8. Bundesgesetz über die erneuerbare Wärmebereitstellung in neuen Baulichkeiten (Erneuerbare-Wärme-Gesetz – EWG)
Der Nationalrat hat beschlossen:
Kompetenzgrundlage
§ 1. (Verfassungsbestimmung) Die Erlassung und Aufhebung von Vorschriften, wie sie in diesem Bundesgesetz enthalten sind, sind auch in jenen Belangen Bundessache, hinsichtlich derer das B-VG etwas anderes bestimmt. Die in diesen Belangen nach dem B-VG zuständige Gesetzgebung bleibt insoweit zuständig für Vorschriften, die mit jenen nach diesem Bundesgesetz nicht in Widerspruch stehen.
Begriffsbestimmungen
§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes bezeichnet der Ausdruck
- 1. „neue Baulichkeiten“ die Errichtung von neuen Gebäuden und von Gebäuden, bei denen nach Abtragung bestehender baulicher Anlagen alte Fundamente oder die bestehenden tragenden Außenbauteile ganz oder teilweise wieder benützt werden;
- 2. „Anlage“ bzw. „Anlage zur Wärmebereitstellung“ eine Anlage zum Zwecke der Raumheizung oder der Warmwasserbereitung oder einer Kombination davon für ein oder mehrere Gebäude, Gebäudeteile, Nutzungseinheiten oder Räume unter Einsatz von Energie; Einrichtungen gemäß Z 12 sind von dieser Definition ausgenommen;
- 3. „Errichtung einer oder mehrerer Anlagen“ den Einbau oder die Aufstellung von einer oder mehreren Anlagen zur Wärmebereitstellung;
- 4. „fossile Brennstoffe“ sind die in den Z 5 bis Z 8 angeführten Brennstoffe; Abwärme aus fossilen Brennstoffen, die für die Gewinnung von Prozesswärme verwendet werden, ist nicht umfasst;
- 5. „feste fossile Brennstoffe“ insbesondere Stückkohle (Braunkohle, Steinkohle), Briketts, Torf und Koks, die für die Wärmebereitstellung eingesetzt werden können;
- 6. „flüssige fossile Brennstoffe“ insbesondere Heizöl, Diesel und Petroleum, die für die Wärmebereitstellung eingesetzt werden können;
- 7. „fossiles Flüssiggas“ insbesondere Propan, Propen, Butan, Buten und deren Gemische, die für die Wärmebereitstellung eingesetzt werden können;
- 8. „gasförmige fossile Brennstoffe“ insbesondere Erdgas, das für die Wärmebereitstellung eingesetzt werden kann;
- 9. „zentrale Anlage“ eine Anlage gemäß Z 2, über die mehrere oder alle Nutzungseinheiten eines oder mehrerer Gebäude mit Wärme versorgt werden;
- 10. „dezentrale Anlage“ eine Anlage gemäß Z 2, über die lediglich einzelne Räume oder eine von mehreren Nutzungseinheiten eines Gebäudes mit Wärme versorgt werden;
- 11. „Nutzungseinheit“ ein baulich abgeschlossener, nach der Verkehrsauffassung selbstständiger Teil eines Gebäudes, der nach seiner Art und Größe geeignet ist, der Befriedigung individueller Wohnbedürfnisse von Menschen oder anderen Zwecken zu dienen;
- 12. „Fernwärme“ die Verteilung thermischer Energie in Form von Dampf oder Flüssigkeiten von zentralen oder dezentralen Produktionsquellen über ein Netz an Gebäude zur Bereitstellung von Raumwärme oder Warmwasser oder einer Kombination davon oder zur Bereitstellung von Prozesswärme; dies unter der Voraussetzung, dass die Wärme zumindest zur Belieferung von zwei räumlich getrennten Gebäuden auf zumindest zwei getrennten Liegenschaften und überwiegend zum Fremdverkauf verwendet wird;
- 13. „qualitätsgesicherte Fernwärme“ eine zumindest die folgenden Kriterien erfüllende Fernwärme:
- a) sie kann mit ausreichender Leistung und Menge zur Versorgung des betreffenden Gebäudes oder der betreffenden Nutzungseinheit bereitgestellt werden,
- b) sie ist entweder der behördlichen Regelung gemäß dem Preisgesetz 1992, BGBl. Nr. 145/1992, oder einer festgelegten Regelung zur Preisänderung unterworfen, und
- c) die Fernwärme
- aa) stammt zumindest zu 80% aus Energie aus erneuerbaren Energieträgern, Wärme aus hocheffizienten Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, aus Abwärme oder einer Kombination davon, oder
- bb) ist mit einem verbindlichen Dekarbonisierungsplan gemäß § 25 Abs. 1 Z 1a lit. b Umweltförderungsgesetz, BGBl. Nr. 185/1993, ausgestattet, mit dem die dauerhafte Einhaltung der Kriterien gemäß sublit. aa) ab 2035 sichergestellt ist, und keine Ausweitung der mit fossilen Brennstoffen erzeugten Anlagenleistung erfolgt;
- 14. „Gebiet, in dem qualitätsgesicherte Fernwärme vorhanden ist“ ein Gebiet,
- a) das flächenbezogen normativ (Gesetz, Verordnung oder Bescheid) festgelegt sowie allgemein und leicht zugänglich veröffentlicht ist, oder
- b) für das nach anderen Kriterien auf normativer Basis (Gesetz, Verordnung oder Bescheid) bestimmt ist, welche Liegenschaften umfasst sind,
und die auf der jeweiligen Liegenschaft befindlichen Gebäude technisch möglich und zu wirtschaftlich zumutbaren Kosten an qualitätsgesicherte Fernwärme angeschlossenen werden können.
(2) Verweist dieses Bundesgesetz auf andere Bundesgesetze, so sind diese – soweit nicht ausdrücklich anderes angeordnet wird – in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.
Wärmebereitstellung für neue Baulichkeiten
§ 3. (1) Ab dem Inkrafttreten dieser Bestimmung ist die Errichtung einer oder mehrerer Anlagen zur Wärmebereitstellung für neue Baulichkeiten, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden können, unzulässig. Ebenso unzulässig ist die Errichtung einer odere mehrerer Anlagen zum Anschluss an Fernwärme, die nicht qualitätsgesichert ist.
(2) Abs. 1 ist nicht anzuwenden für dezentrale Anlagen, die für den Betrieb mit fossilen Brennstoffen geeignet sind, und für zentrale Anlagen, die für den Betrieb mit gasförmigen fossilen Brennstoffen geeignet sind, sowie Anschlüsse an nicht qualitätsgesicherte Fernwärme,
- a) .für die gemäß den bis dahin geltenden bundes- oder landesrechtlichen Regelungen keine Zulassung erforderlich und das Rechtsgeschäft über den Erwerb der Anlage vor dem Inkrafttreten dieser Bestimmung abgeschlossen war;
- b) .für die vor dem Inkrafttreten dieser Bestimmung eine Zulassung beantragt wurde; anhängige Verfahren sind nach den bisher geltenden Bestimmungen zu beenden.
(3) Abs. 1 gilt nicht für Anlagen, die mit erneuerbarem Gas aus eigenen Erzeugungsanlagen betrieben und über eine direkte Leitung von der Erzeugungsanlage beliefert werden.
Vollziehung
§ 4. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind von den, gemäß den einschlägigen bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften zuständigen Behörden zu vollziehen.
Notifikation
§ 5. Dieses Bundesgesetz wurde unter Einhaltung der Bestimmungen der Richtlinie (EU) 2015/1535 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft, ABl. Nr. L 241 vom 17.09.2015 S. 1, notifiziert (Notifikationsnummer: xxx).
Inkrafttreten
§ 6. (1) (Verfassungsbestimmung) § 1 tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft. Zugleich treten die Bestimmungen des Ölkesseleinbauverbotsgesetzes (ÖKEVG 2019), BGBl. I Nr. 6/2020, außer Kraft; dieses ist auf bis zu diesem Zeitpunkt anhängige Verfahren weiterhin anzuwenden.
(2) Die übrigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.
Van der Bellen
Nehammer
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