vorheriges Dokument
nächstes Dokument

Artikel 12 WTO-Abkommen - Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen

Aktuelle FassungIn Kraft seit 01.1.1995

Artikel 12

Beweise

12.1 Interessierten Mitgliedern und allen interessierten Parteien wird mitgeteilt, welche Auskünfte die Behörden benötigen und sie erhalten ausreichend Gelegenheit schriftlich alle Beweismittel vorzulegen, deren Anwendung sie in der anhängigen Untersuchung für zweckdienlich halten.

12.1.1 Exporteuren, ausländischen Erzeugern oder interessierten Mitgliedern wird eine Frist von 30 Tagen zur Beantwortung der ihnen anläßlich der Ausgleichszolluntersuchung übermittelten Fragebögen eingeräumt *1). Gebührende Berücksichtigung soll auch jedes Ersuchen um Verlängerung der 30-Tage-Frist finden, und nach Bekanntgabe der Gründe soll eine Verlängerung, wann immer möglich, gewährt werden.

12.1.2 Die Beweismittel, welche von einem interessierten Mitglied oder interessierten Partei schriftlich vorgelegt werden, werden umgehend den anderen interessierten Mitgliedern oder interessierten Parteien, die an der Untersuchung teilnehmen, zur Verfügung gestellt, es sei denn, es besteht Anlaß, vertrauliche Angaben zu schützen.

12.1.3 Nach Einleitung der Untersuchung werden die Behörden den bekanntermaßen betroffenen Exporteuren sowie den Behörden der ausführenden Mitglieder den vollen Wortlaut des schriftlichen Antrags, welchen sie gemäß Artikel 11 Absatz 1 erhalten haben, übermitteln *2) und ihn auf Ersuchen den anderen betroffenen Parteien zugänglich machen. Vertraulichen Angaben wird nach Absatz 4 besonderer Schutz gewährt.

12.2 Interessierte Mitglieder und interessierte Parteien haben auf Antrag das Recht, Angaben mündlich vorzubringen. Mündliche Vorbringen werden den interessierten Mitgliedern und interessierten Parteien schriftlich nachgereicht. Eine Entscheidung der Untersuchungsbehörden kann nur auf Angaben und Beweise im schriftlichen Bericht dieser Behörde und die den interessierten Mitgliedern und interessierten Parteien, die an der Untersuchung teilgenommen haben, verfügbar waren, gestützt werden, wobei der Notwendigkeit, vertrauliche Angaben zu schützen, angemessen Rechnung getragen wird.

12.3 Die Behörden geben den interessierten Parteien, falls durchführbar, zeitgerecht Gelegenheit, alle für die Darlegung ihres Standpunktes erheblichen Unterlagen einzusehen, die von den Behörden in einer Ausgleichszolluntersuchung verwendet werden und nicht im Sinne des Absatzes 4 vertraulich sind, sowie auf Grund dieser Unterlagen Stellungnahmen vorzubereiten.

12.4 Alle Auskünfte, die ihrer Natur nach vertraulich sind (beispielsweise, weil ihre Preisgabe einem Konkurrenten erhebliche Wettbewerbsvorteile verschaffen würde oder für den Auskunftgeber oder die Person, von der er die Auskünfte erhalten hat, von erheblichem Nachteil wäre) oder von den Parteien für eine Untersuchung vertraulich zur Verfügung gestellt werden, sind bei entsprechender Begründung von den Untersuchungsbehörden vertraulich zu behandeln. Diese Auskünfte dürfen nicht ohne ausdrückliche Genehmigung der Partei, die sie erteilt hat, preisgegeben werden *3).

12.4.1 Die Behörden werden interessierte Parteien, die vertrauliche Auskünfte erteilen, veranlassen, eine nichtvertrauliche Zusammenfassung dieser Auskünfte zur Verfügung zu stellen. Die Zusammenfassungen enthalten genügend Einzelheiten, um den wesentlichen Inhalt der vertraulichen Auskünfte verstehen zu können. Unter außergewöhnlichen Umständen können die Parteien erklären, daß sich diese Auskünfte nicht für eine Zusammenfassung eignen. Unter solchen außergewöhnlichen Umständen sind die Gründe anzugeben, die eine Zusammenfassung unmöglich machen.

12.4.2 Ist jedoch nach Ansicht der betreffenden Behörden ein Antrag auf vertrauliche Behandlung nicht gerechtfertigt und ist der Auskunftgeber weder bereit, die Angaben bekanntzugeben noch ihrer Bekanntgabe in großen Zügen oder in gekürzter Form zuzustimmen, so können die Behörden diese Angaben unberücksichtigt lassen, sofern ihnen nicht aus geeigneter Quelle überzeugend nachgewiesen wird, daß sie zutreffen *4).

12.5 Die Behörden werden sich im Verlauf der Untersuchungen, außer unter den im Absatz 7 vorgesehenen Umständen, davon überzeugen, daß die von den betroffenen Parteien gemachten Angaben, auf denen sich ihr Ermittlungsergebnis stützt, zutreffend sind.

12.6 Die Untersuchungsbehörden können erforderlichenfalls im Gebiet anderer Mitglieder Untersuchungen anstellen, vorausgesetzt, daß sie das betroffene Mitglied zeitgerecht unterrichten und dieses Mitglied keine Einwände gegen die Untersuchung erhebt. Darüber hinaus können die Untersuchungsbehörden Untersuchungen in den Räumlichkeiten eines Unternehmens durchführen und die Firmenberichte prüfen, wenn a) das Unternehmen zustimmt und b) das betroffene Mitglied informiert wird und keinen Einwand erhebt. Die im Anhang VI festgelegten Verfahren finden auf Untersuchungen in den Räumlichkeiten eines Unternehmens Anwendung. Vorbehaltlich des Erfordernisses, vertrauliche Angaben zu schützen, machen die Behörden die Ergebnisse solcher Untersuchungen verfügbar oder besorgen ihre Bekanntmachung gemäß Absatz 8 an die Unternehmen, die sie betreffen, und stellen die Ergebnisse den Antragstellern zur Verfügung.

12.7 Verweigert ein interessiertes Mitglied oder eine interessierte Partei den Zugang zu erforderlichen Angaben oder stellen sie erforderliche Angaben nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraums zur Verfügung, oder behindern sie erheblich das Verfahren, so können vorläufige und endgültige Feststellungen bejahender oder verneinender Art auf Grund der verfügbaren Tatsachen getroffen werden.

12.8 Die Behörden setzen vor einer endgültigen Feststellung alle interessierten Mitglieder und interessierten Parteien über die wesentlichen zu berücksichtigenden Tatsachen in Kenntnis, welche die Grundlage der Entscheidung bilden, ob endgültige Maßnahmen Anwendung finden. Diese Bekanntmachung soll zeitgerecht stattfinden, um es den Parteien zu ermöglichen, ihre Interessen zu verteidigen.

12.9 Im Sinne dieses Übereinkommens umfaßt der Ausdruck „interessierte Parteien'':

(i) einen Exporteur oder ausländischen Erzeuger oder den Importeur einer Ware, die Gegenstand einer Untersuchung ist, oder eine Handels- oder Wirtschaftsvereinigung, deren überwiegende Zahl von Mitgliedern Erzeuger, Exporteure oder Importeure einer solchen Ware sind; und

(ii) einen Erzeuger der gleichartigen Ware im einführenden

Mitglied oder eine Handels- oder Wirtschaftsvereinigung, deren überwiegende Zahl von Mitgliedern, die gleichartige Waren im Gebiet des einführenden Mitglieds erzeugen.

Diese Aufzählung hindert die Mitglieder nicht daran, inländische oder ausländische Parteien, die oben nicht angeführt wurden, als interessierte Parteien einzubeziehen.

12.10 Die Behörden werden es den gewerblichen Verbrauchern der Ware, die Gegenstand der Untersuchung ist, und den maßgeblichen Konsumentenorganisationen in Fällen, in denen die Ware üblicherweise im Einzelhandel erhältlich ist, ermöglichen, Auskünfte zu erteilen, die für die Untersuchung bezüglich Subventionierung, Schädigung und Kausalität von Bedeutung sind.

12.11 Die Behörden werden die auftretenden Schwierigkeiten beim Erteilen der erforderlichen Auskünfte berücksichtigen, besonders bei kleineren Unternehmen, und jede mögliche Hilfe gewähren.

12.12 Die oben angeführten Verfahren sollen die Behörden eines Mitglieds gemäß den einschlägigen Bestimmungen dieses Übereinkommens nicht daran hindern, ohne Verzögerung Untersuchungen einzuleiten, vorläufige oder endgültige Feststellungen bejahender oder verneinender Art zu treffen oder vorläufige oder endgültige Maßnahmen anzuwenden.

---------------------------------------------------------------------

*1) Als allgemeine Regel wird die Frist für Exporteure ab dem Zeitpunkt des Einlangens des Fragebogens berechnet, wobei angenommen wird, daß das Einlangen eine Woche nach Absenden an den Empfänger oder nach Übermittlung an den betreffenden diplomatischen Vertreter des ausführenden Mitglieds oder aber, im Falle eines gesonderten Zollgebiet-Mitglieds der WTO an einen offiziellen Vertreter des ausführenden Gebiets, gilt.

*2) Es besteht Einvernehmen, daß im Falle einer besonders hohen Zahl von Exporteuren der volle Wortlaut des schriftlichen Antrags nur den Behörden des ausführenden Mitglieds oder den betroffenen Handelsvertretungen zur Verfügung gestellt werden soll.

*3) Die Mitglieder sind sich bewußt, daß im Gebiet gewisser Mitglieder die Preisangabe auf Grund von enggefaßten Schutzbestimmungen verlangt werden kann.

*4) Die Mitglieder sind sich darüber einig, daß Ersuchen um vertrauliche Behandlung von Auskünften nicht willkürlich abgelehnt werden sollen. Die Mitglieder sind sich ferner darüber einig, daß die Untersuchungsbehörde nur verlangen kann, bezüglich der für das Verfahren einschlägigen Angaben auf die Vertraulichkeit zu verzichten.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte