OGH 4Ob2147/96f (RS0107117)

OGH4Ob2147/96f9.7.1996

Rechtssatz

Nach der Kernbereichslehre sind solche Vertragsänderungen dem Mehrheitsbeschluss entzogen, die die Grundlagen des Gesellschaftsverhältnisses ("den materiellen Gehalt der Mitgliedschaft") betreffen oder durch die wohlerworbene Sonderrechte verletzt werden. Die zum Kernbereich zählenden Rechte können nur mit Zustimmung des betroffenen Gesellschafters entzogen werden. Die Frage, welche Rechte zum Kernbereich der Mitgliedschaft zu zählen sind, ist nicht abschließend geklärt; sie lässt sich auch nicht ohne Rücksicht auf die Besonderheiten der jeweiligen Gesellschaft beantworten. Gegenstand des Minderheitenschutzes bei den Personengesellschaften sind nicht nur die Kapitalbeteiligung als solche und die Mitverwaltungsrechte der Gesellschafter, sondern - soweit deren persönliche Haftung reicht - ihr gesamtes Vermögen. In dem Maße, in dem der persönliche Lebensbereich eines Gesellschafters mit der Gesellschaft verwoben ist, muss auch dieser Bereich geschützt sein. Inhalt und Umfang des Schutzes richten sich daher nach dem Gesellschaftstyp (personalistische oder kapitalistische Struktur), nach der Stellung des Minderheitsgesellschafters in der Gesellschaft (unbeschränkt haftend oder Kommanditist), ferner nach den Beziehungen des Gesellschafters zur Gesellschaft (zum Beispiel Arbeitsgesellschafter oder Kapitalist) und zu den anderen Gesellschaftern (Berücksichtigung persönlicher Abhängigkeiten) sowie schließlich nach den Auswirkungen des Beschlusses auf die gesamten wirtschaftlichen und persönlichen Lebensumstände des Betroffenen.

GesbR

 

Normen

ABGB §1188
HGB §109
HGB §116
HGB §119
HGB §161
HGB §164

4 Ob 2147/96fOGH09.07.1996

Veröff: SZ 69/157

2 Ob 281/05wOGH13.07.2006

Auch; nur: Nach der Kernbereichslehre sind solche Vertragsänderungen dem Mehrheitsbeschluss entzogen, die die Grundlagen des Gesellschaftsverhältnisses ("den materiellen Gehalt der Mitgliedschaft") betreffen oder durch die wohlerworbene Sonderrechte verletzt werden. Die zum Kernbereich zählenden Rechte können nur mit Zustimmung des betroffenen Gesellschafters entzogen werden. Die Frage, welche Rechte zum Kernbereich der Mitgliedschaft zu zählen sind, ist nicht abschließend geklärt; sie lässt sich auch nicht ohne Rücksicht auf die Besonderheiten der jeweiligen Gesellschaft beantworten. (T1); Beisatz: Die Zustimmung kann auch im Vorhinein im Gesellschaftsvertrag erteilt werden. Voraussetzung einer solchen „antizipierten Zustimmung" ist jedoch, dass die das Mehrheitsprinzip einführende Klausel des Gesellschaftsvertrages den Eingriff in den Kernbereich eindeutig vorsieht und nach Ausmaß und Umfang präzisiert. (T2); Beisatz: Im Falle einer allgemeinen Mehrheitsklausel ist durch Auslegung zu ermitteln, worauf sich die Anordnung beziehen soll. (T3); Beisatz: Dabei sollen vor allem Aspekte des im Recht der Personenhandelsgesellschaften kaum ausgeprägten Minderheitenschutzes im Vordergrund stehen. Entscheidend ist demnach, inwieweit die Mitgliedschaftsrechte des Einzelnen betroffen sind. (T4); Beisatz: Hier: Auflösung einer GmbH & Co KG mittels Mehrheitsbeschluss. (T5)

4 Ob 229/07sOGH20.05.2008

nur: Nach der Kernbereichslehre sind solche Vertragsänderungen dem Mehrheitsbeschluss entzogen, die die Grundlagen des Gesellschaftsverhältnisses ("den materiellen Gehalt der Mitgliedschaft") betreffen oder durch die wohlerworbene Sonderrechte verletzt werden. Die zum Kernbereich zählenden Rechte können nur mit Zustimmung des betroffenen Gesellschafters entzogen werden. (T6); Beisatz: Hier: Für Gesellschaft bürgerlichen Rechts. (T7); Veröff: SZ 2008/65

Dokumentnummer

JJR_19960709_OGH0002_0040OB02147_96F0000_002

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