1. Verordnung der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur über Bildungsstandards im Schulwesen
Auf Grund des § 17 Abs. 1a des Schulunterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 472/1986, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 117/2008, wird verordnet:
Geltungsbereich
§ 1. Diese Verordnung legt in der Anlage für die nachstehend genannten Pflichtgegenstände Bildungsstandards für die 4. Schulstufe der Volksschule sowie für die 8. Schulstufe der Volksschuloberstufe, der Hauptschule und der allgemein bildenden höheren Schule fest:
- 1. Volksschule, 4. Schulstufe: Deutsch/Lesen/Schreiben, Mathematik;
- 2. Volksschuloberstufe, Hauptschule und allgemein bildende höhere Schule, jeweils 8. Schulstufe: Deutsch, Lebende Fremdsprache (Englisch), Mathematik.
Begriffsbestimmungen
§ 2. Im Sinne dieser Verordnung sind
- 1. „Bildungsstandards“ konkret formulierte Lernergebnisse in den einzelnen oder den in fachlichem Zusammenhang stehenden Pflichtgegenständen, die sich aus den Lehrplänen der in § 1 genannten Schularten und Schulstufen ableiten lassen. Diese Lernergebnisse basieren auf grundlegenden Kompetenzen, über die die Schülerinnen und Schüler bis zum Ende der jeweiligen Schulstufe in der Regel verfügen sollen;
- 2. „Kompetenzen“ längerfristig verfügbare kognitive Fähigkeiten und Fertigkeiten, die von Lernenden entwickelt werden und die sie befähigen, Aufgaben in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsbewusst zu lösen und die damit verbundene motivationale und soziale Bereitschaft zu zeigen;
- 3. „grundlegende Kompetenzen“ solche, die wesentliche inhaltliche Bereiche eines Gegenstandes abdecken und somit für den Aufbau von Kompetenzen, deren nachhaltiger Erwerb für die weitere schulische und berufliche Bildung von zentraler Bedeutung ist, maßgeblich sind;
- 4. „Kompetenzmodelle“ prozessorientierte Modellvorstellungen über den Erwerb von fachbezogenen oder fächerübergreifenden Kompetenzen. Sie strukturieren Bildungsstandards innerhalb eines Unterrichtsgegenstandes und stützen sich dabei auf fachdidaktische sowie fachsystematische Gesichtspunkte;
- 5. „Kompetenzbereiche“ fertigkeitsbezogene Teilbereiche des Kompetenzmodells.
Funktionen der Bildungsstandards
§ 3. (1) Bildungsstandards sollen Aufschlüsse über den Erfolg des Unterrichts und über Entwicklungspotentiale des österreichischen Schulwesens liefern. Darüber hinaus sollen sie
- 1. eine nachhaltige Ergebnisorientierung in der Planung und Durchführung von Unterricht bewirken,
- 2. durch konkrete Vergleichsmaßstäbe die bestmögliche Diagnostik als Grundlage für individuelle Förderung sicher stellen und
- 3. wesentlich zur Qualitätsentwicklung in der Schule beitragen.
(2) Zum Zweck der nachhaltigen Ergebnisorientierung in der Planung und Durchführung von Unterricht haben die Lehrerinnen und Lehrer den systematischen Aufbau der zu vermittelnden Kompetenzen und die auf diese bezogenen Bildungsstandards bei der Planung und Gestaltung ihrer Unterrichtsarbeit zu berücksichtigen (Orientierungsfunktion gemäß Abs. 1 Z 1).
(3) Die Leistungen der Schülerinnen und Schüler sind in allen Schulstufen unter Zugrundelegung der Bildungsstandards für die 4. bzw. für die 8. Schulstufe besonders zu beobachten und zu analysieren. Auf der Basis des diagnostischen Vergleiches von zu erlangenden und individuell erworbenen Kompetenzen ist eine bestmögliche individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler sicher zu stellen (Förderungsfunktion gemäß Abs. 1 Z 2).
(4) Durch periodische Standardüberprüfungen sind die von den Schülerinnen und Schülern bis zur 4. bzw. zur 8. Schulstufe erworbenen Kompetenzen objektiv festzustellen und mit den angestrebten Lernergebnissen zu vergleichen. Standardüberprüfungen sind auf Anordnung der Schulbehörden für die 8. Schulstufe ab dem Schuljahr 2011/12 und für die 4. Schulstufe ab dem Schuljahr 2012/13 durchzuführen und deren Auswertungen sind den Schulen rückzumelden. Die Auswertungen der Standardüberprüfung und deren Rückmeldungen haben so zu erfolgen, dass sie für Zwecke der Qualitätsentwicklung an den Schulen herangezogen werden können. Maßnahmen der Qualitätsentwicklung sind zu dokumentieren und periodisch zu evaluieren (Evaluationsfunktion gemäß Abs. 1 Z 3).
Standardüberprüfungen
§ 4. (1) An öffentlichen und mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schulen der in § 1 genannten Schularten sind hinsichtlich der in § 1 Z 1 und 2 genannten Pflichtgegenstände und Schulstufen im Abstand von drei Jahren Standardüberprüfungen durchzuführen.
(2) Bei den Standardüberprüfungen ist durch validierte Aufgabenstellungen der Grad der Kompetenzerreichung durch die Schülerinnen und Schüler zu messen. Die gestellten Aufgaben müssen sich aus den Bildungsstandards ableiten lassen. Sie sind so zu wählen, dass die individuellen Testergebnisse, nachdem sie zu den Bildungsstandards in Relation gesetzt wurden, Aufschluss über den nachhaltigen Erwerb von Kompetenzen ermöglichen.
(3) Als Verfahren der Standardüberprüfung kommen
- 1. Tests mit schriftlich zu lösenden Aufgaben in den sprachlichen und mathematischen Gegenständen sowie
- 2. Befragungen mit mündlich zu lösenden Aufgaben in den sprachlichen Gegenständen
in Betracht.
(4) Die Auswertungen der Standardüberprüfungen haben so zu erfolgen, dass auf deren Basis Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung bundesweit, landesweit und schulbezogen erfolgen können. Die individuellen Ergebnisse der Standardüberprüfung dürfen nicht auf eine bestimmte Schülerin oder auf einen bestimmten Schüler zurückgeführt werden können, außer durch diese oder diesen selbst.
(5) Die Bestimmungen über die Leistungsfeststellungen und -beurteilungen bleiben von dieser Verordnung unberührt.
Inkrafttreten
§ 4. Diese Verordnung tritt mit 1. Jänner 2009 in Kraft.
Anlage 1
Schmied
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