Normen
§ 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG
§ 15 Abs. 2 EStG
§ 4 Abs. 1 S. 2 EStG
§ 16 EStG
§ 34 EStG
§ 1 Abs. 1 GewStDV (a.F.)
Tatbestand:
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die zur Einkommensteuer zusammenveranlagt werden. Der Kläger - von Beruf Schlachter - war seit 1974 arbeitslos. 1977 begann er in T einen Handel mit gebrauchten Kfz, gab diesen Betrieb aber bereits 1979 mangels Rentabilität wieder auf. Die Klägerin war als Hausfrau tätig.
In der Zeit von März 1973 bis Februar 1979 war die Klägerin für kürzere oder längere Zeit Eigentümerin mehrerer Immobilienobjekte. Angekauft wurden in der Regel unbebaute Grundstücke, die mit einem Einfamilien- oder Zweifamilienhaus bebaut wurden. Die Objekte wurden von der Klägerin und ihrer Familie zum Teil für eine gewisse Zeit selbst bewohnt und bei sich bietender Gelegenheit mit Gewinn, zum Teil mit Verlust veräußert.
Im einzelnen handelt es sich um folgende Vorgänge:
Anschaffungs- Veräußerungs Selbst-
Lage zeitpunkt zeitpunkt nutzung
1. X 6.3.1973 8.4.1974 29.8.1973-
A-Weg 10 10.8.1974
2. X 7.3.1975 23.10.1975 1.10.1975-
B-Weg 18 25.1.1976
3. Y 19.11.1974 20.12.1975 --
C-Weg 1a
4. Y 19.11.1974 18.11.1976 25.1.1976-
C-Weg 1b 13.12.1976
5. X 18.2.1976 20.4.1977 --
B-Weg 28
6. Z 1.4.1976 25.3.1977 --
D-Weg 6a
7. Z 1.4.1976 14.10.1978 13.12.1976-
D-Weg 6 15.2.1979
Das Grundstück B-Weg 28 wurde unbebaut erworben und unbebaut veräußert. Die übrigen Grundstücke wurden unbebaut erworben und vor Veräußerung mit Einfamilienhäusern (A-Weg 10, B-Weg 18) oder mit Doppelhäusern (C-Weg, D-Weg) bebaut. Die sieben Objekte sind an sieben verschiedene Erwerber veräußert worden. Zusätzlich hatte der Kläger in 1975 das Grundstück X, E-Straße 26 bebaut und veräußert.
Nach einer Betriebsprüfung änderte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die Einkommensteuerbescheide 1975 und 1976 und erließ für 1979 einen erstmaligen Einkommensteuerbescheid. Er ist der Auffassung, daß es sich bei den sieben Grundstücksgeschäften der Klägerin um eine gewerbliche Tätigkeit handelt. Die Kläger sind der Auffassung, daß das FA die Ergebnisse der Betriebsprüfung nicht hätte verwerten dürfen, weil die Prüfungsanordnung nur die Jahre 1976 bis 1978 umfaßt hätte. Unabhängig davon seien die Grundstücksgeschäfte nicht als gewerbliche Betätigung zu werten.
Der Einspruch für die Streitjahre blieb erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage im wesentlichen ab. Es setzte lediglich die Einkommensteuer für 1976 herab, weil der dem Veranlagungszeitraum 1975 zuzurechnende Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks B-Weg 18 bei der Bemessung der Einkommensteuer für 1976 außer Betracht zu bleiben hätte. Das FG führt aus, dem FA sei nicht verwehrt gewesen, die Ergebnisse der Betriebsprüfung auszuwerten. Es sei zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, daß es sich bei den streitigen Einkünften um solche aus Gewerbebetrieb handele und nicht um sonstige Einkünfte aus Spekulationsgeschäften oder um einkommensteuerrechtlich irrelevante Einkünfte.
Im Revisionsverfahren ist noch streitig, ob die Gewinne aus der Veräußerung der Grundstücke C-Weg 1a und b in Höhe von 49 307 DM für das Jahr 1976 und D-Weg 6 in Höhe von 57 471 DM für das Jahr 1979 der Einkommensteuer unterliegen.
Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Die Klägerin sei nicht gewerblich tätig gewesen. Sie habe sich mangels eigener Verkaufsaktivitäten nicht am wirtschaftlichen Verkehr beteiligt. Der Verkauf der Immobilienobjekte sei jeweils aus einer Notsituation heraus erfolgt. Das FG habe die Arbeitslosigkeit des Klägers nicht genügend berücksichtigt. Entgegen den Ausführungen des FG sei die wiederholte Selbstnutzung der Objekte ein Indiz gegen eine langfristige Planung und gegen eine grundsätzliche Verkaufsabsicht. Bei fortwährender Selbstnutzung könne ein Wirtschaftsgut nicht dem Umlaufvermögen zugeordnet werden. Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens seien zum Verkauf bestimmt. Bei dem Objekt D-Weg 6 habe, wie sich aus der langfristigen Selbstnutzung ergebe, die Nutzung durch Fruchtziehung im Vordergrund gestanden.
Das FG habe bei der Sachverhaltsermittlung nicht alle Beweismittel ausgeschöpft. Es hätte die Käufer der Grundstücke zu der Frage vernehmen sollen, ob die Käufer von sich aus an die Klägerin herangetreten seien oder ob diese aktiv für den Kauf der Grundstücke geworben hätte.
Außerdem müßte untersucht werden, ob die Prüfungsanordnung ausreichend sei. Sie lasse nicht eindeutig erkennen, welcher Ehegatte in welcher Eigenschaft in Anspruch genommen werden soll.
Die Kläger beantragen sinngemäß, das FG-Urteil, die Einspruchsentscheidung und die Einkommensteuerbescheide 1976 und 1979 aufzuheben und die Einkommensteuer für 1976 und 1979 entsprechend ihren Steuererklärungen festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Es hält das FG-Urteil in allen Punkten für zutreffend.
Entscheidungsgründe
1. Das FA war entgegen der Auffassung der Kläger nicht gehindert, die Ergebnisse der Betriebsprüfung bei den Änderungsveranlagungen zu berücksichtigen.
Etwaige Mängel der Prüfungsanordnung stehen der Verwertung der Prüfungsergebnisse schon deshalb nicht entgegen, weil die Kläger die Prüfungsanordnung nicht angefochten haben. Außenprüfungsergebnisse, die rechtswidrig erlangt sind und die auf Prüfungsmaßnahmen beruhen, die als selbständige Verwaltungsakte in einem besonderen Verfahren angefochten werden können, dürfen nur dann nicht verwertet werden, wenn der Steuerpflichtige in dem dafür vorgesehenen Verfahren gegen die Rechtswidrigkeit der Prüfungsmaßnahme erfolgreich vorgegangen ist. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit hindert die Verwertung der Prüfungserkenntnisse (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 30. November 1987 VIII B 3/87, BFHE 151, 354, BStBl II 1988, 183, mit weiteren Nachweisen).
Das FA hat die Prüfung nicht in unzulässiger Weise auf Jahre ausgedehnt, die in der Prüfungsanordnung nicht genannt sind. Das FG hat in diesem Zusammenhang mit Recht darauf hingewiesen, daß das Grundstück D-Weg 6 bereits im Jahr 1978, also im Prüfungszeitraum, veräußert worden ist.
2. Die von den Klägern geltend gemachten Verfahrensrügen sind unbegründet. Der Senat sieht gemäß Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFH-EntlG) von näheren Ausführungen hierzu ab.
3. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, daß die Klägerin in den Streitjahren gewerblich tätig war.
a) Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i. V. m. § 1 Abs. 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV) in der Fassung der Streitjahre - vgl. nunmehr § 15 Abs. 2 EStG - ist ein Gewerbebetrieb eine selbständige nachhaltige Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, die mit Gewinnabsicht unternommen wird. Diese darf weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs, noch als eine andere selbständige Tätigkeit anzusehen sein. Sie darf sich auch nicht als bloße Vermögensverwaltung darstellen.
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.
b) Die Klägerin hat eine selbständige Tätigkeit ausgeübt, weil sie als Grundstückseigentümerin bei der Errichtung und dem Verkauf von Wohngebäuden und dem Verkauf des unbebauten Grundstücks auf eigene Rechnung und Gefahr handelte, also das Unternehmerrisiko trug und Unternehmerinitiative entfalten konnte.
c) Dabei hat die Klägerin spätestens seit dem Zeitpunkt, zu dem sie den Auftrag zur Errichtung der Wohngebäude gab, in der zumindest bedingten Absicht gehandelt, bei einer eventuellen späteren Veräußerung einzelner oder aller Wohngebäude Gewinn zu erzielen. Daß die Klägerin die Wohngebäude im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Errichtung veräußert und dabei tatsächlich Gewinn erzielt hat, zwingt nach den Regeln der Lebenserfahrung mangels eindeutiger gegenteiliger Anhaltspunkte zu der Schlußfolgerung, daß diese innere Einstellung, die wie alle sich in der Vorstellung von Menschen abspielenden Vorgänge nur anhand äußerer Merkmale beurteilt werden kann, bei der Klägerin vorhanden war (vgl. BFH-Urteil vom 23. Oktober 1987 III R 275/83, BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293, mit weiteren Nachweisen).
d) Der Verkauf der Wohngebäude war eine nachhaltige Betätigung. Nachhaltig ist eine Tätigkeit, wenn sie von der Absicht getragen ist, sie zu wiederholen und daraus eine ständige Erwerbsquelle zu machen, und wenn sie sich objektiv - in der Regel durch Wiederholung - als nachhaltig darstellt. Auch bezüglich der Wiederholungsabsicht kommt den tatsächlichen Umständen besondere Bedeutung zu. Das Merkmal der Nachhaltigkeit ist bei einer Mehrzahl von Handlungen im Gegensatz zu einer einmaligen Handlung in der Regel zu bejahen (Urteil in BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293, mit weiteren Nachweisen).
Die Veräußerung von insgesamt sieben Immobilienobjekten durch die Klägerin in einem Zeitraum von etwa fünf Jahren erfüllt die Voraussetzungen der Nachhaltigkeit. Der Auffassung der Kläger, daß die Klägerin jeweils auf Grund nicht vorhersehbarer Notsituationen - entgegen ihrer ursprünglichen Absicht - den Entschluß fassen mußte, ein Immobilienobjekt zu veräußern, vermag der Senat nicht zu folgen.
e) Die Klägerin hat am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen. Die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erfordert, daß sich der Veräußerer mit seiner Veräußerungsabsicht an den allgemeinen Markt wendet. Hierfür genügt es, wenn - auch ohne besondere Werbung - die Verkaufsabsicht nur einem kleinen Kreis von Personen - u. U. auch nur einer Person - bekannt wird und der Veräußerer - z. B. wegen starken Interesses an seinen Objekten - damit rechnet, seine Verkaufsabsicht werde sich herumsprechen (BFH-Urteile vom 3. Juni 1987 III R 209/83, BFHE 150, 418, 420, BStBl II 1988, 277, unter 1b; vom 22. Mai 1987 III R 212/83, BFH/NV 1987, 717, 718). Das Vorbringen der Klägerin, sie habe keine aktiven Verkaufsmaßnahmen getroffen, sondern sie sei jeweils von den Käufern angesprochen worden, zeigt, daß die Klägerin offen war, mit Interessenten, die von den Objekten erfahren hatten, Verträge abzuschließen. Das reicht aus, um eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr anzunehmen.
f) Der An- und Verkauf der Immobilienobjekte geht über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinaus.
Eine private Vermögensverwaltung ist zu bejahen, solange sich die zu beurteilende Tätigkeit als Nutzung von Grundbesitz durch Fruchtziehung aus zu erhaltender Substanz darstellt und die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte nicht entscheidend in den Vordergrund tritt. Unter Ausnutzung substantieller Vermögenswerte ist eine Vermögensumschichtung zu verstehen, die in erster Linie erfolgt, um vorhandenes Vermögen durch Ausnutzung von Substanzwertsteigerungen zu vermehren. Hingegen liegt bei einer Vermögensumschichtung, die lediglich erfolgt, um den Wert des vorhandenen Vermögens besser zu nutzen, also höhere Erträge zu erzielen, Vermögensverwaltung vor, weil in diesem Fall die Vermögensnutzung durch Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten im Vordergrund steht (BFH-Urteil vom 9. Dezember 1986 VIII R 317/82, BFHE 148, 480, 482, BStBl II 1988, 244, mit weiteren Nachweisen).
Im Streitfall ist die Grenze einer privaten Vermögensnutzung überschritten. Die zahlenmäßige Grenze, ab der ein gewerblicher Grundstückshandel beginnen kann, ist nach der Rechtsprechung des BFH bei dem Verkauf von vier Wohneinheiten zu sehen (Urteile in BFHE 148, 480, BStBl II 1988, 244; in BFHE 150, 418, BStBl II 1988, 277; in BFHE 151, 399, 403, BStBl II 1988, 293). Diese Grenze hat die Klägerin im Streitfall überschritten.
Die Tätigkeit der Klägerin ist nicht deshalb als Vermögensverwaltung zu werten, weil sie die Wohngebäude mit ihrer Familie zum Teil für kürzere oder längere Zeit bewohnt hat. Sofern die sonstigen Voraussetzungen gegeben sind, entfällt die Annahme eines Gewerbebetriebs nicht, weil gebrauchte Gegenstände verkauft werden. Entgegen der Auffassung der Kläger ist eine Zurechnung von Wirtschaftsgütern zu einem gewerblichen Betriebsvermögen nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil die Wirtschaftsgüter für eine bestimmte Zeit anders als durch Verkauf genutzt werden. Dabei kann zwischen dem Vermieten an Dritte (vgl. Urteil in BFHE 151, 399, 403, BStBl II 1988, 293; BFH-Beschluß vom 13. März 1986 IV S 16/85, BFH/NV 1986, 606) und dem eigenen Nutzen nach Auffassung des Senats kein grundsätzlicher Unterschied gemacht werden.
g) Das FG ist auf Grund der Umstände des Streitfalls zu der Überzeugung gekommen, daß die Klägerin bei der Anschaffung der Grundstücke jeweils die Absicht gehabt hat, die Grundstücke wieder zu veräußern. Zum Grundstück D-Weg 6 führt das FG aus, die Klägerin habe das Grundstück erworben, bevor sie die Grundstücke C-Weg 1b und B-Weg 28 verkauft hätte. Hieraus hat das FG gefolgert, daß auch das Grundstück D-Weg 6 in der Absicht der Wiederveräußerung angeschafft worden ist. Diese Würdigung des FG ist möglich. Sie verstößt weder gegen Erfahrungssätze noch gegen Denkgesetze. Der Senat ist an diese Würdigung gemäß § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebunden.
4. Zutreffend ist auch die Auffassung des FG, daß die Grundstücke durch die Selbstnutzung nicht aus dem Betriebsvermögen entnommen worden sind (§ 4 Abs. 1 Satz 2 EStG). Die Grundstücke wurden durch die Selbstnutzung nicht notwendiges Privatvermögen, denn sie verließen den betrieblichen Bereich nicht endgültig, sondern wurden nur vorübergehend privat genutzt.
5. Das FG ist dem Vorbringen der Klägerin, mindestens müsse im Jahr 1977 eine Entnahme des Grundstücks D-Weg 6 und eine nach den §§ 16, 34 EStG steuerbegünstigte Betriebsaufgabe angenommen werden, nicht gefolgt. Das FG hat seine Auffassung damit begründet, daß die Klägerin auch noch später Aktivitäten entfaltet hätte, die gegen eine Beendigung des Grundstückshandels im Jahr 1977 sprächen. Diese Ausführungen lassen keinen Rechtsfehler erkennen. Der Hinweis der Kläger auf das Urteil des FG Düsseldorf vom 23. Juni 1986 I 160/81 E (Entscheidungen der Finanzgerichte 1987, 23) erfordert keine andere Beurteilung, weil jener Entscheidung ein anderer Sachverhalt zugrunde lag.