442. Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die sicherheitstechnische Prüfung und allfällige Nachrüstung von Aufzügen (STPAV)
Auf Grund des § 69 Abs. 1 und des § 71 der Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994 (WV), zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 134/2005, wird verordnet:
Ziele
§ 1. (1) Diese Verordnung legt den Zeitplan, die Prüfbereiche und die Verfahren für eine sicherheitstechnische Prüfung und - gestützt auf die Ergebnisse der sicherheitstechnischen Prüfung - die allfällige Nachrüstung von bestehenden Aufzügen durch geeignete Abhilfemaßnahmen gegen festgestellte Risiken fest.
(2) Diese Verordnung leistet einen Beitrag zur Erhöhung der Sicherheit von Aufzügen in gewerblichen Betriebsanlagen zum Schutz des Lebens und der Gesundheit von Personen und Tieren und zum Schutz vor wirtschaftlichen Schäden an Gütern.
(3) Durch diese Verordnung wird dem fünften Erwägungsgrund der Richtlinie 95/16/EG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Aufzüge, CELEX Nr. 31995L0016, ABl. Nr. L 213 vom 07.09.1995 S 1, entsprochen und die Empfehlung 95/216/EG über die Verbesserung der Sicherheit der vorhandenen Aufzüge, CELEX-Nr. 31995H0216, ABl. Nr. L 134 vom 20.06.1995 S. 37, umgesetzt.
Begriffsbestimmungen
§ 2. Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
(1) „Aufzug“ ein Hebezeug, das zwischen festgelegten Ebenen mittels eines Fahrkorbs verkehrt, das
- 1. zur Personenbeförderung,
- 2. zur Personen- und Güterbeförderung,
- 3. sofern der Fahrkorb betretbar ist (dh. wenn eine Person ohne Schwierigkeit in den Fahrkorb einsteigen kann) und über Steuereinrichtungen verfügt, die im Innern des Fahrkorbs oder in Reichweite einer dort befindlichen Person angeordnet sind, nur zur Güterbeförderung
bestimmt ist und an starren Führungen entlang fortbewegt wird, die gegenüber der Horizontalen um mehr als 15° geneigt sind.
(2) „Aufzugsprüfer“ ein Aufzugsprüfer im Sinne des § 25 der Aufzüge-Sicherheitsverordnung 1996 - ASV 1996, BGBl. Nr. 780/1996, in der geltenden Fassung.
(3) „Prüfstelle für Aufzüge“ eine gemäß §§ 13 und 14 ASV 1996 für die Durchführung der Konformitätsbewertungen für Aufzüge und für alle Sicherheitsbauteile für Aufzüge zugelassene Prüfstelle oder eine nach Art. 9 der Richtlinie 95/16/EG von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraums oder einem anderen gleichgestellten Staat für die Durchführung der Konformitätsbewertungen für Aufzüge und für alle Sicherheitsbauteile für Aufzüge benannte Stelle, die von der Europäischen Kommission in der entsprechenden Liste im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht worden ist.
Von der sicherheitstechnischen Prüfung erfasste Aufzüge
§ 3. (1) Alle Aufzüge, die nicht nach den Bestimmungen der ASV 1996 in Verkehr gebracht wurden, sind vom Inhaber des Aufzugs einer sicherheitstechnischen Prüfung durch eine Prüfstelle für Aufzüge entsprechend dem Zeitplan in Abs. 2 zu unterziehen.
(2) Aufzüge, die entsprechend den nachfolgenden Daten in Rubrik 1 installiert (Baujahr) bzw. umgebaut wurden, sind spätestens bis zu den in Rubrik 2 angegebenen Terminen der sicherheitstechnischen Prüfung zu unterziehen:
Rubrik 1 | Rubrik 2 |
Baujahr des Aufzuges: | Durchführung der sicherheitstechnischen Prüfung: |
bis 1966 | spätestens bis 31. Dezember 2007 |
1967 bis 1976 | spätestens bis 31. Dezember 2008 |
1977 bis 1983 | spätestens bis 31. Dezember 2009 |
1984 bis 1990 | spätestens bis 31. Dezember 2010 |
1991 bis 1995 | spätestens bis 31. Dezember 2011 |
1996 bis 1999 | spätestens bis 31. Dezember 2012 |
Aufzüge, die gemäß ÖNORM B 2454:1998, Tabelle 1, Positionen 1 bis 10 oder 13, oder gemäß ÖNORM B 2454:1994, Tabelle 1, Positionen 1 bis 10 oder 14, umgebaut wurden | spätestens bis 31. Dezember 2012 |
Prüfbereiche der sicherheitstechnischen Prüfung
§ 4. (1) Die sicherheitstechnische Prüfung hat sich unter Bedachtnahme auf die Grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen für die Konzeption und den Bau von Aufzügen und Sicherheitsbauteilen für Aufzüge der ASV 1996 (§ 6 und Anhang 1) auf folgende Prüfbereiche zu erstrecken:
- 1. Allgemeine Anforderungen an verwendete Materialien,
- 2. Zugänglichkeit einschließlich Haltegenauigkeit,
- 3. Vandalismus,
- 4. Verhalten im Brandfall,
- 5. Schacht,
- 6. Triebwerks- und Rollenräume,
- 7. Schacht- und Fahrkorbtüren,
- 8. Fahrkorb,
- 9. Gegengewicht und Ausgleichsgewicht,
- 10. Tragmittel und Seilgewichtsausgleich,
- 11. Schutz gegen Übergeschwindigkeit,
- 12. Führungsschienen, Puffer und Notendschalter,
- 13. Abstände zwischen Fahrkorbtüre und Schachttüren,
- 14. Triebwerk,
- 15. Elektrische Installationen und Einrichtungen,
- 16. Schutz gegen elektrische Fehler, Steuerung und Vorrechte,
- 17. Hinweise, Kennzeichnungen und Betriebsanleitung.
(2) Anhang 1 enthält ein Verzeichnis der Internationalen Normen (ISO), der Europäischen Normen (EN) und der österreichischen Normen (ÖNORM) für die Erhöhung der Sicherheit von bestehenden Aufzügen, bei deren nachweislicher und im Prüfbericht ausgewiesener Anwendung durch die mit der sicherheitstechnischen Prüfung betrauten Prüfstelle für Aufzüge, insbesondere durch übernahme der in der ÖNORM B 2454-1:2005-01-01 verwendeten Prüfliste, davon ausgegangen wird, dass die sicherheitstechnische Prüfung in methodischer und sachlicher Hinsicht vollständig durchgeführt wurde und die im Prüfbericht aufgelisteten Abhilfemaßnahmen zur Verringerung des festgestellten Risikos ausreichend sind.
Verfahren der sicherheitstechnischen Prüfung und zu ergreifende Maßnahmen
§ 5. (1) Die sicherheitstechnische Prüfung und die sich daraus ergebenden Maßnahmen bestehen aus den nachfolgend beschriebenen fünf Schritten:
- 1. Schritt 1: Der Inhaber des Aufzugs hat eine Prüfstelle für Aufzüge rechtzeitig in Bezug auf den in § 3 Abs. 2 Tabelle Rubrik 2 festgelegten Termin mit der Erhebung des Anlagenzustandes des Aufzugs durch eine sicherheitstechnische Prüfung zu betrauen. Die Prüfstelle für Aufzüge hat den sicherheitstechnischen Zustand des Aufzugs in Bezug auf alle in § 4 Abs. 1 aufgelisteten Prüfbereiche zu erheben.
- 2. Schritt 2: Die Prüfstelle für Aufzüge hat einen Prüfbericht zu erstellen und darin insbesondere die Abweichungen zu den grundlegenden Sicherheitsanforderungen und die damit verbundenen Risikostufen (Niedrig - Mittel - Hoch) aufzulisten, Vorschläge über Abhilfemaßnahmen aufzunehmen sowie die Fristen zu deren Durchführung festzulegen. Der Prüfbericht ist dem Inhaber des Aufzuges nachweislich auszuhändigen und im Aufzugsbuch zu hinterlegen.
- 3. Schritt 3: Der Inhaber des Aufzugs hat auf Grundlage des Prüfberichts die geeigneten Abhilfemaßnahmen innerhalb eines den Maßnahmen entsprechenden und im Prüfbericht angeführten Zeitrahmens, jedenfalls aber innerhalb von sechs Monaten nach Aushändigung des Prüfberichts, zu planen und den Aufzugsprüfer über den Prüfbericht, die Planungsvorschau und die Planungsunterlagen nachweislich zu informieren.
- 4. Schritt 4: Der Aufzugsprüfer hat die vom Inhaber des Aufzugs vorgesehenen Abhilfemaßnahmen auf ihre Eignung in Bezug auf die im Prüfbericht festgestellten Abweichungen zu den grundlegenden Sicherheitsanforderungen und die damit verbundenen Risikostufen zu prüfen. Sofern die Abhilfemaßnahmen vollinhaltlich den von der Prüfstelle für Aufzüge im Prüfbericht vorgeschlagenen Abhilfemaßnahmen entsprechen, hat der Aufzugsprüfer dem Inhaber des Aufzugs die Durchführung der Abhilfemaßnahmen zu empfehlen. Sofern die Abhilfemaßnahmen den von der Prüfstelle für Aufzüge im Prüfbericht vorgeschlagenen Abhilfemaßnahmen nicht entsprechen, hat der Aufzugsprüfer unverzüglich die mit der sicherheitstechnischen Prüfung betraute Prüfstelle für Aufzüge zu befassen. Wenn die mit der sicherheitstechnischen Prüfung betraute Prüfstelle für Aufzüge die vom Inhaber des Aufzugs vorgeschlagenen Abhilfemaßnahmen akzeptiert, ist der Prüfbericht entsprechend zu ergänzen und der Aufzugsprüfer hat dem Inhaber des Aufzugs die akzeptierten Abhilfemaßnahmen zu empfehlen. Soferne jedoch die mit der sicherheitstechnischen Prüfung betraute Prüfstelle für Aufzüge die vom Inhaber des Aufzugs vorgeschlagenen Abhilfemaßnahmen nicht akzeptiert, ist von dieser eine Ergänzung des Prüfberichts unter Anführung der Gründe zu verweigern. Der Inhaber des Aufzugs kann die ursprünglich von der mit der sicherheitstechnischen Prüfung betrauten Prüfstelle für Aufzüge im Prüfbericht vorgeschlagenen Abhilfemaßnahmen durchführen oder innerhalb von zwei Monaten nach Verweigerung der Ergänzung des Prüfberichtes durch die Prüfstelle für Aufzüge die Behörde zur Entscheidung befassen, welche Abhilfemaßnahmen durchgeführt werden müssen.
- 5. Schritt 5: Die Kontrolle über die ordnungsgemäße Durchführung der Abhilfemaßnahmen obliegt dem Aufzugsprüfer. Dieser hat einen entsprechenden Vermerk im Aufzugsbuch einzutragen.
(2) Sofern der Inhaber des Aufzuges eine Prüfstelle für Aufzüge nicht rechtzeitig betraut (Schritt 1), hat der Aufzugprüfer nach Setzung einer Nachfrist von zwei Monaten die Behörde zu befassen. Die Behörde hat den Inhaber des Aufzuges nach Setzung einer Nachfrist von zwei Monaten mit Bescheid zur Vornahme von Schritt 1 zu verhalten.
(3) Sofern der Inhaber des Aufzugs die Planung der Abhilfemaßnahmen nicht rechtzeitig einleitet (Schritt 3) oder die Abhilfemaßnahmen nicht rechtzeitig durchführt (Schritt 5), hat der Aufzugsprüfer nach Setzung einer Nachfrist von zwei Monaten die Behörde zu befassen. Die Behörde hat die Benachrichtigung des Aufzugsprüfers und den Prüfbericht der mit der sicherheitstechnischen Prüfung betrauten Prüfstelle für Aufzüge zu prüfen und über die vorzunehmenden Abhilfemaßnahmen zu entscheiden.
Prüfstellen zur Durchführung der sicherheitstechnischen Prüfung
§ 6. (1) Die Durchführung der sicherheitstechnischen Prüfung obliegt den Prüfstellen für Aufzüge, die im Anhang 2 aufgelistet sind.
(2) Prüfstellen für Aufzüge, die nicht von Österreich zugelassen worden sind, sondern von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraums oder einem anderen gleichgestellten Staat benannt worden sind, haben vor Aufnahme von sicherheitstechnischen Prüfungen in Österreich die von ihnen beabsichtigte Tätigkeit dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit anzuzeigen. Sie dürfen ihre Tätigkeit aufnehmen, wenn sie im Anhang 2 aufgelistet sind.
Abhilfemaßnahmen
§ 7. (1) Bei der Durchführung von geeigneten Abhilfemaßnahmen sind Sicherheitsbauteile einzubauen, die der ASV 1996 entsprechen und daher jedenfalls mit der CE-Kennzeichnung versehen sind.
(2) In Ausnahmefällen, nämlich wenn wegen technischer Inkompatibilität der Einbau oder die sichere Verwendung von Sicherheitsbauteilen gemäß Abs. 2 nicht möglich ist, können mit Zustimmung der Prüfstelle für Aufzüge und des Aufzugsprüfers als Ersatz für bestehende Sicherheitsbauteile solche Sicherheitsbauteile eingebaut werden, die der ASV 1996 nicht entsprechen und daher keine CE-Kennzeichnung tragen. Die Zustimmung der Prüfstelle für Aufzüge und des Aufzugsprüfers ist im Aufzugsbuch zu vermerken.
(3) Die Einleitung und Durchführung der im Prüfbericht aufgelisteten Abhilfemaßnahmen begründen keine Anzeigepflicht und keine Genehmigungspflicht für den nachzurüstenden und nachgerüsteten Aufzug.
Änderung von Anhängen
§ 8. (1) Anhang 1 wird durch Kundmachung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit geändert, um den jeweils gültigen einschlägigen Normen zu entsprechen.
(2) Anhang 2 wird durch Kundmachung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit geändert, um die jeweils zur Durchführung der sicherheitstechnischen Prüfung zugelassenen Prüfstellen für Aufzüge aufzulisten.
In-Kraft-Treten
§ 9. (1 D)iese Verordnung tritt mit 1. Jänner 2006 in Kraft.
(2) Anzeigen gemäß § 6 Abs. 2 können bereits vor diesem Zeitpunkt beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit eingereicht werden. Sie werden jedoch frühestens mit 1. Jänner 2006 wirksam.
Anlage 1
Anlage 2
Bartenstein
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