Entziehung der Berufsberechtigung und Streichung aus der Berufsliste
§ 54.
(1) Die Landeshauptfrau bzw. der Landeshauptmann hat die Berechtigung zur psychotherapeutischen Berufsausübung bescheidmäßig zu entziehen, wenn eine Voraussetzung zur Berufsausübung gemäß § 22 Abs. 1 Z 1 bis 5 weggefallen ist oder bereits ursprünglich nicht bestanden hat.
(2) Die gesundheitliche (somatische und psychische) Eignung einer bzw. eines Berufsangehörigen gemäß § 22 Abs. 1 Z 2 lit. a ist weggefallen oder hat ursprünglich nicht bestanden, wenn bei dieser bzw. diesem eine somatische oder psychische, die berufsspezifische Leistungsfähigkeit sowie die physische und psychische Belastbarkeit, die psychotherapeutische Berufsausübung unmittelbar betreffende Beeinträchtigung der bzw. des Berufsangehörigen, die eine ordnungsgemäße Verrichtung der berufsspezifischen Tätigkeiten verhindert oder Patientinnen bzw. Patienten gefährden könnte, vorliegt.
(3) Die Vertrauenswürdigkeit einer bzw. eines Berufsangehörigen gemäß § 22 Abs. 1 Z 2 lit. b ist weggefallen oder hat ursprünglich nicht bestanden, wenn diese durch eine gröbliche Verletzung oder wiederholte Verletzungen von Berufspflichten oder ein sonstiges verwerfliches Verhalten nicht in einem solchen Maß besteht, wie es die hilfesuchende Bevölkerung von einer bzw. einem Berufsangehörigen in Ansehung ihrer bzw. seiner bedeutsamen Funktion und verantwortungsvollen Haltung zum Wohl der Kranken und Schutz der Gesunden, insbesondere durch die verlässliche Einhaltung der Berufspflichten und der berufsethischen Rahmenbedingungen, erwarten darf.
(4) Bei Beeinträchtigung der gesundheitlichen (somatischen und psychischen) Eignung oder der Vertrauenswürdigkeit einer bzw. eines Berufsangehörigen hat die Landeshauptfrau bzw. der Landeshauptmann im Rahmen eines Verfahrens zur Entziehung der Berufsberechtigung gemäß Abs. 1 zu prüfen, ob die Erfüllung von Maßnahmen gemäß Abs. 6 geeignet ist, die gesundheitliche (somatische und psychische) Eignung oder die Vertrauenswürdigkeit aufrechtzuerhalten bzw. wiederherzustellen.
(5) Auf Antrag der bzw. des Berufsangehörigen hat die Landeshauptfrau bzw. der Landeshauptmann eine von der bzw. dem Berufsangehörigen bestimmte psychotherapeutische Berufsvertretung, der sie bzw. er als Mitglied angehört, im Rahmen des Verfahrens anzuhören, wobei die Berufsvertretung Maßnahmen gemäß Abs. 6 empfehlen kann. Den psychotherapeutischen Berufsvertretungen steht in diesem Zusammenhang die Einrichtung von Schlichtungsstellen frei. Sofern eine Schlichtungsstelle bei einer psychotherapeutischen Berufsvertretung eingerichtet ist, kann diese von der beschwerdeführenden Person oder von einem ihrer bevollmächtigten Vertreterinnen bzw. Vertreter um Vermittlung ersucht werden.
(6) Maßnahmen im Sinne der Abs. 4 und 5 sind insbesondere die
- 1. förmliche Entschuldigung der bzw. des Berufsangehörigen,
- 2. Mitwirkung der bzw. des Berufsangehörigen bei einer geeigneten und anerkannten Form von alternativer, allenfalls ausgelagerter Streitbeilegung,
- 3. Absolvierung von Selbsterfahrung,
- 4. Absolvierung von Supervision,
- 5. Absolvierung von themenspezifischen Seminaren oder Fort- und Weiterbildungen zu Berufsethik, Berufsrecht oder sonstigen beschwerderelevanten Themen,
- 6. schriftliche Reflexion des Beschwerdefalles nach absolvierten vorangegangenen Maßnahmen gemäß Z 3 bis 5,
- 7. Wiederholung von Ausbildungsteilen der psychotherapeutischen Ausbildung,
- 8. Rückzahlung der durch die psychotherapeutische Tätigkeit verursachten und von der Patientin bzw. dem Patienten getragenen Kosten,
- 9. Kostentragung für die notwendige Folgebehandlung der Patientin bzw. des Patienten,
- 10. Eigentherapie oder sonstige (Kranken-)Behandlung der bzw. des Berufsangehörigen,
- 11. Unterbrechung der Berufsausübung für die Dauer des Verfahrens auf Grund einer formlosen Aufforderung,
- 12. vorläufige behördliche Untersagung der Berufsausübung für die Dauer der Eigentherapie oder der sonstigen (Kranken-)Behandlung der bzw. des Berufsangehörigen oder des Verfahrens.
(7) Die Landeshauptfrau bzw. der Landeshauptmann hat, sofern die bzw. der Berufsangehörige die erforderliche Maßnahme bzw. die erforderlichen Maßnahmen nicht bereits auf Grund einer formlosen Aufforderung trifft, die erforderliche Maßnahme bzw. die erforderlichen Maßnahmen gemäß Abs. 6 bescheidmäßig als Auflage bzw. Auflagen, Bedingung bzw. Bedingungen oder Befristung bzw. Befristungen anzuordnen, wobei bei der Auswahl der Maßnahme bzw. der Maßnahmen, deren Ausmaß und Zeitrahmen
- 1. die Interessen von Geschädigten,
- 2. das öffentliche Wohl, insbesondere das Wohl der Kranken und der Schutz der Gesunden, sowie
- 3. das Ansehen des psychotherapeutischen Berufsstandes
- angemessen zu berücksichtigen sind. Dabei hat die Maßnahme bzw. haben die Maßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zum Anlass der Beeinträchtigung der gesundheitlichen (somatischen und psychischen) Eignung oder der Vertrauenswürdigkeit zu stehen. Die Gewährung einer einmaligen Nachfrist zur Erfüllung der Maßnahme bzw. der Maßnahmen gemäß Abs. 6 mit Ausnahme der Maßnahmen gemäß Z 11 und 12 ist zulässig.
(8) Wenn die bzw. der Berufsangehörige die Maßnahme bzw. die Maßnahmen gemäß Abs. 6
- 1. binnen der seitens der Behörde gesetzten Frist nicht erfüllt hat oder
- 2. diese nicht zur Wiederherstellung der gesundheitlichen (somatischen und psychischen) Eignung oder der Vertrauenswürdigkeit geführt hat bzw. haben,
- hat die Landeshauptfrau bzw. der Landeshauptmann die Berechtigung zur Berufsausübung bescheidmäßig zu entziehen und festzustellen, dass die Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung samt Zusatzbezeichnung und allfälliger Weiterbildungsbezeichnung nicht besteht. Wenn die bzw. der Berufsangehörige durch Erfüllung der Maßnahme bzw. der Maßnahmen gemäß Abs. 6 seine gesundheitliche (somatische und psychische) Eignung oder die Vertrauenswürdigkeit nachweislich wiederhergestellt hat, ist das Verfahren durch die Landeshauptfrau bzw. den Landeshauptmann einzustellen.
(9) Die Landeshauptfrau bzw. der Landeshauptmann hat die für das Gesundheitswesen zuständige Bundesministerin bzw. den für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister über
- 1. Maßnahmen gemäß Abs. 6 Z 11 und 12 unter Anschluss eines allfälligen Bescheids,
- 2. die Entziehung der Berufsberechtigung gemäß Abs. 1 oder 8 unter Anschluss des Bescheids sowie
- 3. die Einstellung des Verfahrens gemäß Abs. 1 oder 8
- unverzüglich zu benachrichtigen. Die für das Gesundheitswesen zuständige Bundesministerin bzw. der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister hat Maßnahmen gemäß Abs. 6 Z 11 und 12 als Ruhen der Berufsberechtigung unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Beendigung der Maßnahme in der Berufsliste (Psychotherapie) zu vermerken sowie bei Entziehung der Berufsberechtigung die Streichung aus der Berufsliste vorzunehmen und den bisherigen Eintrag in der Berufsliste (Psychotherapie) nichtöffentlich in Evidenz zu halten. Personenbezogene Daten sind bis zum Ablauf von zehn Jahren nach der Streichung aus der Berufsliste (Psychotherapie) aufzubewahren, sofern eine längere Aufbewahrung nicht aus Gründen des Schutzes der öffentlichen Gesundheit erforderlich ist.
(10) Die Landeshauptfrau bzw. der Landeshauptmann oder das Landesverwaltungsgericht im Rechtsmittelverfahren hat die zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten der EU oder einer sonstigen Vertragspartei des EWR‑Abkommens oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft über eine Untersagung der Berufsausübung gemäß Abs. 6 Z 12 oder die Entziehung der Berufsberechtigung gemäß Abs. 1 oder 8 im Wege des EU‑Binnenmarktinformationssystems (IMI) binnen drei Tagen nach rechtskräftiger Entscheidung nach den Bestimmungen des Art. 56a der Richtlinie 2005/36/EG und der Durchführungsverordnung (EU) 2015/983 zu informieren. Hierüber ist die bzw. der Berufsangehörige schriftlich zu unterrichten, die bzw. der eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Meldung in einem bescheidmäßig zu erledigenden Verfahren beantragen kann. Wird im Rahmen der Überprüfung die Rechtswidrigkeit der Meldung festgestellt, so ist die Meldung richtigzustellen oder zurückzuziehen.
(11) Im Falle der Entziehung der psychotherapeutischen Berufsberechtigung mangels Vertrauenswürdigkeit ist eine Wiedereintragung in die Berufsliste (Psychotherapie) frühestens nach Ablauf von fünf Jahren nach rechtskräftiger Entziehung der Berufsberechtigung möglich. Im Zuge des Verfahrens zur Wiedereintragung in die Berufsliste (Psychotherapie) hat die Antragstellerin bzw. der Antragsteller nachzuweisen, welche Maßnahmen gemäß Abs. 6 Z 3, 5, 7 und 10 sie bzw. er für eine Aufarbeitung des Verhaltens, das zur Entziehung der Berufsberechtigung geführt hat, gesetzt hat, und wodurch ihre bzw. seine Vertrauenswürdigkeit nachweislich wiederhergestellt worden ist.
Schlagworte
Fortbildung
Zuletzt aktualisiert am
03.05.2024
Gesetzesnummer
20012578
Dokumentnummer
NOR40261825
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