OGH 16Ok11/04; 16Ok12/04; 16Ok20/04; 16Ok51/05; 4Ob23/08y; 16Ok6/08; 16Ok13/08; 4Ob231/12t; 16Ok6/22a (RS0119533)

OGH16Ok11/04; 16Ok12/04; 16Ok20/04; 16Ok51/05; 4Ob23/08y; 16Ok6/08; 16Ok13/08; 4Ob231/12t; 16Ok6/22a25.5.2023

Rechtssatz

Missbräuchliches Verhalten eines Unternehmens auf einem anderen Markt als dem, den es beherrscht ("Marktdivergenz") verstößt dann gegen § 35 KartG, wenn beide Märkte so eng miteinander verbunden sind, dass Kunden des einen Markts zugleich als potentielle Kunden auf dem anderen Markt in Frage kommen. Das einen dieser Märkte beherrschende Unternehmen befindet sich dann in einer Situation, die einer beherrschenden Stellung auf der Gesamtheit der relevanten Märkte gleichkommt. Den Marktbeherrscher treffen dann die aus seiner beherrschenden Marktposition folgenden besonderen kartellrechtlichen Verhaltenspflichten auch auf dem verbundenen Markt.

Der Markt für Verbindungsleistungen in Fernsprech-Festnetzen im Selbstwählverkehr und der Markt für die Anschlussleistung sind als Komplementärmärkte in dem Sinn zu verstehen, dass die auf beiden Märkten gehandelten Dienstleistungen nur gemeinsam verwendet werden können. Die genannten Märkte sind dann aber jedenfalls so eng miteinander verbunden, dass Kunden, die Bedarfsträger des einen Markts sind, notwendig als potentielle Kunden auf dem anderen Markt in Frage kommen.

Ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung liegt dann vor, wenn ein den anderen Marktteilnehmern wirtschaftlich überlegener Unternehmer auf das Marktgeschehen in einer Weise Einfluss nimmt, die geeignet ist, negative Auswirkungen auf die Markt- und Wettbewerbsverhältnisse zu entfalten; die objektive Eignung des Verhaltens genügt. Der kartellgerichtliche Abstellungsauftrag hat sich gegen ein konkret als Missbrauch marktbeherrschender Stellung beschriebenes Marktverhalten zu richten. Art und Umfang der Abstellungsverfügung bestimmen sich nach dem Marktverhalten, das als Missbrauch marktbeherrschender Stellung qualifiziert wurde. Da der Missbrauch marktbeherrschender Stellung auch in einem Unterlassen bestehen kann, kann durch den kartellgerichtlichen Abstellungsauftrag auch ein positives Tun angeordnet werden. Dies trifft etwa dann zu, wenn sich missbräuchliches Verhalten - zum Beispiel bei Liefersperren oder beim Preismissbrauch - sonst nicht zuverlässig abstellen lässt. Solche Eingriffe in die unternehmerische Gestaltungsfreiheit sind auf das zur Erreichung des Normzwecks unbedingt notwendige Maß zu beschränken. In den meisten Fällen werden Unterlassungsgebote ausreichen. Im kartellrechtlichen Missbrauchsverfahren ist eine enge, am konkreten missbräuchlichen Verhalten orientierte Fassung des Unterlassungsgebots angebracht. Dies ergibt sich daraus, dass kartellrechtliche Abstellungsaufträge empfindlich in die unternehmerische Handlungsfreiheit eingreifen und Verstöße gegen einen Abstellungsauftrag mit hohen Geldbußen geahndet werden können.

Kinofilme-Verleih

 

Normen

KartG 1988 §35
KartG 2005 §1 Abs1
KartG 2005 §5

16 Ok 11/04OGH11.10.2004
16 Ok 12/04OGH20.12.2004
16 Ok 20/04OGH04.04.2005

nur: Der kartellgerichtliche Abstellungsauftrag hat sich gegen ein konkret als Missbrauch marktbeherrschender Stellung beschriebenes Marktverhalten zu richten. Art und Umfang der Abstellungsverfügung bestimmen sich nach dem Marktverhalten, das als Missbrauch marktbeherrschender Stellung qualifiziert wurde. Da der Missbrauch marktbeherrschender Stellung auch in einem Unterlassen bestehen kann, kann durch den kartellgerichtlichen Abstellungsauftrag auch ein positives Tun angeordnet werden. (T1)

16 Ok 51/05OGH26.06.2006

Vgl; Beisatz: Ob eine Vereinbarung, ein Beschluss oder eine abgestimmte Verhaltensweise eine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt, bestimmt sich nach ihrer objektiven Eignung, eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs herbeizuführen. (T2)

4 Ob 23/08yOGH08.04.2008

Beisatz: Hier: § 5 KartG 2005. (T3); Veröff: SZ 2008/44

16 Ok 6/08OGH16.07.2008

nur T1; Beisatz: In diesem Sinne kann bei einer unzulässigen Liefersperre auch eine Belieferungsverpflichtung auferlegt werden. (T4)

16 Ok 13/08OGH19.01.2009

Auch; nur: Ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung liegt dann vor, wenn ein den anderen Marktteilnehmern wirtschaftlich überlegener Unternehmer auf das Marktgeschehen in einer Weise Einfluss nimmt, die geeignet ist, negative Auswirkungen auf die Markt- und Wettbewerbsverhältnisse zu entfalten; die objektive Eignung des Verhaltens genügt. (T5); Veröff: SZ 2009/5

4 Ob 231/12tOGH12.02.2013

nur T5

16 Ok 6/22aOGH25.05.2023

nur: Missbräuchliches Verhalten eines Unternehmens auf einem anderen Markt als dem, den es beherrscht ("Marktdivergenz") verstößt dann gegen § 35 KartG, wenn beide Märkte so eng miteinander verbunden sind, dass Kunden des einen Markts zugleich als potentielle Kunden auf dem anderen Markt in Frage kommen. (T6)<br/>Beisatz: Hier: Bei der Werbung für eigene wie auch für von Konzernunternehmen angebotene Produkte handelt es sich grundsätzlich um Mittel des zulässigen Leistungswettbewerbs. Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch den gerügten Marktauftritt und die "Querverweise" nur aufgrund der "besonderen Verantwortung" der Antragsgegnerinnen verneint. (T7)

Dokumentnummer

JJR_20041011_OGH0002_0160OK00011_0400000_001

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte