Normen
§ 6 Abs. 3 EStG
§ 7 Abs. 1 EStDV
Gründe
I.
Über das Vermögen des früheren Klägers und Revisionsklägers (K) ist während des Revisionsverfahrens das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der jetzige Kläger und Revisionskläger zu 1. (Kläger) ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des K.
K ist Ingenieur und war in den Jahren 1982 bis 1990 Geschäftsführer der von seiner Ehefrau, der Klägerin und Revisionsklägerin zu 2. (Klägerin), als Einzelunternehmen betriebenen und Anfang Januar 1990 aufgelösten Fa. M. Neben seiner Geschäftsführertätigkeit für die M betätigte sich K im Entwicklungs- und Forschungsbereich der M.
K meldete im Mai 1988 für eine Erfindung Schutzrechte (Patent- bzw. Gebrauchsmusterschutz) an und überließ sie sodann im Rahmen eines Lizenzvertrages an die im Dezember 1987 gegründete D-GmbH zur Verwertung. Er hielt sämtliche Anteile an der D-GmbH; die Klägerin war bei der D-GmbH als Prokuristin angestellt. Die von der D-GmbH an K zu zahlende Lizenzgebühr betrug 7 v.H. der von der D-GmbH mit den produzierten Lizenzgegenständen erzielten Umsätze. Die Anteile dieser Lizenzumsätze an den Gesamterlösen der D-GmbH betrugen 1988 100 v.H. (Mindestgebühr), 1989 98 v.H., 1990 61 v.H. und 1991 57 v.H.
Am 30. Dezember 1991 übertrug K seine Geschäftsanteile an der D-GmbH auf die I-GmbH, deren Alleingesellschafter im Übertragungszeitpunkt ebenfalls er selbst war.
Im Mai 1992 verkaufte K die Schutzrechte für 13 Mio. DM an die D-GmbH. Gleichzeitig veräußerten er und die Klägerin, der zwischenzeitlich im Rahmen einer güterrechtlichen Regelung die Hälfte der Anteile an der I-GmbH übertragen worden waren, sämtliche Anteile an dieser Gesellschaft sowie die --offenbar im Wesentlichen wertlosen-- Anteile an einer weiteren Gesellschaft zum Preis von 68,3 Mio. DM an die P-GmbH.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) vertrat im Anschluss an eine Außenprüfung die Ansicht, dass K die Lizenz an die D-GmbH im Rahmen einer Betriebsaufspaltung vergeben habe. Die unentgeltliche Übertragung der Anteile an der D-GmbH auf die I-GmbH habe zu einer --gewinnrealisierenden-- Entnahme der Anteile des K an der D-GmbH aus dem Betriebsvermögen des Besitzunternehmens geführt. Der --nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 und 2 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr 1991 maßgeblichen Fassung (EStG) tarifbegünstigt zu versteuernde-- Entnahmegewinn habe in Anlehnung an den späteren Erlös aus der Veräußerung der Anteile an der I-GmbH an die P-GmbH 67,5 Mio. DM betragen. Dementsprechend erließ das FA erstmalige Gewerbesteuermessbescheide gegen K für die Jahre 1988 bis 1991 und Einkommensteueränderungsbescheide für die Veranlagungszeiträume 1987 bis 1991 gegen die Eheleute. Im Einspruchsverfahren beantragten die Eheleute, für das Streitjahr 1991 eine getrennte Veranlagung durchzuführen. In der Einspruchsentscheidung entsprach das FA diesem Antrag.
Gegen die Gewerbesteuermessbescheide hatte K bereits in einem früheren --inzwischen rechtskräftig abgeschlossenen-- Klageverfahren erfolglos geklagt (vgl. Urteil des Finanzgerichts --FG-- Münster vom 30. Januar 1997 5 K 5257/94 G).
Mit der Klage gegen die Einkommensteueränderungsbescheide 1987 bis 1991 machten die Eheleute u.a. geltend:
Die D-Beteiligung des Ehemannes sei durch die Einlegung in die I-GmbH steuerverhaftet geblieben. Die Besteuerung der stillen Reserven in der D-Beteiligung sei dadurch sichergestellt gewesen, dass die I-GmbH diese Beteiligung zu den historischen Anschaffungskosten habe bilanzieren müssen. Die Beteiligung des Ehemannes an der I-GmbH habe --bei unterstellter Betriebsaufspaltung-- ebenso wie die Beteiligung an der D-GmbH zu seinem Betriebsvermögen gehört. Dann aber bestehe kein Anlass für die Annahme, dass die Einlegung der Anteile an der D-GmbH in die I-GmbH zu einer Gewinnrealisierung geführt habe.
In der mündlichen Verhandlung vor dem FG legten die Klägervertreter dar, dass die Eheleute nach dem Verkauf der Anteile an der I-GmbH in dem von der Erwerberin (P-GmbH) wegen nicht hinreichender Werthaltigkeit dieser Anteile angestrengten Schiedsverfahren 20 Mio. DM aufgewendet hätten, um die Minderungsansprüche der Erwerberin zu befriedigen. Die Beteiligten trafen daraufhin eine tatsächliche Verständigung des Inhalts, dass der Teilwert der Anteile an der D-GmbH zum Zeitpunkt ihrer unentgeltlichen Übertragung auf die I-GmbH mit dem bisher vom FA angesetzten Teilwert abzüglich 20 Mio. DM zu bemessen sei.
Das FG hat der Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 960 veröffentlichten Urteil insoweit stattgegeben, als es den Gewinn aus der Übertragung der D-Anteile auf die I-GmbH entsprechend der tatsächlichen Verständigung um 20 Mio. DM reduzierte.
Mit ihrer dagegen bezüglich der Streitjahre 1990 und 1991 erhobenen Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragen (sinngemäß), die Vorentscheidung insoweit aufzuheben, als sie die Streitjahre 1990 und 1991 betrifft, und die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 1991 und 1990 mit der Maßgabe abzuändern, dass kein Gewinn aus der verdeckten Einlage der Anteile an der D-GmbH in die I-GmbH berücksichtigt werde.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II.
Die Revision der Kläger ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass zwischen K als Besitzunternehmer und der D-GmbH als Betriebsgesellschaft im Streitjahr 1991 eine Betriebsaufspaltung bestand (unten 1.) und dass K seine Beteiligung an dieser Gesellschaft im Wege der verdeckten Einlage an die I-GmbH übertragen hat (unten 2.). Ebenso wenig ist die Auffassung der Vorinstanz revisionsrechtlich zu beanstanden, dass dieser Transfer zu einer Aufdeckung der im Buchwert der D-Beteiligung enthaltenen stillen Reserven geführt hat (unten 3.).
1.
Ohne Rechtsirrtum ist das FG davon ausgegangen, dass das Patent an die D-GmbH durch K als Besitzunternehmer an die D-GmbH als Betriebsgesellschaft überlassen wurde und dass diese Betriebsaufspaltung auch noch im Zeitpunkt der Übertragung der D-Beteiligung an die I-GmbH (30. Dezember 1991) fortbestand. Davon gehen inzwischen auch die Kläger aus.
a)
Zwischen K und der D-GmbH bestand eine personelle Verflechtung. Soweit die Eheleute dies noch während des FG-Verfahrens in Abrede gestellt hatten, halten sie hieran im Revisionsverfahren nicht mehr fest. Das FG hat hierzu unwidersprochen und damit für den erkennenden Senat bindend (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) festgestellt, dass die Ehefrau ungeachtet des "Inanspruchnahmeschreibens" vom 6. April 1988 bis zum Verkauf der Schutzrechte an die D-GmbH und die Veräußerung an die P-GmbH zugunsten des K auf eine Verwertung der formell in Anspruch genommenen Erfindung verzichtet hat.
b)
Darüber hinaus bestand zwischen dem Besitzunternehmen des K und der D-GmbH auch eine sachliche Verflechtung. Das von K der D-GmbH lizenzweise überlassene Patent stellte für diese im Streitjahr 1991 eine (funktional) wesentliche Betriebsgrundlage dar. Diese Rechtsqualität können auch immaterielle Wirtschaftsgüter, insbesondere Erfindungen, haben, sofern die Produktion des Betriebsunternehmens in erheblichem Umfang auf ihnen basiert (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20. September 1973 IV R 41/69, BFHE 110, 368, BStBl II 1973, 869; vom 1. Juni 1978 IV R 152/73, BFHE 125, 280, BStBl II 1978, 545; vom 26. Januar 1989 IV R 151/86, BFHE 156, 138, BStBl II 1989, 455; vom 11. Juli 1989 VIII R 151/85, BFH/NV 1990, 99; vom 6. November 1991 XI R 12/87, BFHE 166, 206, BStBl II 1992, 415). Dies trifft im Streitfall zu, weil die D-GmbH aus dem überlassenen Patent in den Jahren 1989 bis 1991 durchschnittlich 72 v.H. ihrer gesamten Umsätze erzielte.
2.
Zutreffend hat das FG angenommen, dass K die zum notwendigen Betriebsvermögen seines Besitzunternehmens gehörende, alle Anteile am Stammkapital umfassende Beteiligung an der D-GmbH (Betriebsgesellschaft) im Wege der verdeckten Einlage auf die I-GmbH übertragen hat.
a)
Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH liegt eine verdeckte Einlage vor, wenn ein Gesellschafter oder eine ihm nahe stehende Person der Kapitalgesellschaft, ohne dass der Gesellschafter hierfür neue Gesellschaftsanteile erhält, einen einlagefähigen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat. Letztere Voraussetzung ist gegeben, wenn ein Nichtgesellschafter der Gesellschaft den Vermögensvorteil bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht eingeräumt hätte (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 24. März 1987 I R 202/83, BFHE 149, 542, BStBl II 1987, 705, unter II. 2. d und b; vom 18. Dezember 1990 VIII R 17/85, BFHE 163, 352, BStBl II 1991, 512, unter 2., m.w.N).
Im Streitfall liegt eine solche verdeckte Einlage vor, weil K der I-GmbH --was ein Nichtgesellschafter nicht getan hätte-- durch die Übertragung der D-Beteiligung einen (bei der I-GmbH zu aktivierenden) Vermögensvorteil zuwendete, ohne dafür neue Gesellschaftsanteile oder eine sonstige Bar- oder Sachvergütung zu erhalten.
b)
Eine verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft stellt nach inzwischen gefestigter, auch vom erkennenden Senat befürworteter Rechtsprechung des BFH --anders als die sog. offene, gegen die Gewährung neuer Gesellschaftsanteile vollzogene Einlage-- einen unentgeltlichen Vorgang dar (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 149, 542, BStBl II 1987, 705, und in BFHE 163, 352, BStBl II 1991, 512). Nach dem grundlegenden (zu § 17 EStG ergangenen) Urteil des BFH vom 27. Juli 1988 I R 147/83 (BFHE 155, 52, BStBl II 1989, 271, unter II. 5. a und b der Gründe) gehört es zum Wesen jeder verdeckten Einlage, dass ihr keine Gegenleistung der Gesellschaft gegenübersteht. Als Gegenleistung kann auch nicht die Werterhöhung angesehen werden, welche die Beteiligung in Folge der verdeckten Einlage erfahren kann. Denn eine solche Wertsteigerung ist nur eine Reflexwirkung der verdeckten Einlage, jedoch keine Gegenleistung im Sinne eines Veräußerungspreises. Deshalb ergeben sich aus der verdeckten Einlage für den Gesellschafter weder Einnahmen noch Vermögenszugänge. Dies folgt aus der Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 26. Oktober 1987 GrS 2/86 (BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348).
3.
Der erkennende Senat folgt dem FG darin, dass die Übertragung der D-Beteiligung durch K an die I-GmbH die Aufdeckung der in dem Buchwertansatz der D-Beteiligung ruhenden stillen Reserven nach sich zog.
a)
Die verdeckte Einlage von Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen des Gesellschafters in das Vermögen der Kapitalgesellschaft führt dazu, dass die Einlagegüter nunmehr einem anderen Rechtsträger (Steuerrechtssubjekt) zuzurechnen sind. Da sich dieser Vermögenstransfer --wie schon dargelegt (oben 2. b)--, anders als bei einer offenen Einlage, unentgeltlich vollzieht, hat die empfangende Kapitalgesellschaft die eingelegten Wirtschaftsgüter gemäß § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) i.V.m. § 4 Abs. 1 Sätze 1 und 5, § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG grundsätzlich mit dem Teilwert zu bilanzieren. Damit korrespondierend hat der einlegende Gesellschafter grundsätzlich einen Entnahmegewinn (§ 4 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) zu versteuern. Denn der verdeckten Einlage von einzelnen Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen des einlegenden Gesellschafters geht grundsätzlich die vorherige Entnahme der nämlichen Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen des Einlegenden voraus (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 163, 352, BStBl II 1991, 512, unter 3.; ferner z.B. Wassermeyer, Betriebs-Berater --BB-- 1994, 1, 3 f.). Dies folgt aus der Erwägung, dass die verdeckte Einlage per definitionen durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist und damit aus der Perspektive des einlegenden Gesellschafters zu außerbetrieblichen Zwecken geschieht (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 149, 542, BStBl II 1987, 705, unter II. 2. a; Schmidt/ Glanegger, Einkommensteuergesetz, 24. Aufl., § 6 Rz. 550).
b)
Diese Grundsätze gelten sinngemäß auch dann, wenn Gegenstand der verdeckten Einlage nicht nur einzelne Wirtschaftsgüter, sondern (ganze) Betriebe, Teilbetriebe oder Mitunternehmeranteile sind. Allerdings tritt in diesen Fällen an die Stelle der der verdeckten Einlage vorausgehenden Entnahme i.S. von § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG der beim einlegenden Gesellschafter nach Maßgabe der §§ 16 Abs. 4, 34 Abs. 1 und 2 Nr. 1 EStG begünstigt zu versteuernde Tatbestand der Betriebsaufgabe, Teilbetriebsaufgabe oder Aufgabe eines Mitunternehmeranteils (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 163, 352, BStBl II 1991, 512, unter 2. der Gründe, betreffend Betriebsaufgabe).
c)
Wie der BFH in seinem grundlegenden Urteil in BFHE 163, 352, BStBl II 1991, 512 zutreffend ausgeführt hat, steht der Annahme einer zur Realisierung der im Betrieb vorhandenen stillen Reserven führenden Betriebsaufgabe grundsätzlich nicht die in § 7 Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung --EStDV-- a.F. (vgl. nunmehr § 6 Abs. 3 EStG) getroffene Regelung entgegen: Diese Bestimmung, so heißt es dort, "findet keine Anwendung auf Fälle, in denen von dem beherrschenden Gesellschafter einer GmbH ein Betrieb dieses Gesellschafters auf die GmbH in der Form einer verdeckten Einlage übertragen wird. Da der verdeckten Einlage eine Entnahme zwangsläufig vorausgeht (...), ist der Vorgang als Betriebsaufgabe zu beurteilen, so dass eine Betriebsübertragung nicht mehr möglich ist. Das gilt jedenfalls dann, wenn --wie im Streitfall-- die Anteile an der GmbH Privatvermögen sind (...)".
d)
Der BFH hat bislang offen gelassen, ob die vorstehend zu 3. c zur (Nicht-)Anwendung des § 7 Abs. 1 EStDV a.F. dargelegten Grundsätze, denen auch der erkennende Senat folgt, auch für den Fall Anwendung finden, dass die Beteiligung des einlegenden Gesellschafters an der Zielgesellschaft ihrerseits zum Betriebsvermögen des Einlegenden gehört (vgl. neben dem BFH-Urteil in BFHE 163, 352, BStBl II 1991, 512, unter 3. auch das BFH-Urteil vom 24. August 2000 IV R 51/98, BFHE 192, 534, unter 2. b aa).
Letzteres traf im Streitfall zu. In diesem Zusammenhang braucht der erkennende Senat die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob die Beteiligung des K an der Zielgesellschaft (I-GmbH) bereits vor der verdeckten Einlage der D-Beteiligung zum (notwendigen) Betriebsvermögen seines Besitzunternehmens gehörte, nicht zu entscheiden. Denn jedenfalls gewann die Beteiligung diese Eigenschaft spätestens im Zeitpunkt der verdeckten Einlage. Die verdeckte Einlage der Beteiligung an der D-GmbH (Betriebsgesellschaft) in die I-GmbH führte zu einer Umqualifizierung der bislang bestehenden unmittelbaren Betriebsaufspaltung zu einer mittelbaren Betriebsaufspaltung (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 27. August 1992 IV R 13/91, BFHE 169, 231 , BStBl II 1993, 134). Die 100 %-ige Beteiligung an der I-GmbH gewährleistete es K, weiterhin --nunmehr mittelbar, über die von ihm dominierte I-GmbH-- einen beherrschenden Einfluss auf die Betriebsgesellschaft (D-GmbH) auszuüben. Mit der in Rede stehenden verdeckten Einlage gewann daher die Beteiligung des K an der I-GmbH für dessen Besitzunternehmen wirtschaftliches Gewicht mit der Folge, dass sie spätestens in diesem Augenblick die Eigenschaft von notwendigem Betriebsvermögen des Besitzunternehmens erlangte. Beteiligungen an Kapitalgesellschaften gehören zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn die Beteiligung nach ihrer Art und nach der tatsächlichen Betriebsführung für diese ein besonderes Gewicht besitzt und der Stärkung der unternehmerischen Position dient (vgl. z.B. Schmidt/ Heinicke, a.a.O., § 4 Rz. 252, m.w.N. und Beispielen aus der Rechtsprechung des BFH in Rz. 253 ff.). Dies war im Streitfall zweifellos der Fall.
e)
Der vorliegende Fall gebietet deswegen die Beantwortung der unter d formulierten Frage, die der Senat verneint und sich dabei von folgenden Erwägungen leiten lässt:
Da --wie dargelegt-- der verdeckten Einlage aus dem Betriebsvermögen in eine Kapitalgesellschaft die Verwirklichung des Entnahmetatbestandes (oben a) oder eines (Betriebs-)Aufgabetatbestandes --hier: in Form der Aufgabe einer 100 %-igen Beteiligung i.S. von § 16 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 EStG (jetzt: § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG)-- (oben b) grundsätzlich vorausgeht, löste dies im vorliegenden Fall gemäß § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG in der für das Streitjahr 1991 maßgeblichen Fassung eine (steuerbegünstigte) Realisierung der im Buchwertansatz der eingelegten D-Beteiligung enthaltenen stillen Reserven aus. Dieser Rechtsfolge stand § 7 Abs. 1 EStDV a.F. nicht entgegen.
aa)
Zwar setzt eine unentgeltliche Übertragung i.S. von § 7 Abs. 1 EStDV a.F. (nunmehr: § 6 Abs. 3 EStG) nach einmütiger Auffassung nicht voraus, dass der Rechtsnachfolger eine natürliche Person ist. Als unentgeltliche Rechtsnachfolger in diesem Sinne kommen vielmehr auch juristische Personen, namentlich Kapitalgesellschaften, in Betracht (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 24. März 1993 I R 131/90, BFHE 171, 185, BStBl II 1993, 799, unter II. B. 4., und vom 19. Februar 1998 IV R 38/97, BFHE 186, 42, BStBl II 1998, 509, unter 1. b).
bb)
Typische Fälle des § 7 Abs. 1 EStDV a.F. bilden die unentgeltlichen Übertragungen der dort bezeichneten Organisationseinheiten im Wege des Erbfalls und der vorweggenommenen Erbfolge (vgl. z.B. Reiß in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, § 16 Rz. B 129). In diesen Fällen führt die dort (zwingend) angeordnete Buchwertfortführung durch den unentgeltlichen Rechtsnachfolger zu einer interpersonellen Verlagerung der stillen Reserven. Anders als bei der unentgeltlichen Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern räumt hier der Gesetz- und Verordnungsgeber im Interesse einer ertragsteuerlich unbelasteten Vermögensübertragung und der Erhaltung der wirtschaftlichen Einheit in der Hand des Erwerbers ausnahmsweise dem Realisationsprinzip (verstanden im Sinne eines Umsatzakts) den Vorrang vor dem Subjektsteuerprinzip ein (so zutreffend Reiß in Kirchhof, Einkommensteuergesetz, KompaktKommentar, 5. Aufl., § 16 Rz. 15).
cc)
Der Senat kann offen lassen, ob die Anwendung des § 7 Abs. 1 EStDV a.F. (nunmehr: § 6 Abs. 3 EStG) nach dessen Sinn und Zweck in dem hier in Rede stehenden Fall der verdeckten Einlage generell, also auch dann ausgeschlossen ist, wenn Gegenstand einer solchen Einlage ein ganzer Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil ist. Jedenfalls begünstigt § 7 Abs. 1 EStDV a.F. ebenso wie auch § 6 Abs. 3 EStG als dessen Nachfolgeregelung nicht die hier zu beurteilende verdeckte Einlage einer 100 %-igen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft (ebenso z.B. Schmidt/Wacker, a.a.O., § 16 Rz. 161; Blümich/ Ehmcke, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 6 EStG Rz. 1236; Gratz in Herrmann/Heuer/ Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 6 EStG Rz. 1355; a.A. z.B. Reiß in Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, a.a.O., § 16 Rz. B 287; ders. in Kirchhof, a.a.O., § 16 Rz. 69 und 99; Haritz/Slabon, GmbH-Rundschau --GmbHR-- 1998, 1159, 1161; Hörger/Mentel/Schulz, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1999, 565).
Letzteres folgt bereits aus der Tatsache, dass § 7 Abs. 1 EStDV a.F. (nunmehr: § 6 Abs. 3 EStG) anders als § 16 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 EStG die Gleichstellung der 100 %-igen Beteiligung mit einem Teilbetrieb gerade nicht vorsieht. Wie die Entstehungsgeschichte und die historische Entwicklung des § 7 Abs. 1 EStDV a.F. belegen, beruht diese Inkongruenz auf einer bewussten und mit dem formellen Gesetz, namentlich insbesondere § 16 EStG, in Einklang stehenden Entscheidung des Verordnungsgebers. Zutreffend hat das FA in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass § 7 Abs. 1 EStDV in der hier maßgebenden Fassung durch die EStDV 1955 normiert worden ist. Zu dieser Zeit sah § 16 EStG noch keine Gleichstellung der Veräußerung oder Aufgabe einer 100 %-igen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft mit der Veräußerung oder Aufgabe eines Teilbetriebes vor. Diese Gleichstellung wurde erst mit der Erweiterung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG durch das Steueränderungsgesetz 1965 bewerkstelligt. Obwohl die EStDV nach dieser Gesetzesänderung vielfach modifiziert wurde, hat der Verordnungsgeber diese Gleichstellung der 100 %-igen Beteiligung mit dem Teilbetrieb in § 7 Abs. 1 EStDV a.F. zu keiner Zeit nachvollzogen. Auch hat der Gesetzgeber mit der Einfügung des § 6 Abs. 3 EStG in der ab 1999 geltenden Fassung die bisherige Regelung des § 7 Abs. 1 EStDV a.F. unverändert in das Gesetz übernommen, ohne einen "Gleichklang" zwischen jener Bestimmung und § 16 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 EStG herzustellen. Wäre die Intention des Gesetzgebers darauf gerichtet gewesen, § 6 Abs. 3 EStG auf den Fall der unentgeltlichen Übertragung einer 100 %-igen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft auszudehnen, hätte eine entsprechende Klarstellung im Gesetzestext des § 6 Abs. 3 EStG nahe gelegen.
dd)
Einen entsprechenden, gegen die Ausdehnung des § 6 Abs. 3 EStG auf 100 %-ige Beteiligungen gerichteten Willen des Gesetzgebers bestätigen auch die anlässlich der Einführung des sog. Halbeinkünfteverfahrens in das Gesetz eingefügten Regelungen (vgl. insbesondere § 3 Nr. 40 Sätze 3 und 4 EStG sowie § 8b Abs. 4 Sätze 1 und 2 KStG), mit denen der Gesetzgeber die zielgerichtete Ausnutzung des Halbeinkünfteverfahrens, namentlich durch eine offene Einlage in eine Kapitalgesellschaft und die anschließende --kürzerfristige-- Veräußerung der erhaltenen Anteile, verhindern wollte. Aus dem Umstand, dass sich diese "Missbrauchsverhinderungsvorschriften" jedenfalls ausdrücklich lediglich auf die offene , gegen die Gewährung von Gesellschaftsrechten erfolgende Einlage (= "Einbringung" i.S. von § 20 des Umwandlungssteuergesetzes --UmwStG-- 1977) beziehen, lässt sich folgern, dass der Gesetzgeber den hier beschrittenen Weg der verdeckten Einlage im Hinblick auf die in diesem Fall nach seiner Auffassung durch den Transfer ohnehin ausgelöste Aufdeckung der stillen Reserven nicht als "Umgehungstatbestand" qualifiziert hat.
ee)
Gegen die erweiternde Interpretation des § 7 Abs. 1 EStDV a.F. (§ 6 Abs. 3 EStG) in dem Sinne, dass er auch die Übertragung 100 %-iger Beteiligungen an Kapitalgesellschaften erfasst, spricht zudem, dass es sich bei den dort ausdrücklich aufgeführten Organisationseinheiten (Betriebe, Teilbetriebe und Mitunternehmeranteile) ausnahmslos um solche handelt, die sowohl beim Übertragenden als auch beim unentgeltlichen Erwerber denknotwendig zum Betriebsvermögen rechnen. Dies trifft bei einer --wenn auch 100 %-igen-- Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft nicht zu, da diese in steuerrechtlicher Sicht weder mit einem Betrieb oder Betriebsteil noch mit einer Beteiligung an einer Personengesellschaft (Beteiligung an deren Betrieb) vergleichbar ist und überdies weder beim Übertragenden noch beim unentgeltlichen (Einzel- oder Gesamt-)Rechtsnachfolger zwingend zum Betriebsvermögen gehören muss.
f)
Obwohl sich die hier zu beurteilende Übertragung auf sämtliche Anteile an einer Kapitalgesellschaft (D-GmbH) erstreckte und das Übertragungsobjekt damit ein tauglicher Gegenstand für eine Einbringung i.S. des § 20 Abs. 1 i.V.m. Abs. 6 Satz 1 UmwStG 1977 darstellte, kommt ein Buchwerttransfer vom Besitzunternehmen zur I-GmbH schließlich auch nicht in direkter oder analoger Anwendung dieser Regelungen in Betracht.
aa)
Eine direkte Anwendung des § 20 UmwStG 1977 scheitert im Streitfall schon daran, dass § 20 Abs. 1 UmwStG 1977 nach seinem eindeutigen Wortlaut eine offene (Sach-)Einlage --d.h. eine Einbringung gegen die Gewährung von (neuen) Gesellschaftsrechten-- fordert und diese Voraussetzung bei der hier vorliegenden verdeckten (Sach-)Einlage schon definitionsgemäß ausscheidet (vgl. z.B. Reiß in Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, a.a.O., § 16 Rz. B 341; ders. in Kirchhof, a.a.O., § 16 Rz. 21).
bb)
Ebenso wenig kommt aber auch eine analoge Anwendung des § 20 UmwStG 1977 in den Fällen der verdeckten Einlage von Betrieben, Teilbetrieben, Mitunternehmeranteilen sowie den in § 20 Abs. 6 Satz 1 UmwStG 1977 beschriebenen Anteilen an Kapitalgesellschaften in Betracht (vgl. z.B. Gratz in Herrmann/ Heuer/Raupach, a.a.O., § 6 EStG Rz. 1375; Hörger in Littmann/ Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, § 16 EStG Rz. 18 b), weil diese Regelung nicht anders als die entsprechende Bestimmung des geltenden UmwStG nach dem Willen des Gesetzgebers abschließenden Charakter haben soll und darum eine Ausdehnung der dort gewährten Vergünstigungen auf nicht geregelte, wenn auch ähnliche Konstellationen nicht gewollt ist (BTDrucks 14/23, S. 172).
4.
Nach diesen Maßstäben hat das FG im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die von K am 30. Dezember des Streitjahres 1991 vorgenommene verdeckte Einlage der D-Beteiligung in die I-GmbH in diesem Streitjahr zu einer Aufdeckung der im Buchwertansatz der D-Beteiligung ruhenden stillen Reserven in der zwischen den Beteiligten unstreitigen Höhe von 47,5 Mio. DM geführt hat. Demzufolge ergibt sich für dieses Streitjahr auch kein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte, welcher gemäß § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG in der für das Jahr 1991 geltenden Fassung in das Streitjahr 1990 zurückzutragen wäre.
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