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§ 75 BaSAG

Aktuelle FassungIn Kraft seit 03.1.2018

2. Abschnitt

Instrument der Unternehmensveräußerung Anwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung

§ 75.

(1) Liegen die Abwicklungsvoraussetzungen gemäß § 49 oder § 52 vor, kann die Abwicklungsbehörde eine Übertragung auf einen Erwerber anordnen, bei dem es sich nicht um ein Brückeninstitut handelt. Vorbehaltlich der Abs. 7 und 8 sowie des § 118 erfolgt die Übertragung, ohne dass die Zustimmung der Anteilseigner des in Abwicklung befindlichen Instituts oder Unternehmens gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 bis 4 oder eines Dritten – außer jener des Erwerbers – erforderlich ist und ohne dass andere als die gemäß § 77 genannten Verfahrensvorschriften nach dem Gesellschaftsrecht oder Wertpapierrecht einzuhalten sind (Übertragungsanordnung). Die Übertragung kann sich beziehen auf:

  1. 1. die von einem in Abwicklung befindlichen Institut oder Unternehmen gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 bis 4 ausgegebenen Anteile oder anderen Eigentumstitel und
  2. 2. alle oder einzelne Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten eines in Abwicklung befindlichen Instituts oder Unternehmens gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 bis 4.

(2) Eine Übertragung muss einem Drittvergleich standhalten. Zu berücksichtigen sind:

  1. 1. die Umstände des Einzelfalls vor und bei Vorliegen der Abwicklungsvoraussetzungen,
  2. 2. der Rechtsrahmen der Union für staatliche Beihilfen und
  3. 3. die Bewertung gemäß den §§ 54 bis 57.

(3) Unbeschadet § 74 Abs. 5 werden Gegenleistungen des Erwerbers:

  1. 1. den Eigentümern der Anteile oder Eigentumstitel zugeführt, wenn die Unternehmensveräußerung durch Übertragung von Anteilen oder Eigentumstiteln, die von dem in Abwicklung befindlichen Institut oder Unternehmen gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 bis 4 ausgegeben werden, von den Inhabern dieser Anteile oder Titel an den Erwerber erfolgte oder
  2. 2. dem in Abwicklung befindlichen Institut oder Unternehmen gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 bis 4 zugeführt, wenn die Unternehmensveräußerung durch Übertragung bestimmter oder aller Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten des in Abwicklung befindlichen Instituts oder Unternehmens gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 bis 4 auf den Erwerber erfolgte.

(4) Bei Anwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung kann die Abwicklungsbehörde die Übertragungsbefugnis mehrmals ausüben, um ergänzende Übertragungen von Anteilen oder anderen Eigentumstiteln, die von einem in Abwicklung befindlichen Institut oder Unternehmen gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 bis 4 ausgegeben wurden, oder von Vermögenswerten, Rechten oder Verbindlichkeiten des in Abwicklung befindlichen Instituts oder Unternehmens gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 bis 4 vorzunehmen.

(5) Nach Anwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung kann die Abwicklungsbehörde mit Zustimmung des Erwerbers die Übertragungsbefugnisse in Bezug auf Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten, die auf den Erwerber übertragen wurden, ausüben, um eine Rückübertragung der Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten auf das in Abwicklung befindliche Institut oder Unternehmen gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 bis 4 oder der Anteile oder anderen Eigentumstitel auf ihre ursprünglichen Eigentümer vorzunehmen, und das in Abwicklung befindliche Institut oder Unternehmen gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 bis 4 oder die ursprünglichen Eigentümer sind verpflichtet, diese Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten, Anteile oder anderen Eigentumstitel zurückzunehmen.

(6) Ein Erwerber muss über die erforderlichen Konzessionen, Erlaubnisse und Genehmigungen verfügen, um das erworbene Unternehmen fortführen zu dürfen, wenn eine Übertragung erfolgt. Die FMA hat sicherzustellen, dass die entsprechenden Anträge im Zusammenhang mit der Übertragung rechtzeitig geprüft werden.

(7) Wenn eine Übertragung zum Erwerb oder der Erhöhung einer qualifizierten Beteiligung gemäß § 20 BWG oder gemäß den §§ 13 und 14 WAG 2018 führt, hat die FMA abweichend von § 20a Abs. 2 BWG oder § 15 WAG 2018 ihre Beurteilung so rechtzeitig vorzunehmen, dass die Anwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung nicht verzögert und die Erreichung der mit der Abwicklungsmaßnahme angestrebten Abwicklungsziele nicht verhindert wird.

(8) Hat die FMA die Beurteilung gemäß Abs. 7 ausnahmsweise bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft eines erlassenen Bescheides, der eine Übertragung anordnet, nicht abgeschlossen, gilt Folgendes:

  1. 1. Die Übertragung der Anteile oder anderen Eigentumstitel an den Erwerber hat unmittelbare Rechtswirkung;
  2. 2. während des Beurteilungszeitraums und während einer Veräußerungsfrist gemäß Z 6 hat die Abwicklungsbehörde das mit solchen Anteilen oder Eigentumstiteln verbundene Stimmrecht des Erwerbers auszusetzen und auf sich zu übertragen, wobei die Abwicklungsbehörde nicht verpflichtet ist, die Stimmrechte auszuüben, und in keiner Weise für die Ausübung oder den Verzicht auf die Ausübung der Stimmrechte haftet;
  3. 3. im Beurteilungszeitraum und während einer Veräußerungsfrist gemäß Z 6 sind die in § 98 Abs. 5a Z 1, § 99 Abs. 1 Z 3 und 4 oder § 99c Abs. 2 und 3 BWG geregelten Strafbestimmungen und Maßnahmen bei Verstößen gegen Anforderungen bezüglich des Erwerbs oder der Veräußerung qualifizierter Beteiligungen für eine solche Übertragung von Anteilen oder anderen Eigentumstiteln nicht anzuwenden;
  4. 4. sobald die FMA die Bewertung abgeschlossen hat, teilt sie der Abwicklungsbehörde und dem Erwerber schriftlich mit, ob sie der Übertragung von Anteilen oder anderen Eigentumstiteln auf den Erwerber zustimmt oder diese gemäß § 20a Abs. 2 BWG untersagt;
  5. 5. stimmt die FMA einer Übertragung von Anteilen oder anderen Eigentumstiteln an den Erwerber zu, gilt das mit diesen Anteilen oder Eigentumstiteln verbundene Stimmrecht als vollständig auf den Erwerber übertragen, unmittelbar nachdem die Abwicklungsbehörde und der Erwerber von der zuständigen Behörde eine Mitteilung über die Zustimmung erhalten haben;
  6. 6. untersagt die FMA eine solche Übertragung von Anteilen oder anderen Eigentumstitel an den Erwerber;
  1. a) bleibt das mit diesen Anteilen oder Eigentumstiteln verbundene Stimmrecht gemäß Z 2 uneingeschränkt gültig,
  2. b) kann die Abwicklungsbehörde vom Erwerber verlangen, diese Anteile oder Eigentumstitel innerhalb einer von ihr festgelegten Veräußerungsfrist unter Berücksichtigung der herrschenden Marktbedingungen zu veräußern und
  3. c) kann – wenn der Erwerber eine solche Veräußerung nicht innerhalb der von der Abwicklungsbehörde festgelegten Veräußerungsfrist abschließt – die FMA mit Zustimmung der Abwicklungsbehörde gegen den Erwerber die in § 98 Abs. 5a Z 1, § 99 Abs. 1 Z 3 und 4 oder § 99c Abs. 2 und 3 BWG geregelten Strafbestimmungen und Maßnahmen bei Verstößen gegen die Anforderungen bezüglich des Erwerbs und der Veräußerung qualifizierter Beteiligungen anwenden.

(9) Bei Übertragungen in Anwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung gelten die Schutzbestimmungen gemäß den §§ 106 ff.

(10) Im Hinblick auf die Ausübung des Rechts, im Einklang mit der Richtlinie 2013/36/EU oder der Richtlinie 2014/65/EU Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat zu erbringen oder sich in einem anderen Mitgliedstaat niederzulassen, ist der Erwerber als Rechtsnachfolger des in Abwicklung befindlichen Instituts oder Unternehmens gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 bis 4 anzusehen und kann alle Rechte, die zuvor von dem in Abwicklung befindlichen Institut oder Unternehmen gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 bis 4 in Bezug auf die übertragenen Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten ausgeübt wurden, weiter ausüben.

(11) Der Erwerber gemäß Abs. 1 tritt in die Mitglieds- und Zugangsrechte des in Abwicklung befindlichen Instituts oder Unternehmens gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 bis 4 für Zahlungs-, Clearing- und Abrechnungssysteme, Wertpapierbörsen sowie Systeme für die Anlegerentschädigung und Einlagensicherung ein, vorausgesetzt, er erfüllt die Mitglieds- und Teilnahmebedingungen dieser Systeme. Dies gilt unter folgenden Bedingungen:

  1. 1. Der Zugang darf nicht aus dem Grund verweigert werden, dass der Erwerber kein von einer Ratingagentur erteiltes Rating besitzt oder dass dieses Rating nicht dem Ratingniveau entspricht, das für die Gewährung des Zugangs zu den genannten Systemen sonst erforderlich ist;
  2. 2. erfüllt der Erwerber die Mitgliedschafts- oder Teilnahmebedingungen der genannten Systeme nicht, kann die Abwicklungsbehörde anordnen, dass der Erwerber die Mitgliedschafts- und Zugangsrechte für eine festgelegte Frist von höchstens 24 Monaten weiter ausüben darf; auf Antrag des Erwerbers kann die Abwicklungsbehörde diese Frist verlängern.

EG/EU: Art. 1, BGBl. I Nr. 107/2017

Schlagworte

Mitgliedsrecht, Zahlungssystem, Clearingsystem, Mitgliedschaftsbedingung

Zuletzt aktualisiert am

31.07.2017

Gesetzesnummer

20009037

Dokumentnummer

NOR40195712

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