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BGBl II 331/2018

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

331. Verordnung: Pensionskassen-Risikomanagementverordnung 2019 - PK-RiMaV 2019

331. Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) über Mindeststandards für das Risikomanagement bei Pensionskassen 2019 (Pensionskassen-Risikomanagementverordnung 2019 - PK-RiMaV 2019)

Auf Grund des § 21a Abs. 5 des Pensionskassengesetzes (PKG), BGBl. Nr. 281/1990, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 81/2018, wird verordnet:

Allgemeines

§ 1. (1) Diese Verordnung legt Anforderungen für das Risikomanagement gemäß § 21a Abs. 1 bis 4 PKG fest, welches die Gesamtheit aus Risikomanagementsystem, Risikomanagementprozessen und der Risikomanagementfunktion umfasst und vom Vorstand als dauerhafter Prozess in Form eines Regelkreises zu implementieren ist.

(2) Der Vorstand der Pensionskasse hat dafür Sorge zu tragen, dass das Risikomanagement durch Personen erfolgt, die dafür fachlich geeignet sind, und dass angemessene technische Ressourcen für das Risikomanagement zur Verfügung stehen.

(3) Für konsortial geführte Veranlagungs- und Risikogemeinschaften sind die Bestimmungen dieser Verordnung auf konsolidierter Ebene anzuwenden.

Risikomanagementfunktion

§ 2. (1) Die gemäß § 21a Abs. 1 PKG eingerichtete Risikomanagementfunktion hat insbesondere folgende Aufgaben wahrzunehmen:

  1. 1. Unterstützung des Vorstands bei der Umsetzung des Risikomanagementsystems;
  2. 2. Überwachung des Risikomanagementsystems;
  3. 3. Überwachung des Risikoprofils der Pensionskasse und der Veranlagungs- und Risikogemeinschaften und
  4. 4. Berichterstattung über Risikoexponierungen (risk exposure), die neben Kennzahlen auch eine Beurteilung der Risikosituation und die durchgeführten und geplanten Maßnahmen (§ 21a Abs. 3 PKG) zu enthalten hat.

(2) Die Risikomanagementfunktion ist in wesentliche strategische Entscheidungen einzubinden. Davon sind jedenfalls Entscheidungen über die in § 3 Z 1 angeführten Maßnahmen erfasst.

(3) Mögliche Interessenkonflikte der Risikomanagementfunktion sind zu identifizieren. Liegen Interessenkonflikte vor, sind diese zu beschreiben und Mitigationsmaßnahmen zu dokumentieren. Die Risikomanagementfunktion ist derart einzurichten, dass Interessenkonflikte, die mit Tätigkeiten der Vermögensveranlagung verbunden sind, vermieden werden. Die Risikomanagementfunktion ist von durchführenden Tätigkeiten der Vermögensveranlagung organisatorisch zu trennen.

(4) Die Pensionskassen haben Vertretungsregelungen für den Inhaber der Risikomanagementfunktion vorzusehen, die sicherstellen, dass die Abwesenheit oder das Ausscheiden von verantwortlichen Personen nicht zu bedeutsamen Störungen des Risikomanagementprozesses führen.

Risikomanagementsystem

§ 3. Die Pensionskassen stellen sicher, dass die Festlegung, Umsetzung und Aufrechterhaltung eines gemäß § 21a Abs. 2 bis 4 PKG eingerichteten Risikomanagementsystems jedenfalls Folgendes umfasst:

  1. 1. eine klar definierte Risikostrategie, die insbesondere im Einklang mit

    a) der allgemeinen Geschäftsstrategie der Pensionskasse,

    b) den Grundsätzen der Veranlagungspolitik gemäß § 25a PKG,

    c) den Leitlinien der Veranlagung gemäß § 25 Abs. 4 PKG,

    d) den Geschäftsplänen gemäß § 20 Abs. 1 PKG,

    e) der Risikotragfähigkeit und der Risikobereitschaft gemäß § 4 und

    f) den Ergebnissen der eigenen Risikobeurteilung gemäß § 22a PKG ist;

  2. 2. vom Vorstand beschlossene Leitlinien gemäß § 21a Abs. 5 PKG, die die Einhaltung dieser Verordnung gewährleisten;
  3. 3. klar definierte und aufeinander abgestimmte Aufgaben, Verantwortlichkeiten, Entscheidungs- und Eskalationsprozesse;
  4. 4. die Umsetzung mit Hilfe von IT-Systemen. Darunter fallen jedenfalls auch Finanzmarktdaten-Informationssysteme. Die für das Risikomanagement verwendeten IT-Systeme und -Prozesse haben die Integrität, die Verfügbarkeit, die Authentizität sowie die Vertraulichkeit der Daten sicherzustellen und sind auf deren Wirksamkeit regelmäßig zu überprüfen;
  5. 5. die Dokumentation, aus der die Einhaltung der Anforderungen des § 21a PKG und dieser Verordnung für sachkundige Dritte nachvollziehbar hervorgeht;
  6. 6. das Berichtsverfahren und Prozesse, die gewährleisten, dass Informationen über die wesentlichen Risiken, denen die Risikoträger ausgesetzt sind, den verantwortlichen Personen der Pensionskasse zugänglich sind; und
  7. 7. die regelmäßige Überprüfung der Wirksamkeit des Risikomanagementsystems und bei Bedarf dessen Anpassung.

Risikoanalyse

§ 4. (1) Die Pensionskassen haben im Rahmen der Risikoanalyse gemäß § 21a Abs. 3 Z 1 PKG die Risiken aus Sicht der Risikoträger, insbesondere der Anwartschafts- und Leistungsberechtigten, der Arbeitgeber und der Pensionskasse, pro Veranlagungs- und Risikogemeinschaft, pro Sub-VG und pro Sicherheits-VRG systematisch und frühzeitig zu identifizieren. Hierbei sind auch die Risiken im Zusammenhang mit Auslagerungen und IT-Systemen zu berücksichtigen.

(2) Die gemäß Abs. 1 identifizierten Risiken sind hinsichtlich ihrer Wesentlichkeit einzustufen. Wechselwirkungen zwischen den unterschiedlichen Risiken sind zu berücksichtigen.

(3) Die Pensionskassen stellen sicher, dass das Risikomanagement hinsichtlich der Veranlagung insbesondere folgende Risiken berücksichtigt:

  1. 1. Marktrisiken,
  2. 2. Zinsrisiken,
  3. 3. Kreditrisiken einschließlich Länder- und Emittentenrisiken,
  4. 4. Währungsrisiken,
  5. 5. Risiken aus dem Einsatz von Derivaten, Verbriefungen und ähnliche Verpflichtungen,
  6. 6. Liquiditätsrisiken,
  7. 7. ökologische, soziale und die Unternehmensführung betreffende Risiken und
  8. 8. damit verbundene Risikokonzentrationen und Wechselwirkungen.

(4) Die Pensionskassen haben für alle Risikoträger gemäß Abs. 1 die Risikotragfähigkeit für wesentliche Risiken einzuschätzen. Dabei sind die Auswirkungen ungünstiger Ereignisse über eine geeignete Betrachtungsperiode zu quantifizieren. Für allfällige nicht-quantifizierbare Risiken ist die Risikotragfähigkeit in qualitativer Form einzuschätzen.

(5) Auf Grundlage der Risikotragfähigkeit ist die Risikobereitschaft festzulegen. In diesem Rahmen ist zu entscheiden, ob Risiken übernommen werden können oder zu vermeiden, zu vermindern oder zu übertragen sind.

(6) Bei der Ermittlung der Risikotragfähigkeit und der Risikobereitschaft sind Aspekte des Aktiv-Passiv-Managements zu berücksichtigen. Darunter fallen insbesondere

  1. 1. in Bezug auf die Pensionskasse: die Verwaltungskostenrückstellung, die Höhe und mögliche Entwicklungen wesentlicher Kostenbestandteile, die Verpflichtungen aus Garantien, operationelle und technologische Aufwendungen, die Rückversicherung und andere Risikominderungstechniken und
  2. 2. in Bezug auf die Veranlagungs- und Risikogemeinschaften, die Sub-VG und die Sicherheits-VRG: die Höhe und mögliche Entwicklungen der Schwankungsrückstellung, die Rückversicherung, die Höhe und mögliche Entwicklungen weiterer Rückstellungen sowie Fehlbeträge, die Höhe und mögliche Entwicklungen wesentlicher Kostenbestandteile, die Höhe und mögliche Entwicklungen des technischen Ergebnisses und das zu erwartende Liquiditätsprofil.

Risikobewertung

§ 5. (1) Die Pensionskassen haben im Rahmen der Risikobewertung gemäß § 21a Abs. 3 Z 1 PKG alle gemäß § 4 Abs. 2 als wesentlich eingestuften Risiken zu bewerten. Wechselwirkungen zwischen den unterschiedlichen Risiken sind zu berücksichtigen. Die Häufigkeit der Risikobewertungen hat die Art, den Umfang und die möglichen Entwicklungen der Risiken zu berücksichtigen.

(2) Die Pensionskasse hat für die Risikobewertungen Risikomodelle zu verwenden, mit deren Hilfe sich Aussagen über die jeweilige Risikosituation und Risikoentwicklung ableiten lassen. Die Risikobewertung hat im Einklang mit der Risikotragfähigkeit und der Risikobereitschaft gemäß § 4 Abs. 4 und 5 zu erfolgen und hat in den Risikomanagementprozess eingebunden zu sein.

(3) Die Risikomodelle sind zumindest einmal im Kalenderjahr auf ihre Eignung zu überprüfen. Bei wesentlichen Änderungen eines Risikomodells sind mindestens einmal die Berechnungen mit den bisherigen und den geänderten Modellannahmen parallel durchzuführen.

(4) Szenarioanalysen und Stresstests, die nicht nur mehr oder minder wahrscheinliche, sondern auch außergewöhnliche Szenarien in Betracht ziehen und auf die jeweiligen Risikoträger abgestimmt sind, sind regelmäßig durchzuführen.

Risikosteuerung

§ 6. (1) Bei der Risikosteuerung sind gemäß § 21a Abs. 3 Z 2 PKG die Ergebnisse der Risikoanalyse und Risikobewertung zu berücksichtigen.

(2) Für wesentliche Risiken sind im Einklang mit der gemäß § 4 Abs. 5 festgelegten Risikobereitschaft Limits festzulegen.

Risikoüberwachung

§ 7. (1) Die Maßnahmen, die zur Risikosteuerung getroffen wurden, sind zu überwachen. Für Zwecke der Risikoüberwachung gemäß § 21a Abs. 3 Z 2 PKG haben die Pensionskassen regelmäßig Soll/Ist-Vergleiche zwischen der tatsächlichen und der anhand der Risikostrategie gemäß § 3 Z 1 definierten Risikosituation durchzuführen und entsprechende Anpassungen vorzunehmen.

(2) Die gemäß § 6 Abs. 2 festgelegten Limits sind im Rahmen des Risikomanagementsystems unter Vermeidung von Interessenkonflikten fortlaufend zu überwachen.

(3) Prozesse und angemessene Maßnahmen bei Limitüberschreitungen sind vorab festzulegen. Im Fall einer Limitüberschreitung ist die Einhaltung dieser Maßnahmen zu dokumentieren.

(4) Mit Hilfe von Frühwarnmechanismen ist zu gewährleisten, dass geänderte Risikosituationen, verringerte Risikotragfähigkeit sowie drohende Limitüberschreitungen zeitnah erkannt und die notwendigen Maßnahmen daraus abgeleitet werden können.

In- und Außerkrafttreten

§ 8. Diese Verordnung tritt mit 1. Jänner 2019 in Kraft.

Ettl Kumpfmüller

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