BFH IV R 18/91

BFHIV R 18/9126.8.1993

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), ein geschlossener Immobilienfonds, erwarb im Jahr 1978 ein Erbbaurecht an dem Grundstück ...straße ... in A und errichtete dort eine Lagerhalle mit Bürotrakt. Die Klägerin wandte für die Halle Herstellungskosten von ca. 5500000 DM und für den Einbau von acht Krananlagen weitere Herstellungskosten von ca. 1200000 DM auf. Mit Vertrag vom 27. Juli 1978 vermietete sie die Büro- und Lagerfläche mit den in das Objekt eingebrachten Krananlagen für 15 Jahre an die B-GmbH.

Mit dem Gewerbesteuermeßbescheid für 1987 vom 10. März 1989 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) für Zwecke der Vorauszahlungen ab 1989 erstmals einen einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag einheitlich fest. Damit lehnte er zugleich den Antrag der Klägerin ab, gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um den Teil des Gewerbeertrags zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfiel; statt dessen nahm es nur die Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG vor.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus, der Klägerin stehe als Grundstücksunternehmen die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrages nicht zu, weil sie wegen der nicht nur geringfügigen Vermietung von Betriebsvorrichtungen nicht ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalte.

Mit ihrer dagegen gerichteten, vom FG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts und trägt vor: Das FG habe Bedeutung und Grenzen des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG verkannt. Die erweiterte Kürzung sei nach dieser Bestimmung auch dann in Betracht zu ziehen, wenn ein Unternehmen neben der Verwaltung eigenen Grundbesitzes Betriebsvorrichtungen vermiete. Das FG habe ausgeführt, § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG wolle die Doppelbelastung der Grundstückserträge mit Grund- und Gewerbesteuer vermeiden. Dabei habe es übersehen, daß die Betriebsvorrichtungen unzweifelhaft nicht der Grundsteuer unterlägen; Klageziel sei es vielmehr, die Gewerbesteuer auf die Betriebsvorrichtungen zu beschränken.

Wie der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 22. Juni 1977 I R 50/75 (BFHE 122, 534, BStBl II 1977, 778, 779) ausgeführt habe, sei die Vermietung von Betriebsvorrichtungen nur schädlich, wenn diese Vermietung selbst gewerblichen Charakter aufweise oder dem gewerblichen Zweck des Vermieters diene. Beides sei im Streitfall aber zu verneinen. Sie, die Klägerin, führe keinen Gewerbebetrieb und sei daher nur wegen ihrer Rechtsform als GmbH & Co. KG gewerbesteuerpflichtig, so daß für sie als einfache Personengesellschaft auch die Vermietung von Betriebsvorrichtungen nicht gewerblich wäre. Die Betriebsvorrichtungen dienten auch nicht eigenen gewerblichen Zwecken, sondern ausschließlich gewerblichen Zwekken des Mieters. Sie seien ausschließlich für den Betrieb des Mieters angeschafft worden. Eine andere vermögensverwaltende, gleichzeitig aber wirtschaftlich optimale Nutzung der Kranbahnlagerhalle sei nicht denkbar. Auch sei es unüblich, daß der Mieter solche Einbauten vornehme, weil er kein Eigentum daran erwerben könne, während eine bloße Vermietung ohne die Krananlagen als Hochlager wegen der kostspieligen Fundamentverstärkung wirtschaftlich kaum vertretbar wäre.

Während des Revisionsverfahrens erließ das FA die Gewerbesteuermeßbescheide für 1989 und 1990 und lehnte wiederum den Antrag der Klägerin auf erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags ab. Der Gewerbesteuermeßbescheid für 1989 führte zu einer Kürzung des Verlustabzugs nach § 10a GewStG, weil in zwei Fällen in den Jahren 1987 und 1988 ein Gesellschafterwechsel stattgefunden hat und ein weiterer Gesellschafter 1987 verstorben ist. Die Klägerin hat diese Bescheide zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1.

Die Gewerbesteuermeßbescheide 1989 und 1990 sind gemäß § 68 FGO Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden. Nach dem Urteil des VIII.Senats des BFH vom 9. September 1986 VIII R 198/84 (BFHE 147, 463, BStBl II 1987, 28) ist § 68 FGO auch anwendbar, wenn ein Gewerbesteuermeßbescheid für Vorauszahlungszwecke durch einen Gewerbesteuermeßbescheid für das Kalenderjahr ersetzt wird (s. auch BFH-Urteil vom 12. Juli 1988 IX R 149/83, BFHE 154, 93, BSTBl II 1988, 942 betreffend Einkommensteuervorauszahlungsbescheid und Einkommensteuerbescheid, und vom 21. Februar 1991 V R 130/86, BFHE 163, 408, BStBl II 1991, 465 betreffend Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid und Umsatzsteuerbescheid). Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an.

2.

Der Gewerbesteuermeßbescheid 1989 ist auch insoweit rechtmäßig, als die Kürzung des Verlustabzugs nach § 10a GewStG zu einem höheren Gewerbeertrag geführt hat. Zutreffend hat das FA den Verlustabzug versagt, weil in drei Fällen Gesellschafter aus der Klägerin ausgeschieden sind. Mit Beschluß vom 3. Mai 1993 GrS 3/92 (BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616) hat der Große Senat des BFH entschieden, daß der Verlustabzug gemäß § 10a GewStG beim Ausscheiden von Gesellschaftern einer Personengesellschaft entfällt, soweit der Verlust anteilig den ausgeschiedenen Gesellschaftern zuzurechnen ist. Wegen der Begründung im einzelnen verweist der Senat auf die Gründe des Beschlusses GrS 3/92.

3.

Die Klägerin hatte im Streitjahr keinen Anspruch auf die erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Das FG hat die Klage daher zu Recht abgewiesen.

Nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG ist die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1,2 v.H. des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden Grundbesitz zu kürzen, soweit der Grundbesitz nicht zu Betriebsstätten i.S. des § 2 Abs. 6 Satz 1 GewStG gehört. An die Stelle dieser Kürzung tritt nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in der für die Streitjahre gültigen Fassung auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt.

Die Klägerin hat in den Streitjahren nicht ausschließlich Grundbesitz verwaltet; die von ihr neben der Verwaltung des Grundbesitzes ausgeübte Tätigkeit ist auch keine unschädliche Nebentätigkeit i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Soweit sie mit dem Grundbesitz auch Betriebsvorrichtungen gegen Nutzungsentgelt überlassen hat, liegt keine Verwaltung eigenen Grundbesitzes vor. Der Begriff des Grundbesitzes in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG richtet sich nach den bewertungsrechtlichen Vorschriften (vgl. BFH in BFHE 122, 534, BStBl II 1977, 778). Danach gehören zum Grundbesitz i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nach § 68 Abs. 1 Nr. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) zwar Erbbaurechte (s. auch BFH-Urteil vom 17. Januar 1968 I 5/65, BFHE 91, 365, BStBl II 1968, 353), nicht jedoch Betriebsvorrichtungen (§ 68 Abs. 2 Nr. 2 BewG).

Der Senat kann offenlassen, ob das Erfordernis der ausschließlichen Verwaltung eigenen Grundbesitzes in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG überhaupt Ausnahmen gestattet, wie sie bisher von der Rechtsprechung des BFH für zulässig gehalten wurden (vgl. etwa BFH-Urteil vom 27. April 1977 I R 214/75, BFHE 122, 531, BStBl II 1977, 776; kritisch dazu Blümich/Gosch, § 9 GewStG Rz. 64). Dahingestellt bleiben kann ferner, ob die vom FG herangezogene Geringfügigkeitsgrenze von 10 v.H. der auf die Betriebsvorrichtungen entfallenden Herstellungskosten, Umsätze oder Erträge ein für die Abgrenzung schädlicher Betätigungen von unschädlichen Nebentätigkeiten taugliches Unterscheidungsmerkmal abgibt. Jedenfalls kann eine solche Ausnahme vom Gebot der Ausschließlichkeit nur für unbedeutende Neben- oder Hilfsgeschäfte gelten, die als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung anzusehen ist (BFH in BFHE 122, 531, BStBl II 1977, 776). In diesem Sinne mag die Mitvermietung von den Betriebsvorrichtungen zuzurechnenden Licht-, Heizungs- und Wasserversorgungsanlagen sowie von Aufzügen unschädlich sein (vgl. Glanegger/ Güroff, Gewerbesteuergesetz, 2. Aufl., § 9 Nr. 1 Anm. 24), weil diese Betriebsvorrichtungen im Verhältnis zum Wert des vermieteten Grundbesitzes zwar unbedeutend, für dessen Nutzung jedoch unentbehrlich sind. Eine die Ausschließlichkeit der Grundstücksverwaltungstätigkeit beeinträchtigende Maßnahme liegt jedoch dann vor, wenn - wie im Streitfall - die Herstellungskosten der überlassenen Betriebsvorrichtungen etwa 22 v.H. der Herstellungskosten des überlassenen Gebäudes betragen. In diesem Fall kann nicht mehr davon ausgegangen werden, daß die Betriebsvorrichtungen im Zusammenhang mit der Überlassung von Grundbesitz mitvermietet werden (vgl. auch BFH-Urteil vom 22. August 1990 I R 66/88, BFHE 162, 437 , BStBl II 1991, 249, und Urteil des Reichsfinanzhofs vom 16. Mai 1939 I 160/39, RStBl 1939, 790). Vielmehr ist die Überlassung der Krananlagen neben der Vermietung der Halle selbst Gegenstand der Vereinbarung mit dem Mieter, auf dessen Veranlassung sie eigens hergestellt und eingebaut wurden.

Angesichts des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG kommt es danach auch nicht entscheidend darauf an, ob die Nutzungsüberlassung ihrer Art nach insgesamt den Charakter einer Vermögensverwaltung hätte und als solche bei einer nicht gewerblich geprägten Personengesellschaft keine Gewerbesteuerpflicht auslösen würde. Schädlich wäre allerdings, wenn eine an sich erlaubte Neben- oder Hilfstätigkeit für sich gesehen gewerblicher Art wäre (BFH in BFHE 122, 531, BStBl II 1977, 776). Die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags ist nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG jedenfalls nicht für jegliche vermögensverwaltende Betätigung schlechthin, sondern nur für die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes vorgesehen.

Zu Unrecht beruft sich die Klägerin auf das Urteil des BFH in BFHE 122, 534, BStBl II 1977, 778. Dort hat der I.Senat des BFH zwar ausgeführt, daß die Ausschließlichkeit der Tätigkeit als Grundstücksverwaltungsunternehmen nicht dadurch in Frage gestellt wird, daß im Zusammenhang mit der Vermietung von Grundbesitz zu gewerblichen Zwecken Grundstücksteile mitvermietet werden, die nur wegen der Eigenart ihrer Nutzung durch den Mieter den Charakter von Betriebsvorrichtungen besitzen, sofern nicht diese Vermietung ihrer Art nach gewerblicher Natur ist. In seinem Urteil in BFHE 162, 437 , BStBl II 1991, 249 hat der I.Senat des BFH jedoch dargelegt, daß die Herstellungskosten der Betriebsvorrichtung in dem durch sein Urteil in BFHE 122, 534, BStBl II 1977, 778 entschiedenen Fall nur einen unwesentlichen Bruchteil der Herstellungskosten des vermieteten Grundbesitzes betragen haben.

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