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BGBl II 262/2011

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

262. Verordnung: Geldmarktfondsverordnung - GMF-V

262. Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) zur Festlegung der Kriterien betreffend die Definition, Bezeichnung, Veröffentlichungspflichten, Anlegerinformation und Anlagebeschränkungen von Geldmarktfonds und Geldmarktfonds mit kurzer Laufzeitstruktur (Geldmarktfondsverordnung - GMF-V)

Auf Grund des § 70 Abs. 5 Z 3 des Investmentfondsgesetzes 2011 - InvFG 2011, BGBl. I Nr. 77, wird verordnet:

Anwendungsbereich und Bezeichnung

§ 1. Organismen zur gemeinsamen Veranlagung in Wertpapieren (OGAW) sowie Alternative Investmentfonds (AIF) gemäß § 3 Abs. 2 Z 31 lit. a InvFG 2011, die sich als „Geldmarktfonds“ oder „Geldmarktfonds mit kurzer Laufzeitstruktur“ bezeichnen oder als solche vermarktet werden, unterliegen dieser Verordnung. Im Prospekt und im Kundeninformationsdokument (KID) ist anzugeben, ob der Investmentfonds ein „Geldmarktfonds“ oder ein „Geldmarktfonds mit kurzer Laufzeitstruktur“ ist.

Anlegerinformation

§ 2. Den Anlegern ist im Prospekt und im KID eine geeignete Information über das Risiko- und Renditeprofil eines Geldmarktfonds oder eines Geldmarktfonds mit kurzer Laufzeitstruktur zur Verfügung zu stellen, damit sich diese über die mit der Investmentstrategie verbundenen spezifischen Risiken ein fundiertes Urteil bilden können.

Geldmarktfonds mit kurzer Laufzeitstruktur

§ 3. (1) Ein Geldmarktfonds mit kurzer Laufzeitstruktur hat als Hauptanlageziel die Kapitalerhaltung und strebt Erträge in Höhe der Geldmarktzinsen an. Diese Investmentfonds veranlagen in Geldmarktinstrumente gemäß § 3 Abs. 2 Z 14 InvFG 2011 sowie in Sichteinlagen oder kündbare Einlagen gemäß § 72 InvFG 2011. AIF gemäß § 3 Abs. 2 Z 31 lit. a InvFG 2011 haben sicherzustellen, dass die Bewertung der Liquidität des Fondsvermögens sowie die Bewertung des Fondsvermögens nach gleichwertigen Regeln erfolgen.

(2) Es ist sicherzustellen, dass die Geldmarktinstrumente von hoher Qualität sind. Diese ist von der Verwaltungsgesellschaft insbesondere anhand folgender Kriterien zu bestimmen:

  1. a) Die Kreditqualität des Geldmarktinstruments;
  2. b) die Art der Veranlagungsklasse;
  3. c) für strukturierte Finanzprodukte: das operationelle Risiko und das Gegenpartei-Risiko, die den Geschäftsabläufen mit strukturierten Finanzprodukten immanent sind, und
  4. d) das Liquiditätsprofil.

Die Kreditqualität eines Geldmarktinstruments ist nicht von hoher Qualität, wenn es nicht von allen Rating-Agenturen, die dieses Instrument bewertet haben, mit einem von den zwei höchsten Kurzfrist-Kreditratings bewertet wurde und diese Ratings nach Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 über Rating-Agenturen verwendet werden können. Liegt kein Rating vor, so ist eine gleichwertige Qualität dann gegeben, wenn die Verwaltungsgesellschaft diese durch Anwendung interner Rating-Verfahren beurteilt.

(3) Die Veranlagung ist auf Wertpapiere mit einer Restlaufzeit von bis zu 397 Tagen bis zum rechtlichen Tilgungszeitpunkt zu beschränken.

(4) Es hat eine tägliche Berechnung des Nettovermögenswertes und des Ausgabe- und Rücknahmepreises sowie eine tägliche Ausgabe und Rücknahme von Anteilscheinen zu erfolgen.

(5) Es ist sicherzustellen, dass das Fondsvermögen eine gewichtete durchschnittliche Fälligkeit (Weighted Average Maturity, WAM) von nicht mehr als 60 Tagen und eine gewichtete durchschnittliche Restlaufzeit (Weighted Average Life, WAL) von nicht mehr als 120 Tagen aufweist.

  1. a) Die gewichtete durchschnittliche Fälligkeit (WAM) ist die gewichtete durchschnittliche Zeit bis zur Fälligkeit der in einem Investmentfonds enthaltenen Geldmarktinstrumente, unter der Annahme, dass diese Fälligkeit bei einem Finanzinstrument mit variablem Zinssatz die Zeitspanne bis zur nächsten Anpassung an den Geldmarktzinssatz ist und nicht jene bis zur Kapitaltilgung.
  2. b) Die gewichtete durchschnittliche Restlaufzeit (WAL) ist die gewichtete durchschnittliche rechtliche Restlaufzeit der Geldmarktinstrumente eines Investmentfonds bis zum Kapitaltilgungszeitpunkt.

(6) Ist in einem Finanzinstrument eine Verkaufsoption eingebettet, so kann der Tag der Ausübung der Option nur dann anstelle des Kapitaltilgungszeitpunktes verwendet werden, wenn nachstehende Bedingungen zu jeder Zeit erfüllt sind:

  1. a) Die Verkaufsoption kann von der Verwaltungsgesellschaft zum Ausübungszeitpunkt uneingeschränkt ausgeübt werden;
  2. b) der Ausübungspreis der Verkaufsoption ist nahe dem erwarteten Wert des Finanzinstruments zum nächsten Ausübungszeitpunkt;
  3. c) die Veranlagungsstrategie des Investmentfonds impliziert eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Verkaufsoption am nächsten Ausübungsdatum ausgeübt wird.

(7) Für die Berechnung der gewichteten durchschnittlichen Fälligkeit (WAM) und gewichteten durchschnittlichen rechtlichen Restlaufzeit (WAL) sind der Einfluss derivativer Finanzinstrumente, der Sichteinlagen und kündbaren Einlagen sowie effizienter Portfolioverwaltungstechniken gemäß §§ 83 und 84 InvFG 2011 zu berücksichtigen.

(8) Eine direkte oder indirekte Veranlagung in Aktien oder in Rohstoffe, auch über derivative Produkte, ist unzulässig. Derivative Produkte dürfen nur im Hinblick auf die Geldmarktfondsstrategie, Währungsderivate nur zur Absicherung des Währungsrisikos eingesetzt werden. Veranlagungen in Wertpapiere, die nicht auf die Fondswährung lauten, sind zulässig, wenn das Währungsrisiko zur Gänze abgesichert wird.

(9) Die Veranlagung in andere Investmentfonds ist auf die Veranlagung in Geldmarktfonds mit kurzer Laufzeitstruktur zu beschränken.

Geldmarktfonds

§ 4. (1) Geldmarktfonds haben § 3 Abs. 1, 2, 4 sowie 6 bis 8 einzuhalten. Entgegen § 3 Abs. 2 kann ein Geldmarktfonds jedoch auch Anleihen gemäß Abs. 2 halten, die zumindest ein „investment grade“-Rating aufweisen.

(2) Anleihen im Sinne dieser Bestimmung sind Geldmarktinstrumente, die von einer zentralstaatlichen, regionalen oder lokalen Gebietskörperschaft oder der Zentralbank eines Mitgliedstaates, der Europäischen Zentralbank, der Europäischen Union oder der Europäischen Investitionsbank begeben oder garantiert werden.

(3) Die Veranlagung ist auf Wertpapiere mit einer Restlaufzeit von bis zu zwei Jahren bis zur rechtlichen Kapitaltilgung zu beschränken, wobei der Zeitraum bis zur nächsten Zinsanpassung maximal 397 Tage betragen darf. Wertpapiere mit variablem Zinssatz müssen sich an einer Geldmarktrate oder einem anerkannten Geldmarktindex orientieren.

(4) Es ist sicherzustellen, dass das Fondsvermögen eine gewichtete durchschnittliche Fälligkeit (WAM) von nicht mehr als sechs Monaten und eine gewichtete durchschnittliche rechtliche Restlaufzeit (WAL) von nicht mehr als zwölf Monaten aufweist.

(5) Die Veranlagung in andere Investmentfonds ist auf Geldmarktfonds mit kurzer Laufzeitstruktur gemäß § 3 oder Geldmarktfonds im Sinne dieser Bestimmung zu beschränken.

Inkrafttreten

§ 5. Diese Verordnung tritt am 1. September 2011 in Kraft. Geldmarktfonds und Geldmarktfonds mit kurzer Laufzeitstruktur, die ab dem 1. September 2011 bewilligt werden, haben diese Verordnung einzuhalten. Geldmarktfonds, die vor dem 1. September 2011 bewilligt wurden, haben ab diesem Datum § 2 einzuhalten, § 3 oder § 4 für Veranlagungen, die ab 1. September 2011 vorgenommen werden; für

Veranlagungen, die vor dem 1. September erfolgten, haben sie § 3 oder § 4 bis 31. Dezember 2011 zu erfüllen.

Ettl Pribil

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