BFH VII R 130/87

BFHVII R 130/878.5.1990

Amtlicher Leitsatz:

  1. 1. Die zollamtliche Freigabe nach § 38 Abs.1 ZG erfaßt nur abgefertigtes Zollgut. Zum freien Verkehr abgefertigt ist nur Zollgut, auf das sich der Zollantrag bezieht. Dieser bezieht sich nur auf Zollgut, das in der zugehörigen Zollanmeldung wenigstens im Kern richtig bezeichnet ist, also z.B. nicht auf als Erdbeeren angemeldete Butter. Nicht abgefertigtes und damit nicht freigegebenes Zollgut wird durch Entfernen vom Gestellungsort der zollamtlichen Überwachung entzogen.
  2. 2. Hat der Geschäftsführer einer GmbH & Co. KG die Entziehung von Zollgut aus der zollamtlichen Überwachung bewirkt, so ist diese Tathandlung bei Anwendung des § 57 Abs.2 Satz 1 ZG der KG zuzurechnen. Die KG wird daher Zollschuldner.

Normen

§ 20 Abs. 1 Nr. 3 AZO
§ 31 BGB
Art. 1 Abs. 4 VersandVO
§ 5 ZG
§ 12 Abs. 1 S. 1 ZG
§ 38 Abs. 1 ZG
§ 57 Abs. 1 ZG
§ 57 Abs. 2 S. 1 ZG

 

Gründe

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) kaufte von einer niederländischen Firma W Butter. Im Fall 1 (VII R 130/87) wurde die Butter zunächst aus den Niederlanden in mehreren LKW-Sendungen nach Rumänien transportiert, danach hinter in Rumänien angebrachten Tarnladungen aus tiefgefrorenen Erdbeeren in die Niederlande zurückgebracht und zum freien Verkehr abgefertigt. Nach Ausfuhr aus den Niederlanden wurden die unveränderten Ladungen unter Anmeldung als tiefgefrorene Erdbeeren in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) zum freien Verkehr abgefertigt. Die Klägerin verschleierte den tatsächlichen Wareneingang durch Scheinkontrakte. Im Fall 2 (VII R 131/87) wurden mehrere LKW-Ladungen Butter hinter Tarnladungen unmittelbar aus den Niederlanden in die Bundesrepublik eingeführt und unter Anmeldung als "getrocknete Apfelstückchen", "Hühnerfleisch gekocht" bzw. "Kabeljau/Scholle" zum freien Verkehr abgefertigt. In beiden Fällen war die Abwicklung im einzelnen zwischen dem Geschäftsführer der KomplementärGmbH der Klägerin und dem Inhaber der niederländischen Firma abgesprochen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --HZA--) nahm mit Bescheiden von 1980/83 die Klägerin bezüglich der nicht angemeldeten Butter als Schuldnerin für Abschöpfung, Währungsausgleichsbeträge (WAB) und Einfuhrumsatzsteuer nach § 57 Abs.2 Satz 1 des Zollgesetzes (ZG) in Anspruch. Die Klagen hatten keinen Erfolg.

II.

Die Revisionen der Klägerin sind nicht begründet. Das Finanzgericht (FG) hat die Klagen im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

1.

Rechtlicher Ausgangspunkt ist die Regelung des § 57 Abs.1 und 2 ZG. Gemeinschaftsrechtliche Vorschriften über die Entstehung einer Eingangsabgabenschuld bestanden im hier maßgebenden Zeitpunkt (1979) noch nicht. Die Richtlinie 79/623/EWG des Rates vom 25.Juni 1979 zur Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Zollschuld --Zollschuld-Richtlinie-- (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- L 179/31) wurde nach ihrem Art.12 Abs.1 erst zum 1.Januar 1982 wirksam. Die Verordnung (EWG) Nr.2144/87 des Rates über die Zollschuld (ZollschuldVO) vom 13.Juli 1987 (ABlEG L 201/15, Vorschriftensammlung der Bundesfinanzverwaltung --VSF-- Z 0207) gilt erst seit 1.Januar 1989.

Die Vorschrift des § 57 ZG gilt nach ihrem Wortlaut nur für Zölle. Sie ist aber --ebenso wie die anderen Zollvorschriften-- auf die Erhebung der mit den angefochtenen Bescheiden erhobenen Eingangsabgaben (Abschöpfung, Einfuhrumsatzsteuer und WAB) ebenfalls anzuwenden. Das gilt für die Abschöpfungen und die WAB ohne Einschränkung (vgl. § 2 Abs.1 des Abschöpfungserhebungsgesetzes --AbG-- und Art.6 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr.1380/75 --VO Nr.1380/75-- vom 29.Mai 1975 der Kommission über Durchführungsvorschriften für die WAB, ABlEG L 139/37, wonach die Bestimmungen über die Erhebung von Zöllen und Einfuhrabschöpfungen für die WAB gelten). Für die Einfuhrumsatzsteuer gelten die Zollvorschriften sinngemäß (vgl. § 21 Abs.2 des Umsatzsteuergesetzes --UStG--); das bedeutet im Ergebnis keinen Unterschied zur einschränkungslosen Anwendung des § 57 ZG auf die Abschöpfungen und WAB, da seine Anwendung mit Sinn und Zweck der Einfuhrumsatzsteuer vereinbar ist (vgl. auch Senatsurteil vom 26.April 1988 VII R 124/85, BFHE 153, 463, 464, zur sinngemäßen Anwendung des § 57 Abs.2 Satz 2 ZG auf die Einfuhrumsatzsteuer).

Nach § 57 Abs.1 ZG i.V.m. den genannten Vorschriften entsteht für (nicht abgabenfreies) Zollgut (vgl. § 5 ZG) eine Abschöpfungs-, Einfuhrumsatzsteuer- und WAB-Schuld, wenn das Zollgut der zollamtlichen Überwachung vorenthalten oder entzogen oder unzulässig verändert worden ist. Die Butter ist nach § 5 ZG mit ihrer Einfuhr Zollgut geworden. Geht der Senat, was im Streitfall nicht entschieden zu werden braucht, davon aus, daß die Butter der Abfertigungszollstelle ordnungsgemäß gestellt worden, also in deren konkrete zollamtliche Überwachung gelangt und damit dieser nicht vorenthalten worden ist, so ist sie jedenfalls im Anschluß daran der zollamtlichen Überwachung entzogen worden mit der Folge, daß eine Abschöpfungs-, Einfuhrumsatzsteuer- und WAB-Schuld im Umfang der Anforderungen des HZA entstanden ist (s. Nr.2). Die entsprechende Entziehungshandlung ist der Klägerin zuzurechnen, weswegen sie nach § 57 Abs.2 Satz 1 ZG Schuldnerin geworden ist (s. Nr.3). Vorschriften des Gemeinschaftsrechts stehen dem nicht entgegen (s. Nr.4).

2.

Die Butter ist der zollamtlichen Überwachung dadurch entzogen worden, daß sie entgegen § 12 Abs.4 der Allgemeinen Zollordnung --AZO-- (vgl. auch § 148a Abs.1 Nr.4 AZO) ohne Einverständnis der Zollstelle vom Platz der Gestellung entfernt worden ist. Sie war nicht Gegenstand der Freigabe, da sie nicht Gegenstand der beantragten Zollbehandlung war.

a)

Auf welche Ware sich ein Zollantrag bezieht, ergibt sich aus der Zollanmeldung, die zusammen mit dem Zollantrag abzugeben ist (§ 12 Abs.2 Satz 1 ZG). Nach § 12 Abs.1 Satz 1 ZG hat der Zollbeteiligte "das Zollgut, auf das sich sein Zollantrag bezieht, mit den für die Zollbehandlung maßgebenden Merkmalen und Umständen unter Angabe der Tarifstelle des Zolltarifs anzumelden". Anzumelden sind auch "Art und Beschaffenheit der Ware mit der Genauigkeit, die für die beantragte Zollbehandlung erforderlich ist" (vgl. § 20 Abs.1 Nr.4 AZO). Ist in der Zollanmeldung eine Ware nicht wenigstens im Kern richtig angemeldet worden, so bezieht sich der Zollantrag nicht auf sie.

Der Zollantrag ist eine Willenserklärung des Zollbeteiligten (Bail/Schädel/Hutter, Kommentar Zollrecht, 2.Aufl., B/11 bis 13 Anm.2; Schwarz/Wockenfoth, Zollgesetz, 2.Aufl., § 11 Anm.2). Wie jede Willenserklärung bedarf sie im Zweifelsfall der Auslegung. Diese ist in sinngemäßer Anwendung der Grundsätze der §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vorzunehmen. Bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen wie dem Zollantrag kommt es wesentlich darauf an, "wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mußte" (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs --BGH-- zur Auslegung bürgerlich-rechtlicher empfangsbedürftiger Willenserklärungen; vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 49.Aufl., § 133 Anm.4c mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). Maßgebend ist also der objektive Erklärungswert des Verhaltens des Zollbeteiligten.

Die Auslegung der im Streitfall zu prüfenden Zollanträge nach diesen Grundsätzen ergibt, daß sich diese nicht auf die eingeführte Butter bezogen. Für die zutreffende Erhebung der Eingangsabgaben kommt es wesentlich auch auf die Beschaffenheit der jeweiligen Ware an. Wird, wie hier, eine völlig andere Ware als die eingeführte zusammen mit dem Zollantrag angemeldet, etwa statt der --eingangsabgabenrechtlich besonders sensiblen-- Butter Erdbeeren, Apfelstückchen oder dergleichen, so kann für den Erklärungsempfänger, die Zollstelle, nicht zweifelhaft sein, daß sich der Zollantrag nicht auch auf Butter bezieht. Schon der --wie ausgeführt für die Auslegung von Willenserklärungen ebenfalls heranzuziehende-- Grundsatz von Treu und Glauben schließt es aus, daß der Antragsteller mit Erfolg geltend machen kann, sein Zollantrag habe sich eigentlich nicht auf die Waren der angemeldeten Beschaffenheit bezogen, sondern auf die völlig andere, mit wesentlich höheren Eingangsabgaben belastete Ware Butter.

Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, daß jedenfalls Zahl, Art, Zeichen und Nummer der Packstücke, in denen sich die Butter befand --entsprechende Angaben müssen nach § 20 Abs.1 Nr.3 AZO in der Zollanmeldung ebenfalls enthalten sein--, richtig angemeldet worden seien. Für den Zollantrag auf Abfertigung zum freien Verkehr, der letztlich zur richtigen Erhebung der Eingangsabgaben führen soll, kommt es wesentlich auch auf die Beschaffenheit an. Das belegt nicht zuletzt § 12 Abs.1 Satz 1 ZG, wonach das Zollgut, "auf das sich der Zollantrag bezieht", sogar mit der Tarifstelle des Zolltarifs anzumelden ist. Sicherlich kann nicht aus jeglicher Unrichtigkeit der Angaben in der Zollanmeldung geschlossen werden, der Zollantrag beziehe sich nicht auf diese Waren. Die Anmeldung muß aber mindestens im Kern die Beschaffenheit der Ware richtig bezeichnen, damit sie als auf den Zollantrag bezogen angesehen werden kann. Es bedarf keiner näheren Bestimmung, wann das der Fall ist; im Einzelfall kann die Abgrenzung schwierig sein. Maßgebend ist stets, wie die Zollstelle den objektiven Erklärungswert der Anmeldung des Zollbeteiligten verstehen konnte. Jedenfalls in einem krassen Fall wie dem vorliegenden mit Angaben in der Zollanmeldung, die sich unter keinen Umständen auf eine Ware wie Butter beziehen ließen, umfaßte der mit einer solchen Zollanmeldung verbundene Antrag diese Butter nicht. Mangels eines entsprechenden Antrags ist dann aber auch diese Butter nicht Gegenstand der Abfertigung geworden (so im Ergebnis auch FG Hamburg, Urteil vom 31.März 1989 IV 336/85 H, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1990, 274, in einem Fall, der sich vom vorliegenden nur dadurch unterscheidet, daß es um die Abfertigung zum Versandverfahren und um --als andere Waren angemeldete-- hinter einer Tarnwand verborgene Zigaretten ging).

b)

Die nicht zum freien Verkehr abgefertigte Butter war nicht Gegenstand der Freigabe. Die Freigabe ist eine konstitutiv wirkende Verfügung, die die zollrechtliche Verstrickung, der die Ware während des Einfuhrvorgangs unterliegt, aufhebt und demjenigen, dem die Ware freigegeben wird, die uneingeschränkte Verfügungsmacht zurückgibt (vgl. Urteil des FG Hamburg vom 5.März 1979 IV 23/77 H, EFG 1979, 213, 214). Wie jeder Verwaltungsakt ist auch der Inhalt der Freigabe erforderlichenfalls durch Auslegung unter Heranziehung der Grundsätze der §§ 133, 157 BGB festzustellen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Freigabe von zum freien Verkehr abgefertigtem Zollgut im ZG in engem Zusammenhang mit den zollrechtlichen Regelungen der entsprechenden Abfertigung behandelt wird (Zweiter Teil "Zollbehandlung", Kapitel III "Abfertigung zum freien Verkehr", § 36 Abs.2, § 38 Abs.1 Satz 2 ZG). Die Abfertigung von Waren zum freien Verkehr ist als einheitlicher Vorgang sowohl tatsächlicher als auch rechtlicher Art anzusehen (vgl. Senatsurteil vom 30.Mai 1972 VII R 121/69, BFHE 106, 162, 165). Den Zusammenhang zwischen Abfertigung zum freien Verkehr und Freigabe macht auch § 38 Abs.1 Satz 1 ZG deutlich, wonach das Zollgut freigegeben wird, "sobald der Zoll bezahlt, aufgeschoben oder gestundet ist", was eine Abfertigung voraussetzt.

Wegen dieses Zusammenhangs muß der Empfänger von Freigabeverfügungen diese so verstehen, daß nach dem Willen der erklärenden Beamten nur die Waren freigegeben werden, die vom Zollantrag und damit von der Zollabfertigung auch umfaßt sind. Auch nach dem Grundsatz von Treu und Glauben kann der Adressat von Freigabeerklärungen nicht davon ausgehen, die freigebenden Beamten hätten den Willen, nicht vom Zollantrag umfaßte und daher nicht abgefertigte Waren --wie die Butter im vorliegenden Fall-- aus der zollamtlichen Verstrickung zu befreien und damit die zutreffende Erhebung der Eingangsabgaben zu gefährden (so i.E. auch FG Hamburg, EFG 1990, 274).

Die gleiche Auffassung liegt dem Urteil des erkennenden Senats vom 29.Juni 1982 VII R 68/78 (BFHE 136, 334, 346) zugrunde. ++/ Dort hatte sich der Senat mit dem Fall zu befassen, daß der Beteiligte der Grenzkontrollstelle Waren, die aus der DDR kamen, unrichtig angemeldet hatte, nämlich als solche des innerdeutschen Handels und damit als Freigut, obwohl sie Zollgut waren. Der Senat hat dazu entschieden, daß die auf Freigut abgestellte Abfertigung nicht dazu geführt hat, daß das Zollgut Freigut geworden ist, da den Beamten der Wille gefehlt hat, Zollgut abzufertigen. Entsprechend hat der Senat die Freigabeverfügung ausgelegt und die Entfernung der Waren vom Amtsblatt der Zollstelle als Entziehung aus der zollamtlichen Überwachung gewertet. Zwar ist der vorliegende Sachverhalt mit dem des vorerwähnten Urteils nicht in allen Stücken zu vergleichen. Aus dem Urteil ergeben sich jedoch die gleichen Grundsätze, die der Auffassung des Senats im vorliegenden Fall zum Inhalt des Zollantrags, der Zollabfertigung und der Freigabeverfügung zugrunde liegen.

Die vom Senat in Übereinstimmung mit dem FG und dem HZA vertretene Auffassung wird von Bail/Schädel/Hutter (a.a.o., B/57-58 Anm. 6) und von einem ungenannten Verfasser in Recht der Internationalen Wirtschaft/Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters (RIW/AWD) 1980, 881 geteilt. Anderer Auffassung ist Dewitz (RIW/AWD 1981, 139). Schwarz/Wockenfoth (a.a.o., § 57 Anm. 17) setzen sich in diesem Zusammenhang nur mit der Frage auseinander, ob durch eine falsche Zollanmeldung Zollgut der zollamtlichen Überwachung entzogen werden kann, und verneinen das zutreffend. Nur unter diesem Gesichtspunkt hat auch das FG Münster (Beschluß vom 15. Juli 1980 IV 609/80 Z-A, EFG 1981, 318) die Frage der Entstehung einer Eingangsabgabenschuld in einem dem vorliegenden voll vergleichbaren Fall geprüft, ohne die Frage zu behandeln, auf welche Waren sich ein Zollantrag mit einer im Kern völlig falschen Zollanmeldung bezieht und ob eine nicht abgefertigte Ware als freigegeben angesehen werden kann.

c)

Der Senat hält die Einwendungen der Klägerin gegen diese Auffassung nicht für stichhaltig.

Die Klägerin mißversteht die Vorentscheidung, wenn sie ausführt, das FG habe seine Entscheidung darauf gestützt, die Butter sei durch eine Falschanmeldung der zollamtlichen Überwachung entzogen worden. Denn eine Falschanmeldung hat allein Bedeutung für die Entscheidung der Frage, auf welche Ware sich der Zollantrag bezieht. Das Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung liegt nicht in der Falschanmeldung, sondern in der Entfernung der Butter vom Amtsplatz der Zollstelle ohne deren Einverständnis.

Der Klägerin ist einzuräumen, daß die freigebenden Beamten nicht davon ausgegangen sein dürften, in dem LKW, auf dessen Ladung sich die jeweilige Freigabe bezog, befinde sich mengenmäßig nichts anderes als der richtig angemeldete Teil der Ladung. Das ist für die Entscheidung im Streitfall aber ohne Bedeutung. Denn maßgebend für die Frage, ob die Butter der zollamtlichen Überwachung entzogen worden ist, ist die Freigabeverfügung, die aber, wie die obigen Ausführungen belegen, gerade nicht automatisch alle Waren erfaßt hat, von deren äußerlichem Vorhandensein die Beamten Kenntnis hatten, sondern nur abgefertigte Waren. Die nicht abgefertigten Waren wollten die Beamten --für den Adressaten der Freigabe erkennbar-- nicht freigeben und haben sie auch nicht freigegeben.

Daran ändert der Umstand nichts, daß auch die Butter Gegenstand der Gestellung geworden und unter zollamtliche Überwachung gelangt ist. Der Umfang der Gestellung ist kein Präjudiz für den Inhalt der Anmeldung. In bezug auf gemeinsam gestellte Waren können durchaus unterschiedliche Zollanträge gestellt werden. Es ist sogar möglich und zulässig, daß in bezug auf ein und dieselbe Waren zoll- und verbrauchsteuerrechtlich verschiedene Anträge gestellt werden (vgl. z.B. Senatsurteil vom 2.September 1986 VII R 125/83, BFHE 147, 559, 562). Welcher Zollantrag für welche Waren gestellt worden ist, kann allein dem Zollantrag und der mit diesem verbundenen Zollanmeldung entnommen werden.

Die Klägerin ist offenbar der Ansicht, daß bei der vom Senat vertretenen Auffassung die Bedeutung des § 36 Abs. 3 Satz 2 ZG a.F. völlig ausgehöhlt werde. Dort heißt es, daß mit der Bekanntgabe des Zollbescheids die Zollschuld in der Höhe entsteht, die sich aus den Zollvorschriften ergibt. Danach entsteht die Zollschuld immer in der gesetzlichen Höhe, gleichviel, welcher Betrag durch den Zollbescheid angefordert wurde. Die Vorschrift gilt aber lediglich für Waren, die Gegenstand des Zollantrags und der Zollabfertigung waren. Für die Frage, für welche Waren das zutrifft, läßt sich aus der Vorschrift nichts entnehmen. Ihre Bedeutung bleibt auch bei Zugrundelegung der Auffassung des Senats für die Normalfälle erhalten, in denen die Waren jedenfalls im Kern richtig angemeldet worden und damit Gegenstand der Abfertigung geworden sind.

Entgegen der Meinung der Klägerin führt die Auffassung des Senats auch nicht zu untragbaren Konsequenzen. Dagegen spricht schon, daß sie sich nur auf die anormalen Fälle bezieht, in denen die Zollanmeldung nicht einmal im Kern richtig ist. Auch die notwendige Differenzierung nach im Kern richtig und unrichtig angemeldeten Waren dürfte im praktischen Ergebnis keine erheblichen Schwierigkeiten bereiten, weil die Anzahl der anormalen Fälle, in denen die Frage zweifelhaft sein könnte, gering sein wird.

3.

Nach § 57 Abs.2 Satz 1 ZG ist Zollschuldner (d.h. hier Schuldner der beanspruchten Eingangsabgaben), "wer erstmals Zollgut der zollamtlichen Überwachung ... entzieht". Das war hier, wie das FG zu Recht entschieden hat, die Klägerin.

a)

Zollschuldner i.S. des § 57 Abs.2 Satz 1 ZG kann nicht nur der Gestellungspflichtige werden, sondern auch, wer bewirkt oder veranlaßt, daß die Ware der zollamtlichen Überwachung vorenthalten oder entzogen wird (vgl. Senat, Urteile vom 3.Mai 1977 VII R 51/74, BFHE 122, 204, 206; in BFHE 136, 334, 347, sowie vom 13.August 1985 VII R 93/81, BFHE 144, 311, 314). Bewirkt hat im vorliegenden Fall das Entziehen F, der Geschäftsführer der Klägerin. Dieser hat nach den den Senat bindenden (vgl. Nr.4) Feststellungen des FG im Zusammenwirken mit B veranlaßt, daß Zollabfertigung und Freigabe in der in der Vorentscheidung geschilderten Weise stattfanden. Daran ändert nichts, daß bei der zuständigen deutschen Eingangszollstelle nicht der Geschäftsführer selbst tätig geworden ist. Das Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung bewirkt derjenige, der die Handlung veranlaßt, d.h. die Tatherrschaft innehat. Die Tathandlung, auf die § 57 Abs.1 ZG abstellt, kann auch derjenige begehen, der sich zur Ausführung anderer Personen als Werkzeugen bedient. Dabei ist es ohne Bedeutung, daß nach den Vorstellungen des hier leitend tätig gewordenen F die Abfertigungsbeamten getäuscht werden sollten.

b)

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, d.h. eine Personengesellschaft, deren Komplementärin eine juristische Person ist. Sie muß sich die Handlung des Geschäftsführers ihrer Komplementär-GmbH als eigene zurechnen lassen. Dabei können die Grundsätze entsprechend angewendet werden, die die Rechtsprechung zu der Frage entwickelt hat, inwieweit Handlungen von Organen einer juristischen Person dieser selbst zugerechnet werden können.

Nach der Rechtsprechung des Senats genügt für die Inanspruchnahme einer juristischen Person als weiterer Zollschuldner nach § 57 Abs.2 Satz 2 ZG das Wissen oder Wissenmüssen der Personen, die als Organe oder als nachgeordnete Angestellte im Rahmen ihrer Obliegenheiten für die juristische Person an der Übernahme des Zollguts beteiligt waren (vgl. Senatsurteil vom 26.April 1988 VII R 124/85, BFHE 153, 463, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). Der dort entwickelte Grundsatz, juristische Personen dürften gegenüber natürlichen Personen nicht privilegiert werden (vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17.Februar 1989 III R 35/85, BFHE 156, 355, 363, BStBl II 1990, 263, 267), gilt in gleicher Weise auch für die Anwendung des § 57 Abs.2 Satz 1 ZG. Der Senat hat sich zwar in seiner im Urteil BFHE 153, 463 zitierten Entscheidung vom 11.März 1981 VII R 89/78 (BFHE 132, 503, 504) u.a. auf den Rechtsgedanken des § 166 Abs.1 BGB bezogen, wonach es für Inhalt und Wirksamkeit eines von einem Vertreter für einen Vertretenen abgeschlossenen Rechtsgeschäfts auf die Kenntnis oder das Kennenmüssen des Vertreters von den maßgebenden Umständen ankommt. Dieser Rechtsgedanke führt im vorliegenden Fall nicht weiter, weil es sich um die Frage handelt, ob der Klägerin die Tathandlung eines ihrer Organe zugerechnet werden muß. Insoweit kann aber auf die Grundsätze des § 31 BGB zurückgegriffen werden.

Nach § 31 BGB ist der Verein für den Schaden verantwortlich, den ein verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt. Diese Vorschrift gilt nach allgemeiner Meinung nicht nur für alle juristischen Personen, sondern auch für Personengesellschaften wie die OHG oder die KG (vgl. Palandt, a.a.O., § 31 Anm.1c). Sie knüpft nicht an die Vertretungsmacht an, sondern an die Fähigkeit des Organs, für die juristische Person zu handeln (Urteil des BGH vom 8.Juli 1986 VI ZR 47/85, BGHZ 98, 148, 151). Sie ist Ausdruck der Organtheorie (Palandt, a.a.O., § 31 Anm.1a); da die juristische Person erst durch die Integration natürlicher Personen als Organwalter handlungsfähig wird, soll sie für das Handeln dieser Personen so verantwortlich sein wie eine natürliche Person für ihr eigenes Handeln (Münchner Kommentar - Reuter, § 31 Rdnr.1).

Bei Berücksichtigung dieser in § 31 BGB zum Ausdruck gekommenen Rechtsgedanken zusammen mit der Erwägung, daß es nicht zu rechtfertigen ist, eine juristische Person (oder die genannten Personengesellschaften) gegenüber natürlichen Personen z.B. bei der Entstehung einer Eingangsabgabenschuld zu privilegieren (BFHE 153, 463, 468), muß davon ausgegangen werden, daß die Tathandlung des Entziehens von Zollgut aus der zollamtlichen Überwachung, die der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH einer KG vornimmt, im Rahmen des Tatbestandes des § 57 Abs.1 und 2 ZG der KG zuzurechnen ist. Voraussetzung ist allerdings, daß der Geschäftsführer diese Tathandlung in Ausführung der ihm zustehenden Aufgaben, d.h. im Rahmen seiner Obliegenheiten als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Klägerin, begangen hat. Das hat das FG zu Recht bejaht. Nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG ist davon auszugehen, daß F bei dem Bezug der Butter für die Klägerin gehandelt hat, in deren Betrieb die Butter dann auch aufgenommen worden ist.

c)

Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin steht ihr der Exkulpationsbeweis des § 70 Abs.2 Satz 2 der Abgabenordnung (AO1977) nicht zu. Diese Vorschrift gilt nur im Rahmen der Haftung des Vertretenen bei Steuerhinterziehung des Vertreters. § 57 Abs.2 Satz 1 ZG regelt einen nicht vergleichbaren Fall der Schuldnerschaft, für den die Haftung nach § 70 AO 1977 ausdrücklich nicht gilt (vgl. § 70 Abs.1: "soweit sie nicht Steuerschuldner sind"). Den genannten Vorschriften kann auch nicht mittelbar der Rechtsgrundsatz entnommen werden, eine juristische Person, die sich Tathandlungen ihrer Organe grundsätzlich zurechnen lassen muß, werde dann nicht Schuldner, wenn sie beweisen kann, sie habe ihre Organe sorgfältig ausgewählt und beaufsichtigt.

d)

Die vorgenannten Ausführungen beruhen auf den Feststellungen des FG. Diese sind für den Senat bindend, da die von der Klägerin vorgetragenen Revisionsgründe keinen Erfolg haben können (§ 118 Abs.2 FGO).

Die Behauptung der Revision, das FA habe keine eigenen Feststellungen getroffen, trifft nicht zu. Das FG hat zwar seine Schilderung des Tathergangs mit den mißverständlichen Worten "nach den Feststellungen der Zollfahndung" eingeleitet. Seine Begründung der Vorentscheidung läßt aber keinen Zweifel daran, daß es sich bei den in der Vorentscheidung im einzelnen aufgeführten Tatsachen nicht um eine Verweisung auf Ermittlungsergebnisse des Zollfahndungsamtes handelt, sondern um Feststellungen, die das FG selbst getroffen hat; denn das FG ist bei seiner Entscheidung von diesen Tatsachen ausgegangen. Auf andere oder weitere Feststellungen der Zollfahndung hat das FG nicht Bezug genommen. Diese Feststellungen reichen auch aus, um die vom FG ausgesprochene Rechtsfolge zu decken und dem Senat die Überprüfung der Vorentscheidung zu ermöglichen (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2.Aufl., § 115 Anm. 27). Zwar hat das FG nicht weiter begründet, aufgrund welcher Überlegungen es zu seiner Überzeugung gelangt ist. Darin liegt aber kein Verstoß gegen die Begründungspflicht des § 96 Abs.1 Satz 3 FGO. In Anbetracht der nur pauschalen und unsubstantiierten Einwendungen der Klägerin bestand für das FG kein Anlaß, zu dieser Frage weitere Ausführungen zu machen.

Die Rüge der Klägerin, das FG habe ohne vollständige Berücksichtigung des Akteninhalts entschieden, ist als Rüge der Verletzung des § 96 Abs.1 Satz 1 FGO zu werten. Danach muß das Gericht seine Überzeugung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens bilden. Aus dem Vortrag der Revision ergibt sich nicht schlüssig, das FG habe das Ergebnis des Verfahrens mißachtet. Denn die Existenz einzelner in den Ermittlungsakten der Finanzbehörde wiedergegebener Aussagen von F, die mit den Schlußfolgerungen des FG nicht übereinstimmen, bedeutet nicht ohne weiteres, daß das FG diesen Akteninhalt unberücksichtigt gelassen habe.

Die Rüge der Revision, das FG habe seine Ermittlungspflicht verletzt, kann keinen Erfolg haben. Es ist schon zweifelhaft, ob sie den Anforderungen des § 120 Abs.2 FGO genügt, weil zur ordnungsgemäßen Rüge verzichtbarer Mängel auch der Vortrag gehört, daß der Verstoß in der Vorinstanz gerügt worden ist (vgl. Gräber/Ruban, a.a.o., § 120 Anm. 38). Jedenfalls ist sie unbegründet, denn die Klägerin hat in der Vorinstanz keine entsprechenden Beweisanträge gestellt. Sie hat sich vielmehr damit begnügt, in der Klageschrift auszuführen: "Auf die Sachverhaltsdarstellung, die der Beklagte gibt, möchte ich zweckmäßig erst nach Einsicht in die Akten des Beklagten näher eingehen. Die Klägerin geht davon aus, daß Herr F keineswegs in der Weise in den Ablauf einbezogen gewesen ist, wie der Beklagte es darstellt." Der Berichterstatter des FG wies den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin kurz vor der mündlichen Verhandlung am 2.September 1987 mit Schreiben vom 17.August 1987 darauf hin, daß es "letztlich nur um die Entscheidung einer Rechtsfrage geht". In Anbetracht dessen mußte die Klägerin es für möglich halten, daß das FG im Tatsächlichen den Vorstellungen des HZA folgen könnte, zumal sie bis dahin keine substantiierten Gegengründe vorgetragen hatte. Unter diesen Umständen mußte sie, wenn sie Feststellungen des FG für erforderlich hielt, ihrerseits diesen Mangel in der mündlichen Verhandlung nicht nur rügen, sondern auch substantiierte Gegengründe vorbringen und entsprechende Beweisanträge stellen. Zumindest das Letztere hat sie nicht getan, weswegen sie im Revisionsverfahren die Verletzung der amtlichen Ermittlungspflicht durch das FG nicht mehr rügen kann (vgl. § 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozeßordnung --ZPO--).

Die Klägerin trägt zwar in ihrer Revisionsbegründung vor, sie habe in der mündlichen Verhandlung substantiiert auf die Erforderlichkeit von Beweiserhebungen hingewiesen. Dem steht aber die Feststellung entgegen, die das FG auf den Tatbestandsberichtigungsantrag der Klägerin in die Vorentscheidung aufgenommen hat. Danach hat die Klägerin "lediglich pauschal und ohne weitere Substantiierung vorgetragen, sie gehe davon aus, Herr F sei keineswegs in der vom Beklagten dargestellten Weise in den Ablauf einbezogen gewesen". Aber auch unterstellt, daß der Vortrag der Klägerin über ihre Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vor dem FG zutrifft (das Protokoll gibt darüber keine Auskunft), ist aus ihm nicht zu entnehmen, daß die Klägerin in der Vorinstanz entsprechende Beweisanträge gestellt hat. Zumindest das aber wäre erforderlich gewesen, falls sich die Klägerin die Möglichkeit zur Rüge mangelnder Sachaufklärung in der Revisionsinstanz wahren wollte.

4.

Die angefochtenen Bescheide sind mit Gemeinschaftsrecht vereinbar.

a)

Zutreffend hat das FG die Erhebung von Abschöpfung und WAB mit der Begründung bestätigt, die streitbefangenen Waren hätten nicht den Status von Gemeinschaftswaren, sondern von Drittlandswaren gehabt, da für sie kein Nachweispapier T 2 L vorgelegt worden sei.

Gemeinschaftswaren sind Waren, die die Voraussetzungen der Art.9 und 10 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWGV) erfüllen (vgl. Art.1 Abs.3 Buchst.a der Verordnung (EWG) Nr.222/77 des Rates vom 13.Dezember 1976 über das gemeinschaftliche Versandverfahren (VersandVO). Die Art.9 und 10 EWGV enthalten keine Aussagen über Beweismittel oder die Beweislast für den Gemeinschaftscharakter einer Ware; sie überlassen die Regelung dieser Fragen dem abgeleiteten Gemeinschaftsrecht (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften --EuGH-- vom 7.März 1990 Rs.C 117/88, amtlich noch nicht veröffentlicht, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1990, 342). Nach Art.1 Abs.4 VersandVO sind als Gemeinschaftswaren solche Waren anzusehen, die ordnungsgemäß über die Binnengrenze in das Gebiet eines Mitgliedstaates verbracht werden, es sei denn, daß für diese Waren ein externer gemeinschaftlicher Versandschein vorgelegt wird. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, da die streitbefangenen Waren, wie die obigen Ausführungen ergeben, nicht ordnungsgemäß eingeführt worden sind. Daraus ist zwar zunächst nur zu folgern, daß die streitbefangenen Waren nicht ohne weiteres nach Art.1 Abs.4 VersandVO als Gemeinschaftswaren anzusehen sind. Das schließt aber nicht aus, daß der Nachweis der Gemeinschaftseigenschaft dieser Waren nachträglich durch Vorlage eines Versandpapiers T 2 L erbracht wird (vgl. Verordnung (EWG) Nr.223/77 --VO Nr.223/77-- der Kommission vom 22.Dezember 1976, ABlEG L 38/20, Art.69 ff.; Hohrmann in Bail/Schädel/Hutter, a.a.O., F VI 1/1 Rdziff.21; Friedl in Schwarz/Wockenfoth, a.a.O., § 41 Anm.342 ff.). Von dieser Möglichkeit hat die Klägerin im Fall 2 für mehrere Sendungen Gebrauch gemacht mit der Folge, daß das HZA insoweit die Gemeinschaftseigenschaft anerkannt hat. Für die streitbefangenen Waren fehlt aber nach den Feststellungen des FG ein solcher Nachweis. Das HZA hatte daher diese Waren als Drittlandswaren anzusehen mit der Folge, daß für sie Abschöpfungen und WAB zu erheben waren.

Wie der EuGH im letztzitierten Urteil entschieden hat, ist die Gültigkeit der VersandVO und der VO Nr.223/77 nicht beeinträchtigt, "weil sie in der Regel die Möglichkeit ausschließen, den Gemeinschaftscharakter einer Ware gegenüber den Zollbehörden des Empfangsmitgliedstaats mit anderen Beweismitteln als mit den Versandpapieren T 2 bzw. T 2 L nachzuweisen".

b)

Zu Unrecht beruft sich die Klägerin im Fall 1 schließlich auch auf die Auffassung des FG Hamburg in seinem Urteil vom 18.Mai 1983 IV 162/81 H (EFG 1983, 639), daß nach Art.9 und 10 EWGV für eine in das Zollgebiet der Gemeinschaft eingebrachte Ware die Zollschuld nur einmal entstehen könne. Es kann hier dahinstehen, ob dieser Auffassung bei dem Stand der Zollrechtsharmonisierung im hier maßgebenden Jahr 1979 zu folgen ist (vgl. dazu das Vorabentscheidungsersuchen des Senats in BFHE 150, 240 im Verfahren über die Revision gegen das zitierte Urteil des FG Hamburg; der EuGH hat sich in seiner Antwort im Urteil vom 20.September 1988 Rs.252/87, amtlich noch nicht veröffentlicht, HFR 1989, 51, dazu nicht geäußert und brauchte es bei seiner Rechtsauffassung auch nicht). Denn diese Frage stellt sich hier nicht.

Es stellt sich im vorliegenden Fall nicht die Frage, ob es nach nationalem oder Gemeinschaftsrecht zulässig ist, daß für dieselbe Ware in der Gemeinschaft mehrfach eine Eingangsabgabenschuld entsteht. Vielmehr geht es um die Frage, ob im Jahre 1979 die Geltendmachung einer nach nationalem Recht entstandenen Eingangsabgabenschuld in bezug auf Waren, für die die Entstehung einer gleichen Schuld zuvor in der Gemeinschaft nicht ausgeschlossen werden kann, voraussetzt, daß zunächst Ermittlungen angestellt und Feststellungen getroffen werden über das vorausgegangene Schicksal der Ware in der Gemeinschaft und über die jeweiligen einschlägigen nationalen Schuldentstehungs-(und ggf. -erlöschens-)Vorschriften der von der Ware berührten Mitgliedstaaten. Weder dem § 57 Abs.1 und 2 ZG noch dem § 2 AbG oder dem Art.6 Abs.1 VO Nr.1380/75 kann ein solches ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal entnommen werden. Aber auch aus Art.9 und 10 EWGV oder den Gemeinschaftsregelungen über das Zollgebiet der Gemeinschaft ergibt sich keine --ungeschriebene-- Rechtsnorm dieses Inhalts. Der EuGH hat sich in seinem Urteil HFR 1989, 51 zu dieser Frage nicht geäußert und brauchte es bei der ihm gestellten Frage auch nicht. Auch im übrigen ist dieses Urteil nicht einschlägig, weil die streitbefangenen Waren nach den Feststellungen des FG nie zum gemeinschaftlichen Versandverfahren abgefertigt worden sind. An der deutsch-niederländischen Grenze sind sie nach der Sonderregelung des Art.41 VersandVO behandelt worden. Für die Anwendung des Art.36 VersandVO gibt es also keine Rechtsgrundlage.

5.

Auch ohne entsprechende Revisionsrüge aufzuheben wäre die Vorentscheidung, wenn im erstinstanzlichen Verfahren eine notwendige Beiladung (§ 60 Abs.3 FGO) unterblieben wäre (Senatsurteil vom 11.Juli 1989 VII R 4/87, BFHE 157, 454, 456, BStBl II 1989, 812, mit Nachweisen). Allenfalls käme die Beiladung des ehemaligen Geschäftsführers der Klägerin F in Betracht wegen seiner eventuellen Haftung für die entstandenen Eingangsabgaben nach den §§ 69 ff. AO 1977. Die Voraussetzungen für seine notwendige Beiladung liegen aber nicht vor.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Dritte nach § 60 Abs. 3 FGO notwendig beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Die Beiladung ist danach notwendig, wenn die Entscheidung notwendigerweise und unmittelbar Rechte oder Rechtsbeziehungen des Dritten (Beizuladenden) gestaltet, bestätigt, verändert oder zum Erlöschen bringt (vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 10.November 1988 IV R 70/86, BFH/NV 1990, 31, 32). Diese Voraussetzungen liegen aber in bezug auf den ehemaligen Geschäftsführer der Klägerin nicht vor.

Die Entscheidung in den beiden Revisionsverfahren berührt die (etwaige) Haftungspflicht des Geschäftsführers nur mittelbar. Zwar ist die Haftung akzessorisch (Beschluß des Senats vom 24.Januar 1989 VII B 188/88, BFHE 155, 497, 498, BStBl II 1989, 315). Das Bestehen der Steuerschuld ist aber nur eine Vorfrage für den Haftungsanspruch, dessen Geltendmachung grundsätzlich im Ermessen der Behörde steht (§ 191 Abs. 1 AO 1977). In der Entscheidung über diese Vorfrage liegt also noch kein unmittelbarer Ausspruch über die Haftungspflicht des Geschäftsführers. Seine Beiladung zu den vorliegenden Verfahren vor dem FG war daher nicht geboten (vgl. auch BFHE 157, 454, 455 ff., BStBl II 1989, 812; BFH-Beschluß vom 7.Februar 1980 VI B 97/79, BFHE 129, 310, 312, BStBl II 1980, 210). Hinzu kommt, daß ein potentieller Haftungsschuldner ohnehin grundsätzlich berechtigt ist, Einwendungen gegen Grund und Höhe der Erstschuld zu erheben (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 13.Aufl., § 191 AO 1977 Anm.25, mit Hinweisen).

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