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Artikel 27 Konvention über die polizeiliche Zusammenarbeit in Südosteuropa

Aktuelle FassungIn Kraft seit 10.10.2011

Artikel 27

Gemeinsame Ermittlungsgruppen

  1. (1) Im gegenseitigen Einvernehmen können die Strafverfolgungsbehörden von zwei oder mehreren Vertragsparteien gemeinsame Ermittlungsgruppen für einen speziellen Zweck und einen begrenzten Zeitraum bilden, die im gegenseitigen Einvernehmen auch erweitert werden können, um Ermittlungen in Kriminalfällen in einer oder mehreren Vertragsparteien, die die Gruppe bilden, durchzuführen. Die Zusammensetzung der Gruppe wird in der Vereinbarung zur Bildung der Gruppe festgelegt.
  2. (2) Eine gemeinsame Ermittlungsgruppe kann insbesondere gebildet werden, wenn
  1. a) in Ermittlungen von Straftaten, die eine Vertragspartei durchführt, schwierige und aufwändige Ermittlungen mit Bezug auf eine andere Vertragsparteien erforderlich sind;
  2. b) mehrere Vertragsparteien Ermittlungen von Straftaten durchführen, bei welchen die Umstände des Falles ein abgestimmtes und koordiniertes Vorgehen in den beteiligten Vertragsparteien notwendig machen.
  1. (3) Ein Ersuchen um die Bildung einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe kann von jedem der betroffenen Vertragsparteien gestellt werden. Die Gruppe wird in einer der Vertragsparteien eingerichtet, in welcher die Ermittlungen voraussichtlich durchgeführt werden.
  2. (4) Ersuchen um die Bildung von gemeinsamen Ermittlungsgruppen beinhalten die ersuchende Behörde, den Zweck der gemeinsamen Ermittlungsgruppe, die Vertragsparteien, in welchen die gemeinsame Ermittlungsgruppe zum Einsatz kommen wird und Vorschläge für die Zusammensetzung der gemeinsamen Ermittlungsgruppe.
  3. (5) Eine gemeinsame Ermittlungsgruppe wird auf dem Hoheitsgebiet der Vertragsparteien, welche die Gruppe gebildet haben, unter den folgenden allgemeinen Bedingungen tätig:
  1. a) der Leiter der Gruppe ist ein Vertreter der die Ermittlungen führenden Strafverfolgungsbehörde der Vertragspartei, in welcher das Team zum Einsatz kommt. Der Leiter der Gruppe handelt innerhalb der ihm oder ihr nach dem innerstaatlichen Recht zustehenden Befugnisse;
  2. b) die Gruppe führt ihre Ermittlungen in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht der Vertragspartei, in welcher sie zum Einsatz kommt, durch. Die Mitglieder der Gruppe arbeiten unter der Leitung der in Litera a) genannten Person wobei sie die Bedingungen ihrer eigenen Behörden, wie sie in der Vereinbarung zur Einrichtung der Gruppe festgelegt sind, berücksichtigen.
  1. (6) In diesem Artikel werden die Mitglieder der gemeinsamen Ermittlungsgruppe von anderen Vertragsparteien als jener, in der die Gruppe zum Einsatz kommt, als zum Team „entsandt“ bezeichnet.
  2. (7) Entsandte Mitglieder der gemeinsamen Ermittlungsgruppe sind berechtigt, bei der Durchführung von Maßnahmen in der Vertragspartei, in der die Gruppe zum Einsatz kommt, anwesend zu sein. Der Leiter der Gruppe kann jedoch aus bestimmten Gründen in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht der Vertragspartei, in der die Gruppe zum Einsatz kommt, anderweitig entscheiden.
  3. (8) Entsandte Mitglieder der gemeinsamen Ermittlungsgruppe können in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht der Vertragspartei, in der die Gruppe zum Einsatz kommt, vom Leiter der Gruppe beauftragt werden, bestimmte Ermittlungsmaßnahmen durchzuführen, soweit dies von den Strafverfolgungsbehörden der Vertragspartei, in der die Gruppe zum Einsatz kommt, und der abordnenden Vertragspartei genehmigt wird.
  4. (9) Wenn die Durchführung von Ermittlungsmaßnahmen in einer der Vertragsparteien, die an der gemeinsamen Ermittlungsgruppe beteiligt ist, erforderlich ist, können Mitglieder der Gruppe, die von dieser Vertragspartei abgeordnet worden sind, ihre eigenen Strafverfolgungsbehörden um Durchführung dieser Maßnahmen ersuchen. Diese Maßnahmen werden in dieser Vertragspartei unter jenen Bedingungen ergriffen, die für die Durchführung dieser Maßnahmen im Rahmen einer innerstaatlichen Ermittlung gelten würden.
  5. (10) Wenn die gemeinsame Ermittlungsgruppe Unterstützung von einer Vertragspartei, die nicht am Ermittlungsteam beteiligt ist, oder von einem Drittstaat benötigt, kann das Ersuchen um Unterstützung von den Strafverfolgungsbehörden der Vertragspartei, in der die Gruppe zum Einsatz kommt, an die Strafverfolgungsbehörden der anderen betroffenen Vertragspartei in Übereinstimmung mit entsprechenden Vorschriften und Vereinbarungen gestellt werden.
  6. (11) Ein Mitglied der Ermittlungsgruppe kann in Übereinstimmung mit seinem oder ihrem nationalen Recht der Vertragspartei und im Rahmen seiner oder ihrer Befugnisse der Gruppe Informationen zur Verfügung stellen, die in der Vertragspartei, die ihn oder sie entsandt hat, für den Zweck der von der Gruppe ausgeführten Ermittlungen in einer Straftat verfügbar sind.
  7. (12) Informationen, die ein Mitglied oder ein entsandtes Mitglied während seiner Teilnahme in der gemeinsamen Ermittlungsgruppe erhalten hat, die ansonsten den Strafverfolgungsbehörden der betroffenen Vertragsparteien nicht zugänglich sind, können zu den folgenden Zwecken verwendet werden:
  1. a) zu dem der Bildung der Gruppe zugrunde liegendem Zweck;
  2. b) vorbehaltlich der vorherigen Zustimmung der Vertragspartei, aus welcher die Informationen stammen, zur Aufdeckung, Ermittlung und Verfolgung anderer Straftaten. Diese Zustimmung kann nur in Fällen verwehrt werden, in denen die Verwendung dieser Informationen Ermittlungen in der betroffenen Vertragspartei behindern würde oder diese Vertragspartei Amts- oder Rechtshilfe verwehren könnte;
  3. c) zur Abwehr einer unmittelbaren und schwerwiegenden Bedrohung der öffentlichen Sicherheit und unbeschadet litera b), wenn anschließend ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird;
  4. d) zu anderen Zwecken in dem Ausmaß, das zwischen den Vertragsparteien, die die Gruppe bilden, vereinbart wird.
  1. (13) Dieser Artikel lässt andere Bestimmungen oder Vereinbarungen über die Bildung oder den Einsatz von gemeinsamen Ermittlungsgruppen unberührt.
  2. (14) Soweit das innerstaatliche Rechts der betroffenen Vertragsparteien oder andere zwischen ihnen geltenden rechtlichen Instrumente dies vorsehen, können Vereinbarungen getroffen werden, dass auch Personen an den Arbeiten der Gruppe teilnehmen, die nicht den Strafverfolgungsbehörden der Vertragsparteien, die die Gruppe gebildet haben, angehören. Darunter können beispielsweise Vertreter von den Vertragsparteien anerkannter, internationaler Organisationen fallen. Die Rechte, die den Mitgliedern und entsandten Mitgliedern der Gruppe auf Grund dieses Artikels übertragen werden, finden auf diese Personen keine Anwendung, außer die Vereinbarung sieht ausdrücklich etwas anderes vor.

Schlagworte

Amtshilfe

Zuletzt aktualisiert am

18.06.2019

Gesetzesnummer

20007472

Dokumentnummer

NOR40132081

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