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§ 61 TAMG

Aktuelle FassungIn Kraft seit 02.1.2024

Anwendung von antimikrobiell wirksamen Tierarzneimitteln/Arzneimitteln

§ 61.

(1) Antimikrobiell wirksame Tierarzneimittel oder antimikrobiell wirksame Arzneimittel dürfen entsprechend Art. 107 der Verordnung (EU) 2019/6 bei Tieren nicht routinemäßig eingesetzt oder angewendet werden, um

  1. 1. die mangelhafte Hygiene, unzulängliche Haltungsbedingungen oder Pflege oder eine unzureichende Betriebsführung auszugleichen
  2. 2. um das Wachstum der Tiere zu fördern oder
  3. 3. den Ertrag zu erhöhen.

(2) Im Rahmen der Diagnosestellung hat die Tierärztin bzw. der Tierarzt einen Erregernachweis und eine Empfindlichkeitsprüfung (Antibiogramm) zu erstellen, wenn

  1. 1. der Einsatz von Cephalosporinen der dritten oder vierten Generation oder Fluorchinolonen als Mittel der Wahl indiziert sein könnte, oder
  2. 2. der kombinierte Einsatz von antimikrobiell wirksamen Tierarzneimitteln bzw. antimikrobiell wirksamen Arzneimitteln, welche nicht als Kombinationspräparate zugelassen sind, indiziert ist, oder
  3. 3. die Anwendung eines nicht für Tiere zugelassenen antimikrobiell wirksamen Arzneimittels, welches systemisch wirkt, als Mittel der Wahl indiziert ist.

(3) Jedenfalls ist ein Antibiogramm zu erstellen, wenn

  1. 1. das antimikrobiell wirksame Tierarzneimittel bzw. antimikrobiell wirksame Arzneimittel gewechselt wird, weil das gewählte antimikrobiell wirksame Tierarzneimittel bzw. antimikrobiell wirksame Arzneimittel nicht wirkt, oder
  2. 2. bei wiederholtem oder längerfristigem Einsatz von antimikrobiell wirksamen Tierarzneimitteln bzw. antimikrobiell wirksamen Arzneimitteln in einer epidemiologischen Einheit.

(4) In den „Leitlinien für den sorgfältigen Umgang mit antimikrobiell wirksamen Tierarzneimitteln“, welche in den amtlichen Veterinärnachrichten veröffentlicht werden, sind vom Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz weiterführende Bestimmungen zur Durchführung der Erregernachweise und Empfindlichkeitsprüfungen (Antibiogramme) unter Berücksichtigung des aktuellen Stands der Wissenschaft und der gültigen Zulassungsvoraussetzungen für antimikrobiell wirksame Tierarzneimittel bzw. antimikrobiell wirksame Arzneimittel zu definieren.

(5) Von einem Erregernachweis und einer Empfindlichkeitsprüfung (Antibiogramm) kann im Rahmen der Diagnosestellung abgesehen werden, wenn vorhersehbar ist, dass

  1. 1. die Probenahme mit der Gefahr einer mehr als geringfügigen Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes des zu behandelnden Tieres verbunden wäre, oder
  2. 2. aufgrund einer vorangegangenen Behandlung mit antimikrobiell wirksamen Tierarzneimitteln bzw. antimikrobiell wirksamen Arzneimitteln mit verfälschten Ergebnissen zu rechnen wäre, oder
  3. 3. der Erreger nicht mittels zellfreier künstlicher Medien kultiviert werden kann, oder
  4. 4. für die Bestimmung der Empfindlichkeit des Erregers keine geeignete Methode zur Verfügung steht.

(6) Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz kann zur Verhinderung der Bildung von Antibiotikaresistenzen durch Verordnung – hinsichtlich der Anwendung bei landwirtschaftlichen Nutztieren im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft - weitere Wirkstoffgruppen bei denen gemäß Abs. 2 oder Indikationen bei denen gemäß Abs. 3 vorzugehen ist, festlegen.

(7) Grundsätzlich ist der prophylaktische Einsatz antimikrobiell wirksamer Tierarzneimittel oder antimikrobiell wirksamer Arzneimittel verboten. In Ausnahmefällen dürfen antimikrobiell wirksame Tierarzneimittel oder antimikrobiell wirksame Arzneimittel jedoch gemäß Art. 107 der Verordnung (EU) 2019/6 zur Prophylaxe angewendet und dann einem einzelnen Tier oder einer begrenzten Zahl von Tieren verabreicht werden, wenn das Risiko einer Infektion oder einer Infektionskrankheit sehr hoch ist und die Folgen wahrscheinlich schwerwiegend sein würden. In derartigen Fällen dürfen die antimikrobiell wirksamen Tierarzneimittel oder Arzneimittel zur Prophylaxe nur einzelnen Tieren und gemäß den in Abs. 1 genannten Bedingungen verabreicht werden, wobei dies entsprechend begründet und dokumentiert werden muss.

(8) Die Anwendung antimikrobiell wirksame Tierarzneimittel oder antimikrobiell wirksamer Arzneimittel zur Metaphylaxe ist nur zulässig, wenn das Risiko der Ausbreitung einer Infektion oder einer Infektionskrankheit in einer Gruppe von Tieren hoch ist und keine angemessenen Alternativen zur Verfügung stehen. Im Rahmen der Metaphylaxe ist ein schriftlicher Handlungsplan für die voraussichtliche Dauer des Bestandsproblems, längstens jedoch für die Dauer von einem Jahr, zu erstellen. Der Handlungsplan hat jedenfalls die Diagnose, die Begründung für den Einsatz antimikrobiell wirksamer Tierarzneimittel bzw. antimikrobiell wirksamer Arzneimittel, die zu behandelnde Tiereinheit, das Erstellungsdatum sowie das Datum, bis zu dem der Handlungsplan gültig ist, zu enthalten.

(9) Arzneimittel, die antimikrobielle Wirkstoffe gemäß des Anhangs der gemäß Art. 37 Abs. 5 der Verordnung (EU) 2019/6 erlassenen Durchführungsverordnung (EU) 2022/1255 der Kommission vom 19. Juli 2022 zur Bestimmung von antimikrobiellen Wirkstoffen oder Gruppen antimikrobieller Wirkstoffe, die gemäß der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates der Behandlung bestimmter Infektionen beim Menschen vorbehalten bleiben müssen, Abl. Nr. L 191 vom 20.7.2022, S. 58, enthalten, werden nicht gemäß § 57, 58 und 59 angewendet.

Zuletzt aktualisiert am

11.01.2024

Gesetzesnummer

20012477

Dokumentnummer

NOR40259253

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