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BGBl II 338/2010

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

338. Verordnung: Liquiditätsrisikomanagementverordnung - LRMV

338. Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) betreffend die Mindestanforderungen an das Liquiditätsrisikomanagement (Liquiditätsrisikomanagementverordnung - LRMV)

Auf Grund des § 25 Abs. 2 des Bankwesengesetzes - BWG, BGBl. Nr. 532/1993, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 72/2010, wird verordnet:

Liquiditätspuffer

§ 1. (1) Kreditinstitute haben über geeignete Strategien, Vorschriften, Verfahren und Systeme für die Identifizierung, Messung, Steuerung und Überwachung des Liquiditätsrisikos über eine angemessene Zahl von Zeiträumen, einschließlich innerhalb eines Geschäftstages, zu verfügen, um sicherzustellen, dass sie über angemessene Liquiditätspuffer verfügen.

(2) Diese Strategien, Vorschriften, Verfahren und Systeme sind auf die betreffenden Geschäftsfelder, Währungen und Funktionseinheiten anzupassen und umfassen unter anderem Mechanismen für eine angemessene Allokation der Liquiditätskosten, -vorteile und -risiken.

(3) Die Strategien, Vorschriften, Verfahren und Systeme nach Abs. 1 haben der Komplexität, dem Risikoprofil und dem Geschäftsbereich des Kreditinstituts sowie der von den Geschäftsleitern vorgegebenen Risikotoleranz angemessen zu entsprechen und die Bedeutung des Kreditinstituts in jedem Mitgliedstaat, in dem es tätig ist, widerzuspiegeln. Die Geschäftsleiter haben alle relevanten Geschäftsbereiche des Kreditinstitutes über die Risikotoleranz zu informieren.

Überwachung von Finanzierungspositionen

§ 2. Kreditinstitute haben über Methoden für die Identifizierung, Messung, Steuerung und Überwachung von Finanzierungspositionen zu verfügen. In diese Methoden sind die aktuellen und erwarteten wesentlichen Zahlungsströme in und aus Vermögenswerten, Passivpositionen, außerbilanzmäßigen Positionen, einschließlich Eventualverbindlichkeiten, sowie die möglichen Auswirkungen des Reputationsrisikos einzubeziehen.

Überwachung von Vermögenswerten

§ 3. (1) Kreditinstitute haben zwischen belasteten und unbelasteten Vermögenswerten, die jederzeit, insbesondere in Krisenzeiten, verfügbar sind, zu unterscheiden. Sie haben auch die rechtliche Einheit, bei der die Vermögenswerte verwahrt werden, den Staat, in dem diese mit rechtsbegründender Wirkung entweder in einem Register eingetragen oder auf einem Konto verbucht sind, sowie ihre Liquidierbarkeit zu berücksichtigen. Die Kreditinstitute haben außerdem zu überwachen, wie diese Vermögenswerte zeitnah mobilisiert werden können.

(2) Kreditinstitute haben den geltenden rechtlichen, regulatorischen und operationellen Beschränkungen für potenzielle Übertragungen von Liquidität und unbelasteten Vermögenswerten zwischen Einheiten, sowohl innerhalb als auch außerhalb des EWR, Rechnung zu tragen.

Liquiditätsrisikominderung

§ 4. Kreditinstitute haben verschiedene Vorkehrungen zur Minderung des Liquiditätsrisikos, einschließlich eines Limitsystems und Liquiditätspuffern, zu treffen, um unterschiedlichen Stresssituationen standhalten zu können. Sie haben Vorkehrungen zur Sicherstellung einer hinreichend diversifizierten Finanzierungsstruktur und des Zugangs zu Finanzierungsquellen zu treffen. Diese Vorkehrungen sind regelmäßig zu überprüfen.

Alternativszenarien

§ 5. (1) Kreditinstitute haben Alternativszenarien für Liquiditätspositionen und Risikominderungsfaktoren zu erstellen. In diese Alternativszenarien sind insbesondere außerbilanzmäßige Posten und andere Eventualverbindlichkeiten, einschließlich jener von Verbriefungszweckgesellschaften und anderen Zweckgesellschaften, bei denen das Kreditinstitut als Sponsor auftritt oder materielle Liquiditätshilfe leistet, einzubeziehen. Die Annahmen, die den Entscheidungen über die Finanzierungsposition zugrunde liegen, sind regelmäßig zu überprüfen.

(2) Kreditinstitute haben die möglichen Auswirkungen von institutsspezifischen, marktweiten und kombinierten Alternativszenarien zu berücksichtigen. Dabei sind unterschiedliche Zeithorizonte und Stressgrade einzubeziehen.

Notfallkonzepte

§ 6. (1) Kreditinstitute haben ihre Strategien, internen Vorschriften und Obergrenzen für das Liquiditätsrisiko anzupassen und wirkungsvolle Notfallkonzepte, welche die Ergebnisse der Alternativszenarien nach § 5 berücksichtigen, zu erstellen.

(2) Kreditinstitute haben für den Fall von Liquiditätskrisen über Notfallkonzepte mit angemessenen Strategien und über geeignete Durchführungsmaßnahmen, um etwaige Liquiditätsengpässe zu überwinden, zu verfügen. Diese Konzepte sind regelmäßig zu überprüfen sowie gemäß den Ergebnissen der Alternativszenarien nach § 5 zu aktualisieren. Den Geschäftsleitern ist über die Notfallkonzepte, ihre Überprüfung und Aktualisierung zu berichten. Die Geschäftsleiter haben die Notfallkonzepte, ihre Aktualisierung sowie die sich daraus ergebenden Anpassungen der internen Vorschriften und Verfahren zu billigen.

Inkrafttreten

§ 7. Diese Verordnung tritt mit 31. Dezember 2010 in Kraft.

Ettl Pribil

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