"Vertrauensoffensive Justiz" nennt sich ein Maßnahmenpaket von Justizministerin Beatrix Karl, das Anfang 2012 gestartet wurde und auf ein schwächelndes Image der Justiz in der Bevölkerung reagieren will1). Dabei liegt Österreichs Justiz im Spitzenfeld - zumindest wenn man den jährlichen Evaluierungen der europäischen Justizsysteme durch den Europarat folgt. In diesen Statistiken liegt Österreich bei wichtigen Kennzahlen, etwa der Dauer der Zivilverfahren, in den letzten Jahren verlässlich im Spitzenfeld2). Der Kernaufgabe der raschen Erledigung von zivil- und strafrechtlichen Verfahren kommt man hervorragend nach. Mit Problemen sah sich die heimische Justiz zuletzt vor allem im quantitativ kleineren Bereich der Strafjustiz konfrontiert. Als Stichworte seien die Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Strafprozessreform und bei der Abwicklung von Wirtschafts(groß)verfahren und Korruptionsverfahren genannt3). Aus Statistiken nicht direkt ablesbar, aber für interne und externe JustizbeobachterInnen erkennbar ist ein Reformbedarf der Justiz im Bereich der Justizverwaltung bzw des Justizmanagements, in der Organisation der Staatsanwaltschaften, schließlich auch im Bereich Personalauswahl, Personalsteuerung sowie Aus- und Fortbildung. Als eines von ganz wenigen europäischen Ländern verfügt Österreich über keine hochschulähnlich konzipierte Justizakademie,4) ein Manko, das, vor allem nach der Verkürzung der Gerichtspraxis, mit jedem Jahr deutlicher spürbar (werden) wird. Um aus Fehlentwicklungen zu lernen, benötigt die Justiz außerdem ein zeitgemäßes Qualitätssicherungssystem. Derzeit werden Fehler schon deshalb nicht zugestanden, weil sie, in der Regel auf der untersten Ebene, disziplinar- oder strafrechtliche Folgen haben. So findet zumeist gar keine Fehleraufarbeitung statt5).