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§ 3 AAEV

Aktuelle FassungIn Kraft seit 20.4.1996

Generelle wasserwirtschaftliche Anforderungen an die Abwasserbehandlung – Allgemeiner Stand der Rückhalte- und Reinigungstechnik

§ 3

(1) In einem zusammenhängenden Siedlungsgebiet sollen die Abwässer grundsätzlich in Kanalisationsanlagen gesammelt und in zentralen Reinigungsanlagen gereinigt werden. Auf zukünftige Entwicklungen soll dabei Bedacht genommen werden. Bei der Behandlung der Abwässer soll die biologische Reinigung mit Entfernung der Kohlenstoffverbindungen und Nitrifikation sowie in Abhängigkeit von der Größenordnung der Reinigungsanlage mit Stickstoff- und Phosphorentfernung angewandt werden.

(2) Abwassereinleitungen in Fließgewässer aus Einzelobjekten sollen zumindest die Kriterien der biologischen Abwasserreinigung mit Entfernung der Kohlenstoffverbindungen und Nitrifikation erfüllen; bei örtlich besonderen wasserwirtschaftlichen Verhältnissen sollen die Anforderungen verschärft werden. Die besondere Notwendigkeit des Grundwasserschutzes ist zu beachten.

(3) In einer Mischkanalisation bei Niederschlagsereignissen, Spül- oder sonstigen Vorgängen anfallende Schmutzstoffe sollen – nötigenfalls unter Zwischenschaltung von Regenüberlaufbecken zur Speicherung und mechanischen Reinigung – weitestgehend in der zentralen Abwasserreinigungsanlage behandelt werden. Hydraulische Entlastungsbauwerke in einer Mischkanalisation sollen nach dem Konzept der kritischen Regenspende sowie unter Berücksichtigung der Forderung der Erhaltung der ökologischen Funktionsfähigkeit des betroffenen Fließgewässers bemessen und betrieben werden. Nicht oder nur gering verunreinigtes Niederschlagswasser aus einem Siedlungsgebiet mit Mischkanalisation soll – soweit örtlich möglich – noch vor dem Eintritt in die Kanalisation dem natürlichen ober- und unterirdischen Abflußgeschehen überlassen werden.

(4) Nicht oder nur gering verunreinigtes Niederschlagswasser aus einem Siedlungsgebiet mit Trennkanalisation soll gleichfalls – soweit örtlich möglich – noch vor dem Eintritt in den Regenwasserkanal dem natürlichen ober- und unterirdischen Abflußgeschehen überlassen werden. Niederschlagswasser mit anthropogenen Verunreinigungen aus Abschwemmungen von Flächen in Siedlungsgebieten mit Trennkanalisation, von stark frequentierten Verkehrsflächen sowie von sonstigen Flächen (§ 1 Abs. 1 Z 3) soll, sofern die Einleitung in ein Fließgewässer eine Veränderung der Wasserbeschaffenheit erwarten läßt, die das geringfügige Ausmaß übersteigt (§ 32 Abs. 1 WRG 1959), mit Maßnahmen nach dem Stand der Technik sowie unter Berücksichtigung der Forderung der Erhaltung der ökologischen Funktionsfähigkeit des betroffenen Fließgewässers gereinigt und eingeleitet werden.

(5) Kanalisationen sollen in regelmäßigen Zeitabständen kontrolliert, gewartet sowie auf Bestand und Funktionsfähigkeit überprüft werden (§§ 50 und 134 WRG 1959); die Ergebnisse der Überprüfungen sollen dokumentiert werden. In regelmäßigen Zeitabständen sollen Fehlanschlüsse und Fremdwasserzutritte aufgeklärt und beseitigt werden.

(6) Bei Errichtung von Schmutzwasserkanälen in einer Trennkanalisation oder bei Errichtung einer Mischkanalisation soll die Abwasserreinigungsanlage so rechtzeitig fertiggestellt sein, daß die gesammelten Abwässer oder Mischwässer gereinigt in den Vorfluter abgegeben werden können.

(7) Die innerhalb eines zusammenhängenden Siedlungsgebietes anfallenden Abwässer oder Mischwässer aus Gewerbe-, Industrie-, Landwirtschafts- oder sonstigen Betrieben sowie sonstige nicht kommunale Abwässer sollen – unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze (§ 2) und soweit erforderlich nach entsprechender Vorbehandlung – gemeinsam mit den kommunalen Abwässern gereinigt werden, sofern Menge und Art der Abwässer nicht eine gesonderte Reinigung verlangen oder wirtschaftlich zweckmäßig erscheinen lassen. Einleitungen von Abwässern nichtkommunaler Herkunft in eine öffentliche Kanalisation, die maßgebliche Auswirkungen auf den Betrieb der öffentlichen Abwasserreinigungsanlage erwarten lassen, sollen in einem vom Betreiber der öffentlichen Kanalisation laufend aktualisierten Verzeichnis (Abwasserkataster) dokumentiert sein.

(8) Auf die getrennte Erfassung von belasteten und unbelasteten Abwasserteilströmen (§ 33b Abs. 8 und 9 WRG 1959) in Gewerbe-, Industrie-, Landwirtschafts- oder sonstigen Betrieben ist zu achten; in Abhängigkeit von der Art und Größe der Abwassereinleitung soll die Darstellung dieser getrennten Erfassung und deren laufende Aktualisierung in einem vom Abwassereinleiter geführten Abwasserkataster erfolgen. Abwässer, Mischwässer oder Mischungen von Abwässern aus Gewerbe-, Industrie-, Landwirtschafts- oder sonstigen Betrieben oder sonstige nicht kommunale Abwässer mit überwiegend biochemisch abbaubaren Abwasserinhaltsstoffen, mit denen nicht gemäß Abs. 7 verfahren wird, sollen möglichst mit biologischen Verfahren (Entfernung der Kohlenstoffverbindungen und Nitrifikation sowie erforderlichenfalls mit Verfahren zur Stickstoff- und Phosphorentfernung) gereinigt werden.

(9) Weitestgehend soll für den Rückhalt gefährlicher Abwasserinhaltsstoffe (§ 33a Z 2 WRG 1959) gesorgt werden, sodaß unbeschadet der Festlegungen gemäß § 33d WRG 1959 die Belastungen der Fließgewässersedimente und der Fließgewässerorganismen durch derartige Stoffe mit der Zeit nicht wesentlich ansteigen. Die Einbringung gefährlicher Abwasserinhaltsstoffe in ein Fließgewässer oder in eine öffentliche Kanalisation ist gesondert zu befristen (§ 33b Abs. 2 WRG 1959). Darüber hinaus soll bei Indirekteinleitungen vorgesorgt werden, daß die Erfordernisse nach § 32 Abs. 4 WRG 1959 erfüllt sind und durch die eingebrachten Abwasserinhaltsstoffe die ordnungsgemäße Klärschlammverwertung oder -entsorgung nicht behindert wird. Rückhalte- und Vermeidungsmaßnahmen für schwer oder nicht abbaubare gefährliche Abwasserinhaltsstoffe sollen bei Einleitung in ein Fließgewässer oder in eine öffentliche Kanalisation den gleichen Anforderungen genügen.

(10) Die stoßweise Einleitung von Abwässern in öffentliche Kanalisations- oder Abwasserreinigungsanlagen sowie in Fließgewässer soll weitestgehend vermieden werden bzw. im Falle der Unvermeidbarkeit durch Ausgleichsmaßnahmen oder -vorrichtungen im erforderlichen Ausmaß abgemindert werden. Dabei soll auch auf Betriebsstörungen und -unfälle Bedacht genommen werden (Störfallvorsorge im Sinne des § 105 Abs. 2 WRG 1959).

(11) Flüssige Abfälle wie zB Abgänge aus der Massentierhaltung, aus der Milch-, Fleisch-, Kellerei- und Fremdenverkehrswirtschaft, Silosickersäfte, verbrauchte Lösemittel, Bäder, Flotten aus industriell-gewerblichen Prozessen sollen einer ordnungsgemäßen Abfallverwertung oder -behandlung (Entsorgung) zugeführt werden. Deren Einbringung in eine öffentliche Kanalisation soll vermieden werden. Die Einbringung in eine öffentliche Abwasserreinigungsanlage soll nur ausnahmsweise unter Beachtung der Anforderungen nach § 32 Abs. 4 WRG 1959 bzw. unter Bedachtnahme auf eine ordnungsgemäße Klärschlammverwertung oder -entsorgung zugelassen werden.

(12) Abwasserreinigungsanlagen sollen so ausgelegt und ausgerüstet werden, daß jederzeit an gut zugänglicher Stelle repräsentative Probenahmen aus dem zufließenden Rohabwasser und aus dem gereinigten Abwasser vor Einleitung in ein Fließgewässer oder eine öffentliche Kanalisation durchgeführt werden können.

(13) Kanalisations- und Abwasserreinigungsanlagen sollen unter Einsatz von Verfahren, die dem Stand der Technik und der Qualitätssicherung entsprechen, errichtet werden. Sie sollen durch geschulte Personen unter Beachtung von Betriebs- und Wartungsanleitungen, die laufend auf dem Stand der Technik gehalten werden, derart betrieben und gewartet werden, daß

  1. 1. eine Beherrschung aller vorhersehbaren – auch außergewöhnlichen – Betriebszustände sichergestellt ist und
  2. 2. Maßnahmen zur Wartung aller Anlagenteile und Geräte so rechtzeitig erfolgen, daß ein Ausfall nicht zu befürchten ist und
  3. 3. für gefährdete Anlagenteile und Geräte, die einem besonderen Verschleiß unterworfen sind, ausreichend Ersatzteile vorrätig gehalten und organisatorische Maßnahmen zur raschen Reparatur getroffen werden und
  4. 4. durch Überwachung des Zulaufes und einzelner wesentlicher Verfahrensschritte der Abwasserreinigung sichergestellt ist, daß vorhersehbare außergewöhnliche Betriebszustände erkannt werden können und
  5. 5. eine Einhaltung behördlicher Auflagen für alle vorhersehbaren Betriebszustände sichergestellt ist.

(14) Die Stellen, an denen Abwasser in ein Fließgewässer eingeleitet wird, sollen so ausgewählt werden, daß die Auswirkungen auf das Fließgewässer im unmittelbaren Bereich der Einleitungen möglichst gering gehalten werden.

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