Gegenstandsloserklärung
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2017:RV.3100039.2017
Beachte:
Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zl. Ra 2017/15/0088. Zurückweisung mit Beschluss vom 18.10.2018.
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. A in der Beschwerdesache Bf, Str, PlZl B, vertreten durch Mag. C, Str1, PlZl B, gegen die Bescheide des Finanzamtes B betreffend Umsatzsteuer 2015 und 2016 mit Ausfertigungsdatum 13.7.2017 beschlossen:
1. Die Beschwerde wird gemäß § 261 Abs. 1 lit. a iVm § 278 Abs. 1 lit. b BAO als gegenstandslos erklärt.
2. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 iVm Art. 133 Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. Die Abgabenbehörde hat mit Ausfertigungsdatum 16.11.2016 Bescheide über die Festsetzung von Umsatzsteuer für die Quartale 1-3/2015, 4-6/2015, 7-9/2015, 10-12/2015, 1-3/2016 und 4-6/2016 erlassen und den Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Lieferungen, sonstigen Leistungen und Eigenverbrauch (einschließlich steuerpflichtiger Anzahlungen) mit dem Normalsteuersatz von 20 % versteuert.
2. Gegen diese Bescheide erhob die Beschwerdeführerin (kurz: Bf.) durch ihren steuerlichen Vertreter mit der Eingabe vom 23.11.2016 Beschwerde. Beantragt wurde die Leistungen im Sinne des § 10 Abs. 2 UStG 1994 mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern und die Beschwerde ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen. Weiters wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt.
3. Die Abgabenbehörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht mit Vorlagebericht am 17.1.2017 zur Entscheidung vor.
4. Mit Ausfertigungsdatum 13.7.2017 hat die Abgabenbehörde die Bescheide betreffend Umsatzsteuer 2015 und 2016 erlassen und dem Beschwerdebegehren insofern Rechnung getragen als die erklärten Umsätze zur Gänze dem begünstigten Steuersatz unterworfen wurden.
II. Sachverhalt
Die am 13.7.2017 ausgefertigten Bescheide betreffend Umsatzsteuer 2015 und 2016 trugen dem Beschwerdebegehren vollinhaltlich Rechnung.
III. Rechtslage
1. Ist gemäß § 278 Abs. 1 BAO die Bescheidbeschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes
a) weder als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260) noch
b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären,
so kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat (Abs. 2).
Im weiteren Verfahren sind die Abgabenbehörden an die für die Aufhebung maßgebliche, im aufhebenden Beschluss dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn der Beschluss einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst (Abs. 3).
2. Tritt ein Bescheid an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides, so gilt die Bescheidbeschwerde nach § 253 BAO auch als gegen den späteren Bescheid gerichtet. Dies gilt auch dann, wenn der frühere Bescheid einen kürzeren Zeitraum als der ihn ersetzende Bescheid umfasst.
3. Gemäß § 261 Abs. 1 lit. a BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären, wenn dem Beschwerdebegehren in einem an die Stelle des angefochtenen Bescheides tretenden Bescheid Rechnung getragen wird.
4. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuervorauszahlungen für bestimmte Kalendermonate zwar in vollem Umfang anfechtbar, hat aber insoweit einen zeitlich begrenzten Wirkungsbereich, als er durch die Erlassung eines Umsatzsteuerjahresbescheides, der den gleichen Zeitraum (mit-)umfasst, außer Kraft gesetzt wird, sodass er ab der Erlassung des Veranlagungsbescheides keine Rechtswirkungen mehr entfalten kann (vgl. VwGH 16.12.2009, 2009/15/0149).
5. Gemäß § 274 Abs. 1 lit. a BAO hat über die Beschwerde eine mündliche Verhandlung stattzufinden, wenn es in der Beschwerde beantragt wird.
6. Gemäß § 93 Abs. 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht. Gemäß Abs. 3 hat der Bescheid hat ferner eine Begründung, wenn ihm ein Anbringen (§ 85 Abs. 1 oder 3) zugrunde liegt, dem nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird, oder wenn er von Amts wegen erlassen wird (lit. a) und eine Belehrung (lit. b), ob ein Rechtsmittel zulässig ist, innerhalb welcher Frist und bei welcher Behörde das Rechtsmittel einzubringen ist, ferner, dass das Rechtsmittel begründet werden muss und dass ihm eine aufschiebende Wirkung nicht zukommt (§ 254) zu enthalten.
IV. Rechtliche Würdigung
1. Im gegenständlichen Beschwerdefall kann die Einzelrichterin trotz rechtzeitigen Antrages die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterlassen, wenn eine Formalentscheidung über die Beschwerde (hier eine Gegenstandsloserklärung) zu erfolgen hat.
2. Im Streitfall sind mit der Erlassung der Umsatzsteuerjahresbescheide für die Jahre 2015 und 2016 die angefochtenen Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide durch ihren zeitlich begrenzten Wirkungsbereich außer Kraft getreten (vgl. Ritz, BAO5, § 260 Tz 17).
Die Beschwerde gegen die Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide gilt nunmehr als gegen die an die Stelle der angefochtenen Bescheide tretenden Jahresbescheide betreffend Umsatzsteuer 2015 und 2016 mit Ausfertigungsdatum 13.7.2017 gerichtet. In den späteren Bescheiden hat die Abgabenbehörde dem Beschwerdebegehren vollinhaltlich Rechnung getragen, weshalb sich eine Begründung (im Bescheid angekündigt jedoch nicht ausgefertigt) zu diesen Bescheiden erübrigte.
3. Der Vollständigkeit halber ist zu erwähnen, dass § 253 BAO nicht anwendbar ist auf zu einem Bescheid hinzutretende Bescheide (die somit den ursprünglichen Bescheid nicht ersetzen). Dies betrifft insbesondere Berichtigungen gemäß § 293 BAO oder gemäß § 293b BAO. Allerdings macht die Berichtigung von mit Bescheidbeschwerden angefochtenen Bescheiden diese Beschwerde nicht unzulässig. Die Bescheidbeschwerde gilt vielmehr als gegen den ursprünglichen Bescheid in der berichtigten Fassung gerichtet (vgl. Ritz, BAO5, § 253 Tz 3). Die gegenständliche Beschwerde richtet sich sohin nicht gegen die mit Ausfertigungsdatum 17.7.2017 erlassenen gemäß § 293 BAO berichtigenden Bescheide betreffend Umsatzsteuer 2015 und 2016 zu den Bescheiden vom 13.7.2017.
4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
V. Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da sich die Rechtsfolge der Gegenstandsloserklärung der Beschwerde direkt aus dem Gesetz ergibt (§ 261 Abs. 1 lit. a iVm § 278 Abs. 1 lit. b BAO) liegt keine zu klärende Rechtsfrage vor, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Innsbruck, am 3. August 2017
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 253 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise: |