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BGBl II 49/2024

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

49. Verordnung: Land- und forstwirtschaftliche Verordnung Lärm und Vibrationen

49. Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft über den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft vor der Gefährdung durch Lärm und Vibrationen (Land- und forstwirtschaftliche Verordnung Lärm und Vibrationen LF-VOLV)

Auf Grund des Abschnittes 20, insbesondere des § 239 Z 3, 4 und 5 Landarbeitsgesetz 2021 (LAG), BGBl. I Nr. 78/2021, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 189/2023, wird verordnet:

Inhaltsverzeichnis

§ 1.

Anwendungsbereich

§ 2.

Begriffsbestimmungen

§ 3.

Expositionsgrenzwert

§ 4.

Auslösewert

§ 5.

Grenzwerte für bestimmte Räume

§ 6.

Bewertungen und Messungen

§ 7.

Ermittlung und Beurteilung der Gefahren

§ 8.

Information, Unterweisung, Anhörung und Beteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

§ 9.

Maßnahmen und Maßnahmenprogramm

§ 10.

Bauliche und raumakustische Maßnahmen

§ 11.

Maßnahmen an der Quelle

§ 12.

Maßnahmen betreffend Arbeitsmittel und Arbeitsvorgänge

§ 13.

Technische und organisatorische Maßnahmen

§ 14.

Persönliche Schutzausrüstung, Kennzeichnung, Verzeichnis

§ 15.

Ausnahmen

§ 16.

Übergangsbestimmungen

§ 17.

Schlussbestimmungen

  

Anwendungsbereich

§ 1. (1) Diese Verordnung gilt in Arbeitsstätten und an auswärtigen Arbeitsstellen im Sinne des § 202 Abs. 1 und 2 LAG für Tätigkeiten, bei denen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer während ihrer Arbeit einer Gefährdung durch Lärm oder durch Vibrationen ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein können.

(2) Die Anhänge A und B der Verordnung Lärm und Vibration – VOLV, BGBl. II Nr. 22/2006, in der jeweils geltenden Fassung, sind anzuwenden. Der Abschnitt Ganzkörper-Vibrationen des Anhangs B ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Teilsatz vor der Formel lautet: „dass für sitzende, stehende oder liegende Arbeitnehmer/innen die Vektorsumme heranzuziehen ist“.

Begriffsbestimmungen

§ 2. Im Sinne dieser Verordnung sind

  1. 1. Vibrationen: mechanische Schwingungen oder Erschütterungen, die durch direkten Kontakt auf den menschlichen Körper übertragen werden (Definition und Bewertung laut Anhang B):
    1. a) Hand-Arm-Vibrationen: mechanische Schwingungen, die bei Übertragung auf das Hand-Arm-System des Menschen Gefährdungen für die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verursachen, insbesondere Durchblutungsstörungen, Knochen- oder Gelenkschäden, neurologische oder Muskelerkrankungen,
    2. b) Ganzkörper-Vibrationen: mechanische Schwingungen, die bei Übertragung auf den gesamten Körper Gefährdungen für die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verursachen, insbesondere Rückenschmerzen und Schädigungen der Wirbelsäule;
  1. 2. Lärm: jede Art von Schall im hörbaren Frequenzbereich (Definition und Bewertung laut Anhang A):
    1. a) gehörgefährdender Lärm: Lärm über dem Auslösewert (§ 4),
    2. b) störender Lärm: Lärm, der einen Beurteilungspegel nach § 5 überschreitet.

Expositionsgrenzwert

§ 3. (1) Die nachstehenden Expositionsgrenzwerte dürfen nicht überschritten werden:

  1. 1. für Hand-Arm-Vibrationen: ahw,8h = 5 m/s2;
  2. 2. Für Ganzkörper-Vibrationen: aw,8h = 1,15 m/s2;
  3. 3. Für gehörgefährdenden Lärm: LA,EX,8h = 85 dB bzw. ppeak = 140 Pa (entspricht: LC,peak = 137 dB);
  4. 4. Für jugendliche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gelten die in § 4 Abs. 1 Z 1 und 2 angeführten Auslösewerte für Vibrationen als Expositionsgrenzwerte.

(2) Abweichend von Abs. 1 kann bei Lärmexpositionen, die von einem Arbeitstag zum anderen erheblich schwanken, als Beurteilungszeitraum für den Auslösewert (§ 4 Abs. 1 Z 3) und den Expositionsgrenzwert (Abs. 1 Z 3) anstatt des Tages (8 h) eine Woche (40 h) herangezogen werden, sofern

  1. 1. durch eine geeignete Bewertung oder Messung im Sinne des § 6 nachgewiesen wird, dass der Wochen-Lärmexpositionspegel (LA,Ex,40h) den Expositionsgrenzwert nicht überschreitet, und
  2. 2. geeignete Maßnahmen getroffen werden, um die mit diesen Tätigkeiten verbundenen Risiken auf ein Mindestmaß zu verringern.

(3) Wenn die Expositionsgrenzwerte überschritten werden, müssen die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber

  1. 1. unverzüglich Maßnahmen ergreifen, um die Exposition auf einen Wert unterhalb des Expositionsgrenzwertes zu senken,
  2. 2. ermitteln, warum der Expositionsgrenzwert überschritten wurde, und
  3. 3. die Schutz- und Vorbeugemaßnahmen entsprechend anpassen, um ein erneutes Überschreiten des Grenzwertes zu verhindern.

Auslösewert

§ 4. Die Exposition der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollte, soweit dies nach dem Stand der Technik möglich ist, keinen der folgenden Auslösewerte überschreiten. Wenn die Exposition der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen der folgenden Auslösewerte für Vibrationen überschreitet, sind § 8 Abs. 1 und § 9 Abs. 3 anzuwenden. Wenn die Exposition der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen der folgenden Auslösewerte für Lärm überschreitet, sind §§ 8 Abs. 1 und 14 Abs. 1 anzuwenden. Die individuelle Wirkung von persönlicher Schutzausrüstung ist hierbei nicht zu berücksichtigen. Die Auslösewerte betragen:

  1. 1. für Hand-Arm-Vibrationen: ahw,8h = 2,5 m/s2;
  2. 2. für Ganzkörper-Vibrationen: aw,8h = 0,5 m/s2;
  3. 3. für gehörgefährdenden Lärm: LA,EX,8h = 80 dB bzw. ppeak = 112 Pa (entspricht: LC,peak = 135 dB).

Grenzwerte für bestimmte Räume

§ 5. (1) Bei Ganzkörper-Vibrationen in Räumen nach Z 1 bis 3 ist die Exposition so niedrig wie möglich zu halten und darf maximal den Auslösewert erreichen. Bei Lärm in Räumen nach Z 1 bis 3 dürfen die folgenden Beurteilungspegel nicht überschritten werden, wobei die von außen einwirkenden Geräusche, wie Lärm aus anderen Räumen, Nachbarschaftslärm, Verkehrslärm, Fluglärm, Lärm von einer Baustelle, in die Bewertung einzubeziehen sind:

  1. 1. LA,r = 50 dB in Räumen, in denen überwiegend geistige Tätigkeiten ausgeführt werden;
  2. 2. LA,r = 65 dB in Räumen, in denen einfache Bürotätigkeiten oder vergleichbare Tätigkeiten ausgeführt werden;
  3. 3. LA,r = 50 dB ortsbezogen, in Aufenthalts- und Bereitschaftsräumen, Sanitätsräumen und Wohnräumen, wobei Geräusche, die durch Personen im Raum verursacht werden, nicht einzubeziehen sind.

(2) Zur Einhaltung der Grenzwerte nach Abs. 1 Z 1 bis 3 darf Gehörschutz nicht herangezogen werden.

Bewertungen und Messungen

§ 6. (1) Lärm und Vibrationen an den Arbeitsplätzen sind einer Bewertung nach dem Stand der Technik zu unterziehen. Dazu können zB Betriebsanleitungen, Angaben der Herstellerinnen bzw. Hersteller oder der Inverkehrbringerinnen bzw. Inverkehrbringer, Arbeitsverfahrensvergleiche, veröffentlichte Informationen, wie wissenschaftliche Erkenntnisse oder Vergleichsdatenbanken oder Berechnungsverfahren, herangezogen werden.

(2) Kann aufgrund einer solchen Bewertung eine Überschreitung der Expositionsgrenzwerte, oder eine Überschreitung der Grenzwerte für bestimmte Räume nicht sicher ausgeschlossen werden, so muss die Bewertung auf Grundlage einer repräsentativen Messung erfolgen.

(3) Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber haben dafür zu sorgen, dass Bewertungen und Messungen

  1. 1. unter Berücksichtigung der Angaben der Herstellerinnen bzw. Hersteller sachkundig geplant und in angemessenen Zeitabständen durchgeführt werden;
  2. 2. den physikalischen Eigenschaften von Lärm oder Vibrationen, dem Ausmaß, der Dauer und der Expositionsgröße sowie der Arbeitsumgebung angepasst sind und zu einem eindeutigen und repräsentativen Ergebnis führen; dies gilt auch für Stichprobenverfahren;
  3. 3. bei Hand-Arm-Vibrationen für Arbeitsmittel, die beidhändig gehalten oder geführt werden, an jeder Hand vorgenommen werden; die repräsentative Exposition ergibt sich aus dem höheren der beiden Werte, wobei beide Werte zu dokumentieren sind;
  4. 4. so dokumentiert werden, dass die Ergebnisse eindeutig und nachvollziehbar sind.

(4) Bewertungen und Messungen dürfen nur von fachkundigen Personen oder Diensten durchgeführt werden. Diese müssen die erforderlichen Fachkenntnisse und Berufserfahrungen besitzen und die Gewähr für die gewissenhafte und repräsentative Durchführung der Bewertungen und Messungen nach dem Stand der Technik bieten. Als Fachkundige können auch Betriebsangehörige eingesetzt werden.

(5) Fachkundige Personen oder Dienste müssen über die je nach Art der Aufgabenstellung notwendigen und geeigneten Einrichtungen verfügen (zB Software für Berechnungen, Messgeräte, die den vorherrschenden Bedingungen insbesondere unter Berücksichtigung der Merkmale der zu messenden physikalischen Größe angepasst sind oder aus denen die physikalische Größe eindeutig und repräsentativ abgeleitet werden kann, Vergleichsdaten, einschlägige technische Normen).

Ermittlung und Beurteilung der Gefahren

§ 7. (1) Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssen die Gefahren, denen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch Lärm oder Vibrationen ausgesetzt sind, ermitteln und beurteilen und dabei insbesondere Folgendes berücksichtigen:

  1. 1. Art, Ausmaß, Dauer und Frequenzspektrum der Exposition, einschließlich der Exposition gegenüber impulsförmigem Schall sowie gegenüber intermittierenden und wiederholten Vibrationen;
  2. 2. Expositionsgrenzwerte, Auslösewerte und Grenzwerte für bestimmte Räume;
  3. 3. Ergebnisse von Bewertungen und Messungen sowie einschlägige Informationen auf Grundlage der Gesundheitsüberwachung;
  4. 4. die Angaben von Herstellerinnen bzw. Herstellern, von Inverkehrbringerinnen bzw. Inverkehrbringern oder der Bedienungsanleitung (insbesondere Angaben zur korrekten Verwendung, zur Wartung und Kennzeichnung der Arbeitsmittel) sowie veröffentlichte Informationen wie wissenschaftliche Erkenntnisse oder Vergleichsdaten.

(2) Weiters sind bei der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren, denen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch Lärm oder Vibrationen ausgesetzt sind, zu berücksichtigen:

  1. 1. alle Auswirkungen auf die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei gleichzeitiger Einwirkung von Lärm und Vibrationen oder ototoxischen Substanzen, soweit nach dem Stand der Technik oder der Arbeitsmedizin ein Zusammenhang erwiesen ist;
  2. 2. besondere Arbeits- oder Umgebungsbedingungen bei Vibrationen, zB Arbeit bei niedrigen Temperaturen;
  3. 3. alle Auswirkungen auf die Gesundheit und Sicherheit besonders gefährdeter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer;
  4. 4. die Verfügbarkeit von persönlicher Schutzausrüstung mit einer angemessenen mindernden Wirkung; bei Hand-Arm-Vibrationen zB auch Handschuhe zum Schutz vor Nässe und Kälte;
  5. 5. alle indirekten Auswirkungen auf Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch
    1. a) Wechselwirkungen zwischen Lärm und Warnsignalen bzw. anderen Geräuschen, die beachtet werden müssen, um Unfallgefahren zu vermeiden; dies ist insbesondere zu beachten, wenn Gehörschutz zur Anwendung kommt;
    2. b) verminderte Sprachverständlichkeit bei Lärm;
    3. c) Auswirkungen von Vibrationen auf den Arbeitsplatz oder auf Arbeitsmittel, zB wenn sich Vibrationen auf das korrekte Handhaben von Bedienungselementen, auf das Ablesen von Anzeigen oder auf die Stabilität der Strukturen oder die Festigkeit von Verbindungen störend auswirken;
  1. 6. eine allfällige über die Normalarbeitszeit (acht Stunden oder vierzig Stunden) hinausgehende Exposition gegenüber Lärm oder Vibrationen.

(3) Bei der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren ist, ausgehend vom Ist-Zustand, Bedacht zu nehmen auf

  1. 1. die Gestaltung und Auslegung der Arbeitsstätten, Räume, Arbeitsplätze und Arbeitsverfahren, wie bauliche Trennung von stark belasteten Bereichen, Abschirmungen, für Lärm auch Raumakustik;
  2. 2. die Verfügbarkeit alternativer Arbeitsmittel oder Ausrüstungen und die Möglichkeit technischer Maßnahmen, durch die das Ausmaß der Exposition verringert wird;
  3. 3. die Möglichkeit, Arbeitsmittel so aufzustellen und Arbeitsvorgänge so durchzuführen, dass das Ausmaß der Exposition insbesondere für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die nicht an diesen Arbeitsmitteln oder bei diesen Arbeitsvorgängen tätig sind, verringert wird;
  4. 4. die Möglichkeit, Verbindungen zwischen Arbeitsmitteln oder sonstigen Einrichtungen schwingungsdämpfend zu gestalten.

(4) Die Ermittlung und Beurteilung ist regelmäßig zu aktualisieren. Eine Überprüfung und erforderlichenfalls eine Anpassung gemäß § 187 Abs. 6 und 7 LAG hat insbesondere auch zu erfolgen, wenn die Ermittlung und Beurteilung aufgrund bedeutsamer Veränderungen veraltet sein könnte, oder wenn es sich aufgrund der Ergebnisse einer Bewertung oder Messung oder aufgrund der Ergebnisse der Gesundheitsüberwachung als erforderlich erweist.

Information, Unterweisung, Anhörung und Beteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

§ 8. (1) Wenn ein Auslösewert überschritten ist, muss eine Information und Unterweisung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach §§ 195 und 197 LAG erfolgen. Diese hat sich jedenfalls zu beziehen auf:

  1. 1. die Maßnahmen gemäß §§ 10 bis 13;
  2. 2. Bedeutung und Höhe der Expositionsgrenzwerte, der Auslösewerte sowie ihren Bezug zur Gefährdung;
  3. 3. die Ergebnisse der Bewertungen und Messungen und die potentiellen Gefahren, die von den Emissionsquellen ausgehen;
  4. 4. das Erkennen und Melden von gesundheitsschädigenden Auswirkungen;
  5. 5. die Voraussetzungen, unter denen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf eine Gesundheitsüberwachung haben, und deren Zweck;
  6. 6. sichere Arbeitsverfahren, sowie korrekte Handhabung der Arbeitsmittel und Verhaltensweisen zur Minimierung der Exposition;
  7. 7. die korrekte Verwendung der zur Verfügung gestellten persönlichen Schutzausrüstung.

(2) Die Anhörung und Beteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach § 196 LAG hat sich insbesondere zu beziehen auf:

  1. 1. die Ergebnisse der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren;
  2. 2. die Maßnahmen gemäß §§ 10 bis 13;
  3. 3. die Auswahl persönlicher Schutzausrüstungen.

Maßnahmen und Maßnahmenprogramm

§ 9. (1) Gefahren durch Lärm oder Vibrationen müssen am Entstehungsort ausgeschlossen oder so weit verringert werden, als dies nach dem Stand der Technik und der Verfügbarkeit von geeigneten technischen Mitteln möglich ist.

(2) Um Lärm und Vibrationen auf das niedrigste in der Praxis vertretbare Niveau zu senken, müssen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber unter Beachtung der Grundsätze der Gefahrenverhütung (§ 190 LAG) geeignete Maßnahmen aus den §§ 10 bis 13 auswählen und durchführen.

(3) Wenn einer der nachstehenden Werte überschritten wird, müssen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber bei der Festlegung von Maßnahmen nach § 187 Abs. 5 LAG auch ein Programm mit Maßnahmen aus den §§ 10 bis 13 festlegen und durchführen:

  1. 1. Auslösewerte für Vibrationen,
  2. 2. Expositionsgrenzwerte für gehörgefährdenden Lärm,
  3. 3. Grenzwerte für bestimmte Räume.

Bauliche und raumakustische Maßnahmen

§ 10. (1) Im Maßnahmenprogramm nach § 9 sind bauliche Maßnahmen zur Vermeidung oder Verringerung der Exposition, wie die Gestaltung und Auslegung der Räume und Arbeitsplätze, festzulegen. Bei Lärm sind nach Möglichkeit raumakustische Maßnahmen mit einem mittleren Schallabsorptionsgrad von mindestens αm,B = 0,25 (leerer Raum, Planungswert) oder mindestens αm = 0,3 (eingerichteter Raum) für die Oktavbandmittenfrequenzen von 500, 1000 und 2000 Hz zu setzen.

(2) Raumakustische Maßnahmen im Sinne des Abs. 1 müssen jedenfalls gesetzt werden, wenn damit unterschritten werden kann

  1. 1. der jeweilige Grenzwert für bestimmte Räume (§ 5),
  2. 2. bei gehörgefährdendem Lärm der Expositionsgrenzwert.

Maßnahmen an der Quelle

§ 11. Im Maßnahmenprogramm nach § 9 sind Maßnahmen an der Quelle zur Vermeidung oder Verringerung der Exposition an der Quelle festzulegen, wie

  1. 1. alternative Arbeitsverfahren, bei denen es zu keiner oder einer geringeren Exposition gegenüber Lärm und Vibrationen kommt;
  2. 2. die Auswahl geeigneter Arbeitsmittel, die laut Herstellerangaben und unter Berücksichtigung der auszuführenden Arbeit möglichst wenig Lärm und Vibrationen verursachen und die, insbesondere bei Vibrationen, nach ergonomischen Gesichtspunkten gestaltet sind;
  3. 3. die angemessene Wartung der Arbeitsmittel und ihrer Verbindungs- und Aufstellungsbauteile sowie anderer Einrichtungen an den Arbeitsplätzen.

Maßnahmen betreffend Arbeitsmittel und Arbeitsvorgänge

§ 12. Im Maßnahmenprogramm nach § 9 sind Maßnahmen betreffend Arbeitsmittel und Arbeitsvorgänge festzulegen, wie

  1. 1. Arbeitsmittel und Arbeitsvorgänge, die an Arbeitsplätzen Lärm oder Vibrationen über den Auslösewerten verursachen, sind unter Berücksichtigung der Arbeitsabläufe nach Möglichkeit in eigenen Räumen unterzubringen bzw. durchzuführen.
  2. 2. Arbeitsmittel und Arbeitsvorgänge, die an Arbeitsplätzen Lärm oder Vibrationen verursachen, sind so aufzustellen bzw. durchzuführen, dass insbesondere für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die nicht an diesen Arbeitsmitteln oder bei diesen Arbeitsvorgängen tätig sind, das Ausmaß der Exposition gegenüber Lärm und Vibrationen soweit als möglich verringert wird.
  3. 3. Rohre oder Leitungen, die vibrierende Arbeitsmittel untereinander oder mit anderen Einrichtungen verbinden, müssen schwingungsdämpfend ausgeführt und befestigt sein.

Technische und organisatorische Maßnahmen

§ 13. (1) Im Maßnahmenprogramm nach § 9 sind technische Maßnahmen festzulegen:

  1. 1. für Lärm: Luftschallminderung (zB durch Abschirmungen, Kapselungen, Abdeckungen mit schallabsorbierendem Material) oder Körperschallminderung (zB durch Körperschalldämmung oder Körperschallisolierung);
  2. 2. für Vibrationen: Bereitstellung von Zusatzausrüstungen, die die Gefahren aufgrund von Vibrationen verringern (zB Sitze, die Ganzkörper-Vibrationen wirkungsvoll dämpfen, oder Griffe, die auf den Hand-Arm-Bereich übertragene Vibrationen verringern).

(2) Im Maßnahmenprogramm nach § 9 sind organisatorische Maßnahmen festzulegen, wie

  1. 1. Abstandsvergrößerung zur Emissionsquelle von Lärm insbesondere für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die nicht an diesen Arbeitsmitteln oder bei diesen Arbeitsvorgängen tätig sind;
  2. 2. sichere Arbeitsverfahren, sowie korrekte Handhabung der Arbeitsmittel und Verhaltensweisen zur Minimierung der Exposition der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer;
  3. 3. Begrenzen der Dauer der Exposition durch geeignete organisatorische Maßnahmen, wie eine Beschränkung der Beschäftigungsdauer, Arbeitsunterbrechungen oder die Einhaltung von Erholzeiten.

Persönliche Schutzausrüstung, Kennzeichnung, Verzeichnis

§ 14. (1) Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich in Bereichen aufhalten, in denen der Auslösewert für Lärm überschritten ist, ist Gehörschutz zur Verfügung zu stellen. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich in Bereichen aufhalten, in denen der Expositionsgrenzwert für gehörgefährdenden Lärm (Abs. 4) überschritten ist, muss der Gehörschutz so ausgewählt werden, dass die individuelle Exposition der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer den Expositionsgrenzwert nicht überschreitet. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich in Bereichen aufhalten, in denen der Expositionsgrenzwert für gehörgefährdenden Lärm überschritten ist, müssen diesen Gehörschutz benutzen.

(2) Um den Expositionsgrenzwert für Vibrationen zu unterschreiten, ist den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung zu stellen, sofern für die spezifische Einwirkung eine Schutzausrüstung erhältlich ist, durch die die individuelle Exposition der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter den Expositionsgrenzwert gesenkt werden kann. Außerdem ist erforderlichenfalls persönliche Schutzausrüstung zum Schutz vor Kälte und Nässe, zB Handschuhe als Witterungsschutz bei Hand-Arm-Vibrationen, bereitzustellen. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen die persönliche Schutzausrüstung benutzen.

(3) Bereiche, in denen ein Expositionsgrenzwert für gehörgefährdenden Lärm (Abs. 4) oder, bei Übertragung von Vibrationen über den Boden, der Expositionsgrenzwert für Ganzkörper-Vibrationen überschritten ist, sind in geeigneter Weise zu kennzeichnen. Wenn dies technisch möglich und aufgrund der Expositionsgefahr gerechtfertigt ist, sind sie auch abzugrenzen und ist der Zugang einzuschränken.

(4) Die Überschreitung von Expositionsgrenzwerten nach Abs. 1 und 3 ist zu beurteilen

  1. 1. ortsbezogen oder
  2. 2. personenbezogen, sofern Ausmaß, Lage und Organisation der Aufenthaltsdauer der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokument festgelegt sind.

(5) Das Verzeichnis lärmexponierter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne des § 234 Abs. 4 Z 6 LAG ist für jene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu führen, die einer personenbezogenen Exposition über dem Expositionsgrenzwert für gehörgefährdenden Lärm ausgesetzt sind, wobei die individuelle Wirkung von persönlicher Schutzausrüstung nicht zu berücksichtigen ist.

Ausnahmen

§ 15. (1) Gemäß § 431 Abs. 3 LAG wird festgestellt, dass die Behörde von den Bestimmungen dieser Verordnung, außer von § 5, § 9 Abs. 3 Z 3 und des § 10 Abs. 2, und mit Maßgabe des Abs. 2 keine Ausnahme zulassen darf.

(2) Hinsichtlich des Expositionsgrenzwertes für Vibrationen darf die Behörde gemäß § 431 Abs. 2 LAG Ausnahmen von § 3 Abs. 1 zulassen, wenn die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Vibrationen ausgesetzt sind, die in der Regel unter den Auslösewerten liegen, aber von einem Arbeitstag zum anderen erheblich schwanken und gelegentlich den Expositionsgrenzwert überschreiten können.

(3) Ausnahmebescheide nach Abs. 2 dürfen nur erteilt werden, wenn die Antragstellerin bzw. der Antragsteller,

  1. 1. durch eine Bewertung oder Messung nachweist, dass die durchschnittliche Exposition über einen Zeitraum von 40 Stunden hinweg unter dem Expositionsgrenzwert bleibt, und
  2. 2. nachweist, dass die Risiken aus dieser Form der Einwirkung, der die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausgesetzt sind, geringer sind als die mit einer Exposition in Höhe des Expositionsgrenzwertes verbundenen Risiken.

(4) Ausnahmebescheide nach Abs. 2 dürfen weiters nur erteilt werden:

  1. 1. nach Anhörung der Interessenvertretungen der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber und der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
  2. 2. unter Vorschreibung geeigneter Auflagen, die unter Berücksichtigung der besonderen Umstände gewährleisten, dass die sich daraus ergebenden Risiken auf ein Minimum reduziert werden,
  3. 3. wenn nach Anhörung einer Ärztin bzw. eines Arztes im Sinne des § 240 Abs. 13 LAG gewährleistet ist, dass für die betreffenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine verstärkte Gesundheitsüberwachung vorgesehen wird,
  4. 4. befristet, wobei die Frist maximal vier Jahre betragen darf.

Übergangsbestimmungen

§ 16. (1) Vor Inkrafttreten dieser Verordnung erlassene Bescheide werden durch diese Verordnung nicht berührt, mit der Maßgabe, dass bescheidmäßige Vorschreibungen von Grenzwerten für Lärm oder für Vibrationen außer Kraft treten und die in §§ 3, 4 und 5 festgelegten Werte Anwendung finden.

(2) Abweichend von § 5 Abs. 1 Z 2 gilt ein Grenzwert von LA,r = 70 dB für Arbeitsräume, die bereits vor Inkrafttreten dieser Verordnung für einfache Bürotätigkeiten oder vergleichbare Tätigkeiten genutzt wurden.

(3) § 10 Abs. 2 gilt nicht für im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung bereits bestehende Arbeitsstätten.

Schlussbestimmungen

§ 17. (1) Diese Verordnung tritt am 1. Juni 2024 in Kraft.

(2) Mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung treten folgende Rechtsvorschriften in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung insoweit außer Kraft, als sie seit 1. Jänner 2020 als Bundesrecht weitergegolten haben:

  1. 1. Burgenland: Verordnung der Burgenländischen Landesregierung vom 6. Dezember 2006, über den Schutz der Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer in der Land- und Forstwirtschaft vor der Gefährdung durch Lärm und Vibrationen (Bgld. VOLV – LuFw), LGBl. Nr. 62/2006;
  2. 2. Kärnten: Verordnung der Kärntner Landesregierung vom 20. Feber 2007, Zl. 14-50-3004/1/07 über den Schutz der Dienstnehmer in der Land- und Forstwirtschaft vor der Gefährdung durch Lärm und Vibrationen, LGBl. Nr. 21/2007 11. Stück;
  3. 3. Niederösterreich: Verordnung über den Schutz der Dienstnehmer in der Land- und Forstwirtschaft vor Gefährdung durch Lärm und Vibrationen (NÖ LFW LV-VO), LGBl. 9020/16-0;
  4. 4. Oberösterreich: Verordnung der Oö. Landesregierung über den Schutz der Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer in der Land- und Forstwirtschaft vor Gefährdung durch Lärm und Vibrationen (Oö. VOLV-LF), LGBl. Nr. 121/2006;
  5. 5. Salzburg: Verordnung der Salzburger Landesregierung vom 30. Juni 2006 über den Schutz der Landes- und Gemeindebediensteten sowie der Dienstnehmer in der Land- und Forstwirtschaft gegen Gefährdung durch Einwirkungen von Lärm und Vibrationen (Lärm- und Vibrationenschutz-Verordnung), LGBl. Nr. 58/2006, insoweit als sie für die dem LAG unterliegenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gilt;
  6. 6. Steiermark: Verordnung über den Schutz der DienstnehmerInnen vor der Gefährdung durch Lärm und Vibrationen (VOLV LuFw), LGBl. Nr. 127/2006;
  7. 7. Tirol: § 1 lit. r der Verordnung der Landesregierung vom 23. Oktober 2001 über den Sicherheits- und Gesundheitsschutz bei der Arbeit in der Land- und Forstwirtschaft (Land- und forstwirtschaftliche Sicherheits- und Gesundheitsschutz-Verordnung – LFSG-VO), LGBl. Nr. 96/2001;
  8. 8. Vorarlberg: Verordnung der Agrarbezirksbehörde über die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der land- und forstwirtschaftlichen Dienstnehmer vor der Gefährdung durch physikalische Einwirkungen (Lärm und Vibration), ABl. Nr. 12/2007;
  9. 9. Wien: Verordnung der Wiener Landesregierung über den Schutz der Dienstnehmer und Dienstnehmerinnen in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben vor der Gefährdung durch Lärm und Vibrationen (Wiener Verordnung Lärm und Vibrationen in der Land- und Forstwirtschaft – Wr. VOLV Land- und Forstwirtschaft), LGBl. Nr. 11/2010.

Kocher

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