382. Verordnung des Bundesministers für Finanzen zur Festlegung näherer Bestimmungen über die Bedingungen und Auflagen für Maßnahmen nach dem Finanzmarktstabilitätsgesetz und dem Interbankmarktstärkungsgesetz
Aufgrund des § 2 Abs. 5 Finanzmarktstabilitätsgesetz - FinStaG, BGBl. I Nr. 136/2008, in Verbindung mit § 1 Abs. 4 Interbankmarktstärkungsgesetz - IBSG, BGBl. I Nr. 136/2008, wird im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler verordnet:
Anwendungsbereich
§ 1. (1) Begünstigte im Sinne dieser Verordnung sind Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen, während sie diese Leistungen gemäß IBSG oder FinStaG in Anspruch nehmen.
(2) Sofern der Bundesminister für Finanzen von den Instrumenten des § 2 Abs. 1 FinStaG und des § 1 Abs. 4 IBSG Gebrauch macht, sind die diesbezüglichen Vereinbarungen mit den Begünstigten nach den Bestimmungen dieser Verordnung abzuschließen, wobei diese während des gesamten Zeitraumes, innerhalb dessen die Maßnahme wirksam ist, einzuhalten sind.
Nachhaltigkeit
§ 2. Der Begünstigte hat seine Geschäftspolitik auf Nachhaltigkeit auszurichten. Dabei ist erforderlichenfalls vorzusehen, dass mit besonderen Risiken, einschließlich der in Anhang V der Richtlinie 48/2006/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute, Abl. Nr. L 177, bezeichneten Risiken, verbundene Geschäfte oder Geschäfte in bestimmten Produkten oder Märkten reduziert oder aufgegeben werden.
Mittelverwendung
§ 3. Der Begünstigte ist zu verpflichten, entsprechend seinem Geschäftsgegenstand die ihm durch die Maßnahme zugeführten Mittel auch zur Kreditvergabe oder für Kapitalanlagen zu marktüblichen Konditionen für die Wirtschaft zu verwenden, wobei insbesondere die Kreditversorgung kleiner und mittlerer Unternehmen sowie die Versorgung mit Hypothekarkrediten von Haushalten zu erfolgen haben. Gehört der Begünstigte einem Konzern an und liegen die Gründe für den Rekapitalisierungsbedarf zumindest teilweise in der wirtschaftlichen Lage eines oder mehrerer Tochterunternehmen, so kann die Verwendung von durch die Maßnahme zugeführten Mitteln bei den betreffenden Tochterunternehmen vertraglich vorgesehen werden.
Vergütungen
§ 4. (1) Der Begünstigte ist zu verpflichten, die Vergütungssysteme auf ihre Anreizwirkung und die Angemessenheit zu überprüfen und im Rahmen der zivilrechtlichen Möglichkeiten sicherzustellen, dass diese nicht zur Eingehung unangemessener Risiken verleiten sowie dass diese an langfristigen und nachhaltigen Zielen ausgerichtet und transparent sind.
(2) Der Begünstigte ist zu verpflichten, im Rahmen der zivilrechtlichen Möglichkeiten die Vergütungen seiner Organe, Angestellten und wesentlichen Erfüllungsgehilfen nach folgenden Grundsätzen auszurichten:
- 1. Den Angestellten und wesentlichen Erfüllungsgehilfen dürfen keine unangemessenen Entgelte, Entgeltbestandteile und Prämien bezahlt sowie sonstige unangemessene Zuwendungen geleistet werden.
- 2. Das Entgelt der organschaftlichen Vertreter und der leitenden Angestellten des Begünstigten ist auf ein angemessenes Maß zu begrenzen, wobei dafür insbesondere zu berücksichtigen sind,
- a) der Beitrag der betreffenden Person zur wirtschaftlichen Lage des Begünstigten insbesondere im Rahmen der bisherigen Geschäftspolitik und des Risikomanagements und
- b) die Erforderlichkeit eines marktkonformen Entgelts, um für die nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung besonders geeignete Personen beschäftigen zu können.
- 3. Weiters darf der Begünstigte bestehende Zielvereinbarungen, Regelungen in Zusammenhang mit Aktienoptionsprogrammen sowie sonstige Regelungen für erfolgsabhängige Vergütungen nicht nachträglich zugunsten seiner Organe, Angestellten oder wesentlichen Erfüllungsgehilfen ändern. Im Rahmen der zivilrechtlichen Möglichkeiten sind Aktienoptionsprogramme zugunsten der Organe oder wesentlichen Erfüllungsgehilfen während der Inanspruchnahme der Instrumente des § 2 Abs. 1 Z 3 2. Fall, Z 4 bis 6 FinStaG außer Kraft zu setzen.
(3) Der Begünstigte ist zu verpflichten, im Rahmen der zivilrechtlichen Möglichkeiten von Organen und leitenden Angestellten, die im Rahmen der bisherigen Geschäftspolitik und des Risikomanagements maßgeblich und nachteilig zur wirtschaftlichen Lage des Begünstigten beigetragen haben, auch bereits erhaltene Vergütungen in angemessenem Ausmaß rückzufordern, sofern die Vergütungen nicht gemäß Abs. 2 angemessen gewesen wären und im Ausmaß objektiv erheblich sind. Die Rückforderung kann unterbleiben, soweit dies auf Grund der wirtschaftlichen Lage der betreffenden Person unbillig wäre oder die Rückforderung wegen rechtlicher Aussichtslosigkeit, Verfahrensdauer oder Kosten für den Begünstigten unwirtschaftlich wäre. Der Verzicht auf eine Rückforderung ist dem Bundesminister für Finanzen bekannt zu geben und die Umstände hiefür glaubhaft zu machen.
Eigenmittelausstattung
§ 5. Haftungsübernahmen nach § 2 Abs. 1 Z 1 und 2 FinStaG sowie nach § 1 Abs. 4 IBSG setzen eine angemessene Eigenmittelausstattung des Begünstigten voraus, es sei denn, dass die Haftungsübernahme zu dem Zweck erfolgt, die Eigenmittel zu erhöhen.
Gewinnausschüttungen
§ 6. Dividenden oder sonstige Gewinnanteile dürfen bei der Inanspruchnahme von Instrumenten gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 bis 6 FinStaG - sofern diese nicht vertraglich oder gesetzlich geschuldet sind - an die Eigentümer des Begünstigten nur im angemessenen Ausmaß unter Bedachtnahme auf die Ertragslage des Begünstigten ausgeschüttet werden. Der Begünstigte darf auch sonst keine vertraglich oder gesetzlich nicht geschuldeten Leistungen wie etwa den Rückkauf von Aktien oder Kapitalherabsetzungen - sofern diese nicht Sanierungszwecken dienen oder im Rahmen üblicher Kapitalmarktkonstruktionen erfolgen - an seine Gesellschafter erbringen.
Arbeitsplätze
§ 7. Der Begünstigte hat auf die Erhaltung der Arbeitsplätze in seinem Unternehmen angemessen Bedacht zu nehmen. Über Maßnahmen, die maßgebliche Auswirkungen auf Arbeitsplätze haben, ist der Gesellschaft nach § 3 Abs. 5 FinStaG zu berichten.
Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen
§ 8. Zur Vermeidung von allenfalls drohenden Wettbewerbsverzerrungen durch Maßnahmen nach dem IBSG und dem FinStaG sind dem Begünstigten Bedingungen für die Geschäftstätigkeit aufzuerlegen, die geeignet erscheinen, derartigen Wettbewerbsverzerrungen entgegen zu wirken.
Entgelte
§ 9. (1) Bei Haftungsübernahmen nach § 2 Abs. 1 Z 1 und 2 FinStaG sowie § 1 Abs. 4 IBSG soll das jährliche Haftungsentgelt dann, wenn die Haftung für einen ein Jahr nicht übersteigenden Zeitraum gewährt wird, in Höhe von 0,5 vH, im Übrigen auf Basis des niedrigeren der beiden folgenden Werte zuzüglich eines Zuschlages von 0,5 vH jeweils des eingeräumten Haftungsrahmens pro Jahr vereinbart werden:
- 1. Medianwert der CDS-Spreads für Schuldtitel des Begünstigten mit 5 Jahren Laufzeit im Referenzzeitraum 1. Jänner 2007 bis 31. August 2008;
- 2. Medianwert der CDS-Spreads für Schuldtitel der Ratingkategorie des Begünstigten mit 5 Jahren Laufzeit im Referenzzeitraum 1. Jänner 2007 bis 31. August 2008, auf Basis eines vom Eurosystem definierten Samples von Großbanken im Euroraum.
(2) Sollte für den konkreten Begünstigten weder ein CDS-Spread noch ein Kreditrating vorliegen, ist für die Berechnung eines äquivalenten CDS-Spreads im Sinne des Abs. 1 vom Medianwert der im Referenzzeitraum gemäß Abs. 1 für die Ratingkategorie A geltenden CDS-Spreads mit Laufzeit von fünf Jahren auf Basis eines vom Eurosystem definierten repräsentativen Samples von Großbanken im Euroraum auszugehen.
(3) Bei Festlegung des Haftungsentgelts ist die Bestellung von Sicherheiten entsprechend zu berücksichtigen.
(4) Bei Darlehensgewährungen und der Zuführung von Eigenmitteln an Kreditinstitute gemäß §§ 23 und 24 BWG und an Versicherungsunternehmen gemäß § 73b VAG, nach § 2 Abs. 1 Z 3 FinStaG sind, soweit sie in wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine Verzinsungskomponente aufweisen, marktkonforme Zinsen derart zu vereinbaren, dass sie an objektive und nachvollziehbare Parameter zu binden sind, die der Art, der Laufzeit und dem Risikogehalt des Instruments entsprechen.
(5) Für Maßnahmen gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 bis 6 FinStaG ist im Rahmen der bankenrechtlichen Vorschriften jedenfalls ein Entgelt zu vereinbaren. Darüber hinaus sollen bei solchen Maßnahmen Besserungsvereinbarungen abgeschlossen werden, wobei davon in begründeten Fällen abgegangen werden kann.
(6) In Zusammenhang mit Maßnahmen gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 bis 6 FinStaG ist ein Rückführungsrecht für den Begünstigten und der Gesellschaft nach § 3 Abs. 5 FinStaG nach einer gewissen Frist zu vereinbaren.
(7) Von Abs. 1 bis 7 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn dies auf Grund der wirtschaftlichen Lage des Begünstigten unzweckmäßig wäre oder mit den Zielen der Rekapitalisierungsmaßnahme nicht vereinbar wäre.
Information
§ 10. Der Begünstigte hat dem Bundesminister für Finanzen oder einem von ihm Beauftragten, insbesondere der Gesellschaft gemäß § 3 Abs. 5 FinStaG, jederzeit Auskünfte zu erteilen, Buch- und Betriebsprüfung zu ermöglichen und sämtliche Unterlagen vorzulegen. Auskünfte sind an den Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler zu erteilen.
Verpflichtungserklärung
§ 11. Soweit in dieser Verordnung vorgesehene Bedingungen und Auflagen nicht durch vertragliche Regelungen mit dem Begünstigten sichergestellt werden können, und soweit die persönliche Mitwirkung von organschaftlichen Vertretern des Begünstigten zur Erreichung der in dieser Verordnung und der im FinStaG und in § 1 Abs. 4 IBSG geregelten Maßnahmenzwecke erforderlich ist, ist vom Begünstigten eine Verpflichtungserklärung zu verlangen, in welche die jeweiligen Bedingungen und Auflagen aufzunehmen sind, und die von allen organschaftlichen Vertretern des Begünstigten zu unterfertigen ist. Solche Verpflichtungserklärungen können insbesondere die Erteilung von Auskünften betreffen, die zu einem Zeitpunkt erforderlich sind, wenn die betreffende Person keine Organfunktion bei dem Begünstigten mehr ausübt.
Abwicklung
§ 12. (1) Die in dieser Verordnung vorgesehenen Bedingungen und Auflagen sind in dem Umfang zur Grundlage von Maßnahmen nach § 2 Abs. 1 FinStaG oder § 1 Abs. 4 IBSG zu machen, als diese erforderlich sind, um eine solide umsichtige Geschäftspolitik zu gewährleisten. Dabei ist insbesondere auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, auf die Art, den finanziellen Umfang und die Dauer der jeweiligen Maßnahme sowie auf die wirtschaftliche Situation des Begünstigten Bedacht zu nehmen.
(2) In der Vereinbarung ist unter Beachtung von Abs. 1 ein wesentlicher Beitrag des Begünstigten zu den Kosten der Maßnahme vorzusehen. Neben den in § 9 vorgesehenen Entgelten sind insbesondere Bestimmungen über die Rückzahlung und Verzinsung von Beträgen, die der Bund aufgrund einer schlagend gewordenen Haftungsübernahme zu leisten hatte, in den jeweiligen Vertrag über die Haftungsübernahme aufzunehmen.
(3) Die Einhaltung von Bedingungen und Auflagen ist vertraglich sicherzustellen. Dies kann insbesondere durch die Vereinbarung von Vertragsstrafen erfolgen. In jenen Fällen, in denen eine Haftungsübernahme zu dem Zweck erfolgt, dem Begünstigten eine Mittelaufnahme bei Dritten zu ermöglichen, darf die Wirksamkeit der Haftungsübernahme dem Dritten gegenüber jedenfalls nicht daran geknüpft werden, dass die Bedingungen für die Haftungsübernahme oder Auflagen in der Vereinbarung über die Haftungsübernahme durch den Begünstigten eingehalten werden.
(4) Bei Maßnahmen nach § 2 Abs. 1 FinStaG ist hinsichtlich der zeitlichen Gestaltung darauf Bedacht zu nehmen, dass Ziel und Zweck der Maßnahme erreicht werden können.
(5) Die Gesellschaft gemäß § 3 Abs. 5 FinStaG hat die in dieser Verordnung festgelegten Regelungen und Grundsätze hinsichtlich der ihr übertragenen Anteils- und Vermögensrechte zu erfüllen und die hierfür erforderlichen Maßnahmen von sich aus zu setzen, ohne dass es hierfür gesonderter Aufträge des Bundesministers für Finanzen im Einzelfall bedarf.
(6) Der Bundesminister für Finanzen hat den Bundeskanzler über Vereinbarungen über Maßnahmen gemäß FinStaG zu informieren, auch wenn diese nicht den Erwerb von Eigentumsrechten oder sonstige Maßnahmen betreffen, über die gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 bis 6 oder Abs. 2 das Einvernehmen herzustellen ist.
(7) Die Gesellschaft gemäß § 3 Abs. 5 FinStaG hat dem Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler alle erforderlichen Informationen im Zusammenhang mit Rekapitalisierungsmaßnahmen zu erteilen. Im übrigen ist die Gesellschaft, sowie ihre Organe und Bediensteten Organen von Behörden gemäß § 38 Abs. 1 des Bankwesengesetzes gleichzuhalten.
Molterer
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