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BGBl II 379/2017

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

379. Verordnung: ÄrztInnen-Reihungskriterien-Verordnung

379. Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen über die Kriterien für die Reihung der ärztlichen BewerberInnen um Einzelverträge mit den Krankenversicherungsträgern (ÄrztInnen-Reihungskriterien-Verordnung)

Auf Grund des § 343 Abs. 1a des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 189/1955, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 151/2017, wird verordnet:

Auswahl der Vertragsärztinnen/Vertragsärzte

§ 1. Die Auswahl der Vertragsärztinnen/Vertragsärzte und der Vertrags-Gruppenpraxen hat im Sinne des § 343 Abs. 1 erster Satz ASVG nach den im § 2 genannten Reihungskriterien zu erfolgen.

Reihungskriterien

§ 2. (1) Die Kriterien für die Reihung der BewerberInnen um Einzelverträge mit den Krankenversicherungsträgern sind:

  1. 1. die fachliche Eignung, die auf Grund der Berufserfahrung als Ärztin/Arzt zu beurteilen ist; dabei sind jedenfalls Tätigkeiten als niedergelassene Ärztin/niedergelassener Arzt, als Praxisvertreterin/Praxisvertreter sowie als angestellte Ärztin/angestellter Arzt zu berücksichtigen; eine Differenzierung in der Berücksichtigung zwischen diesen und innerhalb dieser Tätigkeiten, insbesondere anhand der Versorgungsintensität und Erfahrung für eine Tätigkeit als Vertragsärztin/Vertragsarzt, kann vorgenommen werden; zusätzlich können Tätigkeiten als Notärztin/Notarzt oder als Ärztin/Arzt im Bereitschaftsdienst oder eine Tätigkeit im Rahmen einer Lehrpraxis berücksichtigt werden;
  2. 2. zusätzliche fachliche Qualifikationen, die insbesondere durch Vorlage von Diplomen über die erfolgreiche Absolvierung einer fachlichen Fortbildung, die von der Österreichischen Ärztekammer verliehen oder anerkannt werden, nachzuweisen sind;
  3. 3. der Zeitpunkt der ersten Eintragung in eine BewerberInnenliste um Einzelverträge nach Erlangung des Rechtes zur selbständigen Berufsausübung als Ärztin/Arzt für Allgemeinmedizin bzw. als Fachärztin/Facharzt und die allenfalls darauf folgende nach zeitlichen und örtlichen Gesichtspunkten zu beurteilende regelmäßige Bewerbung um Einzelverträge; in Bundesländern, in denen eine derartige BewerberInnenliste bis zum In-Kraft-Treten dieser Verordnung nicht besteht, ist dem Zeitpunkt der ersten Eintragung jener Zeitpunkt gleichzuhalten, zu dem die Bewerberin/der Bewerber die Voraussetzungen für eine Eintragung in die nunmehr zu schaffende BewerberInnenliste erstmals erfüllt hätte;
  4. 4. bei im Sonderfach „Frauenheilkunde und Geburtshilfe“ ausgeschriebenen Einzelverträgen die durch das weibliche Geschlecht zusätzlich vermittelbare besondere Vertrauenswürdigkeit.

(2) Abs. 1 Z 4 findet keine Anwendung, wenn im Zeitpunkt der Ausschreibung des Einzelvertrages der Anteil der Vertragsärztinnen im Sonderfach „Frauenheilkunde und Geburtshilfe“ im regionalen Versorgungsgebiet 50% oder mehr beträgt.

(3) Als weitere Kriterien für die Reihung können berücksichtigt werden:

  1. 1. ein geleisteter Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienst sowie zurückgelegte Mutterschutzzeiten nach dem Mutterschutzgesetz 1979, BGBl. Nr. 221/1979, in der jeweils geltenden Fassung zurückgelegte Karenzzeiten, auch wenn diese in einem anderen EU-Mitgliedstaat oder EWR-Staat zurückgelegt wurden und Zeiten, für die ein Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld oder gleichartige Leistungen für BewerberInnen aus anderen EU-Mitgliedstaaten oder EWR-Staaten besteht;
  2. 2. die soziale Förderungswürdigkeit, etwa auf Grund von bestehenden Sorgepflichten für Kinder oder auf Grund von gegenwärtiger Arbeitslosigkeit.

Bewertung

§ 3. (1) Die Bewertung der BewerberInnen hat nach einem Punktesystem in der Weise zu erfolgen, dass für die Erfüllung der Kriterien

  • nach § 2 Abs. 1 Z 1 15 bis 35 Punkte,
  • nach § 2 Abs. 1 Z 2 fünf bis 15 Punkte,
  • nach § 2 Abs. 1 Z 3 höchstens 20 Punkte,
  • nach § 2 Abs. 1 Z 4 zehn Prozent der durch die jeweiligen Gesamtvertragsparteien festgelegten erreichbaren Punkte,
  • nach § 2 Abs. 3 Z 1 und 2 jeweils bis fünf Punkte erreicht werden können. Dabei darf der auf Grund der Kriterien nach § 2 Abs. 3 Z 1 und 2 erreichte Anteil an der Gesamtpunktezahl 30% nicht überschreiten.

(2) Der Krankenversicherungsträger und die Landeärztekammer können gemeinsam die Invertragnahme der/des Erstgereihten ablehnen, wenn erhebliche Bedenken bestehen, ob der mit dem Einzelvertrag verbundene Versorgungsauftrag durch diese Bewerberin/diesen Bewerber erfüllt werden kann. Eine Ablehnung ist schriftlich zu begründen.

(3) Die auf Grund des Kriteriums nach § 2 Abs. 1 Z 3 erreichbaren Punkte dürfen die Anzahl der nach § 2 Abs. 1 Z 1 erreichbaren Punkte nicht übersteigen. Der Krankenversicherungsträger und die Ärztekammer können abhängig von der Versorgungssituation vereinbaren, ob und in welchem Ausmaß Bewerberinnen und Bewerber, die in einem Einzelvertragsverhältnis zu einer Gebietskrankenkasse stehen, Punkte nach § 2 Abs. 1 Z 3 erwerben können; dies gilt auch für Gesellschafterinnen und Gesellschafter einer Gruppenpraxis, die in einem Einzelvertragsverhältnis oder als Gesellschafterinnen/Gesellschafter in einem Vertragsverhältnis als Gruppenpraxis zu einer Gebietskrankenkasse stehen.

(4) Sind zwei oder mehrere BewerberInnen erstgereiht, so gilt jene Bewerberin/jener Bewerber als allein erstgereiht, die/der mehr Punkte für die fachliche Qualifikation (Summe der Punkte nach § 2 Abs. 1 Z 1 und 2) erreicht hat. Liegt auch bei der fachlichen Qualifikation Punktegleichstand vor, so ist die Entscheidung über die Vergabe auf Grund eines Hearings der Erstgereihten vor VertreterInnen des Krankenversicherungsträgers und der Ärztekammer zu treffen; die Frauenquote im jeweiligen Versorgungsgebiet ist zu berücksichtigen. Darüber hinaus kann zwischen Krankenversicherungsträger und Ärztekammer vereinbart werden, ein Hearing jener BewerberInnen, deren Punktezahl innerhalb einer Bandbreite von 5% der Punktezahl der/des Erstgereihten liegt, durchzuführen.

(5) Ist der Anteil an Vertragsärztinnen im Fachgebiet (Allgemeinmedizin und Sonderfächer) im regionalen Versorgungsgebiet des ausgeschriebenen Einzelvertrages geringer als der Anteil an Bewerberinnen gemäß der BewerberInnenliste nach § 2 Abs. 1 Z 3, so ist das Hearing nach Abs. 4 mit der/dem (den) nach der fachlichen Qualifikation Erstgereihten und mit jener Bewerberin (jenen Bewerberinnen), die ausschließlich wegen der Bewertung nach § 2 Abs. 1 Z 3 nicht erstgereiht ist (sind), durchzuführen.

(6) Abs. 5 findet keine Anwendung, wenn

  1. 1. eine Bewerberin bereits nach Abs. 4 erster Satz allein erstgereiht ist,
  2. 2. an einem Hearing der allein Erstgereihten nach Abs. 4 zweiter Satz mindestens gleich viele Bewerberinnen wie Bewerber teilnehmen oder
  3. 3. der Anteil der Vertragsärztinnen im Fachgebiet (Allgemeinmedizin und Sonderfächer) und im regionalen Versorgungsgebiet des ausgeschriebenen Einzelvertrages 50% oder mehr beträgt.

(7) Die Anzahl der Bewerberinnen, die für das Hearing auf Grund der Anwendung des Abs. 5 in Betracht kommen, kann dadurch begrenzt werden, dass jeweils nur so viele Bewerberinnen zugelassen werden, als notwendig sind, um das Hearing mit gleich vielen Bewerberinnen wie Bewerbern durchzuführen. Die Zulassung erfolgt in der Reihenfolge, die sich aus der Anwendung aller Kriterien ergibt.

Vertrags-Gruppenpraxen

§ 4. (1) Für die Auswahl von Vertrags-Gruppenpraxen sind die sich jeweils gemeinsam bewerbenden Ärztinnen/Ärzte als Team zu bewerten, wobei die nach § 2 zu erfüllenden Kriterien auf jede einzelne Gesellschafterin/jeden einzelnen Gesellschafter anzuwenden sind und die Bewertung nach § 3 teambezogen zu erfolgen hat.

(2) Für die Besetzung einer in einer Vertrags-Gruppenpraxis gebundenen Planstelle ist der Gruppenpraxis ein Auswahlrecht innerhalb jener fünf bestgereihten Bewerberinnen und Bewerber eingeräumt, die zumindest 75% der Punktezahl der/des Erstgereihten erreicht haben. Sollte keine Bewerberin/kein Bewerber 75% erreichen, so besteht das Auswahlrecht innerhalb jener Bewerberinnen und Bewerber, die zumindest 60% der Punktezahl der/des Erstgereihten erreicht haben. § 3 Abs. 2 bleibt davon unberührt.

Veröffentlichung der Entscheidung

§ 5. Die Entscheidung zu Gunsten einer Bewerberin/eines Bewerbers ist nach erfolgter Beschlussfassung durch den Krankenversicherungsträger und die Ärztekammer im Mitteilungsblatt der Landesärztekammer und im Internet zu veröffentlichen.

In-Kraft-Treten

§ 6. (1) Diese Verordnung tritt mit 1. Jänner 2018 in Kraft und ist auf Ausschreibungen von Einzelverträgen anzuwenden, die ab diesem Tag erfolgen.

(2) Mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung tritt die Reihungskriterien-Verordnung, BGBl. II Nr. 487/2002, zuletzt geändert durch die Verordnung, BGBl. II Nr. 64/2015, außer Kraft.

(3) Am 31. Dezember 2017 bestehende Reihungsrichtlinien sind abweichend von Abs. 1 weiterhin anzuwenden, wenn und solange zwischen den jeweiligen zuständigen Krankenversicherungsträgern und Landesärztekammern nichts anderes vereinbart wird, längstens jedoch bis zum Ablauf des 1. Juli 2018.

(4) Auswahlverfahren sind auf Grund der Reihungsrichtlinien zu entscheiden, die zum Zeitpunkt der Ausschreibung des Einzelvertrages gegolten haben.

Rendi-Wagner

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