverändert fortführen.

Geändert hat sich vom Jahr 2004 auf das Jahr 2005 für ihn nur die Rechtsgrundlage für die Nutzung des Betriebes: Im Jahr 2004 hat er den gesamten Betrieb gepachtet, im Jahr 2005 wurde die Verpachtung auf die Betriebsräumlichkeiten eingeschränkt, weil er die bisher gepachteten beweglichen Anlagegüter käuflich erworben hat.

Durch den Verkauf der beweglichen Anlagegüter im Jahr 2005, die neben den Betriebsräumlichkeiten die wesentlichen Betriebsgrundlagen darstellen, war der Bf. bei einer allfälligen Beendigung des Pachtverhältnisses über die Betriebsräumlichkeiten mit dem vorhandenen Betriebsvermögen – seinen Betriebsräumlichkeiten - nicht mehr in der Lage, seinen Betrieb fortzuführen.

Der Verkauf eines Teils seiner wesentlichen Betriebsgrundlagen bewirkte daher für die Betriebsräumlichkeiten, die sich nach wie vor in seinem Eigentum befanden, notwendigerweise eine Überführung in sein Privatvermögen und die Aufdeckung der darin enthaltenen stillen Reserven.

Der gesamte Vorgang weist dadurch, dass ein Teil der wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert, der andere in das Privatvermögen überführt wurde, Elemente einer Betriebsaufgabe und einer Betriebsveräußerung auf, wobei jedoch die betriebliche Einheit erhalten bleibt.

Voraussetzung für das Vorliegen von Betriebsaufgabe oder Betriebsveräußerung ist, dass – in Abgrenzung der Betriebsaufgabe zu einer Liquidation bzw. der Betriebsveräußerung zu einer „normalen“ nicht begünstigungsfähigen Veräußerung – die wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang übertragen werden müssen. Dieser einheitliche Vorgang liegt im Beschwerdefall vor, weil es zur Aufdeckung der stillen Reserven (Vgl. oben) in den wesentlichen Betriebsgrundlagen zum selben Zeitpunkt durch den Verkauf des beweglichen Anlagevermögens gekommen ist. Daher spielt es nach Ansicht des BFG keine Rolle, dass der Betrieb bereits ab 2004 verpachtet war, weil ja zu diesem Zeitpunkt gerade keine Betriebsaufgabe vorlag und auch vorliegen sollte, sondern weiterhin von betrieblichen Einkünften in Form einer gewerblichen Verpachtung auszugehen war. Das im Jahr 2004 verkaufte Umlaufvermögen stellte keine wesentliche Betriebsgrundlage dar und ist daher für die Abgrenzung Liquidation versus Betriebsaufgabe/-veräußerung nach Ansicht des BFG unmaßgeblich.

2.3.5.

Weist, wie im Beschwerdefall, der Sachverhalt sowohl Elemente einer Betriebsaufgabe wie einer Betriebsveräußerung auf, so ist zu hinterfragen, nach welchen Kriterien dieser gemischte Vorgang zu beurteilen ist.

2.3.5.1.

Eine Betriebsveräußerung bedingt nicht den Verkauf des gesamten Betriebsvermögens, sondern nur die Übereignung sämtlicher wesentlicher Betriebsgrundlagen. Dabei ist nach der Judikatur des VwGH entscheidend, ob der Erwerber die wesentlichen Betriebsgrundlagen unter Mitwirkung des Veräußerers erhält. Auf den zivilrechtlichen Titel, unter denen der Unternehmenserwerber die wesentlichen Betriebsgrundlagen nutzt, kommt es nicht an. Maßgeblich ist die Einräumung des tatsächlichen Verfügungsrechts in einer Weise, die es ermöglicht, den Betrieb im Wesentlichen unverändert fortzuführen.

Bei Betrieben, die wie im Beschwerdefall das Vorhandensein eines Betriebsgebäudes essentiell voraussetzen, kann eine Betriebsveräußerung nur dann angenommen werden, wenn die Betriebsgebäude mitveräußert oder zumindest vermietet werden.

Wird dem Erwerber der sonstigen wesentlichen Grundlagen des Betriebes daher gleichzeitig mit dem Verkauf unter Mitwirkung des Veräußerers die Nutzung an der zurückbehaltenen Liegenschaft verschafft, so dass ihm die betriebliche Nutzung des Grundvermögens erhalten bleibt, liegt nach der Rechtsprechung des VwGH eine Betriebsveräußerung vor (Vgl. VwGH 16.12.99, 96/15/0126; 24.2.11, 2009/15/0161; Jakom/Kanduth-Kristen  EStG, 2016, § 24 Rz 14;Fraberger/Papst in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG, § 24 Rz 23). In Summe werden dadurch alle wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang einer Person zur Verfügung gestellt. Der Erwerber übernimmt ein lebendes Unternehmen und besitzt die Möglichkeit, dieses weiterzuführen. Eine Kombination von Kauf und Pacht hindert daher die Annahme einer Betriebsveräußerung nicht (Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2016, § 24 Rz 14).

 

2.3.5.2.

Der VwGH geht bei seiner Rechtsprechung zur Irrelevanz des zivilrechtlichen Nutzungstitels davon aus, dass die Veräußerung und bestandsweise Überlassung für die Betriebsqualifikation prinzipiell gleichwertig sind (Vgl. Bruckner, Handbuch der Betriebsaufspaltung und Betriebsverpachtung, Wien 1986, 196). Diese Rechtsprechung trägt der praktischen Erfahrung Rechnung, dass zahlreiche Unternehmen ihr Anlagevermögen tatsächlich nur auf Basis von Bestandsverträgen (insbesondere Leasingverträgen) nutzen, und daher eine Übertragung des Eigentums an diesen Vermögensteilen anlässlich einer Betriebsveräußerung bzw. -einbringung weder rechtlich möglich, noch wirtschaftlich notwendig ist (Bruckner, aaO, 198).

Das BFG teilt allerdings die Rechtsansicht Bruckners, aaO, Seite 197, dass die Betriebsveräußerung jedenfalls eine effektive Übertragung (Veräußerung) von wesentlichen Betriebsgrundlagen voraussetzt. Der Äquivalenzgrundsatz wird daher nicht mehr erfüllt sein und daher keine Betriebsveräußerung vorliegen, wenn die gesamten wesentlichen Betriebsgrundlagen zurückbehalten und diese in ihrer Gesamtheit bestandsweise an den Erwerber überlassen werden. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch: EStG 1988, § 24 Rz 24) begründet dies damit, dass eine Zurückbehaltung weiterer wesentlicher Betriebsgrundlagen auch im Falle ihrer Nutzungsüberlassung die Betriebsstruktur soweit verändern, dass nicht mehr von der Überlassung des nämlichen Betriebes gesprochen werden könnte.

Mit dieser Ansicht wird nach Meinung des BFG auch die im Beschwerdefall erforderliche Abgrenzung einer Betriebsveräußerung unter Mitvermietung von wesentlichen Betriebsgrundlagen zu einer Betriebsaufgabe infolge endgültiger Betriebsverpachtung getroffen (diese Frage aufwerfend Jakom/Kanduth-Kristen  EStG, 2016, § 24 Rz 14). Wäre im Jahr 2005 die Verpachtung des Betriebes so wie im Jahr 2004 fortgeführt worden, aber als endgültig anzusehen gewesen, läge unstrittig eine Betriebsaufgabe iSd § 24 Abs. 6 EStG 1988 vor. Im Gegensatz dazu war es im Beschwerdefall jedoch der unternehmerische Wille des Bf., das bewegliche Anlagevermögen an den Sohn zu veräußern und nicht weiter zu verpachten.

2.3.5.3.

Als Zwischenergebnis lässt sich daher festzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des VwGH der Verkauf eines Teils der wesentlichen Betriebsgrundlagen – bewegliches Anlagevermögen – und die Zurückbehaltung des anderen Teils der wesentlichen Betriebsgrundlagen – Betriebsliegenschaft – mit Nutzungsüberlassung an den Käufer des anderen Teils der wesentlichen Betriebsgrundlagen eine Betriebsveräußerung und keine Betriebsaufgabe darstellt.

 

2.3.6.

Es stellt sich nun die Frage, ob der Betriebsaufgabebegriff in § 24 Abs. 6 EStG 1988 wegen des Zwecks dieser Bestimmung abweichend vom in Punkt 2.3.5. erzielten Ergebnis auszulegen ist. Diese Meinung vertritt die steuerliche Vertretung des Bf. im Hinblick darauf, dass im Rahmen der Übernahme des Betriebes durch den Sohn des Bf. das Gebäude den wesentlichen Vermögenswert dargestellt hat und daher eine Betriebsaufgabe vorliege, andernfalls die Vorschrift des § 24 Abs. 6 EStG 1988 sinnentleert wäre.

Anzumerken ist, dass die zitierten Erkenntnisse des VwGH nicht zur Wohnsitzbegünstigung des § 24 Abs. 6 EStG 1988 ergangen sind, sondern es in VwGH 16.12.99, 96/15/0126 um den Betriebsbegriff iZm der Haftung gem. § 14 BAO und in VwGH 24.2.11, 2009/15/0161 um den Betriebsbegriff iZm der Geltendmachung des Investitionsfreibetrages gemäß § 10 Abs. 1 EStG 1988 idF BGBl. Nr. 660/1989 gegangen ist, also jeweils um das Vorliegen eines Betriebes auf Seiten des Übernehmers. Die Kommentarmeinungen schließen aus dem Vorliegen eines Betriebserwerbes auf der Übernehmerseite auf das Vorliegen einer Veräußerung auf der Übergeberseite.

2.3.6.1.

Fellner in Hofstätter/Reichel (Hrsg), Die Einkommensteuer (EStG 1988) - Kommentar (58. Lfg 2015) zu § 24 EStG, Seite 51, beschreibt den Sinn und Zweck der Wohnsitzbegünstigung wie folgt: § 24 Abs 6 EStG 1988 stellt auf Personen mit betrieblichen Einkünften und Hauptwohnsitz in einem Gebäude ab, welches wegen der Verwendung für die betriebliche Einkunftsquelle (anteilig) zum Betriebsvermögen gehört. Die Betriebsaufgabe iSd § 24 Abs 1 Z 2 EStG1988 hat zur Folge, dass, soweit das Wirtschaftsgut zum Betriebsvermögen gehört hat, dessen Übergang in das Privatvermögen die stillen Reserven aufdeckt und Einkommensteuer auslöst. Die Aufdeckung der stillen Reserven durch Überführung in das Privatvermögen bringt allerdings nicht einen Zufluss liquider Mittel für die Begleichung der dadurch ausgelösten Einkommensteuer mit sich.

§ 24 Abs 6 nimmt auf den besonderen Fall Bedacht, dass die Betriebsaufgabe am Ende des Erwerbslebens des (der) Steuerpflichtigen (typischerweise mit dem Übertritt in die Pension) erfolgt. Für diesen Fall verhindert der Gesetzgeber hinsichtlich jenes Objektes, in welchem sich der Hauptwohnsitz des (der) Steuerpflichtigen befindet, (unter konkret festgelegten Voraussetzungen) die steuerpflichtige Aufdeckung der stillen Reserven (VwGH 28. 10. 2009, 2009/15/0168), indem in bestimmten Fällen der Betriebsaufgabe auf Antrag die Erfassung der stillen Reserven unterbleibt.  Durch die Begünstigung des § 24 Abs 6 sollen soziale Härten vermieden werden, wenn der Unternehmer im Betriebsgebäude seinen Hauptwohnsitz hat und anlässlich der Betriebsaufgabe stille Reserven versteuern müsste, die er nicht realisieren kann, ohne gleichzeitig seinen Wohnsitz aufzugeben (VwGH 24. 6. 2003, 2000/14/0178; 14. 12. 2006, 2005/14/0038; 24. 5. 2012, 2008/15/0119). Der Gesetzgeber will also verhindern, dass der (die) Steuerpflichtige am Ende des Erwerbslebens gezwungen ist, zur Abtragung der durch die Betriebsaufgabe ausgelösten Einkommensteuerschuld den Wohnsitz zu veräußern (VwGH 28. 10. 2009, 2009/15/0168).“

 

2.3.6.2.

In der Literatur (Huber, Wird die Betriebsaufgabe steuerlich bevorzugt? SWK-Heft 15/2005, S 501; Kofler, Handbuch der Betriebsaufgabe, Linde Verlag, 1988, S 18f iVm S 164) wird die Einschränkung der Hauptwohnsitzbegünstigung auf eine „gesamte“ Betriebsaufgabe kritisiert (Vgl. auch Straka, Hauptwohnsitzbefreiung nur bei Betriebsaufgabe, UFSjournal 2011, 326). Dadurch würde der Intention der gesetzlichen Bestimmung, soziale Härten zu verhindern, nicht ausreichend Rechnung getragen.

Dem liegt nach Huber die Unterstellung zugrunde, dass bei einer einheitlichen Übertragung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen an einen Erwerber – wie dies für eine Betriebsveräußerung oder -schenkung in Abgrenzung zur Betriebsaufgabe kennzeichnend sei – im Regelfall mehr Mittel zufließen würden, als dies bei einer Betriebsaufgabe (mit etwaiger Veräußerung einzelner Wirtschafts­güter) der Fall wäre, sodass der Veräußerer eines Betriebs (in der typisierenden Betrachtungsweise des EStG 1972 und 1988) weniger schutzwürdig erscheinen würde. Solche typisierenden Durchschnittsbetrachtungen seien gesetzlich häufig. Sie seien auch verfassungsrechtlich zulässig, solange sie dem Regelfall entsprächen und die nicht gedeckten Fälle noch einzelne Härtefälle seien.

Die wirtschaftspolitische Entwicklung der letzten 15 Jahre zeige aber, dass die Unternehmen, für die die Hauptwohnsitzbefreiung in Betracht komme, überwiegend kleinere Unternehmen, häufig in Ortskernlagen, seien. Dies sei ja auch der Grund für die Anpassung der Hauptwohnsitzbefreiung durch das AbgÄG 2004 gewesen. Diese Unternehmen seien mittlerweile strukturell so benachteiligt, dass sie selbst bei einer Unternehmensübertragung im Ganzen keinen wesentlichen Firmenwert mehr realisieren könnten. Für die Steuerentrichtung ausreichende Veräußerungsgewinne könnten in der Regel nur bei einer Veräußerung des Betriebsgebäudes selbst erzielt werden. Somit würde der finanzielle Unterschied zwischen Betriebsübertragung (mit Zurückbehaltung des Gebäudes) und Betriebsaufgabe immer geringer. Würde dessen ungeachtet steuerlich weiter zwischen diesen beiden Fällen unterschieden, so würde Gleiches ungleich behandelt. Dadurch entstünde ein steuerlicher Druck zur Betriebsaufgabe. Die Realität hätte somit die – einstmals wohl zutreffende – Durchschnittsbetrachtung überholt. Eine die Sachlichkeit der Hauptwohnsitzbefreiung erhaltende Auslegung würde erfordern, für die Anwendbarkeit des § 24 Abs 6 EStG 1988 die Abgrenzung zwischen Betriebsaufgabe und Betriebsveräußerung nicht mehr nach funktionalen Merkmalen (wesentlichen Betriebsgrundlagen), sondern auch nach quantitativen Merkmalen vorzunehmen, da letztlich nur diese über die Fähigkeit zur Steuertragung entscheiden würden. Wenn die nicht realisierten stillen Reserven im zurückbehaltenen Vermögen (Betriebsgebäude) daher höher wären als die realisierten stillen Reserven im veräußerten Betrieb, dann befände sich der Steuer­pflichtige deshalb in einem Steuerzahlungsdilemma, weil quantitativ der illiquide Betriebsaufgabecharakter des Vorgangs überwiege. Dieses Überwiegen ermögliche aber nun die Anwendung des § 24 Abs 6 EStG 1988, der ja genau diese Situation erleichtern wollte und sollte. Die verfassungskonforme Interpretation sei auch durch eine neu durchzuführende teleologische Interpretation getragen. Die Novellierung der Hauptwohnsitzbefreiung durch das AbgÄG 2004 sei Ausdruck eines umgewichteten Befreiungszwecks. Aufgewertet werde das Ziel, dass die Hauptwohnsitzbefreiung der Erhaltung wirtschaftlich aktiver Ortskerne nicht länger im Wege stehen sollte. Dies spreche eindeutig dagegen, eine Betriebsaufgabe gegenüber einer Betriebsübergabe zu bevorzugen. Einzige Einschränkung sei allerdings – mangels Befreiungsbedarfs – die Fähigkeit, die Steuer aus einem Veräußerungserlös tragen zu können. Diese Fähigkeit sei aber bei einem Überwiegen des nicht realisierten Aufgabegewinns gegenüber dem Veräußerungsgewinn nicht gegeben. Daher spreche auch der neu gewichtete Gesetzeszweck des § 24 Abs 6 EStG 1988 dafür, die Hauptwohnsitzbefreiung bei einem quantitativen Überwiegen des Aufgabecharakters anzuwenden.

Die gesetzliche Bestimmung ist von der ratio getragen, zu verhindern, dass ein Steuerpflichtiger ein Gebäude, das er betrieblich nutzte und ihm gleichzeitig als Hauptwohnsitz diente, aufgrund mangelnder Liquidität, die bei Betriebsaufgabevorgängen in der Regel der Fall sein wird, veräußern muss, um die Steuer auf die stillen Reserven, die aufgrund der Überführung des Gebäudes in das Privatvermögen realisiert werden, bezahlen zu können. Dieser Grundsatz wurde durch Beseitigung der Verwendungsbeschränkungen im Rahmen des AbgÄG 2004 aufgeweicht. Unterstellten doch die ErlRV zum AbgÄG 1980 bereits, dass dann, wenn ein Gebäude nach Betriebsaufgabe überwiegend zur Einkunftserzielung dient, es dem Steuerpflichtigen zumutbar sein wird, die stillen Reserven des ehemals betrieblich genutzten Gebäudeteils im Rahmen der Betriebsaufgabe zu versteuern. Der Gesetzgeber machte somit die Rechtfertigung für die Inanspruchnahme der Hauptwohnsitzbefreiung auch am Zufluss liquider Mittel fest. Auch bei Betriebsveräußerungen können die Veräußerungsgewinne weit unter den stillen Reserven des zurückbehaltenen Betriebsgebäudes und es könne daher auch bei Veräußerungsvorgängen zu Liquiditätsengpässen zur Begleichung der Steuer kommen. Ein starres Festhalten an der Privilegierung von Betriebsaufgaben bzw. an der Unterscheidung zwischen Betriebsaufgabe und Betriebsveräußerung nach funktionalen Merkmalen wäre im Kontext mit der Hauptwohnsitzbefreiung nicht zuletzt aus wirtschaftspolitischen Gründen zum Erhalt von Betrieben zu überdenken.

 

2.3.6.3.

Nach Ansicht des BFG ist im Beschwerdefall weder aus teleologischen noch aus. gleichheitsrechtlichen Gründen der Betriebsaufgabebegriff in § 24 Abs. 6 EStG 1988 abweichend von der zitierten VwGH-Rechtssprechung zum Betriebsveräußerungsbegriff zu interpretieren:

a.

§ 24 Abs. 6 EStG 1988 ist eine Pauschalregelung. Es wird nicht auf die individuellen Vermögens- und Einkommensverhältnisse des begünstigten Steuerpflichtigen und damit auf seine tatsächliche Fähigkeit, die durch Übernahme ins Privatvermögen ausgelöste Einkommensteuer zu begleichen, abgestellt. Vielmehr kommt § 24 Abs. 6 EStG 1988 auch dann zur Anwendung, wenn der durch § 24 Abs. 6 EStG 1988 unterstellte Härtefall beim Steuerpflichtigen gerade nicht gegeben ist, weil er über genügend anderweitiges Einkommen oder Vermögen zur Begleichung der Steuerschuld auf die durch die Überführung der Betriebsliegenschaft in sein Privatvermögen aufgedeckten stillen Reserven verfügt.

Es ist daher eine restriktive Auslegung dieser Regelung geboten.

 

b.

§ 24 Abs. 6 EStG 1988 erfasst nicht jede Betriebsaufgabe, sondern nur eine solche unter Vorliegen bestimmter Voraussetzungen, nämlich jene, die unter § 24 Abs. 6 Z 1 bis 3 EStG 1988 fallen.

Nun liegt zwar im Beschwerdefall der Fall des § 24 Abs. 6 Z 2 ESt 1988 vor. Diese Bestimmung kommt nur bei einer Aufgabe des gesamten Betriebes zur Anwendung. Eine Teilaufgabe in Form der Gebäudeentnahme mit Nutzungsüberlassung an den Käufer bei Veräußerung der anderen wesentlichen Betriebsgüter genügt dazu nicht, weil sie als Betriebsveräußerung angesehen wird (Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch: EStG 1988, § 24 Rz 130; Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2016, § 24 Rz 123).

Mit ein Grund dafür ist nach Ansicht des BFG unter anderem, dass für die Bewertung des vorliegenden Sachverhaltes als Betriebsveräußerung miteinfließt, dass – sofern überhaupt eine Veräußerung wesentlicher Betriebsgrundlagen vorliegt – die Veräußerung oder die bestandsweise Überlassung der anderen wesentlichen Betriebsgrundlagen als gleichwertig angesehen wird.

Ein quantitativer Ansatz, dh. ob die stillen Reserven oder der Wert der ins Privatvermögen übernommenen wesentlichen Betriebsgrundlagen gegenüber jenen, die veräußert worden sind, überwiegen, spielte nach der bisherigen Judikatur keine Rolle.

Auch bei gemischten Vorgängen iZm einer unentgeltlichen Betriebsübergabe – ein Teil wird geschenkt, das Gebäude wird zurückbehalten und an den Schenknehmer vermietet – hat der VwGH (VwGH 29.06.1995, 93/15/0134; VwGH 28.10.2009, 2007/15/0114) entschieden, dass weder eine Betriebsaufgabe noch eine Betriebsveräußerung vorliegt. Ein quantitativer Ansatz nach dem Prinzip des Überwiegens der Aufgabe- oder der Schenkungskomponente kam nicht zur Anwendung. Bei diesen Fällen war unmittelbar die Anwendbarkeit des § 37 Abs. 5 EStG 1988 und/oder des § 24 Abs. 6 EStG 1988 beschwerderelevant, allerdings in beiden Fällen noch zur Rechtslage vor BGBl 2004/180.

 

c.

Wie der VwGH (VwGH vom 24.06.2003, 2000/14/0178) ausgesprochen hat, „kommt es bei der Betriebsaufgabe – eigene Anmerkung: im Regelfall - zur Zerschlagung der betrieblichen Einheit, während der Betrieb bei der Betriebsveräußerung im Ganzen erhalten bleibt und der Erwerber durch den Vorgang die Möglichkeit der Betriebsfortführung erhält. Solcherart werden dem Unternehmer, der seinen Betrieb im Ganzen veräußern kann, bei Beendigung der Tätigkeit im Regelfall mehr Mittel zufließen, als dies bei einer Betriebsaufgabe (mit etwaiger Veräußerung einzelner Wirtschaftsgüter) der Fall sein wird, sodass der Veräußerer eines Betriebes (in der typisierenden Betrachtungsweise des EStG 1972 und 1988) weniger schutzwürdig erscheint.“

Im Beschwerdefall wurde zwar nur ein Teil der wesentlichen Betriebsgrundlagen verkauft. Die geringere Schutzwürdigkeit ist aber auch hier gegeben. Erwirbt jemand den gesamten Betrieb, wenn auch wie im Beschwerdefall durch Kombination von Kauf und Pacht, ist im Regelfall die Motivation zur Leistung eines höheren Kaufpreises größer. Dies zeigt sich auch im vorliegenden Fall. Der Sohn erwirbt das bewegliche Anlagevermögen über Buchwert. Bei einer im Regelfall mit einer Betriebsaufgabe verbundenen Zerschlagung des Betriebes und der damit erfolgten Einzelveräußerung der Wirtschaftsgüter ist oft nur ein Veräußerungserlös zum Buchwert oder darunter erzielbar.

d.

Die von der Intention der Bestimmung des § 24 Abs. 6 EStG 1988 getragene Vermeidung von sozialen Härten trifft im Beschwerdefall nicht zu.

Nach dem VwGH (VwGH vom 24.05.2012, 20008/15/0119) will der Zweck der Regelung erreichen, dass der Steuerpflichtige am Ende seines Erwerbslebens nicht gezwungen sein soll, seinen Wohnsitz zu veräußern, um seine Einkommensteuerschuld abzutragen, welche durch die steuerpflichtige Aufdeckung der stillen Reserven infolge Betriebsaufgabe ausgelöst wird (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 2009, 2009/15/0168). Es geht dabei immer darum (Vgl. auch VwGH vom 24.06.2003, 2000/14/0178), dass ausreichend liquide Mittel zur Begleichung der Steuerschuld zufließen. Die Wertrelationen oder das Verhältnis der stillen Reserven geben darüber aber nicht unbedingt Aufschluss.

Im Beschwerdefall beträgt der Wert des verkauften beweglichen Anlagevermögens EUR 25.000,00, die darin enthaltenen stillen Reserven EUR 6.141,47, der Wert der zurückbehaltenen Betriebsliegenschaft EUR 115.000,00, die darin enthaltenen stillen Reserven EUR 87.616,10. Insgesamt sind daher EUR 93.757,57 an stillen Reserven zu versteuern. Es kommt im Beschwerdefall der Hälftesteuersatz gem. § 37 Abs. 5 Z 2 EStG 1988 zur Anwendung. Selbst vor Verrechnung mit dem laufenden Verlust aus dem Gewerbebetrieb ist die Steuer auf sämtliche stille Reserven niedriger als der vereinbarte Veräußerungserlös von EUR 25.000,00. Im Beschwerdefall ist daher die Fähigkeit, die Steuer auf die stillen Reserven des im Privatvermögen zurückbehaltenen Gebäudes zu tragen, gegeben.

3.6.4.

Zusammenfassend liegt im Beschwerdefall eine Betriebsveräußerung vor. Für diese ist weder nach dem Gesetzeswortlaut des § 24 Abs. 6 EStG 1988 noch nach dem Zweck dieser Regelung die Gebäudebegünstigung bei Betriebsaufgabe gem. § 24 Abs. 6 EStG 1988 anwendbar.

 

3. Wiederaufnahme im Beschwerdefall:

 

3.1. Abändernde Wirkung auf den Bescheidspruch:

Unter Punkt B. wurde dargelegt, warum das BFG die Ansicht der Abgabenbehörde teilt, dass im Beschwerdefall eine Betriebsveräußerung vorliegt, die die Anwendbarkeit der Gebäudebegünstigung nach § 24 Abs. 6 EStG 1988 ausschließt. Die Rechtsansicht der Behörde hat daher zu Recht einen im Vergleich zum ursprünglichen Einkommensteuerbescheid 2005 geänderten Spruch des Bescheides nach sich gezogen.

Zu prüfen ist daher noch, ob neue Tatsachen hervorgekommen sind, die die Wiederaufnahme des abgeschlossenen Einkommensteuerverfahrens 2005 zulässig machen.

 

3.2. Neue Tatsachen:

3.2.1.

Welche gesetzlichen Wiederaufnahmegründe durch einen konkreten Sachverhalt als verwirklicht angesehen und daher als solche herangezogen werden, bestimmt bei der Wiederaufnahme von Amts wegen die gemäß § 305 Abs. 1 BAO für die Entscheidung über die Wiederaufnahme zuständige Behörde (vgl VwGH 16.11.2006, 2006114/0014).

Gemäß § 289 Abs. 2  BAO in der Fassung BGBl I 2002/97 hat das Verwaltungsgericht außer in hier nicht interessierenden Fällen des § 289 Abs.1 BAO in der angeführten Fassung immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Bei einer Beschwerde gegen eine Wiederaufnahme von Amts wegen ist die Sache, über welche das Verwaltungsgericht gemäß § 289 Abs. 2 BAO in der angeführten Fassung zu entscheiden hat, nur die Wiederaufnahme aus den vom Finanzamt herangezogenen Gründen, also jene wesentlichen Sachverhaltsmomente, die das Finanzamt als Wiederaufnahmegrund beurteilt hat. Unter Sache ist in diesem Zusammenhang die Angelegenheit zu verstehen, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Abgabenbehörde gebildet hatte. Die Identität der Sache, über die abgesprochen wurde, wird durch den Tatsachenkomplex begrenzt, der als neu hervorgekommen von der für die Wiederaufnahme zuständigen Behörde zur Unterstellung unter den von ihr gebrauchten Wiederaufnahmetatbestand herangezogen wurde (vgl. mit weiteren Hinweisen VwGH vom 22. November 2006, 2003/15/0141).

Aufgabe des Verwaltungsgerichtes bei Entscheidungen über ein Rechtsmittel gegen die amtswegige Wiederaufnahme durch ein Finanzamt ist es daher, zu prüfen, ob dieses Verfahren aus den vom Finanzamt herangezogenen Gründen wieder aufgenommen werden durfte, nicht jedoch, ob die Wiederaufnahme auch aus anderen Wiederaufnahmegründen zulässig gewesen wäre.

Liegt der vom Finanzamt angenommene Wiederaufnahmegrund nicht vor oder hat das Finanzamt die Wiederaufnahme tatsächlich auf keinen Wiederaufnahmegrund gestützt, muss das Verwaltungsgericht den vor ihr bekämpften Wiederaufnahmebescheid des Finanzamtes ersatzlos beheben.

Die fehlende Angabe der Wiederaufnahmegründe in der Begründung des mit Beschwerde angefochtenen Bescheides ist weder in der Beschwerdevorentscheidung noch im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes nachholbar (VwGH 16.11.2006, 2006/14/0014, VwGH 18.10.2007, 2002/14/0104, Ritz, BAO,5. Auflage , § 307 Tz 3).

 

3.2.2.

Das Finanzamt hat den Wiederaufnahmebescheid mit einem Verweis auf die in der Begründung zum beiliegenden Einkommensteuerbescheid angeführten neu hervorgekommenen Tatsachen und/oder Beweismittel begründet. Dass ein derartiger Verweis zulässig ist, entspricht ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. November 2012, 2012/15/0172).

Im Einkommensteuerbescheid 2005 vom 23.1.2012 wird auf den Prüfbericht zu ABNR. 122087/11 verwiesen. Dieser Prüfbericht enthält unter der Überschrift Tz. 1 Werkstättenentnahme 2005 den Klammerausdruck "siehe Tz. 1 der Niederschrift vom 7.12.2011" und gliedert dann die von der BP festgestellten Zurechnungen unter der Überschrift Schlosserei für das Jahr 2005 und unter der Überschrift Vermietung Kirchenplatz 11 für die Jahre 2006 bis 2008 auf. Der Inhalt der Tz. 1 der Niederschrift vom 7.12.2011 wurde bereits im Verfahrensablauf dargestellt.

Entscheidend ist im Beschwerdefall somit, ob unter der Textziffer 1 der Niederschrift Umstände dargetan werden, die als Wiederaufnahmegrund geeignet sind. Die Stellungnahme des Betriebsprüfers vom 21.02.2012, die weitere Gründe, die für eine Wiederaufnahme sprechen, nennt, ist für die Beurteilung des Vorliegens der Wiederaufnahmegründe nicht geeignet, weil das BFG nur zu prüfen hat, ob die konkret im Wiederaufnahmebescheid angeführten Wiederaufnahmegründe die Wiederaufnahme rechtfertigen. Später nachgeschobene Gründe, auch wenn sie sich als Wiederaufnahmegründe eignen, können nicht mehr berücksichtigt werden.

 

3.2.3.

In der Tz 1 der Niederschrift führt der Prüfer die Umstände auf, warum seiner Ansicht nach eine Betriebsveräußerung und keine Betriebsaufgabe stattgefunden hat. Er führt an, dass bereits zum 1.12.2004 das Umlaufvermögen an den Sohn veräußert wurde, der dann im Dezember 2005 das restliche vorhandene Anlagevermögen iHv netto 25.000,00 erworben hat; die restlichen betrieblichen Gebäudeflächen wurden vom Bf. durch den Sohn angemietet.

In weiterer Folge wird anhand einer Ertragswertermittlung und Sachwertermittlung der gemeine Wert der ins Privatvermögen übernommenen Betriebsliegenschaft ermittelt.

Neu an den Ausführungen in der Niederschrift ist, dass der Sohn des Bf. von seinem Vater ebenfalls nahezu das gesamte Umlaufvermögen und nicht nur die Vorräte bereits im Jahr 2004 erworben hat, der Kaufpreis dafür, sowie der Wert der ins Privatvermögen übernommenen Liegenschaft. Der Kaufpreis für das Anlagevermögen konnte im Zusammenhalt mit der Steuererklärung 2005 bereits vor der abgabenbehördlichen Prüfung ermittelt werden.

Wie unter der rechtlichen Beurteilung für den neuen Einkommensteuerbescheid 2005 gezeigt wurde, bildet das Umlaufvermögen des Bf. nach Ansicht des BFG keine wesentliche Betriebsgrundlage und ist daher nicht geeignet, einen im Spruch anders lautenden Bescheid für 2005 herbeizuführen, zumal dieser Verkauf bereits 2004 stattgefunden hat.

Anders verhält es sich hingegen mit dem Wert der Liegenschaft. Der Bf. hat diesen in der Beilage 1a der Steuererklärung 2005 nicht angegeben. In der Ausfüllhilfe zum Formular E1 und E1a wird in  KZ 9030 zwar angemerkt, dass im Fall der Betriebsaufgabe die Höhe der unversteuert gelassenen stillen Reserven nicht angegeben werden muss. Nichtsdestotrotz ist das Wissen um die Höhe des Wertes der in das Privatvermögen übernommenen Betriebsliegenschaft eine neue Tatsache. Ist der Abgabenbehörde der Wert nicht bekannt, so wäre sie allein auf Basis der durch die steuerliche Vertretung des Bf. bekannt gegebenen Tatsachen nicht in der Lage gewesen, bereits im Veranlagungsverfahren bei richtiger Subsumtion zu dem nach der Wiederaufnahme erlassenen Einkommensteuerbescheid zu gelangen. Daher war auch die Wertermittlung der Liegenschaft zentrales Element der Tz 1 der Niederschrift.

Es schadet nicht, dass der Erstbescheidersteller mit Hilfe der ihm bereits vorliegenden Unterlagen durch zusätzliche Ermittlungen, zB. Befragung des Bf. oder Vorhalt an den Bf., diese maßgebliche Tatsache bereits hätte feststellen können. Ein behördliches Verschulden an der Nichtfeststellung der maßgebenden Tatsachen oder Beweismittel im Erstverfahren schließt die Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen nämlich nicht aus (Vgl zB VwGH 17. 12. 2008, 2006/13/0114).

Ein solches könnte eventuell das von der Behörde im Rahmen der Wiederaufnahme zu übende Ermessen beeinflussen. Aufgrund der nicht unbeträchtlichen steuerlichen Auswirkungen des die Wiederaufnahme rechtfertigenden Betrages war aber im Rahmen der Ermessenübung jedenfalls dem Grundsatz der Rechtsrichtigkeit Vorrang vor jenem der Rechtssicherheit zu geben.

 

3.2.4.

Die gesetzlichen Voraussetzungen zur Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens 2005 sind daher gegeben. Die Beschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid betreffend das Einkommensteuerverfahren 2005 ist daher abzuweisen. Ebenso ist die Beschwerde gegen den gleichzeitig mit der Wiederaufnahme ergangenen Einkommensteuerbescheid 2005 aus den vorgenannten Gründen abzuweisen.

 

V. Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall gibt es zwei wesentliche Betriebsgrundlagen, das bewegliche Anlagevermögen und die auch als Hauptwohnsitz genutzte Betriebsliegenschaft. Der Bf. hat das bewegliche Anlagevermögen an seinen Sohn verkauft, gleichzeitig hat er die Betriebsliegenschaft in seinem Privatvermögen zurückbehalten und an den Sohn weiterverpachtet. Sowohl der Wert als auch die stillen Reserven in der zurückbehaltenen Betriebsliegenschaft sind wesentliche höher als im veräußerten beweglichen Anlagevermögen.

Unter Anwendung der VwGH-Rechtsprechung zum Betriebserwerb wurde die im Beschwerdefall vorliegende Kombination aus Verpachtung und Veräußerung als Betriebsveräußerung qualifiziert. Höchstgerichtliche Rechtsprechung, ob diese funktionale Sichtweise mit dem Zweck des § 24 Abs. 6 EStG 1988  idF BGBl 2004/180 vereinbar ist, fehlt. Die Revision wird daher zugelassen.

 

 

 

 

Linz, am 21. Dezember 2016

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 24 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 303 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Stichworte