BFH

BFHI R 32/9216.12.1992

Amtlicher Leitsatz:

1. Der Zufluß eines sonstigen Bezuges i. S. der Nr. 1 vollzieht sich erst mit der Nutzungsüberlassung der Wohnung. Er ist gem. § 8 II 1 EStG 1981 mit dem üblichen Mittelpreis des Verbrauchsortes zu bewerten. Die Nutzung der Wohnung durch den Aktionär ist der Einkommensverwendung zuzuordnen.

2. Überläßt eine AG satzungsgemäß ihren Aktionären Ferienwohnungen zur zeitlich vorübergehenden Nutzung nach Maßgabe eines Wohnungsberechtigungspunktesystems, so erzielt der Aktionär einen sonstigen Bezug aus Aktien i. S. des § 20 I Nr. 1 " 1 EStG 1981. Für die Annahme von Einkünften i. S. des § 20 I Nr. 1 S 1 EStG 1981 ist es unerheblich, wenn die Aktiengesellschaft nach schweizerischem Recht errichtet wurde.

Normen

§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG

 

Tatbestand:

I.

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist verheiratet und hat drei in den Jahren 1963 bis 1967 geborene Kinder. Er war im Streitjahr 1984 Eigentümer einer Eigentumswohnung in L in der Schweiz, aus der er - wie in den Jahren zuvor - negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielte.

Der Kläger besaß außerdem vier Aktien der Hapimag AG (H-AG). Die H-AG ist eine nach schweizerischem Recht gegründete und in der Schweiz ansässige AG, die Ferienhäuser und Ferienappartements bewirtschaftet und ihren Aktionären bis auf entstehende Nebenkosten unentgeltlich zur Verfügung stellt. Jeder Aktienerwerber ist verpflichtet, der H-AG ein unverzinsliches Darlehen in Höhe von 1 100 sfr zu gewähren. Die Aktionäre erhalten von der H-AG keine Dividende. Für den Fall der Neuausgabe von Aktien verzichten sie entschädigungslos auf ihr Bezugsrecht. Für jede Aktie schreibt die H-AG dem Aktionär zwölf Wohnberechtigungspunkte pro Jahr gut. Die Punkte können über fünf Jahre hinweg angesammelt werden. Sie vermitteln die Möglichkeit, in den von der H-AG bewirtschafteten Ferienanlagen Häuser oder Wohnungen unentgeltlich zu nutzen. Im Streitjahr benötigte ein Aktionär in der Hauptsaison 24 Punkte, um eine Wohnung eine Woche lang unentgeltlich unter gesonderter Berechnung der sog. Nebenkosten (Heizung, Strom, Wasser, Reinigung usw.) nutzen zu können.

Die Tochter des Klägers unternahm in der Zeit vom 29. September bis 20. Oktober 1984 einen dreiwöchigen Aufenthalt in einer Ferienanlage der H-AG in B, Spanien. Dafür verbrauchte sie - weil Nebensaison - 24 Wohnungsberechtigungspunkte.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) setzte beim Kläger einen Beteiligungsertrag i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 1 212 DM an, wobei er von 48 erhaltenen Wohnungsberechtigungspunkten ausging, deren Wert er mit 5,5 v. H. des aktuellen Ausgabepreises einer Aktie bewertete. Das FA lehnte außerdem die Berücksichtigung der negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus Gründen des § 2a EStG ab. Ferner verneinte es die Abzugsfähigkeit schweizerischer Steuern gemäß § 34c Abs. 2 EStG in Höhe von 823,86 DM, die auf die Eigentumswohnung in L entfielen.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage des Klägers nur etwa zu 22 v. H. statt; im übrigen wies es sie ab.

Mit seiner vom FG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung der §§ 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 8 Abs. 2 Satz 1, 9 Abs. 1 Satz 1, 11 Abs. 1, 20 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3, 32b EStG, der Art. 59, 62 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWGV), des Art. 24 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA-Schweiz) und den verfassungswidrig niedrig angesetzten Grundfreibetrag, die Kinderfreibeträge und Vorsorgeaufwendungen.

Während des Revisionsverfahrens hat das FA auf Anregung des Senats den angefochtenen Steuerbescheid gemäß § 165 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) teilweise für vorläufig erklärt. Die Vorläufigkeitserklärung betrifft die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Grundfreibetrages, der beschränkt abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen, der Ausbildungsfreibeträge und der Nichtabziehbarkeit privater Schuldzinsen. Der Kläger hat den geänderten Bescheid in das Revisionsverfahren übergeleitet.

Der Kläger beantragt, das Urteil des FG Münster vom 29. Januar 1992 11 K 1222/86 E aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 1984 vom 7. Oktober 1992 entsprechend der Revisionsbegründung zu ändern.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

A

Für die Entscheidung über die Revision ist der I. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) zuständig.

Die Zuständigkeit des I. Senats ergibt sich aus Teil A I. Senat Nr. 2 Buchst. c und Nr. 4 des Geschäftsverteilungsplans 1992 des BFH (BStBl II 1992, 115 ff.). Danach ist der I. Senat für Einkommensteuersachen zuständig, wenn ein Streitpunkt Fragen der Auslegung von Doppelbesteuerungsabkommen (Nr. 2 Buchst. c) oder aber die Tarifvorschriften gemäß § 32b EStG betrifft. Im Streitfall sind beide Voraussetzungen erfüllt. Es ist u. a. über die Anwendung des Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 DBA-Schweiz (BGBl II 1980, 751; BStBl I 1980, 398) sowie über Fragen des negativen Progressionsvorbehaltes gemäß § 32b Abs. 1 Nr. 2 EStG zu entscheiden. Zwar ist nach Teil A VIII. Senat Nr. 1 Buchst. b des Geschäftsverteilungsplanes für Einkommensteuer betreffend die Einkünfte aus Kapitalvermögen der VIII. Senat und nach Teil A IX. Senat des Geschäftsverteilungsplanes für Einkommensteuer betreffend Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der IX. Senat zuständig. Jedoch geht die speziellere Regelung in Teil A I. Senat Nr. 2 Buchst. c und Nr. 4 des Geschäftsverteilungsplanes der allgemeineren vor, weil sie immer dann eingreift, wenn auch nur über eine Frage, z. B. der Auslegung von DBA, zu entscheiden ist. Der Vorrang der spezielleren Zuständigkeitsregelung gilt unabhängig davon, welches Gewicht der Frage im Verhältnis zu anderen beizumessen ist, über die ebenfalls zu entscheiden ist.

B

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Die vom Kläger erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch. Dies bedarf keiner weiteren Begründung (Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - BFHEntlG -).

2. FA und FG sind zutreffend davon ausgegangen, daß der Kläger im Streitjahr 1984 aus dem Halten von Aktien der H-AG bzw. aus der Darlehensvergabe an die H-AG Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 und/oder Nr. 8 EStG 1981 erzielte.

a) Nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 8 EStG 1981 gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen u. a. sonstige Bezüge aus Aktien und Vorteile i. S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG aus sonstigen Kapitalforderungen. Dazu hat das FG in tatsächlicher Hinsicht und den erkennenden Senat bindend festgestellt (§ 118 Abs. 2 FGO), daß der Kläger im Streitjahr 1984 als Gesellschafter (Aktionär) der H-AG vier Aktien dieser Gesellschaft hielt und ihr außerdem ein Darlehen in Höhe von 4 400 sfr zur Verfügung gestellt hatte. Auf Grund dieser Leistungen stellte die H-AG dem Kläger in 1984 auf die Dauer von drei Wochen eine Wohnung in B (Spanien) unentgeltlich zur Verfügung, die von der Tochter des Klägers genutzt wurde. Die unentgeltliche Wohnungsüberlassung ist dem Grunde nach sowohl ein sonstiger Bezug aus Aktien der H-AG (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG 1981) als auch ein Vorteil (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG 1981), der anstelle von Darlehenszinsen (§ 20 Abs. 1 Nr. 8 EStG 1981) gewährt wurde. Damit erzielte der Kläger Einkünfte aus Kapitalvermögen, ohne daß es einer genauen Aufteilung des erzielten Vorteils auf die Tatbestände des § 20 Abs. 1 Nrn. 1 und 8 EStG bedarf. Die Aufteilung hat keine Auswirkung auf die Höhe der anzusetzenden Einkünfte.

b) Entgegen der Auffassung des Klägers fehlt es im Streitfall an keiner Grundvoraussetzung für die Annahme von Einkünften aus Kapitalvermögen. Zwar hat der VIII. Senat des BFH in seinem Urteil vom 31. Oktober 1989 VIII R 210/83 (BFHE 160, 11, BStBl II 1990, 532) entschieden, daß Einnahmen aus Kapitalvermögen beziehe, wer Kapitalvermögen gegen Entgelt zur Nutzung überlasse. Die in der Entscheidung zitierten Urteile betreffen jedoch ausnahmslos den Besteuerungstatbestand i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 8 EStG 1981. Aus den Urteilen kann deshalb nicht die Schlußfolgerung gezogen werden, daß alle Besteuerungstatbestände des § 20 Abs. 1 EStG 1981 eine entgeltliche Nutzungsüberlassung von Kapital auf Zeit voraussetzten. Dies gilt insbesondere nicht für die Regeltatbestände des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1981 (Ausnahme: Begründung eines Genußrechts). Der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft, der in der Form einer Übernahmevereinbarung (§ 55 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG -) eine Bar- oder Sacheinlage zu leisten verspricht, überträgt bei der Erfüllung seiner Verbindlichkeit auf die Kapitalgesellschaft weder Kapital "zur Nutzung" noch "gegen ein Nutzungsentgelt". Der Vermögensübergang ist vielmehr zivilrechtlich und wirtschaftlich ein endgültiger, der sich auf die Vermögenssubstanz bezieht. Der Gesellschafter verliert alle Rechte an dem übertragenen Vermögen. Ihm verbleibt kein Rückgewähranspruch. Als Gegenleistung erhält er ein Mitgliedschaftsrecht an der Kapitalgesellschaft, das in der Regel frei übertragbar ist und das Vermögensrecht mitumfaßt, an Gewinnausschüttungen und an der Verteilung des Liquidationsvermögens beteiligt zu werden. Erwirbt ein Gesellschafter den Anteil an der Kapitalgesellschaft von einem Dritten, so kann er Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1981 unabhängig davon erzielen, ob er in eigener Person den Tatbestand einer Kapitalüberlassung verwirklicht oder nicht. Das ist der Grund, weshalb der erkennende Senat in seinem Urteil vom 22. August 1990 I R 69/89 (BFHE 162, 263, BStBl II 1991, 38) von einem Rechtsverhältnis gesprochen hat, das als gemeinsames Merkmal allen Einkünften aus Kapitalvermögen zugrunde liegt. Dieser Auffassung hat der VIII. Senat in seinem Urteil vom 30. April 1991 VIII R 38/87 (BFHE 164, 357, BStBl II 1991, 574) zugestimmt. Es ist deshalb auf der Grundlage der übereinstimmenden Auffassung beider Senate auch für die Entscheidung über den Streitfall allein maßgeblich, daß der Kläger Gesellschafter (Aktionär) der H-AG war bzw. der H-AG ein Darlehen gewährt hatte und als Gegenleistung dafür den Anspruch auf Überlassung der Ferienwohnung in B erhielt.

c) Die H-AG war im Streitjahr 1984 eine AG i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG 1981. Die Vorschrift erwähnt zwar unmittelbar nur den Begriff "Aktie". Sie bezieht ihn aber auf die gesellschaftsrechtliche Beteiligung an einer AG. In diesem Sinne fallen unter den Begriff "Aktiengesellschaft" nicht nur solche, die nach dem deutschen Aktiengesetz (AktG) errichtet wurden, sondern auch ausländische Rechtsgebilde, die ihrer inneren Struktur nach einer nach deutschem Aktienrecht errichteten AG im wesentlichen entsprechen. Dies folgt aus dem Gesetzeswortlaut und dem Sinn des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG 1981. Der Gesetzeswortlaut enthält keine Beschränkung auf Aktien, die von einer nach deutschem Aktienrecht gegründeten AG ausgegeben wurden. Von dem Sinn des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG 1981 her gesehen, Beteiligungserträge als steuerpflichtige Einnahmen aus Kapitalvermögen zu erfassen, kann es keinen Unterschied machen, ob die ausschüttende Kapitalgesellschaft nach in- oder nach ausländischem Recht errichtet wurde, wenn sie im übrigen ihrer Rechtsstruktur nach mit einer Kapitalgesellschaft deutschen Rechts vergleichbar ist. Die Beteiligungserträge erhöhen die Leistungsfähigkeit des Gesellschafters in beiden Fällen in gleicher Weise.

Aus dem Gesagten folgt allerdings nicht, daß jede nach ausländischem Recht errichtete Personenvereinigung nur deshalb als Kapitalgesellschaft i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1981 behandelt werden kann, weil sie ihren Mitgliedern Vermögensvorteile zuwendet. Unter § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1981 fallen nur Beteiligungen an Kapitalgesellschaften (AG, KGaA, GmbH), Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und an bergbautreibenden Vereinigungen. Es ist deshalb erforderlich, die Beteiligung an einer nach ausländischem Recht errichteten Personenvereinigung mit denjenigen zu vergleichen, die nach deutschem Recht an den o. g. juristischen Personen bestehen können. Nur dann, wenn die Beteiligung an der ausländischen Personenvereinigung mit der an einer der o. g. juristischen Personen vergleichbar ist, kann sie unter § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1981 subsumiert werden. Bei dem Vergleich ist darauf abzustellen, ob die ausländische Personenvereinigung wie eine juristische Person körperschaftlich strukturiert ist und ob die Beteiligung an ihr (abstrakt gesehen) das Vermögensrecht mitumfaßt, an Gewinnausschüttungen und an der Auskehrung des Liquidationsvermögens beteiligt zu werden. Unerheblich ist dagegen, ob die Personenvereinigung im Ausland als Körperschaft oder als Mitunternehmerschaft besteuert wird und ob das ausländische Recht ihr eigene Rechtsfähigkeit zuerkennt.

In diesem Sinne ist die Beteiligung an einer nach schweizerischem Recht errichteten AG geeignet, Beteiligungserträge i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG 1981 abzuwerfen. Die AG schweizerischen Rechts ist eine kapitalbezogene Körperschaft, die in der Regel wirtschaftliche Zwecke verfolgt und ein kaufmännisches Unternehmen betreibt. Das schweizerische Aktienrecht sieht für die AG ein in bestimmter Höhe festgesetztes und in Teilsummen (Aktien) zerlegtes Grundkapital vor (Art. 621 ff. des Bundesgesetzes über das Obligationenrecht). Für Verbindlichkeiten der AG muß nur deren Gesellschaftsvermögen einstehen. Die Rechtsstellung des Gesellschafters entspricht weitgehend der des Gesellschafters einer nach deutschem Recht errichteten AG (vgl. Meier-Hayoz/Forstmoser, Grundriss des schweizerischen Gesellschaftsrechts, 6. Aufl., Bern 1989, S. 246 ff.). Zwar obliegt die Feststellung des ausländischen Rechts seinem Bestand und Inhalt nach grundsätzlich dem FG als Tatsacheninstanz. Auch hat das FG keine Feststellungen über den Inhalt des schweizerischen Aktienrechts getroffen. Ausnahmsweise kann aber der BFH von sich aus ausländisches Recht anwenden, wenn es dem FG unbekannt war (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 23. Oktober 1963 V ZR 146/57, BGHZ 40, 197; BFH-Urteile vom 19. Mai 1982 I R 257/78, BFHE 136, 363, BStBl II 1982, 768; vom 9. November 1983 I R 120/79, BFHE 140, 493, BStBl II 1984, 468, unter Nr. 2.5.4.). Dies gilt auch dann, wenn die Entscheidungserheblichkeit des ausländischen Rechts vom FG verkannt wurde.

d) Die Annahme von Beteiligungserträgen aus dem Halten von Aktien an einer schweizerischen AG ist unabhängig davon, ob die AG wirtschaftliche Zwecke mit Gewinnerzielungsabsicht oder aber genossenschaftliche Funktionen verfolgt. Auf die Unterscheidung kommt es - steuerlich gesehen - insoweit nicht an, als sowohl die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als auch die an einer Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft unter § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG 1981 zu subsumieren ist. Die vom erkennenden Senat im Urteil vom 11. Oktober 1989 I R 208/85 (BFHE 158, 388, BStBl II 1990, 88) herausgearbeiteten Grundsätze können allerdings nur dann angewendet werden, wenn sich eine Körperschaft der besonderen Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft bedient. Es kann also nicht die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft deshalb wie die an einer Erwerbs- oder Wirtschaftsgenossenschaft behandelt werden, weil die AG nach ihrer Satzung genossenschaftliche Funktionen ausübt. Entscheidend ist deshalb auch im Streitfall, daß die H-AG sich der Rechtsform der AG bediente.

e) Einkünfte aus Kapitalvermögen sind im Streitfall auch nicht aus Gründen einer Liebhaberei ausgeschlossen. Von einer solchen spricht man, wenn Einkünfte aus einer Tätigkeit bzw. aus einem Rechtsverhältnis erzielt werden, die oder das nicht auf wirtschaftliche Vermögensmehrung gerichtet ist. Im Streitfall fehlt es jedoch an der Einkünfteerzielungsabsicht nicht. Nach dem vom FG in tatsächlicher Hinsicht festgestellten Sachverhalt ist davon auszugehen, daß der Kläger sich an der H-AG beteiligte, um das Recht zu erwerben, Ferienwohnungen nach eigener Wahl unentgeltlich nutzen zu können. Mag dieser Vorteil auch in der Privatsphäre des Klägers genutzt werden, so hat er doch Geldeswert i. S. des § 8 Abs. 1 EStG 1981, weshalb er grundsätzlich geeignet ist, als Einnahmen aus Kapitalvermögen eingestuft zu werden. Der Geldeswert drückt sich in der Ersparnis von Aufwendungen für die Anmietung einer Wohnung in gleicher Lage und gleicher Ausstattung aus. Wie im einzelnen noch darzulegen sein wird, stehen dem Vorteil keine höheren Werbungskosten gegenüber, weshalb der Kläger einen Überschuß von Einnahmen über die Werbungskosten erzielte. Der Überschuß indiziert die Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers.

f) Schließlich sind im Streitfall Einkünfte aus Kapitalvermögen auch nicht aus Gründen eines Vorrangs des § 21 EStG 1981 vor § 20 EStG 1981 zu verneinen. Der Tatbestand des § 20 EStG 1981 wurde im Streitfall bereits durch das Halten von Aktien an der H-AG und der Darlehenshingabe verwirklicht (vgl. Bayer/Sprave, Betriebs-Berater - BB - 1992, 1825, 1829). Der dem Kläger zugeflossene Vermögensvorteil bildet dagegen nur die Bemessungsgrundlage für die anzusetzenden Einkünfte aus Kapitalvermögen. Der Zufluß des Vorteils ist insoweit steuerrechtlich von Bedeutung, als sich nach ihm wegen § 11 Abs. 1 EStG 1981 der Zeitpunkt bestimmt, in dem die Einkünfte aus Kapitalvermögen in die Einkommensermittlung eingehen. Die Nutzung der überlassenen Ferienwohnung durch den Kläger oder seine Tochter ist dagegen schon dem Bereich der Einkommensverwendung zuzuordnen. So gesehen ergibt sich keine Überschneidung zwischen den Steuertatbeständen der §§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 bzw. Nr. 8 und 21 Abs. 2 EStG 1981. Durch das Halten von Anteilen an der H-AG wird nur der Besteuerungstatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG 1981, nicht aber auch der des § 21 Abs. 2 EStG 1981 verwirklicht. Durch die unentgeltliche Überlassung der Ferienwohnung in B erzielte der Kläger einen Beteiligungsertrag i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG 1981 und sonstige Vorteile i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 8 EStG 1981. Er verwirklichte damit jedoch nicht gleichzeitig den Besteuerungstatbestand des § 21 Abs. 2 EStG 1981, weil die Nutzungsüberlassung im steuerlichen Sinne keine unentgeltliche war. Sie war durch das Halten von Aktien der H-AG bzw. durch die Darlehenshingabe an die H-AG veranlaßt und damit Gegenleistung für die vom Kläger als Gesellschafter (Aktionär) erbrachten bzw. zu erbringenden Leistungen.

g) Schließlich können die im Streitfall interessierenden Vorgänge auch nicht deshalb der ertragsteuerlich irrelevanten Einkommensverwendungssphäre des Klägers zugeordnet werden, weil der Kläger die Gestaltung in Verfolgung bestimmter Urlaubsabsichten wählte. Der Kläger schaltete zwischen sich und die von ihm verfolgten Urlaubsabsichten eine ausländische AG, die in steuerlich anzuerkennender Weise für eigene Rechnung tätig wurde. In einem solchen Fall verbietet das Steuerrecht einen Durchgriff durch die Kapitalgesellschaft sowohl zum Nachteil als auch zum Vorteil des Gesellschafters. Es besteht deshalb keine Möglichkeit, die Besteuerung an den letztlich verfolgten Urlaubsabsichten auszurichten. Der Kläger wählte eine zivilrechtliche Gestaltung, die bei ihm Beteiligungserträge bzw. Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen auslöste. Daran muß er sich halten lassen. Auch im übrigen Wirtschaftsleben ist es ein Unterschied, ob ein Steuerpflichtiger eine eigene Wohnung unentgeltlich nutzt oder ob er sich an einer Kapitalgesellschaft beteiligt, die ihm eine Wohnung unentgeltlich zur Nutzung überläßt.

3. Das FG hat allerdings die Einkünfte des Klägers aus Kapitalvermögen der Höhe nach unzutreffend ermittelt.

a) Bei der Einkünfteermittlung der Höhe nach ist zwischen der Entstehung der Wohnberechtigungspunkte, dem Abschluß eines Vertrages über die unentgeltliche Nutzung einer bestimmten Ferienwohnung (im Streitfall: in B), deren Zurverfügungstellung durch die H-AG und deren Nutzung durch den Kläger oder eine andere Person zu unterscheiden. Dabei geht der Senat in erster Linie davon aus, daß die Wohnberechtigungspunkte von den Gesellschaftern nicht auf andere Personen übertragen werden können. Das Entstehen der Wohnberechtigungspunkte verkörpert dann lediglich das allgemeine Recht des Klägers, eine Ferienwohnung zur unentgeltlichen Nutzung beanspruchen zu können. Das Recht ist vergleichbar mit dem Gewinnbezugsrecht des Gesellschafters, wie es als unselbständiger Teil des allgemeinen Mitgliedschaftsrechts gemäß § 29 GmbHG vor Fassung eines Gewinnverteilungsbeschlusses besteht. Weder ein solches Gewinnbezugsrecht noch das Entstehen von Wohnberechtigungspunkten lassen Beteiligungserträge i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 oder einen Vorteil aus einer sonstigen Kapitalforderung i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 8 EStG 1981 entstehen. Die Forderung auf einen entsprechenden Beteiligungsertrag entsteht als selbständiges Wirtschaftsgut erst mit dem Abschluß des Vertrages über die unentgeltliche Nutzung einer bestimmten Ferienwohnung. Der Abschluß des Vertrages ist vergleichbar mit einem Gewinnverteilungsbeschluß i. S. des § 29 GmbHG. Beide lösen für sich genommen nur das Entstehen von Forderungen aus, die ein bilanzierender Gesellschafter zu aktivieren hätte. Das Entstehen solcher Forderungen ist aber nicht gleichbedeutend mit dem Zufluß von Beteiligungserträgen i. S. des § 11 Abs. 1 EStG 1981. Selbst wenn die Wohnberechtigungspunkte übertragbar sein sollten, ist der Veräußerungsgewinn nur unter den Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 Nrn. 2 oder 3 EStG 1981 steuerpflichtig.

Der Zufluß eines Beteiligungsertrages i. S. des § 11 Abs. 1 EStG 1981 vollzieht sich erst mit der Nutzungsüberlassung der einzelnen Wohnung. Dieselbe setzt nicht notwendigerweise die Nutzung durch den Steuerpflichtigen voraus. Dieser kann auf die Nutzung des ihm eingeräumten Vorteils verzichten. Er kann denselben auch durch einen anderen nutzen lassen. So gesehen erschöpfen sich die Einkünfte des Klägers aus Kapitalvermögen in der ihm eingeräumten Möglichkeit, die Ferienwohnung in B vom 29. September bis zum 20. Oktober 1984 unentgeltlich zu nutzen. Der Wert dieses Vorteils ist gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG 1981 mit dem üblichen Mittelpreis des Verbrauchsortes (B) anzusetzen. Soweit das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, kann seine Entscheidung keinen Bestand haben.

b) Die vom Kläger in Höhe von 2 981,30 DM geltend gemachten Reisekosten nach B stellen keine Werbungskosten i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG 1981 dar. Sie sind nicht dadurch veranlaßt, daß dem Kläger das Recht zur Nutzung der Ferienwohnung in B eingeräumt wurde. Die Aufwendungen sind vielmehr durch die Absicht des Klägers entstanden, die Wohnung durch seine Tochter nutzen zu lassen. Diese Nutzung ist aber dem ertragsteuerlich irrelevanten Bereich der Einkommensverwendung zuzuordnen. Es handelt sich deshalb nicht einmal um gemischt veranlaßte Aufwendungen, für die § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG ein Aufteilungs- und Abzugsverbot begründet. Vielmehr sind die Aufwendungen ausschließlich durch die Lebensführung veranlaßt.

c) Etwas anderes gilt - wie das FG zutreffend ausgeführt hat - für die vom Kläger jährlich aufzubringenden Verwaltungskostenbeiträge. Diese waren unabhängig von der Nutzung irgendeiner bestimmten Ferienwohnung aufzubringen. Sie sind deshalb Werbungskosten i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG 1981 bei den Einkünften aus Kapitalvermögen.

4. Für die Einkünfte aus Kapitalvermögen steht der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) nach dem DBA-Schweiz das Besteuerungsrecht zu. Dies gilt unabhängig davon, ob die Einkünfte auch Dividenden i. S. des Art. 10 Abs. 6 DBA-Schweiz bzw. Zinsen i. S. des Art. 11 Abs. 2 DBA-Schweiz sind. Selbst wenn dies mit Rücksicht auf das nach den genannten Vorschriften anzuwendende schweizerische Recht zu verneinen sein sollte, würde sich das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik aus Art. 21 DBA-Schweiz ergeben.

5. Das FG hat dagegen zutreffend auf den Streitfall § 2a EStG in der Fassung des Haushaltsbegleitgesetzes 1983 vom 20. Dezember 1982 (BGBl I 1982, 1857, BStBl I 1982, 972) angewendet.

a) Der Anwendung des § 2a EStG steht Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 DBA-Schweiz nicht entgegen. Die Vorschrift enthält keine Regelung, die das Einkommen des Klägers als die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer 1984 berühren würde. Sie enthält lediglich eine Steuerbetragsermäßigung nach Art des § 34c Abs. 1 EStG, die ihrem Inhalt nach zu einer Minderung der festzusetzenden Einkommensteuer führt (vgl. § 2 Abs. 6 EStG 1981). Die Minderung bezieht sich auf einen gedachten Teilbetrag der inländischen tariflichen Einkommensteuer, der gemäß § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG 1981 zu berechnen ist. Beträgt jedoch - wie im Streitfall - der Teilbetrag 0 DM, so ist seine Minderung nicht möglich. Das Gesetz kennt keine negative tarifliche Einkommensteuer und damit auch keinen negativen Teilbetrag derselben. Entsprechend folgt aus Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 DBA-Schweiz keine Verpflichtung der Bundesrepublik, bestimmte ausländische Verluste bei der Einkommensermittlung abzuziehen.

b) Der Anwendung des § 2a EStG stehen die Art. 59 und 62 EWGV nicht entgegen. Die Vorschriften garantieren den freien Dienstleistungsverkehr innerhalb der Europäischen Gemeinschaft (EG) für Angehörige der Mitgliedstaaten. Der freie Dienstleistungsverkehr wird nicht dadurch eingeschränkt, daß Verluste aus einer in der Schweiz belegenen Ferienwohnung in der Bundesrepublik nicht abziehbar sind. Die Art. 59 und 62 EWGV schützen insoweit nicht das Recht, sich eine Ferienwohnung - zumal in der Schweiz als einem Nicht-EG-Mitgliedstaat - zu halten. Der Senat hält dies für eindeutig, weshalb es einer Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) gemäß Art. 177 EWGV nicht bedarf.

c) Der erkennende Senat hält auch nach Würdigung der Argumente des Klägers an seiner Rechtsauffassung fest, daß § 2a EStG verfassungsmäßig ist. Er verweist auf die BFH-Urteile vom 17. Oktober 1990 I R 182/87 (BFHE 162, 307, BStBl II 1991, 136), vom 26. März 1991 IX R 162/85 (BFHE 164, 327, BStBl II 1991, 704) und vom 5. September 1991 IV R 40/90 (BFHE 165, 512 , BStBl II 1992, 192). Dies gilt auch für die Berücksichtigung des § 2a EStG bei der Ermittlung des besonderen Steuersatzes gemäß § 32b Abs. 1 Nr. 2 EStG 1981 (BFH in BFHE 162, 307, BStBl II 1991, 136).

Der Senat hat von einer Aussetzung des Verfahrens gemäß §§ 121, 74 FGO abgesehen, weil sie vom Kläger nicht beantragt wurde. Im übrigen ist nicht erkennbar, daß das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bei einer auf die Verfassungswidrigkeit des § 2a EStG gestützten Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des Senats mit einer Vielzahl gleichgelagerter Verfahren "überschwemmt" würde (BFH-Beschluß vom 8. Mai 1990 I B 132, 134/90, BFHE 164, 194, BStBl II 1991, 641). Nach Kenntnis des Senats sind zu dieser Frage derzeit nur drei Verfassungsbeschwerden beim BVerfG anhängig. Bei dieser Sachlage wäre der Streitfall sogar geeignet, dem BVerfG zusätzliche Erkenntnisse in tatsächlicher Hinsicht zu vermitteln, weil bei einer unterstellten Verfassungswidrigkeit von § 2a EStG darüber zu entscheiden wäre, ob nicht zumindest bei ausländischen Ferienwohnungen unter dem Gesichtspunkt einer typisierenden Regelung der Liebhaberei ein Nichtabzug von Verlusten zulässig wäre.

6. Die Revision ist auch insoweit unbegründet, als der Kläger mit ihr verfassungswidrig niedrige Freibeträge geltend macht. Dies ergibt sich bezogen auf den Grundfreibetrag aus dem Beschluß des BVerfG vom 25. September 1992 2 BvL 5, 8 und 14/91, BB 1992, 2124, und für die nur beschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben aus der Tatsache, daß sich der Kläger insoweit auf vom FG nicht festgestellte Sachverhalte stützt. Wegen der Kinderfreibeträge verweist der Senat auf die Gründe der Vorentscheidung, die er überprüft und für richtig befunden hat.

7. Das FG ist in dem unter II. B 3a behandelten Punkt von einer unzutreffenden Rechtsauffassung ausgegangen. Die Sache ist insoweit nicht entscheidungsreif. Es muß der Wert der dem Kläger unentgeltlich überlassenen Nutzung der Ferienwohnung in B entsprechend den im Streitjahr üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes ermittelt werden. Von diesem Wert sind die Werbungskosten (Verwaltungskostenbeiträge) abzusetzen. Den Wert zu ermitteln ist die Aufgabe des FG. Zu diesem Zweck war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache war an das FG zurückzuverweisen.

Stichworte