66. Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Parkraumüberwachung in Wien
Der Bund, vertreten durch die Bundesregierung, und das Land Wien, vertreten durch den Landeshauptmann, im Folgenden Vertragsparteien genannt, sind übereingekommen, gemäß Art. 15a B-VG die nachstehende Vereinbarung zu schließen:
Präambel
Diese Vereinbarung dient der Regelung der Aufgabenwahrnehmung der Überwachungsorgane für den ruhenden Verkehr und die Kurzparkzonen und der Schaffung organisatorischer Strukturen für die Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien auf diesem Gebiet.
Artikel 1
Im Sinne dieser Vereinbarung bedeuten die Begriffe:
- 1. Überwachung des ruhenden Verkehrs:
Überwachung der Einhaltung der §§ 8 Abs. 4, 9 Abs. 7, 23 bis 25 und 26a Abs. 3 StVO 1960 sowie der Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung
- 2. Überwachung der Kurzparkzonen:
Überwachung der Einhaltung der mit Verordnung des Wiener Gemeinderates auf Basis des Parkometergesetzes 2006 angeordneten Kontrollmaßnahmen (§ 5 Abs. 1 Parkometergesetz 2006)
- 3. Parkraumüberwachung:
Überwachung des ruhenden Verkehrs und der Kurzparkzonen
Artikel 2
Gegenstand der Vereinbarung ist die Zusammenarbeit der Vertragsparteien auf dem Gebiet der Parkraumüberwachung in Wien. Die Vertragsparteien kommen überein, nach besten Kräften zur effizienten und kostenschonenden Parkraumüberwachung in Wien beizutragen. Das Land Wien überträgt die Überwachung der Kurzparkzonen der Landespolizeidirektion Wien.
Artikel 3
(1) Das Land Wien stellt dem Bund das erforderliche Personal zur flächendeckenden Überwachung der Kurzparkzonen und zur Unterstützung der Landespolizeidirektion Wien bei der Überwachung des ruhenden Verkehrs zur Verfügung. Das Land Wien stellt die zur Dienstverrichtung erforderliche Ausrüstung der betreffenden Bediensteten sowie Räumlichkeiten für eine Stützpunktstruktur der Parkraumüberwachungsgruppe zur Verfügung. Der Standard der erforderlichen Ausrüstung und Räumlichkeiten orientiert sich an jenem, der vor der Übertragung der Überwachung der Kurzparkzonen auf die Landespolizeidirektion Wien bestanden hat.
(2) Der Bund verpflichtet sich zur effizienten Überwachung der Kurzparkzonen und des ruhenden Verkehrs. Eine Verschiebung der Gewichtung der Überwachungstätigkeit zu Lasten der Überwachung der Kurzparkzonen kann nur im Einvernehmen der Vertragsparteien erfolgen. Maßnahmen des Bundes mit finanziellen Auswirkungen auf das Land Wien sind vor deren Implementierung im Wege des nach Art. 10 einzurichtenden Koordinationsgremiums mit dem Land Wien einvernehmlich festzulegen.
(3) Maßnahmen mit finanziellen Auswirkungen gemäß Abs. 2 sind insbesondere
- 1. Maßnahmen, die Einfluss auf die gemäß den geltenden gesetzlichen Bestimmungen vorzunehmenden Kontrollen haben bzw. geeignet sind, die von den Gesetzgebern beabsichtigten generalpräventiven Effekte zu mindern,
- 2. Maßnahmen, die Aufwendungen für das zur Verfügung gestellte Personal betreffen.
Artikel 4
(1) Bisher wurde die Kurzparkzonenüberwachung - unter Berücksichtigung notwendiger Schwerpunktsetzungen und der besonderen Erfordernisse der außerhalb der flächendeckenden Parkraumbewirtschaftung liegenden Kurzparkzonen - im Wesentlichen über deren Gültigkeitsdauer mit gleichmäßigem Einsatz durchgeführt und im statistischen Mittelwert jeder in einer Kurzparkzone gelegene Stellplatz täglich etwa 1,5mal kontrolliert. Der Bund verpflichtet sich, dafür zu sorgen, dass dieses Niveau der Überwachungseffizienz nicht unterschritten wird. Allfällige aus der Übertragung der Überwachung der Kurzparkzonen auf die Landespolizeidirektion Wien entstehende Synergieeffekte sind mit dem Ziel einer Erhöhung der Überwachungsdichte auszuschöpfen.
(2) Der Bund legt dem Land Wien monatlich einen Bericht zur Überwachung der Kurzparkzonen vor, in welchem die Überwachungseffizienz anhand der durchschnittlichen täglichen Kontrollfrequenz beschrieben ist. Die Berechnungsgrundlagen zur Feststellung der Überwachungsdichte sowie die nähere Ausgestaltung der vorzulegenden Berichte werden von den Vertragsparteien im Wege des nach Art. 10 einzurichtenden Koordinationsgremiums einvernehmlich festgelegt.
Artikel 5
(1) Die zur Erfüllung der Aufgaben nach Art. 3 Abs. 1 erforderliche Anzahl an Bediensteten wird zur Dienstleistung bei der Landespolizeidirektion Wien abgeordnet. Neben den der Landespolizeidirektion Wien bereits zur Verfügung gestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird vorerst jene Anzahl von Bediensteten zur Dienstleistung bei der Landespolizeidirektion Wien abgeordnet, die der Anzahl der bisher zur Überwachung der Kurzparkzonen eingesetzten Organe entspricht. Im Falle einer Erweiterung der Parkraumbewirtschaftung in Wien wird zusätzlich jene Anzahl an Bediensteten zur Dienstleistung bei der Landespolizeidirektion Wien abgeordnet werden, die erforderlich ist, um das vor Übertragung der Überwachung der Kurzparkzonen auf die Landespolizeidirektion Wien bestehende Verhältnis zwischen der Summe zu kontrollierender Stellplätze und der Zahl damit befasster Bediensteter aufrecht zu erhalten. Dieses Verhältnis liegt bei etwa 660 Stellplätzen pro Bediensteter bzw. Bedienstetem. Bei Reduzierung des abgeordneten Personals abweichend von den in diesem Absatz normierten Rahmenbedingungen wird die Leistung der Landespolizeidirektion Wien auf dem Gebiet der Überwachung der Kurzparkzonen entsprechend angepasst.
(2) Die Wahrnehmung sämtlicher Rechte und Pflichten als Dienstbehörde gegenüber den abgeordneten Beamtinnen und Beamten bzw. die Wahrnehmung sämtlicher Rechte und Pflichten als Dienstgeber gegenüber den abgeordneten Bediensteten, die in einem durch Vertrag begründeten Dienstverhältnis stehen, obliegt, sofern nicht nach anderen landesgesetzlichen Bestimmungen einem anderen Organ dienstbehördliche Aufgaben zukommen, dem Magistrat der Stadt Wien. Die der Landespolizeidirektion Wien gemäß Abs. 3 und 4 dieses Artikels zukommenden Rechte bleiben davon unberührt.
(3) Die Landespolizeidirektion Wien ist gegenüber den abgeordneten Bediensteten berechtigt zur Fachaufsicht und Erteilung von fachlichen Weisungen.
(4) Der Landespolizeidirektion Wien werden im Rahmen der Dienstaufsicht folgende einer Dienststellenleiterin oder einem Dienststellenleiter in dienstrechtlichen Belangen zukommende Befugnisse übertragen:
- 1. Festlegung der Arbeitsorganisation,
- 2. kalendermäßige Festlegung des Erholungsurlaubes gemäß § 48 des Gesetzes über das Dienstrecht der Beamten der Bundeshauptstadt Wien (Dienstordnung 1994) bzw. § 25 des Gesetzes über das Dienstrecht der Vertragsbediensteten der Gemeinde Wien (Vertragsbedienstetenordnung 1995),
- 3. Gewährung von Sonderurlaub gemäß § 52 der Dienstordnung 1994 bzw. § 30 der Vertragsbedienstetenordnung 1995 bis zu einem Höchstausmaß von 3 Tagen,
- 4. Wahrnehmung der besonderen Dienstpflichten des bzw. der Vorgesetzten und des Dienststellenleiters bzw. der Dienststellenleiterin gemäß § 34 der Dienstordnung 1994 bzw. § 6 der Vertragsbedienstetenordnung 1995,
- 5. Wahrnehmung der dem Dienststellenleiter bzw. der Dienststellenleiterin im Verfahren bei ungenügender Beschreibung gemäß § 10 der Dienstordnung 1994 zukommenden Befugnisse,
- 6. Vornahme von Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterbeurteilungen nach den Richtlinien der Gemeinde Wien.
Artikel 6
Im Falle eines seitens einer der Vertragsparteien angestrebten, einzelne oder mehrere Bedienstete betreffenden, Widerrufes der Abordnung, verpflichten sich die Vertragsparteien zu einem abgestimmten Vorgehen. Die Vertragsparteien kommen überein, in einem solchen Fall, unter Einbindung der nach dem Wiener Personalvertretungsgesetz zur Vertretung der abgeordneten Bediensteten berufenen Organe, Abstimmungsgespräche zu halten, sofern dies erforderlich ist, um im Sinne der betroffenen Bediensteten und der Interessen der Vertragsparteien koordiniert und einvernehmlich vorgehen zu können.
Artikel 7
Der Bund verpflichtet sich, die Einteilung der Bediensteten zur Kontrolltätigkeit nach einem System zu organisieren, das der Verhinderung von Korruption und der möglichst kostenschonenden Dienstverrichtung förderlich ist. Insbesondere ist bei der Erstellung der Diensteinteilung ein Rotationsprinzip zur Anwendung zu bringen, dessen nähere Ausgestaltung durch das nach Art. 10 einzurichtende Koordinationsgremium festzulegen ist. Auf Verlangen sind die aktuellen Einsatzpläne sowie die Einsatzpläne der letzten 6 Monate den Vertreterinnen bzw. Vertretern des Landes Wien jederzeit zur Einsicht vorzulegen.
Artikel 8
Das Land Wien kann gemeinsam mit dem Bund jederzeit Revisionen durchführen. Der Bund verpflichtet sich, das Land Wien hierbei zu unterstützen und den Organen, die Revisionen durchführen, insbesondere Zutritt zu den erforderlichen Räumlichkeiten und Einsicht in die Dienstverrichtung betreffende Unterlagen zu gewähren. Bei Gefahr im Verzug dürfen die Organe der Landespolizeidirektion Wien und des Landes Wien unabhängig voneinander Revisionen durchführen, haben einander jedoch so rasch als möglich über Anlass, Ablauf und Ergebnis der Revisionen zu informieren. In allen anderen Fällen verpflichtet sich das Land Wien, Revisionen nur nach vorhergehender Absprache und in Zusammenwirkung mit der Landespolizeidirektion Wien durchzuführen.
Artikel 9
Der Bund erklärt sich bereit, die nach dem Wiener Personalvertretungsgesetz zur Vertretung der abgeordneten Bediensteten berufenen Organe sowie die nach dem Wiener Gleichbehandlungsgesetz bestellten Gleichbehandlungsbeauftragten und Kontaktfrauen als Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner in Angelegenheiten anzuerkennen, welche die Wahrung und Förderung der Interessen dieser Bediensteten bzw. die Einhaltung des Wiener Gleichbehandlungsgesetzes betreffen. Sollten Meinungsverschiedenheiten über derartige Angelegenheiten auftreten, die nicht einvernehmlich beigelegt werden können, so steht es dem Bund, den zur Vertretung der abgeordneten Bediensteten berufenen Organen sowie den nach dem Wiener Gleichbehandlungsgesetz bestellten Organen frei, diese Angelegenheiten dem nach Art. 10 einzurichtenden Koordinationsgremium vorzulegen.
Artikel 10
(1) Die Vertragsparteien richten ein Koordinationsgremium aus je 2 Vertreterinnen bzw. Vertretern des Bundes und des Landes Wien ein, die sich partnerschaftlich und gleichberechtigt gegenüberstehen.
(2) Das Koordinationsgremium tritt auf Verlangen eines Mitglieds binnen zwei Wochen, ansonsten aber mindestens vierteljährlich zusammen. Es widmet sich der gemeinsamen Lösung von Problemen, die sich aus aktuellen Anlassfällen, der Auslegung dieser Vereinbarung und aufgrund außergewöhnlicher Ereignisse ergeben. Darüber hinaus tauschen die Mitglieder des Gremiums Informationen aus und tragen zu einem gemeinsamen Meinungsbildungsprozess bei.
(3) Das Koordinationsgremium hat insbesondere folgende Aufgaben:
- 1. Gemeinsame Abstimmung von Maßnahmen des Bundes mit finanziellen Auswirkungen auf das Land Wien (Art. 3 Abs. 2 und 3);
- 2. Einvernehmliche Festlegung der Berechnungsgrundlagen zur Feststellung der Überwachungsdichte und der Ausgestaltung der monatlichen Berichte zur Überwachungseffizienz (Art. 4 Abs. 2);
- 3. Gemeinsame Analyse der Berichte zur Überwachungseffizienz;
- 4. Empfehlungen zur Verbesserung der Aufgabenerfüllung;
- 5. Empfehlungen für Änderungen dieser Vereinbarung;
- 6. Herbeiführung einer einvernehmlichen Lösung im Fall von Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien;
- 7. Festlegung der näheren Ausgestaltung des bei Erstellung der Diensteinteilung einzuhaltenden Rotationsprinzips (Art. 7);
- 8. Diskussion und Beschlussfassung hinsichtlich Angelegenheiten, die dem Koordinationsgremium nach Art. 9 letzter Satz vorgelegt wurden;
- 9. Allfällige Empfehlungen zu besonderen Überwachungsschwerpunkten.
(4) Zur Diskussion hinsichtlich Angelegenheiten nach Abs. 3 Z 8 dieses Artikels sind zwei Repräsentantinnen bzw. Repräsentanten der Personalvertretung beratend ohne Stimmrecht beizuziehen. Die nach dem Wiener Personalvertretungsgesetz zur Vertretung der abgeordneten Bediensteten berufenen Organe haben diese Repräsentantinnen und Repräsentanten auf Aufforderung des Koordinationsgremiums rechtzeitig zu benennen.
(5) Das Koordinationsgremium kann Beschlüsse bei Sitzungen und in dringenden Fällen im Rundlaufweg fassen.
(6) Im Rahmen seiner ersten Sitzung legt das Koordinationsgremium eine Geschäftsordnung fest, in welcher insbesondere die Modalitäten künftiger Sitzungen, die Kommunikation zwischen den Mitgliedern, das Verfahren zur Festlegung von Tagesordnungen, die Protokollführung, die Vertretung der Mitglieder sowie eine allfällige Arbeitsteilung und Vorsitzführung zu regeln sind.
Artikel 11
Anpassung; Änderung
(1) Die Vertragsparteien erklären sich bereit, diese Vereinbarung nach Maßgabe künftiger Entwicklungen auf einen allfälligen Anpassungsbedarf hin zu überprüfen und gegebenenfalls Verhandlungen über notwendige Anpassungen aufzunehmen.
(2) Eine Änderung dieser Vereinbarung ist nur schriftlich im Einvernehmen der Vertragsparteien möglich. Davon unbenommen besteht die Möglichkeit der Kündigung dieser Vereinbarung gemäß Art. 13.
Artikel 12
(1) Diese Vereinbarung tritt nach Einlangen der Mitteilungen der Vertragsparteien beim Bundeskanzleramt, dass die nach der Bundesverfassung bzw. nach der Landesverfassung erforderlichen Voraussetzungen für das In-Kraft-Treten erfüllt sind, mit dem Monatsersten des darauffolgenden Monats in Kraft.
(2) Das Bundeskanzleramt wird den Vertragsparteien die Erfüllung der Voraussetzungen nach Abs. 1 sowie den Tag des In-Kraft-Tretens der Vereinbarung mitteilen.
Artikel 13
(1) Diese Vereinbarung wird auf unbestimmte Zeit geschlossen.
(2) Diese Vereinbarung kann von jeder Vertragspartei jederzeit durch schriftliche Mitteilung an die andere Vertragspartei gekündigt werden. Eine Kündigung wird 12 Monate nach ihrem Einlangen bei der anderen Vertragspartei wirksam.
(3) Wird diese Vereinbarung seitens einer der Vertragsparteien gekündigt, so ist die Übertragung der Überwachung der Kurzparkzonen auf die Landespolizeidirektion Wien innerhalb von 12 Monaten rückgängig zu machen, sofern vor Ablauf dieser Frist nicht eine neue Vereinbarung zustande kommt.
Artikel 14
Diese Vereinbarung wird in einer Urschrift ausgefertigt. Die Urschrift wird beim Bundeskanzleramt hinterlegt. Dieses hat den Vertragsparteien beglaubigte Abschriften der Vereinbarung zu übermitteln.
Für den Bund gemäß Beschluss der Bundesregierung | Für das Land Wien |
Die Bundesministerin für Inneres: | Der Landeshauptmann: |
Mikl-Leitner | Häupl |
Die Vereinbarung tritt gemäß ihrem Artikel 12 Abs. 1 mit 1. März 2013 in Kraft.
Mikl-Leitner
Häupl
Faymann
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