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Artikel 7. Wirtschaftsabkommen (Deutschland)

Aktuelle FassungIn Kraft seit 12.2.1921

Artikel 7.

Zur Erleichterung des gegenseitigen Verkehrs in den Grenzbezirken werden nachstehende Vereinbarungen getroffen:

  1. a) Als Grenzbezirke werden die auf beiden Seiten der gemeinschaftlichen Zollgrenze gelegenen Gebietsteile anerkannt, die bisher als solche behandelt worden sind. Die Bewohner des Grenzbezirkes sind Grenzbewohner im Sinne der Vereinbarungen. Die Zollbehörden eines jeden der vertragschließenden Teile können nach Maßgabe des örtlichen Bedürfnisses die Breite des Grenzbezirkes an den zu ihrem Dienstbereiche gehörigen Grenzstrecken ändern. Die Breite darf ohne Zustimmung des anderen Teiles nicht über 15 Kilometer hinaus vergrößert werden.
  2. b) Im beiderseitigen Einfuhrverkehr sind, vorbehaltlich der im Falle eines Mißbrauches örtlich anzuordnenden Beschränkung oder Aufhebung dieser Vergünstigung, zollfrei zu lassen:

    Fleisch von Vieh, frisch oder einfach zubereitet, in Mengen

    von nicht mehr als 2 Kilogramm,

    Müllereierzeugnisse aus Getreide oder Hülsenfrüchte in Mengen

    von nicht mehr als 3 Kilogramm,

    gewöhnliches Brot und Backwerk in Mengen von nicht mehr als

    3 Kilogramm,

    insoweit diese Waren für Grenzbewohner nicht mit der Post eingehen.

  1. c) (1) Zollfrei bleiben:

    In Österreich:

    Geronnene Milch (Topfen) und Gips, die aus dem deutschen Grenzbezirke stammen und in den österreichischen Grenzbezirk zum dortigen Verbrauch eingehen,

    im Deutschen Reich:

    Preiselbeeren, die aus dem österreichischen Grenzbezirke stammen und in den deutschen Grenzbezirk zum dortigen Verbrauch eingehen.

    (2) Die Vergünstigungen können von demjenigen der vertragschließenden Teile, für dessen Gebiet sie gelten, an die Erfüllung besonderer Bedingungen geknüpft werden.

  1. d) Die Zollfreiheit wird zugestanden für Säcke und andere Umschließungen, in denen im Verkehre der Grenzbezirke vorkommende Waren aus einem Grenzbezirk in den jenseitigen verbracht und von dort leer auf dem nämlichen Wege zurückgeführt werden.
  2. e) Zubereitete Arzneiwaren, die Grenzbewohner gegen Rezepte von zur Ausübung der Praxis berechtigten Ärzten in den Verhältnissen der Beziehenden entsprechenden, kleinen Mengen aus benachbarten Apotheken holen, dürfen auch ohne Bewilligung der politischen Behörde eingebracht und zollfrei abgefertigt werden. Bei einfachen, zu Medizinalzwecken dienenden Drogen und einfachen pharmazeutischen und chemischen Präparaten, die auf der Umhüllung eine genaue und deutliche pharmazeutische Bezeichnung tragen und nach den in dem betreffenden Gebiete geltenden Bestimmungen im Handverkaufe verabreicht werden dürfen, wird überdies von dem Erfordernis der Beibringung von Rezepten abgesehen.
  3. f) Im gegenseitigen Verkehr der Grenzbezirke dürfen, wo die örtlichen Verhältnisse dies wünschenswert und zulässig erscheinen lassen, erforderlichenfalls unter entsprechenden Vorkehrungen folgende Waren auch auf Nebenwegen zollfrei über die Grenze gebracht werden:

    Natürliche und künstliche Düngemittel, Flachs und Hanf in Stengeln, Grün- und Rauhfutter (Futterkräuter, Heu, Stroh, Häckerling), Waldstreu, Moos, Binsen, Milch, gemeiner Bausand, Kieselsteine, Schmirgel in Stücken, gemeine Ton- und Töpfererde, Brennholz, Kohle, Torf, Moorerde, roher Feuerschwamm.

  1. g) Werden Landgüter oder andere Besitzungen von der Grenze durchschnitten, so können das zu den Besitzungen gehörige Wirtschaftsvieh und Wirtschaftsgerät, die zu ihrer Bestellung mit Feldfrüchten erforderliche Aussaat und die auf ihnen gewonnenen Erzeugnisse des Ackerbaues und der Viehzucht zollfrei an jedem Punkte über die durchschneidende Grenze von einem Teile der Besitzung zum anderen gebracht werden.
  2. h) Grenzbewohner, die im jenseitigen Grenzbezirk auf eigenen oder gepachteten Äckern oder Wiesen oder sonst, jedoch nur in der Nähe ihres Wohnortes, Feldarbeiten zu verrichten haben, können das für diese Arbeiten erforderliche Vieh und Gerät, die erforderliche Aussaat und die auf den bearbeiteten Grundstücken gewonnenen Feldfrüchte zollfrei über die Grenze bringen. Die Verbringung über die Grenze kann auch auf Nebenwegen erfolgen, wenn die örtlichen Verhältnisse oder die Art der zu verrichtenden Arbeiten es als notwendig erscheinen lassen, die zur Zollsicherung getroffenen Anordnungen befolgt werden und der Grenzbewohner aus dem jenseitigen Grenzbezirk an demselben Tage zurückkehrt, an dem er ihn betreten hat.
  3. i) (1) Vieh, das auf Weiden oder zur Stallfütterung nach dem jenseitigen Grenzbezirke getrieben wird oder von dort zurückkommt, bleibt zollfrei, wenn die Nämlichkeit sichergestellt ist. Die Erzeugnisse von solchem Vieh, wie Milch, Butter, Käse, Wolle und das in der Zwischenzeit zugewachsene junge Vieh, dürfen in einer der Stückzahl des Viehes und der Weide- und Stallfütterungszeit angemessenen Menge zollfrei zurückgeführt werden. Die Vereinbarung unter h, Satz 2, findet mit der Maßgabe Anwendung, daß die Einbringung auf Nebenwegen auch dann zulässig ist, wenn die Wiedereinfuhr des Viehes nicht schon am Tage seiner Ausfuhr stattfindet.

    (2) Die nach Maßgabe des Bedürfnisses von den beiderseitigen Zollverwaltungen festzusetzenden Mengen an Salz, Mehl und Brot, die von den Grenzbewohnern zum Verbrauch beim Betriebe der Alpenwirtschaft während der Alpenweidezeit auf ihre im jenseitigen Grenzbezirke gelegenen Alpenweiden verbracht werden, bleiben ebenfalls zollfrei.

  1. k) Unter Vorbehalt der für das Vormerkverfahren vorgeschriebenen Zollsicherung werden zollfrei gelassen:

    Vieh zum Verwiegen und zur vorübergehenden Arbeit, sowie landwirtschaftliche Maschinen und Geräte zur vorübergehenden Benutzung.

  1. l) (1) Getreide, Ölsamen, Hanf, Lein, Holz, Lohe und ähnliche landwirtschaftliche Erzeugnisse die von Grenzbewohnern zum Vermahlen, Stampfen, Schneiden, Reiben oder dergleichen in den jenseitigen Grenzbezirk verbracht und in verarbeitetem Zustande zurückgeführt werden, bleiben unter den für den Veredelungsverkehr vorgeschriebenen Bedingungen, oder wenn berücksichtigenswerte örtliche Verhältnisse dafür sprechen, unter entsprechender Zollsicherung in der Ein- und Ausfuhr zollfrei.

    (2) Die Mengen der Erzeugnisse, die an Stelle der Rohstoffe wieder eingeführt werden dürfen oder wieder ausgeführt werden müssen, sind erforderlichenfalls von den beiderseitigen Zollverwaltungen im Einvernehmen festzusetzen.

  1. m) Die Erleichterungen zugunsten der beiderseitigen Grenzbewohner für Gegenstände des eigenen Bedarfs, die zur Ausbesserung oder zur handwerksmäßigen Bearbeitung aus einem Grenzgebiet in den gegenüberliegenden versandt werden und zurückkommen, werden aufrechterhalten. Der handwerksmäßigen Bearbeitung ist die häusliche Lohnarbeit gleichzustellen. Die handwerksmäßige Bearbeitung darf bei Garnen und Geweben auch im Färben bestehen. Im Bearbeitungsverkehr mit Stoffen zur Herstellung von Kleidungsstücken erstreckt sich die Zollfreiheit auch auf die bei der Herstellung verwendeten Zutaten.
  2. n) (1) Soweit im beiderseitigen Grenzverkehre noch andere, vorstehend nicht genannte Erleichterungen bestehen, behält es dabei sein Bewenden.

    (2) Die jetzt geltenden Zollsicherungsmaßnahmen bleiben in Kraft, insoweit vorstehend nicht etwas anderes vereinbart ist.

  1. o) Sämtliche Erleichterungen im Grenzverkehre finden auch auf den Verkehr über den Bodensee unter jenen Vorkehrungen Anwendung, die in den besonderen Vereinbarungen der Uferstaaten über den Bodenseeverkehr jeweils festgesetzt sind.

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