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BGBl II 476/2004

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

476. Verordnung: Standesregeln für Bestatter

476. Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über Standesregeln für Bestatter

Auf Grund des § 69 Abs. 2 der Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994 (WV), zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 118/2004, wird verordnet:

Anwendungsbereich

§ 1. (1) Diese Verordnung ist anzuwenden auf:

  1. 1. die dem reglementierten Gewerbe der Bestattung (§ 94 Z 6 GewO 1994) vorbehaltenen Tätigkeiten (Abs. 2);
  1. 2. sonstige Tätigkeiten, zu denen die Bestatter berechtigt sind (Abs. 3 und 4).

(2) Die dem reglementierten Gewerbe der Bestattung vorbehaltenen Tätigkeiten sind:

  1. 1. die Durchführung von gesetzlich zugelassenen Bestattungen (Erde, Feuer und andere), die Beisetzung von Urnen und Exhumierungen (Enterdigungen) unter Berücksichtigung der jeweils geltenden landesrechtlichen Vorschriften;
  1. 2. die Durchführung von Totenaufbahrungen, insbesondere
    1. a) das Reinigen und Ankleiden der Toten,
    1. b) das Einsargen der Toten,
    1. c) das Schließen (zB Verlöten, Verschrauben) des Sarges unter Berücksichtigung der jeweils geltenden landesrechtlichen Bestimmungen,
    1. d) die Thanatopraxie, das sind insbesondere die Verzögerung der Autolyse (Verwesung) und die rekonstruktiven Arbeiten zB an einem Unfalltoten sowie die Wiederherstellung der optisch-ästhetischen Erscheinung von Verstorbenen zum Zweck der pietätvollen Abschiednahme unter Berücksichtigung der jeweils geltenden landesrechtlichen Vorschriften;
  1. 3. die Organisation und Durchführung von Totenfeierlichkeiten unter Berücksichtigung der verschiedenen religiösen und weltanschaulichen Gebräuche sowie die Beratung der Hinterbliebenen in diesen Angelegenheiten;
  1. 4. die Durchführung von Totenüberführungen, das ist die Beförderung von Toten oder die Übernahme/Übergabe zur Beförderung durch befugte Unternehmen vom Sterbeort zum Bestimmungsort.

(3) Unbeschadet der Rechte anderer Gewerbetreibender sind die Bestatter zur Herstellung, Beistellung, Lieferung und zum Verkauf der erforderlichen Einrichtungen und Gegenstände (wie zB Särge, Urnen, Sargausstattung, Trauerdekoration) zur Durchführung der in Abs. 2 genannten Tätigkeiten berechtigt.

(4) Weiters stehen den Bestattern noch folgende Rechte zu:

  1. 1. die Besorgung der Grabstelle;
  1. 2. der Aushub sowie das Verschließen der Grabstelle;
  1. 3. die Beschaffung der erforderlichen Urkunden;
  1. 4. die Erstellung von Trauerdrucksorten;
  1. 5. die Aufgabe von Zeitungsanzeigen;
  1. 6. die Besorgung der Parten;
  1. 7. die Besorgung bzw. Vermittlung von Blumenspenden.

Standesgemäßes Verhalten

§ 2. Die Bestatter haben ihren Beruf gewissenhaft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns auszuüben. Sie sind verpflichtet, jedes standeswidrige Verhalten zu unterlassen.

§ 3. Standeswidrig ist ein Verhalten im Geschäftsverkehr mit den Auftraggebern oder ein Verhalten anderen Berufsangehörigen gegenüber, das geeignet ist, das Ansehen des Berufsstandes zu beeinträchtigen oder gemeinsame Interessen des Berufsstandes zu schädigen.

§ 4. Die Bestatter verhalten sich im Geschäftsverkehr mit Auftraggebern insbesondere dann standeswidrig, wenn sie

  1. 1. ihre Dienstleistungen und Waren nicht wahrheitsgetreu anbieten;
  1. 2. ihrer Verpflichtung zur Auszeichnung ihrer typischen Leistungen nicht nachkommen;
  1. 3. es verabsäumen, dem Auftraggeber unaufgefordert vor Auftragserteilung einen Kostenvoranschlag entsprechend der bekannten Sachlage zu legen, und zwar getrennt nach Fremd- und Eigenleistungen sowie sonst anfallenden Kosten (zB Gebühren, Abgaben), ausgenommen bei behördlichen Anweisungen sowie auf Grund der Sachlage bei gewünschter oder erforderlicher kurzfristiger Leistungserbringung;
  1. 4. es verabsäumen, nach Auftragserteilung eine Auftragsbestätigung, gegliedert gemäß Z 3, auszufolgen;
  1. 5. anvertraute Gelder, Urkunden und sonstige Gegenstände nicht unverzüglich weitergeben oder auch für den Auftraggeber bestimmte Zahlungen entgegennehmen ohne hiezu ermächtigt zu sein;
  1. 6. nicht auf die Sitten und Gebräuche der Kirchen und Religionsgemeinschaften Bedacht nehmen;
  1. 7. Privatpersonen zur Erlangung eines Bestattungsauftrages ohne an sie gerichtete Aufforderung kontaktieren;
  1. 8. Leistungen erbringen, ohne hiezu beauftragt zu sein;
  1. 9. in der Absicht, Bestattungsaufträge zu erhalten, den Anschein erwecken, in behördlicher Funktion zu handeln oder hoheitliche Tätigkeiten zur Erlangung eines Bestattungsauftrages mißbrauchen;
  1. 10. behördliche Anordnungen zum Anlass nehmen, über diese Anordnungen hinausgehende Leistungen zu erbringen;
  1. 11. Rechnungen legen ohne entsprechende Aufschlüsselung gemäß Z 3;
  1. 12. die Annahme eines behördlich angeordneten Auftrages gegen Ersatz der Kosten verweigern.

§ 5. Die Bestatter verhalten sich bei Ausübung ihres Gewerbes anderen Berufsangehörigen gegenüber insbesondere dann standeswidrig, wenn sie

  1. 1. mit Personen zusammenarbeiten, von denen sie bei Anwendung der entsprechenden Sorgfalt wissen müssen, dass sie gewerbliche Tätigkeiten ohne entsprechende Gewerbeberechtigung ausüben;
  1. 2. in ihrer Eigenschaft als Erfüllungsgehilfe eines beauftragten Bestatters ohne ausdrückliche Zustimmung des beauftragten Bestatters mit dem Kunden direkt in Verbindung treten;
  1. 3. in Fällen gemeinsamer Auftragsbearbeitung einem anderen Bestattungsunternehmen infolge Vernachlässigung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns über das zu vermittelnde Rechtsgeschäft unzutreffende oder unzureichende Mitteilungen machen;
  1. 4. einen Bestattungsauftrag annehmen, obwohl sie wissen oder bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Bestatters wissen müssten, dass der einem anderen befugten Bestatter erteilte Auftrag noch aufrecht ist;
  1. 5. die Übergabe eines Leichnams an einen beauftragten Bestatter verweigern;
  1. 6. keine Vorsorge treffen, um den ihnen anvertrauten Leichnam ordnungsgemäß zu übernehmen.

§ 6. Die Bestatter verhalten sich bei Ausübung ihres Gewerbes auch standeswidrig, wenn sie

  1. 1. sich durch Zahlungen oder sonstige Zuwendungen Vorteile bei der Erlangung von Aufträgen sichern wollen;
  1. 2. mit Behörden, öffentlichen oder privaten Anstalten, kirchlichen Institutionen udgl. Absprachen in der Absicht Bestattungsaufträge zu erhalten, treffen;
  1. 3. wenn sie nicht jederzeit erreichbar sind bzw. nicht für eine entsprechende Vertretung Vorsorge getroffen haben;
  1. 4. nicht an der ordnungsgemäßen Personenstandsführung, vor allem durch zweckentsprechende Information der Hinterbliebenen, mitwirken;
  1. 5. nicht auf ein den Erfordernissen der Pietät entsprechendes Verhalten des Personals achten;
  1. 6. Wahrnehmungen, die das Ergebnis der Totenbeschau beeinflussen, nicht dem Totenbeschauer oder der Behörde melden.

Verschwiegenheitspflicht

§ 7. Die Bestatter sind zur Verschwiegenheit über alle ihnen im Rahmen ihrer Berufsausübung bekannt gewordenen Tatsachen (zB Todesursachen, Familienverhältnisse) verpflichtet. Sie haben auch ihre Arbeitnehmer sowie sonst in Pflicht Genommene zu dieser Verschwiegenheit zu verpflichten.

Weiterbildung

§ 8. Es ist die Pflicht jedes Bestatters darauf zu achten, dass er sein Fachwissen und das seiner Mitarbeiter stets auf dem neuesten Stand hält und seine Berufsausübung danach ausrichtet.

Werbung

§ 9. Jegliche Werbung hat den Erfordernissen der Pietät sowie den allgemeinen Anstandserwartungen zu entsprechen. In der Bevölkerung als besonders sensibel geltende Bereiche oder Lebenssituationen sind zu berücksichtigen. In Krankenanstalten, Pflege- und Altenheimen sind nur ausschließlich Informationszwecken dienende Maßnahmen zulässig (zB Ratgeber im Trauerfall).

Betriebsvorschriften

§ 10. (1) Die Betriebsausstattung hat jenen Anforderungen zu entsprechen, die eine standesgemäße Berufsausübung gewährleisten.

(2) Die Bestatter haben sämtliche Gegenstände zur Erfüllung der in § 1 genannten Leistungen bereitzuhalten. Dazu zählen insbesondere

  1. 1. mindestens ein als Bestattungsfahrzeug zugelassenes Fahrzeug, das ausschließlich der Verwendung von Totentransporten dient;
  1. 2. das Vorhandensein geeigneter Räumlichkeiten für den Kundenverkehr (Angehörige/Hinterbliebene);
  1. 3. das Bereithalten der erforderlichen Schutzkleidung und der notwendigen Gerätschaften und Hilfsmittel für das Versorgen von Verstorbenen;
  1. 4. das Vorhandensein einer geeigneten Räumlichkeit zwecks Präsentation von Trauerwaren, Särgen, Urnen usw.;
  1. 5. ein dem Geschäftsumfang entsprechender Bestand an Sanitätssärgen, zumindest jedoch zwei.

Schlussbestimmung

§ 11. Die Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 2. Mai 1990 über Standesregeln für Bestatter, BGBl. Nr. 247/1990, zuletzt geändert durch die Verordnung BGBl. Nr. 606/1990, tritt gleichzeitig mit dem In-Kraft-Treten dieser Verordnung außer Kraft.

Bartenstein

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