14. Bundesgesetz über Sonderrechnungslegungsvorschriften für Unternehmen, die zu einer getrennten Buchführung verpflichtet sind (Sonderrechnungslegungsgesetz - SRLG)
Der Nationalrat hat beschlossen:
Ziel
§ 1. Ziel dieses Bundesgesetzes ist es, die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen Stellen der öffentlichen Hand und Unternehmen, die unter dieses Bundesgesetz fallen sowie die finanzielle Transparenz innerhalb dieser Unternehmen zu gewährleisten und dadurch Wettbewerbsverzerrungen in Form von Quersubventionierungen verfolgen zu können.
Geltungsbereich
§ 2. Dieses Bundesgesetz gilt für
- 1. öffentliche Unternehmen und
- 2. private Unternehmen,
- a) denen zur Ausübung bestimmter Tätigkeiten besondere oder ausschließliche Rechte im Sinne von § 4 Z 3 und 4 gewährt werden, oder
- b) die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne von § 4 Z 5 betraut sind,
und die hierfür öffentliche Leistungen in unterschiedlicher Form (einschließlich staatliche Beihilfen, Abgeltungen und Ausgleichszahlungen) erhalten, die nicht für einen angemessenen Zeitraum im Rahmen eines offenen, transparenten und nicht diskriminierenden Verfahrens festgesetzt wurden.
Ausnahmen vom Geltungsbereich
§ 3. (1) Dieses Bundesgesetz gilt nicht für private Unternehmen, die neben den Tätigkeiten im Sinne des § 2 Z 2 keine weiteren Geschäftstätigkeiten ausüben.
(2) Dieses Bundesgesetz gilt weder für öffentliche noch private Unternehmen,
- 1. deren Tätigkeit nach Art und Umfang nicht geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union merklich zu beeinträchtigen, oder
- 2. die in den letzten beiden abgeschlossenen Geschäftsjahren Umsatzerlöse im Sinne des § 232 Abs. 1 Unternehmensgesetzbuch, dR GBl. S. 219/1897, in der jeweils geltenden Fassung, von jeweils weniger als 40 Millionen Euro erzielt haben. Bei Kreditinstituten tritt an die Stelle der Umsatzerlöse eine Bilanzsumme von 800 Millionen Euro.
Begriffsbestimmungen
§ 4. Im Sinne dieses Bundesgesetzes sind
- 1. Stellen der öffentlichen Hand:
- a) der Bund, die Länder, die Gemeinden und andere gesetzlich eingerichtete Selbstverwaltungskörperschaften,
- b) Einrichtungen, die
- c) Verbände, die sich überwiegend aus zwei oder mehreren Stellen der öffentlichen Hand gemäß lit. a oder b zusammensetzen;
- zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu erfüllen und
- überwiegend von Stellen der öffentlichen Hand gemäß lit. a, anderen Einrichtungen gemäß lit. b oder Verbänden gemäß lit. c finanziert werden oder die hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht durch diese unterliegen oder deren Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die von Stellen der öffentlichen Hand gemäß lit. a, anderen Einrichtungen gemäß lit. b oder Verbänden gemäß lit. c ernannt worden sind,
- 2. öffentliches Unternehmen: jedes Unternehmen, auf das die öffentliche Hand aufgrund Eigentums, finanzieller Beteiligung, Satzung oder sonstiger Bestimmungen, die die Tätigkeit des Unternehmens regeln, mittel- oder unmittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann, indem es
- a) die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens besitzt oder
- b) über die Mehrheit der mit den Anteilen des Unternehmens verbundenen Stimmrechte verfügt oder
- c) mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leistungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens bestellen kann;
- 3. ausschließliche Rechte: Rechte zur Ausübung einer Dienstleistung oder sonstigen Tätigkeit in einem bestimmten Gebiet, die durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften einem einzigen Unternehmen vorbehalten sind;
- 4. besondere Rechte:
- a) Rechte zur Ausübung einer Dienstleistung oder sonstigen Tätigkeit in einem bestimmten Gebiet, die durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften
- b) Vorteile, die einem oder mehreren Unternehmen nach anderen als solchen Kriterien durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften eingeräumt werden und die Fähigkeit anderer Unternehmen, die gleiche Tätigkeit in demselben Gebiet unter im Wesentlichen gleichen Bedingungen zu leisten, wesentlich beeinträchtigen;
- einer auf zwei oder mehr begrenzten Anzahl von Unternehmen vorbehalten sind, ohne dass die zahlenmäßige Begrenzung oder die Auswahl der berechtigten Unternehmen auf objektiven, angemessenen und nicht diskriminierenden Kriterien beruht, oder
- mehreren konkurrierenden Unternehmen nach anderen als solchen Kriterien eingeräumt werden, um eine Leistung zu erbringen oder eine Tätigkeit zu betreiben, oder
- 5. Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse: marktbezogene, wirtschaftliche Tätigkeiten, die im Interesse der Allgemeinheit erbracht und mit besonderen Gemeinwohlverpflichtungen verbunden werden.
Kontenführung
§ 5. (1) Die Unternehmen sind verpflichtet, intern getrennte Konten zur Erfassung der Kosten und Erlöse einerseits für alle Geschäftsbereiche im Sinne des § 2 und andererseits für jeden weiteren Geschäftsbereich zu führen. Alle Kosten und Erlöse sind den jeweiligen Bereichen nach objektiv gerechtfertigten und einheitlich angewandten Kostenrechnungsgrundsätzen korrekt zuzuordnen. Die zugrunde gelegten Kostenrechnungsgrundsätze müssen eindeutig bestimmt sein.
(2) Die Kontenführung muss so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann. Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen und Aufschluss über Herkunft und Verwendung öffentlicher Mittel geben.
(3) Die Kontenführung von öffentlichen Unternehmen mit nur einer Geschäftstätigkeit muss den in Abs. 2 genannten Kriterien entsprechen.
Aufbewahrungspflichten
§ 6. Die Unternehmen haben die Konten und sonstigen Aufzeichnungen nach § 5 Abs. 1 sieben Jahre geordnet aufzubewahren. Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Ende des Geschäftsjahres, auf das sich die Angaben beziehen.
Auskunftsverlangen und Unterlagenvorlage
§ 7. (1) Die Stelle der öffentlichen Hand, die die öffentliche Leistung gewährt hat, hat Auskunftsverlangen der Europäischen Kommission im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie der Kommission über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen 80/723/EWG , ABl. Nr. L 195 vom 29.07.1980 S. 35, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2005/81/EG , ABl. Nr. L 312 vom 29.11.2005 S. 47, im Wege des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit entgegenzunehmen und zu beantworten.
(2) Soweit es zur Beantwortung eines Auskunftsverlangens der Europäischen Kommission erforderlich ist, ist die Stelle der öffentlichen Hand gemäß Abs. 1 befugt
- 1. von den Unternehmen die Erteilung von Auskünften anzufordern,
- 2. geschäftliche Unterlagen einzusehen und zu prüfen oder durch geeignete Sachverständige einsehen und prüfen zu lassen, Kopien und Abschriften aus diesen Unterlagen anzufertigen sowie
- 3. vor Ort alle für die Durchführung von Ermittlungshandlungen erforderlichen Auskünfte zu verlangen.
(3) Das Unternehmen ist verpflichtet, die verlangten Auskünfte (Abs. 2 Z 1 und 3) binnen drei Wochen ab Einlangen des Auskunftsbegehrens beim Unternehmen zu erteilen, die geschäftlichen Unterlagen vorzulegen und ihre Prüfung sowie das Anfertigen von Kopien und Abschriften aus diesen Unterlagen (Abs. 2 Z 2) zu ermöglichen.
(4) Sofern eine zuständige Stelle der öffentlichen Hand im Sinne von § 7 Abs. 1 nicht existiert, erfolgt die Einholung der Auskünfte beim betreffenden Unternehmen direkt durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit.
§ 8. Rechnungs-, Buchführungs-, Aufzeichnungs-, Aufbewahrungs-, Vorlage- und Auskunftspflichten nach anderen Vorschriften bleiben unberührt.
Vollziehung
§ 9. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind betraut:
- 1. hinsichtlich des § 7 Abs. 1 der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit im Einvernehmen mit dem jeweils sachlich zuständigen Bundesminister,
- 2. hinsichtlich des § 7 Abs. 4 der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit
- 3. im Übrigen der jeweils sachlich zuständige Bundesminister.
In-Kraft-Treten
§ 10. Getrennte Konten zur Erfassung der Kosten und Erlöse verschiedener Geschäftsbereiche (§ 5) sind erstmals in dem Geschäftsjahr zu führen, das nach dem In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes beginnt.
Umsetzungshinweis
§ 11. Durch dieses Bundesgesetz wird die Richtlinie 80/723/EWG über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen, ABl. Nr. L195 vom 29.07.1980 S. 35, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2005/81/EG zur Änderung der Richtlinie 80/723/EWG über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen, ABl. Nr. L 312 vom 29.11.2005 S. 47, umgesetzt.
Fischer
Gusenbauer
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